Arsène Lupin
- Regie:
- Jean-Paul Salome
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Frankreich
1 Review(s)
15.01.2006 | 08:12Nach "Pakt der Wölfe" und "Vidocq" der neueste Mystery-Thriller aus Frankreich - so steht es auf der Verpackung. Doch ob "Arsène Lupin" auch wirklich so gut ist wie die beiden vielerorts gerühmten Streifen aus dem Westen Europas, steht auf einem anderen Blatt, denn diese Filme waren zu Beginn des neuen Jahrtausends Klassiker, die neben "Das fünfte Element" und diversen Verfilmungen mit Jean Reno den französischen Film wieder auf ein international ansehnliches Niveau gebracht haben - zumindest in diesem Genre. Aber Regisseur Jean-Paul Salome hat an dieser Stelle sehr gute Arbeit geleistet und einen Film kreiert, der über das Ende hinaus noch einige Fragen aufwirft und der hohen Erwartungshaltung weitestgehend gerecht werden kann.
Story:
Arsène Lupins Vater ist ein bekannter Trickdieb, der die größte Zeit seines Lebens auf der Flucht verbringt. Dennoch hat er bei seinem Sohn Eindruck schinden können, denn dieser lernt bereits von frühester Kindheit an die wichtigsten Kniffe, um später selber in dieses Geschäft einzusteigen. Doch eines Tages nimmt sein Training ein raues Ende, als sein Vater tot aufgefunden wird, anscheinend ermordet von einem seiner Komplizen.
Zwanzig Jahre später ist Arsène selber der berüchtigste Gauner in ganz Paris, und die gesamte Damenwelt liegt ihm zu Füßen. Aber der Meisterdieb hat sein Schicksal nach wie vor nicht verarbeitet und trachtet danach, den Mörder seines Vaters zu stellen. Gleichzeitig pflegt er aber auch ein sehr bewegtes Liebesleben, das ihn auch zur mysteriösen Gräfin Josephine Cagliostro führt. Schon mehrmals ist diese Dame dem sicheren Tod entronnen, wovon Arsène sichtlich beeindruckt ist. Sie bringt ihn auf den Weg zu einem Schaz von unermesslichem Wert, und gemeinsam begeben sich die beiden auf die Jagd nach drei legendären Kreuzen, die diesen Weg ebnen sollen.
Aber obwohl Arsène dem Charme der Gräfin erlegen ist, beginnt er misstrauisch zu werden. Und als er dann auch noch dem Mörder seines Vaters gegenübersteht, scheint er schon mitten in der Falle zu sitzen ...
Meine Meinung:
"Vidocq" und "Pakt der Wölfe" sind wirklich zwei gute Beispiele, mit denen die Atmosphäre dieses Films vergleichbar ist. Das stets düstere Bild, die Kostüme, aber auch die vielen Wendungen innerhalb des Films scheinen Eigenschaften zu sein, die man von nun an auch unter der Plakette "typisch französisch" abheften kann.
Doch ähnlich wie bei "Pakt der Wölfe" braucht "Arsène Lupin" auch eine ganze Weile, bis sich mal eine Logik in der Erzählung ergibt und man dahintergestiegen ist, welche Ziele die einzelnen Charaktere verfolgen. Das heißt nicht, dass die Handlung in irgendeiner Weise verworren dargestellt wäre, sondern vielmehr dass sie eine ziemlich lange Anlaufzeit benötigt, was zu einigen unbeabsichtigen und durchaus vermeidbaren Längen führt, die aber nach gut 25 Minuten ein jähes Ende haben.
Danach entwickelt sich eine unheimlich spannende Geschichte, deren besonderer Reiz darin besteht, dass man nie so genau weiß, welcher Person man nun trauen kann und welcher nicht. Die Gräfin Josephine, der potenzielle Mörder von Lupins Vater und auch die Obrigkeit, die von Arsène beraubt wird - allesamt haben sie etwas Geheimnisvolles und Abschreckendes an sich, und dennoch sind sie nicht sofort als böswillig oder fies einzuordnen. Sein Meisterstück hat der Regisseur diesbezüglich bei der Inszenierung der Rolle der Gräfin abgeliefert. Die Dame, die als Gestaltenwandlerin anscheinend schon mehrere Epochen durchlaufen hat und mit der Güte der ewigen Jugend gesegnet zu sein scheint, ist die Schlüsselfigur in dieser spannenden Geschichte, doch bis zum Ende findet man nicht heraus, was genau sie jetzt verkörpert. Ist sie die tatsächliche Mörderin des alten Lupin? Besitzt sie in der Tat übersinnliche Fähigkeiten? All dies soll sich innerhalb der Erzählung ergeben, und genau dies heizt dann auch immer wieder die Spannung an. Nur damit der Höhepunkt des Filmes mit einer absoluten Enttäuschung endet ...
Ich will nun jetzt keine Details zu den Schlusssequenzen verraten, doch die Lösung, die Jean-Paul Salome hier gewählt hat, ist sehr unbefriedigend. Nach dem vielen Hin und Her in der Geschichte verweigert der Regisseur eine richtige Auflösung, was ja im Grunde genommen in Ordnung geht. Aber den Ansatz, den er gewählt hat, empfinde ich als sehr unglücklich und dem spannenden Märchen absolut nicht angemessen.
Natürlich ist dieses Ende auch der Knackpunkt des Films, und an ihm werden sich auch die Geister scheiden, was einer uneingeschränkten Empfehlung des Streifens dann auch im Wege steht. "Arsène Lupin" ist ein wirklich sehr gut gelungener und rein äußerlich fabelhaft inszenierter Film mit atemberaubender Bildführung, fast schon genialen Persönlichkeiten und einer durch und durch spannenden und abwechslungsreichen Handlung, dessen abrupter Schluss das einzige Kennzeichen einer Fehlleistung ist - was übrigens die nächste offenkundige Parallele zu "Pakt der Wölfe" ist ... Trotzdem: Lohnenswert ist die Sache definitiv, und besonders diejenigen, die auf die hier schon mehrfach zitierten Filme stehen, sind hier genau richtig.
"Arsène Lupin" kommt in einer sehr schön aufgemachten Collector's Box mit Bonus-DVD, auf der es noch zahlreiche Extras zu begutachten gibt. In einem rund einstündigen Making-of werden die verschiedenen Effekte näher beleuchtet und die Hintergrundgeschichte des Films neu aufgerollt. Diesen Teil sollte man auf jeden Fall gesehen haben, wenn man ebenso wie ich von den Kostümen und der gesamten Requisite begeistert ist.
Anschließend gibt es einen Vergleich zwischen dem Storyboard und dem Film, Informationen zum Casting und ein weiteres Kapitel zur Kostümwahl zu sehen. Die Make-up-Tests hingegen sind nicht so interessant, und die wenigen Ausschnitte im "Behind The Scenes"-Abschnitt ein wenig oberflächlich; ansonsten ist das Bonusmaterial aber qualitativ und vor allem auch quantitativ sehr ansehnlich geworden.
Die übrige Aufarbeitung des Films ist ebenfalls sehr, sehr gut. Der Raumklang der DTS-Variante ist überwältigend und wird auch völlig ausgereizt, und das recht düstere Bild, das aber dennoch über wunderbare Kontraste verfügt, kommt der Grundstimmung des Streifens sehr zugute. Ähnlich wie beim Bonusmaterial haben die Macher hier ein dickes Lob verdient.
Fazit: Stünde der Angelegenheit nicht der zweifelhafte Abschluss der Handlung im Wege, wäre diese Collector's Box das Nonplusultra des französischen Films. Sunfilm Entertainment haben sich hier selbst übertroffen und ein echtes Schmuckstück entworfen, das den höchsten qualitativen Ansprüchen gerecht wird. Etwaige Mängel können hierdurch auch schon fast wieder vergessen gemacht werden und machen das Set zu einer rundum gelungenen Angelegenheit. Und wer weiß, vielleicht denken andere ja anders über das Ende des Films und mögen es sogar ... Dann gäbe es hier nämlich gar nichts mehr zu kritisieren!
- Redakteur:
- Björn Backes