Choose me - Sag ja!
- Regie:
- Alan Rudolph
- Jahr:
- 1984
- Genre:
- Komödie
- Land:
- USA
1 Review(s)
07.02.2006 | 20:36Kalifornischer Liebesreigen
Die Barbesitzerin Eve sucht bei der Radioberaterin Dr. Love Ratschlag in Sachen Liebe. Da tritt ein neuer Mann in ihr Leben: Mickey. Doch Mickey sagt, er sei ein notorischer Lügner. Soll sie seinem Werben nachgeben? Und Dr. Love zieht bei ihr unter dem Namen "Anne" ein. Was will sie von Eve? Und als Mickey bei "Anne" auftaucht, kommt es zu einer unvorhergesehenen erotischen Begegnung.
Filminfos
O-Titel: Choose me (USA 1984)
Dt. Vertrieb: e-m-s (19.01.2006)
FSK: ab 16
Länge: ca. 102 Min.
Regisseur: Alan Rudolph
Drehbuch: Alan Rudolph
Kamera: Jan Kiesser
Musik: Teddy Prendergrass
Darsteller: Keith Carradine, Genevieve Bujold, Lesley Ann Warren, Rae Dawn Chong, Patrick Bauchau u. a.
Handlung
Eve (Warren) war früher eine der Prostituierten in der Adams Street, doch nun besitzt sie immerhin eine Bar und träumt vom weiteren Aufstieg. Eve’s Lounge hat sie von der Vorbesitzerin übernommen, nachdem diese sich aus Liebeskummer die Kugel gegeben hatte. Aber auch jetzt stimmt es in Eves Liebesleben nicht hundertprozentig und deshalb ruft sie in der Radiosendung von Dr. Nancy Love an: The Love Line.
Sie habe eine Affäre mit einem 45-jährigen Mann, der leider schon verheiratet sei und seine Frau nicht verlassen wolle. Dr. Love (G. Bujold) rät zu Selbständigkeit, denn eine Affäre führe zu nichts. Eve tröstet sich für die Nacht mit ihrem Barmann Bill, aber diesen One-Night-Stand bereut sie sofort, denn es ist unter ihrem Niveau. Sie will niemals heiraten.
Nancy Love selbst lehnt jedoch die Avancen des Aufnahmeleiters ab. Das spricht nicht gerade für ihre Erfahrung oder Selbstsicherheit. In ihren Träumen und Erinnerungen taucht immer wieder jene schreckliche Szene auf, als zwei Männer um sie kämpften, ein Schuss fiel und einer davon starb. Welcher, dürfte klar sein. Auch sie will niemals heiraten. Aber Einsamkeit mag sie auch nicht. Da liest sie, dass Eve eine Untermieterin suche.
In Eves Bar taucht ein Mann mit Koffer (Carradine) auf, der von sich behauptet, ein Fotograf zu sein und für "Time" usw. gearbeitet zu haben. Außerdem war er in Deutschland, Italien und Moskau. Ein interessanter, gut aussehender Mittdreißiger, findet Eve erregt. Das findet auch die Dichterin Rita (Chong), die ihn anbaggert und zu sich einlädt. Sie gibt ihm – viel später – sogar Eves Adresse und Nummer. Leider stellt sich für Mickey heraus, dass Rita schon verheiratet ist, und zwar mit dem Franzosen Zack (Bauchau), der jenes erwähnte Verhältnis mit Eve unterhält. Deshalb sitzt Rita auch täglich in der Bar: Um ihn abzupassen, wenn er was von Eve will. Zack schlägt seine Frau.
Eve ist einverstanden, dass "Anne" bei ihr einzieht. Sie ahnt nicht, dass sich Nancy Love selbst in psychiatrischer Behandlung befindet und eines Abends sogar ein Dinner for One arrangiert. Ist sie etwa schizophren? Wie es um sie steht, stellt sich heraus, als Mickey Eve besuchen will und kurz mal ein Bad nimmt. Bei dieser Gelegenheit durchsucht Nancy seinen Koffer: Immerhin scheint Michael William Barton mal bei der Luftwaffe in Deutschland stationiert gewesen zu sein. Und eine Fotokamera hat er auch. Und irgendwo hat er auch eine Pistole her. Sie ahnt nicht, dass er aus einer Heilanstalt kommt und ein pathologischer Lügner ist.
Als sie miteinander plaudern, gibt sie sich zunächst als "Anne" aus, doch sie weiß erstaunlich viel über Dr. Nancy Love, von der Mickey noch nie gehört hat. Das sollte sie eigentlich verraten, aber alles, was Mickey tut, ist, sie zu verführen und mit ihr ins Bett zu gehen. Hinterher macht er ihr wie allen seinen Geliebten – Eve und Rita eingeschlossen – einen Heiratsantrag.
Am nächsten Tag ist Dr. Love in ihrer Sendung wie ausgewechselt, so dass sich ihr Sendeleiter ganz schön wundert. Nancy redet über die Notwendigkeit von Sex und wirkt damit ganz schön provokativ. Aber in ihrem Privatleben bekommt sie mächtig Ärger: mit Eve. Sie hat offenbar mehr für den feschen Mickey übrig, als sie selbst wahrhaben wollte.
Mein Eindruck
"Choose me" ist der seltene Fall einer gelungenen erotischen Komödie für Erwachsene, die obendrein auch noch eine Menge intelligente Dinge über das emotionale Liebesleben zwischen Frauen und Männern zu sagen weiß. Daher mag sie manchem Zuschauer wie ein Fliegengewicht erscheinen, aber das Gegenteil trifft zu. Alle diese Leute im Film haben schwere Probleme, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Nur wird diese Tatsache nicht hinausposaunt, sondern lediglich in kurzen Szenen angedeutet.
Fünf bis sechs Figuren bestreiten die Handlung, aber die wichtigste Figur ist wohl Mickey. Dieser Joker im Spiel ist vom Anfang bis zum letzten Bild so zwielichtig, dass überall, wo er auftaucht, sofort eine Spannung entsteht: die zwischen Wahrheit und Lüge, vorgetäuschtem Begehren und echten Emotionen. Die Begegnungen mit ihm laufen also darauf hinaus herauszufinden, was in den Begegnungen zwischen Mann und Frau Schein sein darf und was echt sein muss. Denn die Liebe ist bekanntlich ein Spiel, in dem alles erlaubt ist. Wirklich alles?
~ Komödie ~
Der Film hat auch ein paar Schwächen. So begnügt sich Nancy Love mit dem erdbebenhaften Erlebnis des körperlichen Sex mit Mickey, ohne ihn als Partner an ihrer Seite zu wollen. Davor hat sie Angst. Dennoch reicht der Sex offenbar, um sie praktisch über Nacht zu einer anderen Person zu machen. Am Schluss sieht sie anders aus, trägt keinen BH und weist die Avancen des Sendeleiters nicht mehr ab. Sie wirkt selbstsicher. Dieser Wandel jedoch kommt ziemlich unvermittelt daher. In einer Komödie ist das jedoch erlaubt, ganz besonders in den Achtzigern.
Ein weiteres Komödienelement ist der auf einmal eifersüchtig gewordene Geliebte von Eve. Zack, der prügelnde Franzose, taucht mehrmals im unpassendsten Augenblick auf und fällt sofort über Mickey her, der erst mit Rita, Zacks Frau, etwas anfängt und dann auch noch mit Eve, Zacks Geliebter. Aber Mickey kann auch austeilen, und so bekommt Zack eins auf die Nase. Ein wenig Action darf schon sein.
~ Musik ~
Ein ganz wichtiges Stilmittel in dieser schönen Liebeskomödie für reifere Herrschaften sind die schönen Soul-Songs von Teddy Prendergrass sowie die gefühlvollen Jazz-Improvisationen von Saxophonspieler Archie Shepp und dem Pianisten Horace Parlan. Ich hätte nicht erwartet, dass ein Film aus den Achtzigern derart feinfühlig und schmeichelnd mit der Musik umgehen könnte.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 4:3 (Vollbild)
Tonformate: D in DD 2.0 mono
Sprachen: D
Untertitel: keine
Extras:
- Originaltrailer
- Trailershow
- Bio-/Filmografien von Bujold, Warren, Carradine und Chong
Mein Eindruck: die DVD
Der positive Eindruck, den der Film hinterlässt, wird von der DVD-Ausstattung leider nicht eingelöst. Der Sound liegt lediglich in Mono-Qualität vor, was nicht einmal dem Standard eines modernen Fernsehers entspricht. Immerhin gibt es hier schon Dolby Digital, so dass der Sound satt ist und die Stimmen natürlich wirken. Auch in der deutschen Synchronisation, denn nur diese wurde der DVD gegönnt. So kann man die deutsche Fassung nicht mit dem Original vergleichen. Es gibt nicht einmal Untertitel.
An Bonusmaterial hat die Silberscheibe lediglich eine Trailershow, den O-Trailer und die Bio- und Filmografien zu vier Hauptdarstellern zu bieten. Das ist etwas mager, aber immer noch besser als nichts. Übrigens fehlt die Bio-Filmografie von Regisseur Alan Rudolph, die auf dem Klappentext angegeben ist.
Unterm Strich
Der kalifornische Liebesreigen bietet intelligente und amüsante Unterhaltung über den merkwürdigen Zustand der zwischenmenschlichen Beziehungen im Kalifornien der Achtzigerjahre. Die Darstellerleistungen insbesondere von Bujold und Warren sind beeindruckend und lenken von der Einfachheit der Story ab. Ich würde sogar sagen, dass sich ein erneutes Ansehen durchaus lohnen würde, um noch mehr Details zu entdecken. Die Soul-Musik erweckt zunächst den Eindruck, man habe es mit einem Schmachtfetzen zu tun, aber dieser Verdacht bestätigt sich zum Glück nicht. Natürlich gibt es ein Happyend, wenn auch mit Zweifeln. Insgesamt ist der Film ein gutes Beispiel für Independent-Kino.
Die DVD-Ausstattung enttäuscht auf der ganzen Linie, und nur die Bio-Filmografien bieten einen gewissen Informationswert. Dass die Angaben zu Alan Rudolph fehlen, die auf der Umschlagrückseite angegeben werden, ist sehr schade, denn das hätte über die Absichten des Regisseurs Aufklärung geben können.
- Redakteur:
- Michael Matzer