Die drei ??? und der seltsame Wecker - Live and Ticking Tour 2009 (2 DVD)
- Regie:
- Henze, Frank; Schwind, Kai
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
04.07.2011 | 16:43Bereits 2002 betrat eine der beliebtesten Jugendserien erfolgreich neues Terrain: Die drei ??? gingen zum ersten Mal, damals noch mit dem eigens dafür kreierten Hörspiel "Master of Chess", auf Live-Tour. 2005 folgte dann der zweite Streich. Dabei wurde eine bereits bestehende Geschichte für den Bühnenauftritt ausgesucht: "Der Super-Papagei". Nun also Nummer 3. Der Fall "seltsamer Wecker" genießt als einer der frühen Fälle des Trios ebenfalls Kultstatus und vermochte deutschlandweit die zahlreichen Fans erneut zu mobilisieren und Hallen dementsprechend zu füllen. Der Mitschnitt des Auftrittes aus der Hamburger "Colorline-Arena" im November 2009, wurde zusammen mit einigem Bonusmaterial auf eine Doppel-DVD gepresst - den Dabei-gewesenen als Gedächtnisstütze zu dienen und den Daheimgebliebenen zu zeigen, was sie verpasst haben.
Zur Story
Papagei Blacky macht einen buchstäblichen Ausflug in die Kanalisation Rocky Beachs. Sehr zum Leidwesen von Justus, Peter und Bob. Auf ihrer Suche nach dem enflatterten Federvieh finden die drei Jungs dort unten nicht nur ihr Maskottchen wieder, sondern auch eine Kiste ominösen Inhalts. Der darin enthaltene Wecker scheint ein ganz ausgefallenes Stück zu sein, allein schon die Optik ist seltsam. Schlimmer noch sind allerdings die inneren Werte des scheußlichen Dings: Der Wecker klingelt nicht - er schreit. Im Karton finden sich auch noch ein rätselhafter Zettel sowie eine alte Audio-Kassette, die einen unvollständigen Mitschnitt der längst eingestellten Radio-Hörspielserie "Schrei um Mitternacht" enthält. Wenn das hier nicht ganz stark nach einem Fall für die berühmte Jugenddetektei riecht - oder sind es doch eher die Abwässer?
Mittels ihres untrüglichen Spürsinns können die drei recht schnell den Uhrmacher in Erfahrung bringen, welcher den Wecker gebaut hat. Und nicht nur diesen Einen. Der Name des Auftraggebers klingt mit "Bert Clock" auch recht bemerkenswert. Das ist aber erst der Anfang einer ganzen Kette von weiteren Mysterien, die sich um den Fund ranken. Warum wurde dieses offenbar doch recht teure Sammlerstück - denn um ein solches muss es sich handeln - scheinbar weggeworfen? Was besagt der seltsame Zettel, der jemand namens "Rex" dazu auffordert, gewisse Personen zu befragen und irgendetwas zu suchen? Fragen über Fragen. Wie sich herausstellt, hängt alles mit Bilderdiebstählen zusammen, für die ein halbes Jahr zuvor ein vermutlich Unschuldiger inhaftiert wurde. Und wo teure Kunstwerke sind, ist auch einer meist nicht weit entfernt: Meisterdieb Victor Hugenay.
Eindrücke
Auf den ersten Blick erscheint die Story, wie ihre berühmte Vorlage. Doch das täuscht. Aufmerksame ???-Kenner stutzen schon beim Intro in der Kanalisation, eine Handlung, welche im Original überhaupt nicht existiert. Dieser Part der Show findet mit Andreas Fröhlich, Oliver Rohrbeck und Jens Wawrczeck aus dem Off statt, lediglich Erzähler Peter Krauss und Geräuschemacher Peter Klinkenberg besiedeln zu diesem Zeitpunkt die schwach ausgeleuchtete Bühne mit der Großleinwand im Hintergrund. Natürlich lassen sich die Hauptdarsteller nicht lange bitten und rutschen, in farblich (Rot, Weiß, Blau) auf ihre Figuren abgestimmten Einweg-Overalls (in fachlich-unterrichteten Kreisen auch gerne GKK, sprich: Ganzkörperkondom, genannt) durch eine, die Kanalisation repräsentierende, Röhre on Stage. Selbstverständlich unter tosendem Applaus der vollbesetzten Ränge. The Show can go on.
Wer bereits die erste und/oder zweite Live-Tour einige Jahre zuvor miterlebt hat, kennt den ungefähren Ablauf im Groben: Die Akteure lesen nicht nur stumpf den Text ins Mikro, sie gestikulieren mehr oder weniger passend und performen ihren Part regelrecht, mehr als sie ihn sprechen. Ziel vieler Interaktionen ist zum Beispiel Peter Klinkenberg, der immer wieder für einen Gag oder Frotzelei herhalten muss. Doch auch untereinander gibt man es sich hart aber herzlich, sei es einer der gelegentlichen Versprecher und/oder Hänger, den die Kollegen weidlich auswalzen, oder auch mal Oliver Rohrbecks angebliche Knoblauchfahne. Eins der Highlights ist sicherlich die melancholisch angehauchte Chanson-Gesangseinlage ("Worte, nur Worte") welche von Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich dargeboten wird und in einer unerwarteten, vom Publikum umjubelten, Kussszene der beiden gipfelt.
Mit derlei Überraschungseinlagen, viel selbstironischem Humor und einer gehörig aufgedonnerten, sowie partiell in die Neuzeit transportierten, Storyline gelingt es Kai Schwind und dem Ensemble die Zuschauer - auch die vorm Bildschirm - über die rund zweieinhalb Stunden nie in die Langeweile abrutschen zu lassen. Selbstverständlich ist dies nicht minder das Verdienst des Supporting Casts, die allesamt in Mehrfachrollen auftreten (wobei Sascha Rotermund speziell beim Versuch die knarzig-rauchige Stimme des unvergessenen Horst Frank, alias Kommissar Reynolds, nachzuahmen gar keine üble Figur macht) und natürlich der vielen guten Geister im Hintergrund, etwa dem Musiker-Duo Jan-Peter Pflug und Tillmann Ehrhorn. Die untermalen den Auftritt nicht nur mit abwechslungsreicher Zwischenmusik, sondern managen von ihrem imposanten Steuerpult aus auch souverän die Sound-/Effektregie. Alles in allem also eine sehr imposante, wie gelungene Show.
DVD und Bonusmaterial
Während Disk 1 als Typ 9 ausgelegt ist und sich - dank Show, Outtakes und kompletten Audiokommentars - von ihrer Aufnahmekapazität her ziemlich am Limit bewegen dürfte, wurde für das gesammelte Backstagematerial und die quasi obligatorischen Interviews eine zweite DVD notwendig. Diese allerdings kommt mit einer Gesamtspielzeit von 112 Minuten und bild- wie tontechnisch abgespeckt - gegenüber des 16:9-Breitbildformates und DD-5.1-Tons von Disk 1 - mit wesentlich weniger Speicherplatz aus, daher passt auch das darauf befindliche, zusätzliche Bonusmaterial auf eine einschichtige Typ-5-DVD. Viel Wissenswertes zu Sprechern und Crew findet der Interessierte auch im recht umfangreichen Booklet.
Fazit
Diese deutlich modernisierte und aufgebohrte Live-Fassung hat nur noch das Grundgerüst des Falles "seltsamer Wecker" behalten. Das sollte aber selbst dem eingefleischtesten Puristen nicht im geringsten frevelhaft erscheinen, sondern tiefen Respekt abnötigen, was daraus gemacht wurde: Eine sehenswerte Aufführung, die beinahe alle Serienklischees abklappert und dabei vor allem sich selbst gern auf die Schippe nimmt. Eine beeindruckende Performance. Die Doppel-DVD ist ein definitives Must-Have für den Fan - egal ob altgedient oder Newbie. Man weiß bei EUROPA offensichtlich, was man seinem Klientel schuldig ist und packte daher auch eine erkleckliche Menge sehenswertes Zeug von der Tour gleich mit auf die Doublette - oder inzwischen auch auf (einzelner) Blu-ray.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
"Die drei ??? und der seltsame Wecker - Live And Ticking 2009"
Basierend auf Robert Arthurs Jugendroman "The Mystery of the Screaming Clock"
Deutschland 2010
Genre: Hörspiel-Live-Performance
2 DVD Edition, FSK: OA
EAN: 886976330095
Laufzeit: ca. 144 (Hauptfilm) / 167 Minuten (Bonusmaterial)
Sound: 5.1 DD / Deutsch
Bild: 1,85:1 (anamorph 16:9)
Manuskript & Regie: Kai Schwind
Musik: Jan-Peter Pflug, Tilman Ehrhorn
Geräusche: Peter Klinkenberg
Sprecher/Darsteller: Oliver Rohrbeck (Justus), Andreas Fröhlich (Bob), Jens Wawrczeck (Peter), Sascha Rotermund (Harry, "Gero" Kramer, Hauptkommissar Reynolds, Paul) Helmut Krauss (Erzähler / Alfred Hitchcock), Luise Lunow (Mrs King, Mrs Harris, Lady Strathersmith), Peter Weis (Mr Felix, Mr Watson, Monsieur Hugenay, Jasper), Cornelia Meinhardt (Miss Julie Taylor, Balthasar)
Bonusmaterial:
- Audiokommentar Fröhlich/Schwind/Wodrich
- "Outtakes" (Disk 1: 198 Minuten)
- "Die Proben"
- "On Tour"
- "Backstage" und Interviews (Disk 2: 112 Minuten)
- Redakteur:
- Jürgen Pern