Diebin von Bagdad, Die
- Regie:
- Carl Lamac
- Jahr:
- 1952
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
02.04.2006 | 14:58Hintergrund
1952: Das Jahr der ersten Tagesschau, der Krönung Elisabeths II und der ersten Deutschlandtournee von Louis Armstrong. Auch damals hatte die deutsche Fußball Nationalmannschaft Probleme gegen die Großen im Sport zu gewinnen (3:1 gegen Frankreich).
Zur damaligen Zeit sehnten sich die Menschen nach Glanz und Glamour. Der Krieg sollte endlich aus den Köpfen verschwinden und die schönen Seiten des Lebens sollten in den Mittelpunkt rücken. In dieser Zeit kamen viele ausländische Produktionen in die Kinos ("Casablanca", "Der rote Korsar", etc.), die vom Publikum geradezu verschlungen wurden. Aber auch deutsche Produktionen standen hoch im Kurs. So kam dann auch Carl Lamacs letzter Kinofilm in die Lichtspielhäuser, "Die Diebin von Bagdad"
Handlung
Im Mittelpunkt dieser musikalischen Komödie steht die Tänzerin und Diebin Fatme (Sonja Ziemann), die zusammen mit ihrem väterlichen Freund Ibrahim (Fritz Odemar) durch den Orient zieht. Während Ibrahim auf diesen Touren die Menschen mit seinem Flötenspiel und kleinen Zaubertricks ablenkt, stiehlt Fatme den verblüfften Zuschauern einige Taler aus den Taschen. So bestreiten die beiden fern ab von jeglichem Luxus ihren Lebensunterhalt.
Das Dilemma beginnt mit dem Tod des silbernen Kamels von Prinz Ali (Joachim Rake). Dieser ist auf dem Weg zum Kalifen von Bagdad (Paul Kemp), das Kamel als Gastgeschenk im Schlepptau. Aufgrund des Todes des edlen Tiers sucht Prinz Ali nun einen gleichwertigen Ersatz. Durch Zufall trifft er auf Fatme, die er auch kurzer Hand entführt.
Doch es kommt noch dicker: Der Prinz wird von einem Räubertrupp überfallen und Fatme dabei verschleppt. Dieser Trupp folgt dem Befehl des räuberischen Scheichs Achmed (Rudolf Prack), der die Gunst der Stunde nutzen will und sich als Prinz Ali auf den Weg zum Kalifen macht. Sein Ziel sind die Staatsschätze des Kalifen, die er im großen Stil erbeuten will. Er rechnet jedoch nicht mit der trickreichen Diebin Fatme und der großen Liebe.
Im Palast des Kalifen entsteht nun ein Verwirrspiel der Gefühle, voller falscher Identitäten und Absichten. Doch erst als der echte Prinz Ali im Palast auftaucht, ist das Chaos perfekt…
Kritik
"Die Diebin von Bagdad" ist ein typischer Film der 50-er Jahre, eine Wiederbelebung des Revuefilms der 30-er Jahre. Sicherlich wirkt vieles heutzutage altbacken und plump, sowohl film- als auch tricktechnisch. Man sollte diesen Film jedoch eher als ein Filmdokument betrachten, das dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, den Zeitgeist der damaligen Zeit zu verstehen und mitzuerleben. Viel mehr wird man aus heutiger Sicht nicht aus dem Film mitnehmen können, da man dem Werk zu jedem Zeitpunkt sein Alter anmerkt.
Die simple Geschichte wird durch eine lustige, wenn auch arg alberne Körpertausch-Handlung aufgewertet, die einen gewissen Spielraum für Slapstick bietet. So sieht man den Komiker Theo Lingen in Frauenkleidern, hört Frauen mit Männerstimmen sprechen und bekommt alle paar Minuten Anspielungen diesbezüglich geboten. Die Haupthandlung findet im Palast des Kalifen statt, einem Pantoffelhelden, der sich im Verlauf der Handlung zu einem fähigen Herrscher entwickelt, die Fesseln seiner Frau abwirft und mit Respekt von seinen Untergebenen angesehen wird. Hier kommen viele Klischees auf einmal vor, die jedoch überraschenderweise heute noch immer aktuell sind!
Der Aufbau des Films gleicht einem Musical, da bestimmte Themen immer wieder aufgegriffen und an den handlungsrelevanten Stellen musikalisch vorgetragen werden. Bei diesen Liedern handelt es sich um klassische Schlager, die von Liebe und Sehnsucht handeln, sich jedoch sehr gut ins Filmgeschehen einfügen und stellenweise sogar Ohrwurmcharakter haben.
Weiterhin überrascht der Film mit schönen Tanzeinlagen, die zum Ende hin sogar artistisch werden und wirklich etwas fürs Auge bieten. Die Kostüme der Tänzer(Innen) sind dabei recht freizügig geraten und dürften den Herren der damaligen Zeit durchaus zugesagt haben.
Wurden die Männer also durch schöne und freizügige Frauen beglückt, durften die Frauen mit Rudolf Prack schmachten. Zusammen mit Sonja Ziemann bildete er das Traumpaar der 50-er Jahre im deutschen Film, er war der Traum aller Schwiegermütter.
Auch die Kleider aus 1000 und einer Nacht wissen zu gefallen, das Flair des Orients wird selbst in schwarz/weiß wunderbar eingefangen.
Die DVD
Technisch kann man von einem über 50 Jahre alten Film natürlich nicht viel erwarten. Das Bild ist in 4:3 codiert, hat etliche Verschmutzungen, rauscht und ist ziemlich unscharf. Außerdem ist der Kontrast ein wenig matschig, wodurch die Details in einigen dunklen Einstellungen ziemlich verloren gehen.
Der Ton ist ähnlich 'zeitgemäß'. Zwar kommt er in Dolby Digital 2.0 daher, rauscht dafür jedoch sehr stark und bietet schlimm übersteuernde Höhen (besonders gut während der Gesangseinlagen zu hören).
Dennoch kann man bei solch einem alten Master keine große Kritik üben, viel mehr muss man e-m-s loben, dass sie diesen Film überhaupt auf DVD gebannt haben.
Außerdem ist die Veröffentlichung an sich sehr liebevoll gestaltet! So liegt dem Film ein umfangreiches Booklet bei, das allerlei interessante Informationen liefert. So werden die Hauptdarsteller kurz vorgestellt und sehr interessante Infos rund um das Jahr 1952 genannt (die Westfalenhalle in Dortmund wurde am 02.02.1952 eingeweiht und war zu dem Zeitpunkt Europas größte Sportarena!). Außerdem liegt der DVD ein Nachdruck der illustrierten Filmbühne bei, vergleichbar mit heutigen Programmheften.
Alles in allem eine wirklich liebevolle Veröffentlichung aus dem Hause e-m-s.
Fazit
"Die Diebin von Bagdad" ist sicherlich nicht jedermanns Sache, dafür ist der Film einfach viel zu alt. Die Kameraarbeit wirkt überholt, die Schauspieler betreiben feinstes over-acting und die Sets sind bei weitem nicht mit dem heutigen Standard zu vergleichen. Dennoch übt der Film einen gewissen Reiz aus! Deutschland sehnte sich keine 10 Jahre nach dem Krieg nach Glanz und Glamour, flüchtete sich nur allzu gerne in die (damals noch nicht) bunte Welt des Films und wollte den Alltag vergessen. Filmliebhabern sei also alleine schon aus geschichtlichen Gründen der Kauf dieser DVD empfohlen, da man hier Anschauungsmaterial des damaligen Zeitgeistes erhält.
Wer also schon immer die Helden der Eltern und Großeltern sehen und Entertainment aus deren Sicht erleben wollte, bekommt hier seine Gelegenheit.
- Redakteur:
- Martin Przegendza