Eat The Rich
- Regie:
- Richardson, Peter
- Jahr:
- 1987
- Genre:
- Komödie
- Land:
- GB
1 Review(s)
06.10.2006 | 08:59Das Medium VHS stirbt langsam aus und so wundert es nicht, wenn so langsam alle möglichen Filme auf die qualitativ bessere DVD portiert werden. Es erwischt dabei auch immer wieder Nischen-Filmchen vergangener Tage, die heute kaum noch jemand kennt. Das Label e-m-s ist bekannt für ebensolche Releases und gelegentlich finden sich sogar ein paar echte Perlen darunter. Ob "Eat The Rich - The Cannibal Comedy" aus dem Jahre 1987 jedoch dazu gehört, ist fraglich. Der Streifen erlangte seinerzeit lediglich leicht erhöhte Aufmerksamkeit, da die Metaller von MOTÖRHEAD die Musik und ihren Frontmann Lemmy in einer Rolle beisteuerten. Auch die DVD-Veröffentlichung 2004 fand auf ähnlich leisen Sohlen statt.
Zur Story
Kellner Alex hat ein Problem. Oder besser: mehrere. Er vereinigt gleich mehrere Randgruppeneigenschaften in sich. Nicht nur dass er dunkler Hautfarbe ist, auch sein Auftreten sowie einige körperliche Attribute deuten darauf hin, dass seine sexuelle Ausrichtung entweder homo- oder transsexuell ausfällt. Als wäre farbig und tuntig nicht schlimm genug, verliert er dank seiner zickig-rebellischen Art auch noch seinen Job im Londoner In-Lokal "Bastards". Hier speist die High-Society (und diejenigen, die sich dafür halten) lauter dekadentes Zeugs und feiert sich bei kandierten Eichhörnchen und ähnlich erlesenem Fraß selbst. Alex aber landet in der Gosse, gelangt per Zufall an eine Waffe und setzt sie auf dem Arbeitsamt gegen eine hochnäsige Sachbearbeiterin ein.
Das Outlaw-Schicksal nimmt seinen Lauf. Beseelt von glühendem Gerechtigkeitswahn, die Unterdrückten zu befreien, beginnt eine Flucht, bei der er weitere, durchgeknallte Underdogs aufgabelt und für seine Idee, den britischen Staat per Volksaufstand zu stürzen, begeistern kann. Unterstützt wird er insgeheim von Geheimdienstchef Commander Fortune, der in Wahrheit offensichtlich ein Moskau treuer Doppelagent ist. Dieser sähe es gerne, wenn der rüpelige, proletige und stets Dosenbier saufende Innenminister Nosher Powell öffentlich demontiert würde. Das brächte das britische Staatsgefüge mächtig ins Wanken. Glaubt er.
Hardliner Powell jedoch hat ganz andere Sorgen. Seine überkandidelte, auf Luxus getrimmte Frau lässt ihn seit der Hochzeit vor einigen Jahrzehnten nicht mehr ran, ein Stammhalter fehlt dem Manne daher. Zudem fürchtet er bei Verlust der nächsten Wahlen um die ganzen Annehmlichkeiten seines Jobs. Das hält ihn nicht davon ab, öffentlich herum zu pöbeln, andere zu verdreschen und kräftig durch die Gegend zu vögeln. Alles vor den Augen der Presse, die ihn dafür auch noch goutiert. Alex und seine Wäre-Gern-Revolutionäre setzen derweil zum gewaltsamen Sturm auf das verhasste "Bastards" an, nieten die Reichen und Schönen darin um und bieten sie hernach getreu dem neuen Namen des Lokals "Eat The Rich" ihresgleichen als Delikatessen an - mit Riesenerfolg.
Eindrücke
Der hanebüchene und von schnellen, teils zusammenhangslosen Schnitten zurechtgeschusterte Plot besteht grob aus drei Strängen, die natürlich miteinander im Zusammenhang stehen, jedoch erst im Finale konkret zusammenlaufen. Was aber nicht heißt, dass der Showdown nun besonders logisch oder sehenswert wäre. Die einzelnen Fäden haben ganz unterschiedliche Geschmäcker. Während man bei Alex & Co. auf vollkommen überdrehten Revoluzzer-Klamauk trifft, der sich fernab jeglicher Rationalität und Glaubwürdigkeit bewegt, sind die Szenen mit Commander Fortune und seinem Handlanger Spider schon ein wenig realistischer. Natürlich kommt diese kleine, eingebettete Agentengeschichte ebenfalls schräg daher, oder wie soll man es nennen, wenn der oberste Geheimdienstchef seiner Majestät ein sentimentaler Kommunist ist?
Nosher Powell spielt sich - zumindest was den Namen angeht - selbst. Eigentlich ist der Bursche Stunt-Coordinator und hat sich seine Meriten als solcher u.a. bei einigen Filmen der James-Bond-Reihe verdient. Talent brauchte er für die Rolle als prolliges Enfant Terrible und Zerrspiegel der politischen Verhältnisse zur Zeit des Kalten Krieges in den Achtzigerjahren nicht. Hat er auch nicht. Dem Filmgott sei Dank ist dies Powells erster und letzter Ausflug in die Schauspielerei diesseits der Kamera. Ähnliches gilt auch für das dauerquäkige Neutrum Alanah/Alan Pellay, bei der/dem man nie weiß, isses nu Männlein oder Weiblein? Er/Sie/Es ist obertuntig, laut und nervig - was nur zum Teil an der deutschen Synchronstimme liegt. Frei nach SISTERS OF MERCY: "A slight case of overacting".
Wo wir grade bei musikalischen Größen sind, fällt auf, dass sich für das Projekt ungewöhnlich viele Musiker freiwillig gemeldet haben, um Statistenrollen zu übernehmen. So treffen wir Paul McCartney (THE BEATLES), Bill Wyman (ROLLING STONES) und Shane McGowan (POGUES) genauso an, wie Lemmys unvermeidliche Rocker von MOTÖRHEAD, die sich in einem eher bescheidenen Cameo-Gig selbst spielen. Wobei man anmerken muss, dass Lemmy alias Spider generell hier gar keine so üble Figur macht. Wer sonst noch recht bekannte Gesichter sucht, wird höchstens noch bei Robbie Coltrane (u.a. "Harry Potter", "From Hell") fündig. Alles andere sind, waren und bleiben Amateurdarsteller. Für die krude Persiflage aus der Independent-Ecke brauchts auch keinen namhaften Cast. Hut ab vor allen, die sich hier der Peinlichkeit preisgaben.
DVD und Bonusmaterial
Bei einem recht betagten Film, zudem noch einem Budget Release, darf man nicht allzuviel erwarten. So pumpt das 4:3 Vollbild merklich in der Helligkeit und zeichnet sich auch sonst nicht durch eine feine Körnung aus. Fast so als hätte jemand von einer Leinwand abgefilmt. Der auf Stereo aufgeplittete Mono-Ton ist auch ziemlich mau. Einerseits zu dumpf, dann wieder übersteuernd bei hohen Tönen. Das lässt die Geräuschkulisse und Dialoge oft zu einem undefinierbaren Klang-Brei verschmelzen.
Das Bonusmaterial fällt spärlich aus, zum Film selbst findet sich fast nichts, neben den Trailern und einer kleinen, unwichtigen Bildergalerie, hat man ein "MOTÖRHEAD Special" auf dem Silberling gepackt. Dieses Special besteht dann hauptsächlich aus Ausschnitten aus der "Rockanthology"-Reihe, wo man diverse Videos und Interviewschnippsel von und mit MOTÖRHEAD zusammengefrickelt hat. Natürlich nicht ohne hinterher für die komplette, 10 teilige DVD-Sammlung zu werben. Einen kleinen Beitrag zum Album "Inferno" gibt's auch noch.
Fazit
Man muss "Eat The Rich" nicht gesehen haben. Wirklich nicht. Was sich als "The Cannibal Comedy" untertituliert, ist tatsächlich verkappte Kritik und Parodie auf die (hauptsächlich britische) Gesellschaft und Mentalität. Die skurrile, filmische Ausführung grenzt zum Teil schon an Grausamkeit. Er erschließt sich einem nur dann, wenn man die Achtziger halbwegs bewusst miterlebt und zudem eine sehr große Portion englischen Humors gefrühstückt hat. Die Message ist mittlerweile etwas verblichen, die Übertragung auf deutsche Verhältnisse schwierig. Auch die DVD-Umsetzung fällt eher mau aus. Bildpumpen, dumpfer Sound und ziemlich mageres Bonusmaterial sind nicht grade die Zutaten für eine Kaufempfehlung.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
Einheitlicher Titel: "Eat The Rich"
Nach einer Idee von Peter Richardson und Pete Richens
Komödie, GB 1987 / DVD 2004
Label: e-m-s
Lauflänge: ca. 85 Min.
Bonus: Trailer, Bildergalerie, MOTÖRHEAD Special (ca. 25 Minuten)
Version & Altersfreigabe: Single Disc / FSK 16
Bildformat: 4:3 (Vollbild)
Tonformat: DD 2.0 Stereo (D und E)
Produktion: Michael White, Tim van Rellim
Regie: Peter Richardson
Musik: MOTÖRHEAD
Darsteller u.a: Lanah Pellay (Alex), Ronald Allen (Commander Fortune), Lemmy Kilmister (Spider), Fred "Nosher" Powell (Nosher Powell), Fiona Richardson (Fiona), Robbie Coltrane, Paul McCartney, Bill Wyman, Shane McGowan
- Redakteur:
- Jürgen Pern