Ein Tag ohne Mexikaner
- Regie:
- Sergio Arau
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Mexiko/Spanien/USA
- Originaltitel:
- A Day Without A Mexican
1 Review(s)
10.02.2006 | 12:12Was ist für Kalifornien schlimmer als ein Mega-Erdbeben? Und wer macht den Dreck weg? Panik!, Chaos! Anarchie! Genau das hat der westamerikanische Staat in dem Moment zu fürchten, in dem die lateinamerikanische Bevölkerung plötzlich nicht mehr da ist. Eigentlich ja ein sehr abwegiger Gedanke, den Regisseur Sergio Arau hier verfolgt, aber interessant ist es allemal, ein Bild davon zu bekommen, was passiert, wenn dieser Fall eintritt.
Story:
Am 14.Mai wachten die Kalifornier auf und irgendetwas stimmte nicht. Arbeitsplätze wurden nicht besetzt, Restaurants blieben aus ungeklärten Gründen geschlossen, ganze Familien waren plötzlich verschwunden und der Müll in den Straßen Kaliforniens stapelte sich höher als an "normalen" Tagen. Bereits zur Mittagszeit schien für die meisten Bewohner des Staates das Ende der Welt gekommen zu sein. Was war geschehen?
Die sonst so verachteten Mexikaner waren nicht mehr da. Tausende Menschen waren plötzlich von der Bildfläche verschwunden und ließen ein hilfloses, westliches Volk zurück, das voll und ganz auf diese Gruppe angewiesen war und ist. Lediglich eine lateinamerikanische Fernsehreporterin, die während der angeblichen Epidemie in einen Unfall geriet, wurde verschont und durfte bleiben. Sie gilt nun als die letzte Hoffnung, gleichzeitig aber wird sie auch von verschiedenen Bevölkerungsgruppen gehasst - dabei ist sie völlig unschuldig.
Kalifornien ist physisch, psychisch und moralisch am Ende. So sehr man die Mexikaner auch verabscheut - ohne sie geht es einfach nicht!
Meine Meinung:
Prinzipiell ist die Geschichte der verschwundenen Mexikaner schon sehr seltsam und verrückt. Entsprechend skurril hat Regisseur Sergio Arau sie auch erzählt. "Ein Tag ohne Mexikaner" baut nämlich auf sehr vielen Nebensträngen auf, in der verschiedene "Betroffene" und ihre Verbindung zu den Latinos gezeigt werden - eingepackt in einen Wust an Nachrichtensendungen, die sich mit der Abwesenheit der mexikanischen Randgruppe beschäftigen. Was anfangs noch als heilloses Durcheinander beginnt, entwickelt sich dabei jedoch mit wachsender Spielzeit zu einer sehr interessanten Perspektive, bei der der "Ernstfall" - auch im Sinne der eigenen Vorstellungskraft - recht authentisch vorgestellt wird. Der hierbei aufgeworfene Kontrast ist sehr schön dargestellt. Eigentlich haben die Mexikaner in den Staaten einen sehr untergeordneten Stellenwert und zwar trotz der Tatsache, dass die meisten Menschen ohne das Volk aus dem Nachbarland ziemlich aufgeschmissen wären. Die Mexikaner werden als die ausführende Hand der amerikanischen Bürger dargestellt; als die arbeitende Kraft, die den Staat am Leben hält. Ihr Verschwinden symbolisiert die Unselbstständigkeit der westlichen Welt, die Hilflosigkeit, wenn man plötzlich auf sich alleine gestellt ist. Die Folge: Die eigene Welt bricht zusammen, und in Nullkommanix ist man dem eigenen Unvermögen vollkommen ausgeliefert.
Dass dies alles in einen sehr humorvollen Rahmen verpackt wurde, versteht sich von selbst. Bei all den durchgedrehten Mitwirkenden geht die im Grunde genommen recht ernsthafte Gesellschaftskritik ein wenig unter, trotzdem kann Sergio Arau im Nachhinein Michael Moore die Hand geben. Beide Regisseure verfolgen das Ziel, ein komplett blindes Volk, das ohne die Hilfe derjenigen, die es verurteilt, gar nicht existieren kann, in eine sinnbildliche Handlung einzupacken. Dieses ist beiden sehr gut gelungen, und daher ist ihre Zielgruppe auch beinahe identisch. Der einzige Unterschied zwischen "Ein Tag ohne Mexikaner" und den Werken von Moore: Die Kritik in diesem Film ist weitaus subtiler, und der Streifen als solcher ist nicht nur darauf angelegt, irgendwen an den Pranger zu stellen, sondern er soll vordergründig unterhalten!
Die Aufarbeitung der DVD-Fassung von "Ein Tag ohne Mexikaner" ist ganz ordentlich. Das eigentlich sehr farbenfrohe Bild ist zwar ein wenig blass geraten, weist aber keine echten Störfaktoren auf. Manchmal wünscht man sich allerdings etwas mehr Schärfe. Der Ton hingegen ist wirklich gut und bringt das Chaos gut herüber. Speziell in den Szenen, in denen sich die Nachrichtenmeldungen überschneiden, wird der Dolby Digital 5.1-Sound zwar ordentlich beansprucht, wirkt aber dabei sehr souverän. An Extras wurde hier leider gespart. Bis auf den Originaltrailer enthält die DVD kein weiteres Bonusmaterial.
"Ein Tag ohne Mexikaner" ist kein Film für jedermann. Manche werden das Gebotene vielleicht sogar ziemlich bescheuert finden, und ehrlich gesagt, das dachte ich anfangs auch. Doch irgendwie hat der Streifen etwas Besonderes, und wenn man ein wenig Geduld zeigt und den wahren Hintergrund begreift, fühlt man sich mit einem Mal bestens unterhalten. Letztendlich hat Sergio Arau jedenfalls eine sehr gute Mischung aus Dokumentation und Komödie zusammengestellt, bei dem der Spaß nicht zu kurz kommt. Wer auf Skurriles mit einer gehörigen Portion Ironie steht, wird an diesem Film sicher eine Menge Freude haben.
- Redakteur:
- Björn Backes