Ein ferpektes Verbrechen
- Regie:
- Alex de la Iglesia
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Spanien
- Originaltitel:
- Crimen ferpecto
1 Review(s)
24.02.2006 | 07:44Schwarze Komödie aus Spanien
Rafael ist Leiter der Abteilung Damenoberbekleidung eines großen Kaufhauses. Scharenweise erliegen die Kolleginnen seinem unwiderstehlichen Charme. Zu seinem Glück fehlt nur noch die Beförderung zum Etagenchef, aber ausgerechnet Don Antonio, Krawattenverkäufer mit einem Hang zum Mittelmaß, bekommt den Job. In einem handfesten Streit zwischen den beiden geschieht ein Unfall …
Antonio ist mausetot. Leider hat Lourdes, die unattraktivste Verkäuferin des Hauses, alles mitbekommen. Nun hat sie Rafael in der Hand. Aus dem eleganten Mann mit Stil wird ein Gefangener und Sexsklave. Bald wird ihm klar, dass es für ihn nur einen Ausweg aus diesem Albtraum gibt. Er hat einen Plan, und dieses mal muss er wirklich perfekt sein. (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Crimen ferpecto (Spanien 2004)
Dt. Vertrieb: e-m-s (Verleih: 12.01.06; Kauf-DVD: 13.04.06)
Genre: Schwarze Komödie
FSK: ab 12
Länge: ca. 99 Min.
Regisseur: Alex de la Iglesia
Musik: Roque Banos
Darsteller: Guillermo Toledo, Monica Cervera, Luis Varela, Enrique Villen, Fernando Tejero, Kira Miró u.a.
Handlung
Im PROLOG werden mehrere Kandidaten für den Job als Verkäufer von Herrenoberbekleidung getestet. Ihr Unvermögen bringt den Prüfer zum Ausrasten. Unschuldig fragt ein Jurymitglied: Hat es jemals einen gegeben, der den Job des Verkäufers optimal erledigt hat? Oh ja, es hat. Der Prüfer gerät ins Schwärmen: Das war Rafael.
Haupthandlung.
Und hier sehen wir Rafael in Lebensgröße ins Bild stolzieren. Der Dienstantritt in seinem persönlichen Reich, der Etage für Damen-(!)-Oberbekleidung, ist ein Schaulaufen über die Korridore, von einem entzückten weiblichen Lippenpaar zum nächsten: Er hat seine Verkäuferinnen in der Hand – und später auch im Bett. Natürlich nicht irgendwann am Abend, o nein: es eilt. Und wenn man schon mal in einem Madrider Kaufhaus arbeitet, kann man ja auch gleich mal die Schallabschirmung der Umkleidekabinen testen … und nach Dienstschluss die Bettfedern in der Möbelabteilung.
~ D-Day ~
Rafael sagt, er liebe ALLE Frauen und er sei ein Hohepriester der Liebe, aber es gibt eine Frau, die er stets links liegen lässt: die hässliche Lourdes. Reden wir nicht darüber, denken wir lieber an Rafaels Primärziel: die Ausweitung seines Imperiums auf die Herrenoberbekleidung. Doch dort herrscht zu seinem Leidwesen – Gott sei’s geklagt – immer noch sein schärfster Rivale Don Antonio. Und heute ist D-Day, will heißen: Die Chefs bestimmen, wer diese Etage übernehmen darf. Und von dort führt der Weg automatisch in den Vorstand. Aktienanteile winken, Gehaltserhöhungen – und wilde Nächte in der Karibik.
~ Upps, ein Toter! ~
Aber so sehr Rafael auch seinen Charme bei den Kundinnen spielen lässt, so ist er doch nicht vor deren Tricks sicher: Der Scheck, der ihm den Umsatztriumph verschaffen soll, ist nicht gedeckt! Zähneknirschend muss er mit ansehen und –hören, wie Don Antonio den Posten erhält. Dieser rächt sich sogleich und versetzt Rafael – welche Schmach! – in die Abteilung für Übergrößen. Dass Rafael zurückschlägt, fordert seine Ehre, woraufhin er gefeuert wird. Und dies wiederum führt zu einem Handgemenge in der Umkleidekabine, das zu einem Unfall führt. Rafael kann es kaum glauben, dass sein Rivale den Löffel abgegeben hat. Da vernimmt er ein leises Geräusch: Die Tür einer Nachbarkabine öffnet sich, eine Frau mit Turnschuhen entfernt sich. Sofort deponiert Rafael die Leiche im Heizungskeller.
~ Die Komplizin ~
Wie sich herausstellt, ist es ausgerechnet die hässlichste Frau der Welt: Lourdes. Und sie hat ihn in der Hand. Nicht nur das: Sie hat auch die Leiche Don Antonios! Zunächst tritt sie noch als Rafaels Schutzengel auf, als die Mordkommission aufkreuzt, doch dann soll Rafael mit ihr Sex haben. Wohl oder übel muss er gehorchen. Er wird Abteilungsleiter, die Polizisten ziehen ab – alles in Butter. Denkste!
Fortan muss Rafael nach Lourdes’ Pfeife tanzen: Eine seiner Verkäuferinnen nach der anderen muss er feuern und dafür potthässlichen Ersatz einstellen. Der Sexsklave tut sich erst selbst Leid, dann kehrt die Wut wieder. Als Lourdes ihn ihrer neurotischen Familie vorstellt und er in der Geisterbahn mit ihr gesehen wird, muss Rafael Maßnahmen ergreifen, sie loszuwerden, bevor seine Ehre öffentlich in den Schmutz getreten wird.
~ Der perfekte Mord ~
Das Problem ist jedoch: Wie begehe ich ein perfektes Verbrechen, so dass es aussieht, als wäre nicht ich der Täter gewesen? In seinen Phantasien der Mordlust erscheint ihm Don Antonio als grünhäutiger Teufel mit Beil im Schädel. Dessen teuflische Ratschläge erweisen sich als durchaus brauchbar. Doch die Zeit wird knapp, als der Kommissar entdeckt, dass Rafael und Lourdes ein Verhältnis haben und sich gegenseitig decken. Alle beschatten einander, doch Rafael gelingt der raffinierteste Coup seines Lebens. Allerdings fackelt er dabei das Kaufhaus ab …
Mein Eindruck
Wie schon in seiner makaberen Nachbarschaftskomödie "Die schrecklichen Nachbarn" schreckt Alex de la Iglesia auch in "Ein ferpektes Verbrechen" vor schrillen Effekten nicht zurück. Aber das ist in einer übertreibenden Satire völlig okay, denn statt um Realismus geht es dabei um etwas ganz anderes: um die Verpackung einer moralischen Botschaft.
Die Mords-Story um Don Antonio und Lourdes ist die für Spannung sorgende Verpackung, doch die eigentliche Botschaft besteht in dem Appell, dass sich Macho-Gockel wie Rafael gefälligst mal überlegen sollten, was sie eigentlich der unattraktiven Weiblichkeit antun, wenn sie sie zugunsten der unterwürfigen attraktiven Frauen ignorieren. Und wie sich herausstellt, haben die "hässlichen Frauen" nicht nur die bessere Verkaufsmotivation und die höheren Umsatzergebnisse als die Schönheiten, sondern auch die wirkungsvolleren Ideen! Es lebe die Gleichberechtigung.
Doch bis Rafael zu dieser Einsicht und einer neuen Bescheidenheit gelangt, ist der Weg weit und mit Mordgedanken gepflastert. Der eigentliche "perfekte Mord" ist clever inszeniert, wird aber natürlich genauso überkandidelt ausgeführt wie die gesamte Komödie. Mehr darf nicht verraten werden. In jedem Fall dreht Alex de la Iglesia im vorletzten Akt ganz schön auf, um den Zuschauer zu unterhalten. Aber wenn man’s recht bedenkt, gerät ihm dabei die eigentliche Handlung aus dem Ruder. Symptomatisch dafür ist die abbrechende Kommunikation zwischen Rafael und Lourdes, seiner Herrin. Nun sprechen nur noch Taten bzw. Waffen. Der Höhepunkt des Films schwelgt im Chaos der Katastrophe.
Sehr ironisch ist dann der Schluss. Lourdes ist keineswegs gekillt worden – das lag auch nicht in Rafaels Absicht: Er hätte ihr Ableben allerdings sozusagen "billigend in Kauf genommen". Nun, da sie die unumschränkte Macht im Kaufhaus innehat und mit ihren eigenen lächerlichen bzw. volksverdummenden Modeideen die Massen wie Clowns einkleidet, führt sie sich als Diva auf – so wie Rafael dies früher in der männlichen Version der Geschichte getan hat. Merke: Wo Macht ins Spiel kommt, geht die Gleichberechtigung zum Teufel, ganz gleich, bei welchem Geschlecht. Aber dass Macht korrumpiert und absolute Macht absolut korrumpiert, wusste der fleißige Kinogänger spätestens beim Ansehen der Trilogie von "Der Herr der Ringe".
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 2,35:1 (anamorph)
Tonformate: D in DD 5.1, Spanisch in DD 5.1
Sprachen: D, Spanisch
Untertitel: D
Extras:
Originaltrailer
Trailershow: El Lobo; New Police Story; 11:14; Evil; Wer ist Cletis Tout?, The Machinist
Mein Eindruck: die DVD
Bild und Sound sind gut, aber der DTS-Standard wird nicht unterstützt. Das, was hier Extras genannt wird, ist lediglich Werbung. Und darauf kann man dankend verzichten. Über den Film selbst erhält man keine Hintergrundinfos. Genauso gut könnte man auch eine VHS kaufen.
Unterm Strich
"Ein ferpektes Verbrechen" bietet teils spannende, teils makabere Komödienunterhaltung. Aber so recht will mich die althergebrachte Thematik des Geschlechterkampfes um die Macht und das Plädoyer für partnerschaftliche Gleichberechtigung nicht vom Hocker reißen. Dafür ist das Thema schon zu ausgelutscht. Für spanische Verhältnisse mag das Thema nichts an Aktualität verloren haben. Pedro Almodóvar war jedoch meines Erachtens hinsichtlich des Abklopfen der Aspekte dieses Themas schon etwas weiter vorgedrungen. Fazit: Muss man nicht kennen. Und den Film könnte man sich genauso gut auf einer Videokassette besorgen, denn hinsichtlich Bonusmaterial herrscht Fehlanzeige.
- Redakteur:
- Michael Matzer