Für alle Fälle Fitz / 2.Staffel
- Regie:
- Julian Jarrold
- Jahr:
- 1994
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Cracker - Season 2
1 Review(s)
16.09.2006 | 08:33Auch wenn die zweite Staffel von "Für alle Fälle Fitz" offiziell schon einige Wochen erhältlich ist, so könnte der Anlass zu dieser DVD-Kritik kaum passender sein. Wie manche nämlich vielleicht schon mitbekommen haben, ist die Serie unlängst wieder im ZDF angelaufen und bekommt nun hoffentlich und endlich die Beachtung, welche die Geschichten des Profilers Edward Fitzgerald alias Robbie Coltrane bereits bei ihrer ersten Ausstrahlung verdient gehabt hätten. Doch dies soll natürlich nicht heißen, dass das aktuelle DVD-Package aus dem renommierten Hause Koch Media deswegen belanglos ist. Ganz im Gegenteil: Ebenso wie schon beim Release der ersten 3-DVD-Box lohnt sich die Anschaffung des 'grünen' Nachfolgers in allen Belangen.
Hinsichtlich der Storys geht Regisseur Julian Jarrold sogar noch einen Schritt weiter; die Taten sind noch ein ganzes Stück brutaler, die Fälle verzwickter, und Fitz' Aufgabe um ein erhebliches Maß schwerer. Das beginnt bereits in der ersten Episode "Kalte Rache", in der die Geschichte eines Mannes erzählt wird, der durch den Tod seines Vaters in ein heftiges Trauma versetzt wird. Geschockt vom jüngsten Ereignis überschreitet er alle Tabus und steigert sich in bester "Falling Down"-Manier in seinen Wahn hinein. Seine Umwelt ist mit einem Mal nicht mehr sicher, und sobald ihm jemand nicht in einem für ihn angemessenen Verhaltensmuster entgegentritt, lässt er ihn dies auf brutalste, tödliche Weise spüren.
In der darauffolgenden Episode gerät der Klerus ins Abseits, als der ortsansässige Reverend sich mit einem jungen Mädchen einlässt und durch den Betrug an seiner Frau zusätzlich alle moralischen Aspekte seines Glaubens übertritt. Als seine gefährliche Liebe durch die Schwangerschaft des Mädchens aufgedeckt wird, gerät der Mann in die Schusslinie der Gemeinde und verliert dabei jeden Respekt. Deshalb ist auch für alle klar, dass das plötzliche Verschwinden seiner Liebesgespielin unmittelbar mit diesem Ereignis verbunden ist und auch nur der Reverend dahinter stecken kann. Doch obwohl die Sache eindeutig scheint, ist sich Fitz nicht sicher, ob tatsächlich der Geistliche diese Entführung inszeniert hat.
In "Männerphantasien" ist Fitz schließlich einem berüchtigten Sexualstraftäter auf der Spur, der dem Profiler auch nicht zum ersten Mal ins Auge sticht. Bereits vor einiger Zeit wurde der kompromisslose Vergewaltiger wegen eines ähnlichen Verbrechens vor Gericht belangt, doch dies gereicht ihm dieses Mal zum Vorteil. Nun nämlich ist ihm bewusst, mit welchen Mitteln seine Verfolger arbeiten, und bevor die Polizei mitsamt ihres ungeliebten Kollegen überhaupt nur eine Spur des Täters erhaschen können, hat dieser am Tatort schon wieder sämtliche Hinweise verwischt. Jegliche Hoffnung scheint verloren, bis Fitz dann doch noch einen Weg findet, das Verbrechensmuster des flinken Täters zu durchschauen.
Wie man eine gute Serie noch besser macht, erfährt man mit der zweiten Staffel von "Für alle Fälle Fitz". Gerade was die grundlegende Atmosphäre der Spielfime anbelangt, hat sich das Produktionsteam noch einmal gewaltig steigern können, was sich vor allem im ersten Teil, "Kalte Rache" sofort bewährt. Nicht nur dass die Killer noch erbarmungsloser und ihre Motive weitaus schwerer zu durchschauen sind, auch das generelle Konzept der einzelnen Folgen, welches durch die Verlängerung der Spielzeit (alle drei Folgen dauern ca. 150 Minuten) weitere Freiräume für eine noch detailliertere Analyse des jeweiligen Strickmusters schafft, hat sich durch die Verlagerung einzelner Schwerpunkte noch einmal gehörig verbessert und machen "Für alle Fälle Fitz" zu eine der wichtigsten Serien des gesamten, jüngeren Kriminal-Genres. Wenn man es mal etwas genauer betrachtet, also die heutige TV- und Medien-Landschaft gezielter durchforstet, kann man der bereits 12 Jahre alten Serie durchaus so etwas wie eine Vorreiterrolle zuschreiben, die sich zudem noch dadurch von den vielen gehypten Hollywood-Serien abhebt, dass ihre Hauptfigut wiederum in kein konventionelles Muster hineinpasst. Dr. Edward Fitzgerald ist ein absoluter Eigenbrödler, ein einfacher Mann des Volkes, zwar hochintelligent, aber gleichzeitig eine unspektakulär eingeführte Skandalnudel, die sich ihren Ruhm nicht durch doofe Sprüche, sondern durch eindrucksvolle Taten erarbeitet. Anders gesagt: Ein typischer Brite mit allen Macken, die man dem einfachen, englischen Arbeitervolk zuschreibt, aber auch ein Kerl, mit dem man Pferde stehlen könnte.
Diese sympathische Ausstrahlung - und die hat Coltrane auch trotz seiner hier nicht mehr ganz so häufigen merkwürdigen Eskapaden - ist gleichzeitig ein elementarer Bestandteil dieser Produktion, denn gepaart mit den lediglich menschlichen Eigenheiten des verdeckten Ermittlers liefern sie die besten Voraussetzungen dafür, in Fitz eine Identifikationsfigur zu sehen - eben einen Mann, der mindestens so gewieft ist wie Columbo und James Bond zusammen, dabei aber immer schön am Boden bleibt und sein Publikum nicht mit seiner Arroganz langweilt. Aber das war im Grunde genommen ja auch schon bei der ersten Staffel der Fall!
Weshalb man die zweite Staffel auf jeden Fall gesehen haben sollte, ist deshalb auch schnell erklärt. Voraussetzung ist lediglich, dass man die erste Season gemocht und Fitz in sein Herz geschlossen hat. Dann nämlich wird aus einer Vorliebe echte Begeisterung, und wie bereits eingangs erwähnt: aus einer guten Serie über die gezielten Verbesserungen (die übrigens nicht ein einziges Mal in Längen ausarten) eine noch bessere. Werdet einfach Zeuge einer der besten Kriminalreihen der Neunziger, am besten mithilfe dieser schmucken Digibox, die einen trotz leichter Einschränkungen beim diesmal auffällig blassen Bild von der ersten bis zur letzten Sekunde zu fesseln vermag.
- Redakteur:
- Björn Backes