Gravedancers, The
- Regie:
- Mendez, Mike
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Gravedancers
1 Review(s)
14.11.2007 | 14:15Natürlich konnte nur Sid, der nie erwachsen wurde, auf die Idee kommen, auf dem nächtlichen Friedhof von ihrem früh verstorbenen Jugendfreund Devin Abschied zu nehmen. Harris und Kira, die ebenfalls um diesen trauern, schließen sich um der alten Zeiten willen an. Als Sid neben dem Grabstein einen Briefumschlag mit einem Gedicht findet, das einer Beschwörung des Lebens gleicht, folgen sie ihm, der es lauthals deklamiert, sogar, als er auf einigen Gräbern zu tanzen beginnt.
Nach einigen Tagen und wieder nüchtern hat Harris, ein erfolgreicher Anwalt und privat glücklich verheiratet, die nächtliche Eskapade fast schon vergessen, als Allison, seine Gattin, im gemeinsam bewohnten Haus Klopfgeräusche, Flüstern und Klavierklänge vernimmt. Als eine Frauengestalt sie fast zu Tode erschreckt, verdächtigt sie Kira, die einst heftig in Harris verliebt war und mit üblem Psychoterror auf dessen Heirat reagiert hatte. Doch als sie wütend mit Harris in Kiras Wohnung auftaucht, finden sie diese verwüstet und die Bewohnerin verprügelt und mit Bissen übersät vor.
Im Krankenhaus informiert Harris Sid, der ihn und Allison in seine Wohnung bittet: Ein Geist verfolgt ihn und legt ständig Brände! In seiner Not hat Sid bereits die Hilfe des Parapsychologen Vincent und seiner Assistentin Culpepper gesucht, die bald auf einen Zusammenhang zwischen der Nacht auf dem Friedhof und den Heimsuchungen finden: Harris, Sid und Kira haben geweckt, wer unter ihren tanzenden Füßen ruhte!
Eine Sichtung vor Ort führt zur erschreckenden Erkenntnis, dass unser Trio sich ausgerechnet in jener Friedhofsecke vergnügten, in der Mörder, Irre und andere unerfreuliche Zeitgenosse verscharrt wurden. Sid wird nun von einem pyromanischen Geisterkind verfolgt: Dennis Faberly, der 1956 sich und seine Familie abfackelte. Harris und Allison werden von Emma Westbrook geplagt, die 1923 ihren scheidungsunwilligen Liebhaber und dessen Frau mit der Axt zerlegte. Kira hat das ganz große Schreckenslos gezogen: Sie peinigt der Geist des Richters William Langer, dem man nach seinem Tod 1890 ein Denkmal errichten wollte, bis man in seinem Keller ein geheimes Folterverlies samt Frauenleichen entdeckte ...
Als Geisterjäger sind Vincent und Culpepper eher Theoretiker. Ihr Rat wird dennoch befolgt: Die drei Leichen müssen ausgegraben und neu bestattet werden, um den Fluch zu brechen. Leider geht dieser Schuss nach hinten los. Gemeinsam verbarrikadiert sich das Quintett im einsam gelegenen Forschungsinstitut der Spuk-'Experten' - und geht dort den Geistern mit mörderischen Folgen in die Falle ...
Das Phantastik-Filmfest "8 Films To Die For" (auch "Horrorfest" genannt) erfreut sich in den USA unter den Fans der etwas härteren Gruselkost großer Beliebtheit. Es ist an keinen Ort gebunden; stattdessen zeigen ca. 350 US-Kinos an drei Tagen (bzw. in drei Nächten) mindestens acht aktuelle Horrorfilme, die später mit dem 'Gütesiegel' "8 Films To Die For" vermarktet werden.
"The Gravedancers" gehört zur 2006er Edition dieser Reihe, die in Deutschland allerdings nur das Kunstlicht der Videotheken erblickt. Das ist in diesem Fall schade, denn der Zuschauer fragt sich doch, wie dieser Streifen wohl auf der großen Leinwand wirkt. Das Potenzial hat er, obwohl "Gravedancers" trotz seiner zahlreichen Spezialeffekte zu den 'kleinen', d. h. kostengünstig produzierten Filmen gehört.
Allerdings hat der Verzicht auf die Mainstream-Schiene den erfreulichen Nebeneffekt, dass sich "Gravedancers" nicht pflegeleicht geben muss, sondern in Kenntnis der Tatsache, dass ohnehin primär Genrefreunde zugreifen werden, dem Grusel-Affen ordentlich Zucker geben kann.
"Poltergeist" meets "Tanz der Teufel" - so lässt sich das Ergebnis charakterisieren. Geister werden versehentlich gerufen. Sie präsentieren sich ganz klassisch, nämlich bitterböse, gemein und hässlich, und lassen sich partout nicht mehr loswerden. Welche Konsequenzen das für ihre entsetzten Opfer hat, wird ebenso spannend wie drastisch in Szene gesetzt.
Doch "Gravedancers" ist viel mehr als eine splattrige Effektorgie: Dieser Film erzählt eine richtige Geschichte mit Einleitung, sorgfältig aufgebautem und gut getimtem Hauptteil und fulminantem Finale. Der Plot ist sicher nicht originell, aber er wird umgesetzt, wie es ihm gebührt: einfach bzw. geradlinig. "Gravedancers" will nicht mehr als Unterhaltung sein und hält sich künstlerisch wie handwerklich und finanziell an seine Grenzen.
Zu den Pluspunkten dieses Films zählt dabei die Entscheidung, das Übernatürliche nicht ausschließlich digital in Szene zu setzen. Viele moderne Horrorfilme setzen auf die Macht der Pixel, die indes als solche immer noch zu erkennen sind, selbst wenn richtig viel Geld in ihre Erzeugung fließt. Dabei verleugnet das Genre seine eigene Geschichte, die viele Jahrzehnte durch den Einsatz stetig perfektionierter Masken und Modelle lebendig wurde. Die Macher von "Gravedancers" greifen auf ehrwürdige Traditionen zurück und kombinieren sie mit der Technik des 21. Jahrhunderts. Das Ergebnis belegt, dass "Animatronics", d. h. mechanisch oder hydraulisch angetriebene Modelle im Maßstab eins-zu-eins immer noch ihren Zweck erfüllen. Vor allem die auf solche Weise 'belebte' Leiche des psychopathischen Richters Langer beeindruckt durch ihre überzeugende Bedrohlichkeit, aber auch der liebe, kleine Dennis verströmt aasigen Ekel. Bewährtes muss nicht zwangsläufig altmodisch wirken! Tatsächlich übertreffen die klassisch realisierten Tricks die CGI-Effekte vor allem im Finale bei weitem.
Bis ihrerseits die Geister tanzen, vergeht einige Filmzeit. Auch hier ist die Stilsicherheit von Regisseur und Drehbuchautoren positiv zu vermerken. Einem erst nachträglich sich erschließenden Prolog von erschreckender Intensität folgt eine sehr ruhiger erster Teil, in dem wir die Hauptdarsteller kennen und schätzen lernen. Dann mischen sich erste übernatürliche Manifestationen ins Geschehen, die sich jedoch auf akustische Effekte und den Einsatz der subjektiven Kamera beschränken. Behutsam wird die Schraube weiter angezogen. Die Geister offenbaren sich auf eine Weise, die verrät, dass sich die Schöpfer von "Gravedancers" die alten Horrorklassiker gut angeschaut haben; der Schreck spiegelt sich in den Gesichtern der Darsteller, bevor den Zuschauern offenbart wird, was diese sehen, und wird auf diese Weise gedoppelt.
Erst im letzten Drittel geht es dann zur Sache. Das Subtile des Films wird zugunsten des Action-Spektakels aufgegeben - ein bekanntes Manko nicht nur des Horrorfilms. Freilich wird vor und hinter der Kamera auch jetzt fabelhafte Arbeit geleistet, gibt es immer noch Überraschungen, bleibt der Charme des richtig gut gemachten B-Movies gewahrt.
Nicht einmal der finale Twist wird versaut, denn selbstverständlich gibt es einen Schlussgag, der die Niederlage des Bösen in Zweifel zieht. Der passt hier zur Handlung und setzt quasi den Schlusspunkt hinter das seltene Vergnügen eines Horrorfilms, der keiner Braindimmung durch den ausgiebigen Genuss von Bier oder anderen Rauschmitteln bedarf.
Hochachtung verdient auch die Besetzung von "Gravedancers" mit Schauspielern, die zur angenehmen Abwechslung definitiv keine heißlufthirnigen Teenies, sondern ihren Dreißigern deutlich nahe gekommen sind oder sie bereits überschritten haben. Harris ist ein beruflich gestandener Anwalt, er und Allison wollen eine Familie gründen: Hier sehen wir zwei Menschen, die ihre Eierschalen längst abgestreift haben. Der unkonventionelle Sid wirkt nicht 'cool', sondern leidet offensichtlich unter dem Peter-Pan-Syndrom und diversen Süchten, was ihn zum schwachen Glied in der Kette unserer Geisteropfer werden lässt. (Schönster Spruch: "Ich bewege mich nicht von der Stelle, bis mich etwas jagt"!)
Das trifft auch auf Kira zu, über deren Leben wir wenig erfahren. Sie leidet unter ihrer nie erfüllten Liebe zu Harris, die dieser allerdings zumindest ansatzweise erwidert. (Oder war da mehr? Der Film deutet es mehrfach an.) Psychisch ist Kira labil, was nachvollziehbar macht, dass Allison zunächst sie hinter dem Spuk vermutet. Bis sich herausstellt, dass sie ebenso Opfer ist wie ihre Leidensgenossen, vergeht einige, für sie leidensreiche Zeit. (Hübsches Detail am Rand: Als sich Allison und Kira endlich aussprechen, bricht nicht der erwartete Streit aus, der die Gruppe schwächt und den Geistern ein Einfalltor bietet. Das Drehbuch spielt mit diesem Klischee und lässt den Konflikt an gänzlich unerwarteter Stelle zünden.)
"Gravedancers" dürfte durch die noch junge Prominenz seines männlichen Hauptdarstellers Dominic Purcell profitieren, der kurz nach den Dreharbeiten in die Rolle des Lincoln Burrows in der TV-Erfolgsserie "Prison Break" schlüpfte. Auch sonst griff Regisseur Mike Mendez gern auf gestandene Mimen zurück und besetzte die Rolle des unsicheren Geisterjägers Vincent mit dem Franzosen Tchéky Karyo, der schon in zahlreichen guten ("Crying Freeman", 1995), genießbaren ("Dobermann", 1997) und grottenschlechten ("Wing Commander", 1999) Genreproduktionen auftrat, aber auch in französischer Filmkunst wie "Le Roi danse" (2000; dt. "Der König tanzt" ) zu bewundern war. Dass nicht Vincent, sondern Culpepper (Megahn Perry) als Katalysator für den brachialen Endkampf zwischen Mensch und Monster fungiert, gehört ebenfalls zu den gelungenen weil unerwarteten Drehbucheinfällen.
Ein Film wie "Gravedancers" steht und fällt mit den geisterhaften Gegnern, die auf die menschlichen Darsteller treffen. Wiederum haben Brad Keene und Chris Skinner ihre Hausaufgaben gemacht: Sie informieren uns über die Vorgeschichte des Brandstifters, der Axtmörderin und des Frauenschinders und stellen klar, wieso diese Kreaturen so brutal über Menschen herfallen, die ihnen objektiv nie etwas zuleide getan haben. Nach den ganzen weichgespülten Spukseelchen à la "Ghost Whisperers", mit denen der leidgeprüfte Gruselfan aktuell gepiesackt wird, ist es schön, endlich wieder richtig fiesen Gespenstern bei der Arbeit zuzuschauen.
Daten
Originaltitel: The Gravedancers
USA 2005
Regie: Mike Mendez
Drehbuch: Brad Keene u. Chris Skinner
Kamera: David A. Armstrong
Schnitt: Mike Mendez
Musik: Joseph Bishara
Darsteller: Dominic Purcell (Harris McKay), Clare Kramer (Allison McKay), Josie Maran (Kira Hastings), Marcus Thomas (Sid Vance), Tchéky Karyo (Vincent) Megahn Perry (Culpepper), Martha Holland (Emma), Oakley Stevenson (Spukfrau), Samantha MacIvor (Schwester Jenny), Geneva E. Avarett-Short (Schwester Brolin), Bob McHone (Priester) uva.
Anbieter: Falcom Media Group
Erscheinungsdatum: 15.10.2007 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1 anamorph)
Audio: Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 95 min
FSK: 16
DVD-Features
Die zusätzlich aufgespielten Features halten sich im Rahmen des Üblichen. Das "Making-of" konzentriert sich naturgemäß auf die feinen mechanischen Monster-Effekte. Den Interviews wäre ein Audiokommentar vorzuziehen. Die "Deleted Scenes" sind natürlich interessant, aber sie lassen erkennen, dass der Film so, wie er uns nun präsentiert wird, besser geworden ist.
- Redakteur:
- Michael Drewniok