Julie – Agentin des Königs
- Regie:
- Charlotte Brandström
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- F/I/D/A
- Originaltitel:
- Julie de Maupin
1 Review(s)
27.12.2005 | 08:49D’Artagnan lässt grüßen!
Frankreich, 17. Jahrhundert: Als ein Säugling bei einer schwarzen Messe geopfert werden soll, wird das Baby in letzter Sekunde gerettet. Zwanzig Jahre später ist aus dem Kind eine hübsche junge Frau geworden: Julie de Maupin. Nach dem Mord an ihrem Ziehvater macht sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter, die sie bald in der Nonne Agnès Dormes gefunden zu haben glaubt. Als Agnès ihr gesteht, dass sie Julie lediglich seinerzeit vor dem Opfertod gerettet hat, wird auch sie ermordet.
Julie bringt sich in Sicherheit und geht nach Paris, um dort Opernsängerin zu werden. Doch in Avignon wird sie verhaftet, so dass ihr sogar der Scheiterhaufen droht. Ihr gelingt die Flucht nach Paris, wo sich an der Oper ihr Schicksal erfüllt … (Verlagsinfo)
Filminfos
O-Titel: Julie de Maupin (F/I/D/A 2004)
Dt. Vertrieb: Polyband
VÖ: 12.01.2005
FSK: ab 12
Länge: 2 x ca. 92 Minuten
Regisseur: Charlotte Brandström
Drehbuch: nach dem Roman von Théophile Gauthier
Kamera: Nicolas Herdt
Kostüme: Fabio Perrone
Stunts: Michel Carliez
Darsteller: Sarah Biasini, Gottfied John, Jürgen Prochnow, Marisa Berenson, Julia Stemberger, Pierre Arditi, Thure Riefenstein, Pietro Sermonti u. a. (Alle Rollen sind auf dem Rück-Cover aufgeführt.)
Handlung
Bei einer schwarzen Messe, die in den Gewölben eines Schlosses stattfindet, soll ein Säugling geopfert werden. Der Chef der Satanisten hat bereits das kleine Mädchen an der Schulter mit seinem Siegel gebrandmarkt und hebt nun die schwarze Klinge, um das Kind zu töten. Da stürzt eine in das Gewand der Satansanbeter gekleidete Frau (Julia Stemberger) herein und reißt ihm das Baby aus den Händen. Sie ringen miteinander, doch sie kann sich mit ihrer Beute losreißen und entkommen. Natürlich muss das Mädchen im Verborgenen aufwachsen. Und die Bruderschaft wird ihr Opfer ebenso töten wollen wie auch die Frevlerin.
~ Die Attentäter ~
Julie (Sarah Biasini) wächst bei ihrem Ziehvater Gaston de Maupin (Didier Flamand) irgendwo in Südfrankreich auf. An ihrem 20. Geburtstag will sie nach Paris, um dort ihre leibliche Mutter zu suchen und Sängerin zu werden. Sie hat eine schöne, aber unausgebildete Stimme. Dass sie auch hervorragend den Degen führen kann, darf sie gleich unter Beweis stellen. Ihr Patenonkel, der Bischof d’Armagnac (Gottfried John), kommt zu Besuch und warnt Gaston vor Verfolgern, die im Auftrag des Polizeiministers Florensac unterwegs seien.
Kaum ist er wieder weg, tauchen die Genannten bereits in Gastons Hütte auf und verlangen zu wissen, wo sich Julie gerade befindet. Da kehrt die junge Frau gerade vom Holzsammeln zurück. Ein Fechtkampf entbrennt, in dessen Verlauf Gaston schwer verwundet wird, Julie aber die beiden Angreifer töten kann. Der sterbende Gaston schickt Julie zu D’Armagnac. Bevor die nächsten Attentäter anrücken, kann sie rechtzeitig fliehen.
~ Zum König ~
Der Erzbischof weilt in Versailles am Hofe von König Ludwig XIV (Raymond Aquaviva). Dieser lustwandelt gerade mit seinen Beratern, dem Polizeiminister Florensac (Arditi) und der Madame de Maintenon (Berenson), als Julies ungestümer Auftritt die morgendliche Heiterkeit empfindlich stört. Doch weder kann der Bischof etwas unternehmen, noch will ihr jemand etwas über ihre Mutter erzählen. Immerhin so viel: Gaston de Maupin war Hofmusiker, bis er in Ungnade fiel und verbannt wurde. Und Florensac zeigt sich höchst interessiert an Julie, der er eindeutige Avancen macht. Sollte sie sich entgegenkommend erweisen, könnte er etwas für sie tun.
~ Zur Hexe ~
Sie reitet lieber weiter nach Paris, ohne zu ahnen, dass Florensac sie beschatten lässt. Ja, er hat sogar einen Attentäter auf sie angesetzt. Warum bloß? Auf einem Markt lernt Julie den Gaukler und Sänger Gaspard (Pietro Sermonti) kennen. Er ist bereit, sie zu der Herstellerin jener Salbe zu bringen, mit der sich Julie zeitlebens ihre gebrandmarkte Schulter einreiben muss. Diese kahlköpfige Kräuterfrau fragt Julie auch nach ihrer Mutter, Agnès Dormes, und erhält die Antwort, sie solle sie an der Pariser Oper suchen. Florensacs Männer töten die "Hexe" und verhaften Julie und Gaspard. Nun entdeckt auch Florensac Julies "Teufelsmal", aber er lässt sie und den Sänger gehen. Vielleicht führt sie ihn zu jener Frevlerin. Um Gaspard zu schützen, verjagt Julie ihn – nicht zum letzten Mal. Wer sich mit ihr einlässt, muss schon bald mit einem vorzeitigen Ableben rechnen.
~ Gen Süden ~
In einer Kneipe namens Père Tranquille fängt Julie, als Mann verkleidet, ein Fechtduell mit dem größten Sänger Frankreichs, Serannes (Thure Riefenstein), an, der sie leider nicht erkennt. Durch das Duell werden sie gute Freunde, und der Sänger gibt ihr einen Hinweis, wo sich Agnès Dormes aufhalten könnte: nahe Avignon. Zusammen mit Gaspard, der hier wieder aufgetaucht ist, reitet sie quer durch Frankreich. Dass ihr auch Florensac auf den Fersen ist, muss sie spätestens erkennen, als ihr der weißhaarige Minister schon wieder einen Antrag macht. Mit ihrer Klinge zeichnet er sich eine Narbe auf die Wange. Er will Julie unbedingt. Aber wozu genau?
Ein Abt in einem Kloster bei Avignon weigert sich, Julie Auskunft über den Aufenthaltsort ihrer Mutter zu geben. Doch als ein von Florensac gedungener Attentäter, der ein Glasauge hat, Julie mit dem Dolch bedroht, um ihn zu nötigen, spuckt der Abt den Namen des Klosters, wo sich Agnès Dormes befindet, endlich aus: Gironne. Bevor Glasauge Julie erstechen kann, zieht ihm Gaspard eins über den Schädel.
~ Ins Kloster ~
Das Freundespaar reitet nach Gironne. Dort gibt sich Julie natürlich nicht als Tochter einer Nonne zu erkennen, denn das wäre relativ kontraproduktiv, sondern will unter dem Namen Louise de Soulages in den Orden eintreten. Voilà, sie ist drin und bekommt ein Bett für die Nacht. Agnès ist tatsächlich hier und erkennt ihre Tochter wieder. Sie selbst aber sei nicht Julies leibliche Mutter, sondern hat sie lediglich aufgezogen. Doch sie wolle mit Julie fliehen – aber wie? Zum Glück hat soeben eine der Schwestern das Zeitliche gesegnet, die sie als Agnès ausgeben können. Alles, was Julie und Agnès tun müssen, ist das Schänden einer Leiche …
Mein Eindruck
Die Abenteuer Julie Maupins gehen natürlich noch viel weiter und führen sie wieder in unmittelbare Nähe des Königs. Doch wer sind ihre wahren Eltern? Bestimmt sind es hochgestellte Persönlichkeiten, die es sich nicht leisten konnten, ihren Rang, ihr Ansehen usw. mit einem unehelichen Kind zu belasten. Was hat Florensac mit dem gebrandmarkten Kind vor? Wie sich herausstellt, hat Florensac noch weit mehr Interessen als nur die, Polizeiminister zu sein.
Noch lange sucht Julie, doch mit Gaspards Hilfe erkennt sie, dass ihr Brandmal eine bestimmte Form hat: Mehrere verschlungene Wappen und ein Drudenfuß sind darin kombiniert. In einer Bibliothek stellt sie genauere Nachforschungen über Wappen an – und wird fündig. Ihr Entsetzen ist ebenso groß wie ihr Hass, als sie erkennt, wem eines der Wappen gehört.
"Julie de Maupin" ist ein in Frankreich bekannter historischer Roman von Theophile Gauthier. Er steht in der Tradition von Alexandre Dumas’ "Die drei Musketiere". Und so verwundert es nicht, dass Julie mehrmals an den jungen, ungestümen Gascogner D’Artagnan erinnert. Selbstredend findet Julie ein paar Freunde, wird in etliche Degenkämpfe verwickelt, reitet wie der Teufel und erhält schließlich Gelegenheit, nicht nur ihren Geliebten Gaspard zu retten, sondern Frankreich selbst.
Denn dass Florensac mit den bestehenden Verhältnissen nicht zufrieden sein kann, wird schon bald klar. Als Julie seiner Verschwörung auf die Spur kommt, sieht sie sich wie weiland D’Artagnan dazu aufgerufen, gegen die Mächtigen zu kämpfen und den König zu schützen. Es bleibt daher bis zur letzten Minute spannend. Dass das Mädel danach zur Belohnung seinen Herzbuben bekommt, ist auch klar.
~ Das Personal ~
Dass die Produktionsgesellschaft, ein multinalionales Eurokonsortium, ihr Marketing darauf abstellen würde, dass Sarah Biasini die Tochter von Weltstar Romy Schneider ist, war von vornherein klar. Und wie man im Making-of nicht oft genug gesagt bekommt, passt Biasini die Rolle der Julie wie angegossen – nachdem sie sechs Monate Training hinter sich hatte. Man kann sich kaum vorstellen, wie viel Mühe und Arbeit dies die junge Frau gekostet haben muss. Zumindest Fechten, Reiten, Tanzen und Singen kann Biasini auf überzeugende Weise. Ihr Gesicht mag nicht das betörendste sein, das man sich vorstellen kann, aber es ist zumindest nicht gewöhnlich.
Hinter dieser Hauptdarstellerin, die fast jede Szene beherrscht, müssen die anderen Figuren und Schauspieler zurückstehen. Prochnow bleibt blass, denn er hat wenig zu tun, doch Gottfried John, ein alter Fassbinder-Stammschauspieler, weiß in seiner Rolle als Geistlicher schon eher zu überzeugen. Auf gleicher Ebene bewegt sich Marisa Berenson, die einst die wunderschöne Frau des Titelhelden in Stanley Kubricks Streifen "Barry Lyndon" spielte. Berenson hat nicht viel zu sagen, zieht aber viele Fäden im Hintergrund und muss die meiste Zeit nur gut aussehen.
Den größten Eindruck hinterlässt zweifelsohne der französische Altstar Pierre Arditi in der Rolle des dämonischen und undurchsichtigen Florensac. Es bleibt kein Zweifel, dass Florensac trotz seiner Beherrschheit zu großer Rücksichtslosigkeit und starken Gefühlen fähig ist. Er ist ein sehr mächtiger Mann, der sich nimmt, was er begehrt. Seine Skrupellosigkeit wird mehrfach unter Beweis gestellt, als er unerwünschte Zeugen beseitigen lässt. Seine Schergen sind nicht zimperlich, wie der Überfall auf Gaston de Maupin zeigt, und gehören eventuell ebenfalls einem Satansorden an.
~ SPOILER ~
Deshalb erscheint es umso rätselhafter und bedrohlicher, dass sich Florensac so stark für unsere Heldin Julie interessiert. Als er nicht mehr nur Avancen macht, sondern ihr seine Liebe gesteht und sich von ihr sogar wehrlos erstechen lassen würde, müsste diese Geste sogar ein Herz aus Stein erweichen. Nicht so das von Julie! Obwohl sie sexuell immer noch schuldig ist und eigentlich Erfahrungen sammeln müsste, stellt eine Nacht mit Florensac doch keine Verlockung dar, sondern vielmehr eine Gefahr. Offenbar sagt ihr ein verborgener, niemals diskutierter Instinkt, welche Schlange Florensac darstellt. Vielleicht liegt es aber auch nur am Willen des Autors, der sich an die Konventionen und Tabus eines bürgerlichen Lesepublikums zu halten hatte. Das Thema Inzest ist so ein Tabu … (oops, jetzt hab ich wohl zu viel verraten).
~ ENDE SPOILER ~
Die Inszenierung …
… durch Charlotte Brandström ist äußerst flott und actionreich, schreckt auch vor tränenreichen Momenten nicht zurück. Wie Prochnow bewundernd anmerkt, ist der "production value" für eine Fernsehproduktion erstaunlich hoch: Die Ausstattung kann sich ebenso gut sehen lassen wie die ausgewählten Drehorte. Die Stars sind meist aus der zweiten Reihe, aber mit TV-Produktionen offensichtlich vertraut. Sie werden zumeist wenig körperlich beansprucht, was den gesetzten Herrschaften Arditi, Prochnow, John und Berenson entgegenkommen dürfte. Die schönen Leiber beim Sex erwartet man von ihnen weniger, aber man wird überrascht: Prochnow ist erstaunlich gut "erhalten" und erweist sich als ebenso durchtrainiert wie Arditi. Man darf sich eben auch im Alter nicht gehen lassen.
Julie selbst ist nicht die erotische Schlampe, die auf Abenteuer jeder Art aus ist, sondern ein gar sittsames Kind, das – siehe oben – gut auswählt, wem sie sich hingibt. Erst als Florensac und der König gleichermaßen sie in die Zwickmühle bringen, findet sie sich zur Prostitution bereit – was tut frau nicht alles fürs Vaterland! Vive la France.
Die DVD
Technische Infos
DVDs: 2 (Disc-Types DVD-9 und DVD-5)
Bildformate: 1,78:1 (16:9)
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D; Frz. (Making-of)
Untertitel: D
Extras:
- Making-of (ca. 51 Min.)
Mein Eindruck von der DVD
Die Bildqualität ist einem TV-Film angemessen und nicht besonders kontrastreich, aber das dürfte auf jedem TV-Gerät anders aussehen. Ein Vermerk "HD-Ready" ist jedoch vergeblich zu suchen. Der Ton liegt lediglich im Standard Dolby Digital 2.0 vor, was fast schon ein Skandal ist, sind wir doch heutzutage so verwöhnt, dass uns DD 5.1 wie der unabdingbare Standard vorkommt. Von DTS-Qualität kann man hier nur träumen.
Die Extras halten sich ebenfalls in Grenzen. Es gibt nur eins. Das Making-of ist mit 50 Minuten 45 Sekunden sehr umfangreich. Selbstredend werden alle Probleme weiträumig umfahren, aber in den Interviews mit der Regisseurin und den Machern sowie in dem Feature über Biasini wird deutlich, dass die junge Kunststudentin sich hat gehörig anstrengen müssen. Fechten, Reiten, Tanzen, Singen (wohl auch Ankleiden) – all dies musste erst erlernt und trainiert werden. Jedenfalls machte sie ihre Sache so gut, dass sie am Schluss ihrer letzten Drehszene stehenden Applaus vom Filmteam bekam und prompt in Tränen ausbrach.
Allerdings wird im Making-of an keiner Stelle erwähnt, wie es kommt, dass Julie, die Ziehtochter eines Hofmusikers, ein As in der Fechtkunst ist. Noch wird auch der Wunsch Julies erklärt, ausgerechnet an der Oper zu reüssieren. Sie hätte ja auch Wäscherin werden können, oder? Einziger Hinweis scheint die Auskunft der "Hexe" zu sein, dass Julies Zukunft an der Oper liegen werde. (Leider empfängt man sie dort keineswegs mit offenen Armen.) Auch das unverhoffte Auftauchen Gaspards, stets im genau richtigen Augenblick, ist keiner Erwähnung wert. Man merkt eben, dass hier von den Drehbuchautoren massiv gekürzt wurde.
Wer mit der – laut Klappentext "historischen" – Figur der Julie de Maupin nicht vertraut ist, der wird ein Feature über den historischen Hintergrund vermissen. Auch hinsichtlich Biografien und Filmografien über das Staraufgebot lässt sich nur "Fehlanzeige" konstatieren.
Unterm Strich
Diese seichte Adaption eines weiteren Mantel-und-Degen-Abenteuers jagt im Eilzug-Tempo voran, um den Zuschauer darüber hinwegzutäuschen, dass allzu viel dem Zufall zu verdanken ist. Die Action hastet von Verfolgungsjagd zu Fechtduell und wieder zurück. Pluspunkte sammelt der TV-Streifen, wenn die Regisseurin ihrer Hauptdarstellerin ein paar intensive menschliche Begegnungen verordnet, so etwa mit Florensac. Aber solche Szenen führen entweder zu einer niedergeschlagen dahockenden Julie oder werden sofort durch weitere Action abgelöst und überdeckt.
Insgesamt bietet die DVD flotte romantische Unterhaltung, die Freunde der Drei Musketiere und Frauen gleichermaßen ansprechen dürfte. Julie tritt als weiblicher D’Artagnan auf, der sich durch die böse Welt schlagen muss und bangt, ob sie wohl das Geheimnis ihrer Herkunft lüften kann, von der Erreichung ihres Lebens- und Liebesglücks ganz zu schweigen.
Die Ton- und Bildqualität ist ebenso Durchschnitt wie das relativ lange Making-of, das schon das ganze Bonusmaterial der doppelten Silberscheibe darstellt. Sicherlich kein Highlight des Genres, aber auch kein Griff ins Klo.
- Redakteur:
- Michael Matzer