Lost Batallion, The - Zwischen allen Linien
- Regie:
- Russell Mulcahy
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- U.S.A.
1 Review(s)
13.01.2005 | 07:37Wenn man an politische Verblendung, Millionen sinnlos dahingeschlachtete Menschen und eine schier unglaubliche Vernichtungsmaschinerie denkt, fällt wahrscheinlich so gut wie jedem der zweite Weltkrieg ein, in dem überall auf der Welt Menschen dabei waren, Menschen zu töten. Und zwar so viele wie möglich.
Was in der neueren Zeit aber immer wieder vom größten aller Kriege überschattet wird, ist die Tatsache, dass der zweite Weltkrieg nicht "der Weltkrieg" genannt wird, sondern eben erst an zweiter Stelle steht.
Der erste Weltkrieg (1914-1918) stellte das Ende aller Kriegslügen dar. Von einer monarchistischen Führung und einem ziemlich kurzsichtigen Weltbild geprägt, warfen sich damals die Völker in die Schlacht, um mittelalterlichen Werten wie Vaterlandsopfer, Ehre, Kriegsruhm und Mordlust hemmungslos zu frönen, natürlich kam dabei das Steinzeitprinzip der Ressourcengewinnung auch nicht zu kurz. Aber die Kriegsführer vergaßen, dass etwas eingetreten war, was die Kriegsführung in erschreckendem Maße vollkommen veränderte: die Industrialisierung.
Diese sorgte dafür, dass ein gigantisches Aufgebot an Kriegsmaschinen die Schlachtfelder umgrub, auf denen sich in den Jahrhunderten davor die Armeen einfach gegenüber standen und warteten, bis sie einander nahe genug waren, damit man sich der Reihe nach abknallen oder den Schädel einschlagen konnte.
Durch die sprunghafte Entwicklung immer besserer Tötungsmaschinen, sei es Artillerie, die über Kilometer tonnenschwere Geschosse verballern konnte, um so ganze Landstriche zu pulverisieren, immer leistungsfähigere Maschinengewehre, um auch ja jeden zu erwischen, der das tödliche Pech hatte, gerade durch die Schusslinie zu stolpern, oder Giftgas, um den lebensunwürdigen Gegner möglichst qualvoll von diesem Makel des Leben zu befreien.
So artete der Krieg, von den verschiedenen Propagandamaschinerien als "ehrenhafte Entscheidungsschlacht in diesem und jenem Sinne" beworben und vom Volk deshalb begeistert aufgenommen, auch schnell in das Gemetzel aus, das für alle darauf folgenden Kriege eine unerreichbare Marke an Grausamkeit und Vernichtung setzen und später als Einstieg in das neue Jahrhundert des Krieges gelten wird.
In den sonst so eifrigen Geschichtsabteilungen der großen und kleinen Filmstudios tat man sich bisher mit dem Stoff des ersten Weltkrieges schwer, denn so wenig ehrenhaft und romantisch jeder Krieg auch sein mag, aus diesem blutigen Fleck der Geschichte lässt sich nicht einmal genug Romantik für einen Groschenroman saugen. Mel Gibson spielte als junger Mensch in einer Verfilmung der Schlacht auf der türkischen Insel Gallipolli mit und durfte eindrucksvoll vorführen, wie junge Australier von skrupellosen Generälen in den Kugelhagel türkischer Maschinengewehre gehetzt wurden.
Mit "The Lost Bataillon" wird die schmale Sektion der Weltkrieg-I-Filme ein wenig verbreitert. Erzählt wird die Geschichte eines amerikanischen Bataillons, welches in einer Großoffensive von den Streitkräften des deutschen Kaiserreichs eingekreist wird, sich in dieser verzwickten Situation erstaunlicherweise behauptet und den Deutschen eine so dramatische Kerbe in die Frontlinie schlägt, dass kurz darauf die bisher gut eingegrabene Frontlinie zusammenbricht und das Kriegsende näher gerückt wurde.
Ob der fehlenden Konkurrenz behauptet sich dieses Low-Budget-Projekt (finanziert von einem amerikanischen TV-Sender, deshalb eine typisch amerikanische Heldengeschichte) ziemlich gut, ausnahmslos mit No-Name-Darstellern besetzt, stellt dieser Film eindrucksvoll dar, wie die Zustände damals waren: Schlecht ausgerüstet und ständig auf dem Sprung, mussten die Soldaten damals von Schützengraben zu Schützengraben rennen, feindliche Kugelhagel durchqueren und Artilleriefeuer überstehen, das nicht selten von den eigenen Geschützen stammte.
Die Einheit des ziemlich frischen Majors Whittlesey bekommt den strikten Befehl, als Mitte einer Großoffensive ohne Rücksicht auf Verluste die strategisch wichtige Ruine einer alten Mühle einzunehmen, die zur Zeit von den Deutschen gehalten wird. Die Kritik, dass er seine Einheit gerade erst übernommen habe, die schlecht ausgerüstet und zudem noch blutjung sei, wird konsequent überhört. Also kämpft sich die Mischung aus Iren, Italienern, Chinesen, Uramerikanern und normalen Yankees den vor Waffen nur so starrenden Hügel hoch, nur um oben festzustellen, dass die Franzosen, die eigentlich ihre Flanke bilden sollten, von den Deutschen zurückgeschlagen wurden, und die Einheit sich nicht nur einer absoluten Übermacht gegenüber sieht, sondern auch von den Deutschen eingekreist wurde. Scharfschützen, Flammenwerfer und immer neue Wellen von deutschen Angriffen dezimieren das "verlorene Bataillon" immer mehr, doch Anführer und Gefolgsleute graben sich trotzig in den Wald ein, verweigern die Kapitulation und schlagen jeden Angriff zurück. Der deutsche Oberbefehlshaber kann dem penetranten Widerstand der Amerikaner schließlich nur noch Bewunderung abgewinnen, und als selbst Spezialtruppen von der eingekreisten Truppe zerpflückt werden, sieht sich die deutsche Heeresführung gezwungen, sich zurückzuziehen.
Eigentlich gibt es an dem Film nichts zu meckern, die TV-Produktion spart glücklicherweise mit Pathos, und so stellen einige kitschige Gespräche zwischen Major und Offizier, in denen die Aushaltebereitschaft der bunten Truppe gepriesen wird, oder die Auseinandersetzungen zwischen Major und General, die wohl beweisen sollen, wie sehr die Offiziere mit den normalen (überlebenden) Soldaten zusammengewachsen sind, die absolute Ausnahme dar.
Ansonsten kommt der Film extrem authentisch rüber, vor allem die Darsteller der normalen Soldaten haben den ironischen Galgenhumor ob der aussichtslosen Situation perfekt raus. Die Unterschiede zwischen Offizieren und Soldaten, der Major ein blutjunger Anwalt aus New York, die "Jungs" Karrenschieber und Handlanger aus den italienischen und irischen Vierteln ("Warum kannst du so schnell laufen?" - "Wenn du in New York als 'Spaghetti' durchs irische Viertel musst, MUSST du schnell sein!"), werden sehr gut herausgearbeitet ("Wäre dieser Krieg nicht, hätte ich vielleicht eine Stelle als Liftboy bekommen! Ich habe sogar meine Aussprache verbessert, danke und bitte sagen ... die feinen Herrschaften durch das Haus karren! Und so? Wenn ich das hier überlebe, darf ich wahrscheinlich wieder als Karrenschieber arbeiten."), und man kann die zynischen Freundschaften, welche auf dem Wissen basieren, dass das jeweilige Gegenüber binnen Minuten tot vor dir liegen kann, regelrecht nachfühlen.
Das Einzige, was in einer extrem authentischen Independent-Version des ersten Weltkriegs stört, ist das Pathos, das man verzweifelt versuchte in die Dialoge einzubauen, und das sehr oft einfach nur deplatziert zwischen fliegenden Körperteilen und Todesschreien wirkt, und die neonrote Blutfarbe, die ein wenig unwirklich in einen ansonsten sehr mitreißenden Film geklatscht scheint.
Eigentlich eine Empfehlung für jeden, der etwas auf authentische Kriegsfilme hält, und da es so wenige Filme über den ersten Weltkrieg gibt, ist dieser Film an sich sowieso schon ein Tipp.
Die DVD ist mit ein paar recht harmlosen Boni ausgestattet und die gängigen Audioformate werden unterstützt.
- Redakteur:
- Michael Kulueke