Michael Clayton
- Regie:
- Tony Gilroy
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
2 Review(s)
30.06.2008 | 14:21George Clooney im Krieg der Ausputzer
Anwalt Michael Clayton (George Clooney) erledigt bereits seit Jahren die juristische Drecksarbeit hinter den Kulissen einer New Yorker Anwaltskanzlei, um hochkarätigen Klienten zu ihrem Recht zu verhelfen. Sein brillanter Kollege Arthur Edens (Tom Wilkinson) hat den Auftrag, eine Milliarden-Dollar-Klage gegen einen internationalen Chemikalienhersteller abzuwenden. Doch als er an der Unschuld seines mächtigen Mandanten zu zweifeln beginnt, will er den Fall sabotieren. Clayton wird beauftragt, die drohende Katastrophe abzuwenden. Ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt, bei dem sich Clayton der größten Herausforderung seiner Karriere stellen muss ... (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Michael Clayton (USA 2006)
Dt. Vertrieb: Constantin-Film
VÖ-Termin: 7. Juli 2008
FSK: ab 12
Länge: ca. 115 Minuten
Regisseur/Drehbuch: Tony Gilroy
Musik: James Newton Howard
Darsteller: George Clooney, Tilda Swinton, Sidney Pollack, Tom Wilkinson u. a.
Handlung
Michael Clayton sitzt gerade gemütlich bei einer Pokerpartie mit seinen Freunden von der New Yorker Polizei (einer von ihnen ist sein Schwager), als ihn spätabends noch seine Anwaltskanzlei anruft. Er soll ins vornehme Westchester fahren, um sich um die Fahrerflucht eines Klienten zu kümmern. Mike ist nämlich der Ausputzer seines sauberen Ladens, der Mann für die Drecksarbeit.
Kaum hat er dem blöden Arsch von Klient klargemacht, dass er einen Strafverteidiger braucht und keinen Ausputzer, fährt er raus aufs Land, um über die letzten vier Tage nachzudenken. Schlimme Dinge sind geschehen. Der Morgen graut gerade, als er auf einem kahlen Hügel ein paar Pferde stehen sieht. Die Szene erinnert Mike an das Bild aus einem Fantasybuch seines Sohnes. Er schaut gerade die Pferde in all ihrer Unschuld an, als sein Mercedes explodiert. Irgendjemandem ist es offenbar lieber, wenn er tot statt lebendig ist.
~ Vier Tage davor ~
Mike besucht seinen langjährigen Partner, den brillanten Ausputzer-Anwalt Arthur Edens (Wilkinson), im Gefängnis. Arthur hat sich auf einem Meeting seines Klienten U-North, eines internationalen Chemiekonzerns, entkleidet und sich dann auf dessen Parkplatz splitternackt ausgezogen. Kein Wunder, dass U-North nicht mehr besonders gut auf seine Anwälte zu sprechen ist.
Was Arthur Mike erzählt, klingt wie die Story eines Wahnsinnigen. Mike ist völlig klar, dass Arthur seine Medikamente nicht genommen hat. Was er mit zunehmendem Schrecken kapiert, ist, dass sein Partner nach sechs Jahren Arbeit an dem U-North-Fall nicht nur aufhören, sondern sogar zur Gegenseite überlaufen will. Zu den Teilnehmern an einer Sammelklage von Bauern, die allesamt Kunden von U-North waren, gehört auch die süße Anna, die es Arthur offenbar besonders angetan hat. U-North hat den Bauern ein Mittel verkauft, das unter gewissen Umständen tödlich wirken kann. Fehlt nur noch der Beweis dafür. Und was, wenn Arthur diesen Beweis irgendwo versteckt hat? Arthurs Aktentasche ist verschwunden, bemerkt Mike mit einiger Verwunderung. Aber er versucht natürlich Arthur rauszupauken.
Von seinem Chef Marty (Sidney Pollack) bekommt Mike kein Interesse entgegengebracht, sondern nur ein Ultimatum: Wenn Mike die Sache mit Arthur binnen einer Woche bereinigt, gewährt ihm Marty den erbetenen Sofortkredit in Höhe von 80.000 Dollar. Was ihm Mike verschweigt: Damit will Mike die Schulden seines Bruder Timmy abzahlen, der mal ein Alkoholiker war und nun wieder versucht, ein Bein auf die Erde zu bekommen. Natürlich weiß Timmy nichts von Mikes Vorhaben.
Innerhalb einer Woche kann viel passieren. Als U-Norths Rechtsbeistand Karen (Tilda Swinton) aus der gestohlenen Aktentasche erfährt, dass Arthur ein geheimes Memo von U-North hatte, das die tödliche Wirkung des Mittels dokumentiert, ahnt sie, dass sie Arthur zum Schweigen bringen muss. Aber wie? Sie überlässt die Methode ihren eigenen Ausputzern. Sie sollen diskret vorgehen.
Arthurs "Selbstmord" oder "Unfalltod" erschüttert Mike, macht ihn aber auch misstrauisch. Der Arthur, den er kannte, hätte so etwas nie getan. Durch den Kontakt mit dem NYPD gelangt er in Arthurs versiegelte Wohnung . Er findet in dem gleichen Fantasybuch, das sowohl sein Sohn als auch Arthur gelesen haben, einen Zettel für einen Copyshop. Dort hat man das geheime Memo U-Norths vervielfältigt, und Mike ist über dessen Inhalt ziemlich bestürzt. Jetzt wird ihm das Motiv für Arthurs "Ableben" plausibel.
Während Mike noch überlegt, was er jetzt damit unternehmen soll, fällt bereits die Entscheidung Karens über sein weiteres Leben. Es soll ein sehr kurzes Leben sein ...
Mein Eindruck
Der Film beleuchtet die schmutzige Welt der "Müllmänner" im Rechtssystem der USA. Von den Polizisten wird Clayton für einen gut verdienenden Anwalt gehalten, und von den Anwälten für so etwas wie einen mies bezahlten Cop. Er ist weder das eine noch das andere, aber das mit dem "mies bezahlt" stimmt. Auch Karen wundert sich sofort, warum Clayton nach 15 Jahren bei der Kanzlei immer noch keiner der Partner ist.
Marty, der Kanzleichef, hat Mike einst ins Boot genommen und lässt ihn nicht einmal in einer Krise wie dieser aussteigen, damit Mike wieder wie früher als Strafverteidiger arbeiten kann. Mike weiß einfach zu viel. Martys rechte Hand will sofort ein Stillhalteabkommen, als Mike andeutet, aussteigen zu wollen. Clayton ist wohl da, wo Tom Cruise in "Die Firma" wäre, hätte er sich nicht rechtzeitig abgeseilt und mit dem FBI einen Deal gemacht. (Eine der besten Grisham-Verfilmungen überhaupt, und ich glaube, auch an dieser war Pollack beteiligt.)
~ Ein einfacher Plan ~
Die Story ist im Grunde sehr simpel: Ein Geheimnis muss vertuscht werden - das brisante Memo #229. Zwei Ausputzer sollen dafür sterben. Das Entscheidende sind die moralischen Gründe dafür: Es gibt keine, sondern nur das Kalkül. Die Auftraggeberin für die Bereinigungsaktion ist die interne Anwältin von U-North, Karen, ausgezeichnet gespielt von Tilda Swinton. Karen sagt nicht: "off with his head!", wie die Königin in "Alice im Wunderland", sondern verlangt, das Problem zu "neutralisieren". Sie sagt nicht, wie ihre eigenen Ausputzer dies zu interpretieren haben, aber diese Burschen kapieren schnell, dass sie besser gründlich arbeiten und keine Spuren hinterlassen.
Für Karen ist alles, was U-North nützt, gut, und dazu gehören auch Steuervorteile und Abschreibungsmöglichkeiten. Selbst eine Strafe bei der Sammelklage in Höhe von 600 Millionen täte U-North deshalb nicht weh. Nur die drei Milliarden, die die Bauern fordern, die würden die Bilanz wirklich trüben. Anhand dieser Dimensionen lässt sich ermessen, welche gigantischen Gewinne U-North einstreicht - um den Preis von ein paar hundert toten Bauern. Dies ist der zweite thematische Schwerpunkt des Films.
~ Ein Plagiat? ~
Der dritte Fokus ist natürlich Clayton selbst. Seine Ausgangsposition hat mich sehr stark an Philip Jolowicz' Thriller "Kartell des Schweigens" erinnert: Ein junger Anwalt wird in einer Intrige von seiner eigenen Firma gelinkt, und sein bester Freund und Mentor (hier ist es Arthur) geht bereits innerhalb dieser Intrige vor die Hunde, aber nicht ohne entscheidende Hinweise zu hinterlassen. Dann ergreift unser Held die Flucht nach vorn und geht der Sache auf den Grund. Schließlich kommt er zurück, um die Verantwortlichen zur Rede zu stellen: Showdown, Klappe zu, Affe tot.
So weit ist also alles bekannt, und man müsste eigentlich die Writing Credits auf Philip Jolowicz lauten lassen, wenn die Art und Weise, wie die Story weitergeht, nicht anders aufgebaut wäre. Dennoch bleibt der Ausgang der Story äußerst vorhersehbar - in dieser Hinsicht war für mich ziemlich die Luft raus.
~ Die Darsteller ~
Nur George Clooney, Tom Wilkinson und Tilda Swinton retten den Film durch ihr gutes Spiel. Die Kamera hält immer auf Clooneys Gesicht voll drauf, und dieser muss sich den Kopf zerbrochen haben, welche Miene er jeweils aufsetzen sollte: Nr. 6 oder 115? Swinton zuzusehen, ist da schon interessanter. Sie übt ihre Auftritte vor der Fernsehkamera, wenn sie im Beisein ihres U-North-Chefs Jeffries eine Rede halten soll, um die weiße Weste des Konzern zu beteuern. Wunderbar, wie die Kluft zwischen Wahrheit und Beteuerungen sie bereits in der Vorbereitung schier zerreißt.
Den besten Part hat meines Erachtens Tom Wilkinson erwischt, der als Arthur Edens alle Register eines durchgeknallten, vom Glauben abgefallenen Irren ziehen darf. Er sieht normal aus, agiert normal, doch was er von sich gibt (und natürlich abgehört wird), ist sowohl für U-North als auch für seine Kanzlei der reinste Albtraum. Er droht zur Gegenseite, den Klägern, überzulaufen, faselt etwas von einem Memo, von Fruchtwasser, in dem er sich eingeschlossen fühlt, von nahendem Tod (womit er absolut richtig liegt) und so weiter. Hinzukommt noch seine Affäre mit einer jungen Frau auf Seiten der Kläger.
~ Die Moral von der Geschicht' ~
Arthur hat genau das als wahr erkannt, was Mikes Sohn in seinem Fantasyroman namens "Die Eroberung des Königreiches" gelesen hat. (In einer Szene telefonieren die beiden Leseratten miteinander.) Dass nämlich die Spieler in einem Machtspiel einander zwar im Kampf beistehen, aber einander niemals Geheimnisse anvertrauen dürfen, denn schon in der nächsten Runde könnten sie zu Gegnern werden, und was dann? Somit lautet das Gesetz des Dschungels: jeder gegen jeden. Am Ende handelt auch Mike nach diesem Grundsatz: Wie du mir, so ich dir. Doch er hat seinem Bruder 75.000 Dollar gezahlt, und der ist ihm noch etwas schuldig. Auch der Schwager, der beim NYPD arbeitet, hilft ihm. Mike kann in die Bruderschaft der Gerechten zurückkehren, die anderen werden zur Rechenschaft gezogen. Man sollte ihm einen Orden verleihen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: Widescreen (2.40:1 - anamorph)
Tonformate: Dolby Digital 5.1 in Deutsch, Dolby Digital 5.1 in Englisch, DTS Digital 5.1 in Deutsch (nicht auf der Presse-DVD)
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte (nicht auf der Presse-DVD)
Extras:
1. Audiokommentar
2. Making of (ca. 20 Minuten)
3. Deleted Scenes (ca. 6 Minuten)
4. Deleted Scenes mit Audiokommentar Tony Gilroy und John Gilroy
5. Darstellerinfos
Mein Eindruck: die DVD
Die Bewertung der Tonqualität entfällt, denn die Presse-DVD weist nur Stereoton auf. Immerhin ist die Bildqualität einwandfrei, soweit sich dies angesichts des eingeblendeten Logos von Constantin-Film und weiterer Buchstaben beurteilen lässt. Mehrmals fehlt die Farbe und der Ton.
Extras enthält die Presse-DVD keine. Eine Bewertung entfällt.
Unterm Strich
Die moralischen Meriten des Films sind unumstritten, aber die Story gemahnte mich doch stark an Philip Jolowicz' Thriller "Kartell des Schweigens". Und es gibt eine auffällige logische Schwachstelle: Wie kam denn Arthur Edens an jenes brisante Memo #229 aus der Zentrale seines Klienten U-North? Präsentiert ein Konzernchef seinem Anwalt neuerdings schädliche Untersuchungsergebnisse auf dem Silbertablett?
Mich hat der Film jedenfalls nicht gerade umgehauen, die Spannung ist allenfalls lauwarm. Viele Details lassen sich bei einem zweiten Anschauen klären und besser in Zusammenhang bringen. Für Clooney war es wohl eine kleine Fingerübung, die anno 2006 seinem Image als aufrechter Botschafter der Gerechtigkeit guttat. Mittlerweile - zwei Jahre später - ist er tatsächlich UNO-Botschafter, z. B. im Sudan. Tilda Swinton brachte der Streifen den Oscar ein, nur Tom Wilkinson ging wohl leer aus - obwohl der unterbewertete Schauspieler schon lange nicht mehr eine so gute Rolle spielen durfte. Sidney Pollack ist in einer seiner letzten Rollen zu sehen, bevor ihn 2008 der Krebs besiegte.
Anders als Robert Redfords letzter Film "Von Löwen und Lämmern" ist "Michael Clayton" kein Laberstück mit belehrend erhobenem Zeigefinger. Aber die moralisch warnende Botschaft ist dennoch nicht zu überhören.
- Redakteur:
- Michael Matzer
Michael Clayton (George Clooney) ist Anwalt und arbeitet in der renommierten New Yorker Kanzlei "Kenner, Bach & Ledeen's". Er ist dort nicht direkt als Anwalt eingesetzt, sondern erledigt für die Klienten der Kanzlei die Drecksarbeit. Michael Clayton bezeichnet sich selbst als "Saubermacher".
Die Eröffnungssequenz zeigt Clayton beim Pokerspiel, als er von seiner Kanzlei angerufen wird, um sich schnellstens mit einem Klienten zu treffen, der einen Mann überfahren und dann auch noch Fahrerflucht begangen hat.Professionell und kalt regelt er die Situation mit dem beschuldigten Fahrer, setzt ihn unter Druck und wirkt dabei völlig emotionslos. Doch wir sehen ihn kurz darauf als ganz anderen Menschen: Wenig später fährt er eine einsame bewaldete Landstraße entlang, als er drei Pferde entdeckt, stoppt er seine Limousine, steigt aus und geht langsam den Hügel hinauf. Traurig, einsam und um Fassung bemüht wirkt er, wie er auf diesem Hügel stehend die Pferde beobachtet. Plötzlich explodiert sein Auto; zunächst fassungslos, realisiert er mit professionellem Scharfblick schnell die Situation und schmeißt sein Portmanie, seine Unterlagen und zuletzt die Uhr in sein brennendes Auto.
Warum jemand offensichtlich Michael Clayton lieber tot als lebendig sehen möchte, wird in den nun folgenden Rückblenden gezeigt. Sein Boss Marty (Sidney Pollack), Partner der Kanzlei, setzt Clayton auf seinen alten Freund und Kollegen Arthur Eden (Tom Wilkinson) an. Eden vertritt das Chemieunternehmen U/North, welches Agrarunternehmen mit Waren versorgt. Seine Gegnerin in diesem Prozess ist Karen Crowder (Tilda Swinton), eine Assistentin des Konzernbosses. U/North wurde durch eine Sammelklage angegriffen und auf Schmerzensgeld in Höhe von drei Milliarden Dollar verklagt, da wohl in einem Mittel, das an die Farmer vertrieben wurde, eine karzinogene (krebserzeugend) Wirkung festgestellt wurde.
Arthur Eden droht aber, mit seinem Wissen ins gegnerische Lager überzulaufen und sich für die Kläger einzusetzen. In einer Sitzung erleidet Eden einen Nervenzusammenbruch und verliert die Kontrolle, was den Konzern U/North in arge Schwierigkeiten bringen kann. Clayton soll seinen inzwischen unberechenbaren Kollegen und Freund zur Räson bringen und beruhigen, doch dieser lässt sich nicht manipulieren. Eden sucht die Konfrontation, redet Clayton ins Gewissen und droht ihm sogar.
Dem Konzern U/North wird die Situation zu heikel, und Karen Crowder sieht sich in der misslichen Lage, etwas unternehmen zu müssen, um Eden daran zu hindern, die Machenschaften der Firma aufzudecken. Als Arthur Eden jedoch spurlos verschwindet und nicht nur Clayton auf der Suche nach seinem Freund ist, sieht sich Crowder gezwungen zu handeln. Sie lässt Eden von zwei Killern aufspüren, töten und seinen Tod wie einen Unfall oder einen Selbstmord aussehen.
Als Clayton davon erfährt, wird er nachdenklich und ahnt, dass vielleicht doch mehr an diesem Prozess dran ist als anfänglich vermutet und Arthur Eden nicht so paranoid war, wie es seine eigene Kanzlei und U/North gerne dargestellt haben. Mit ersten Zweifeln im Herzen geht Clayton die Situation persönlich an und besorgt sich von seinem Bruder, einem New Yorker Detective, ein Dienstsiegel, um in Arthur Edens Wohnung einbrechen und anschließend das zerbrochene Siegel ersetzen zu können. In der Wohnung Edens findet Clayton etwas, das U/North und damit auch Karen Crowder vernichten könnte, aber Clayton wird schon längst von den Auftragsmördern observiert ...
Kritik
Der Regisseur und erfahrene Drehbuchautor Tony Gilroy ("Dolores", "Im Auftrag des Teufels", "Bourne"-Trilogie, "Armageddon") hat mit seinem Anwaltsthriller "Michael Clayton" sein Regiedebüt souverän gemeistert. Wie man einen Thrillerstoff spannend aufbauen kann, der sich dem Inhalt nach ähnlich wie "Insider" oder "Erin Brockovich" mit einem skrupellosen, auch über Leichen gehenden Großkonzern befasst, hat Gilroy ohne blutige oder spektakuläre Tötungsszenen aufgezeigt. Und wie man das Thema auch zweifelnd drehen und wenden mag, die Geschichte orientiert sich an einer wahren Begebenheit und ist nicht einer fiktiven Idee ins Drehbuch gefolgt.
Es ist eine angenehme Abwechslung, mal keinen reißerischen Reißbrett-Thriller zu sehen und sich dafür eher auf eine klassische und realistische Handlung einzulassen. "Michael Clayton" wurde als filmisches Werk bei der Oscar-Verleihung 2008 mit sieben Nominierungen ins Rennen um den kleinen goldenen Kerl geschickt. Gewonnen hat diese Trophäe allerdings nur Tilda Swinton für ihre Rolle als verzweifelte, aber strenge Konzernchefin Karen Crowder. Aber auch George Clooney hätte für seine Darstellung des Michael Clayton ausgezeichnet werden müssen. So gekonnt, wie er hier sein Talent als großartiger Mime präsentiert, hätte ihm die Auszeichnung durchaus gegönnt werden können.
Als kühler und dennoch zweifelnder Anwalt zeigt er sich vor allem authentisch und ernsthaft auf der Leinwand. Mit 75000 Dollar Schulden, geschieden und beruflich unterfordert, fällt es Michael Clayton schwer, sich im Leben zu etablieren und zur Ruhe zu kommen. Mit dem Geld, das er bei seinem Bruder investiert hat, der ein Restaurant betreiben wollte, hatte er sich eine Altersversorgung vorgestellt, aber wie so oft im Leben läuft nicht immer alles nach Plan.
Die Idee, einen Anwalt die Seiten wechseln zu lassen, ist nicht neu. Umso schwieriger und anspruchsvoller ist es dafür, diesen Charakter glaubhaft moralische und Ethische Standpunkte zeigen zu lassen, Gewissensbisse und pure Verzweiflung. Nicht nur George Clooney hat hierin seinen Part erfüllen können, auch Tom Wilkinson, der den Staranwalt Arthur Eden spielt, ist fantastisch.
Dieser Justizthriller lebt einzig und allein von seinen Darstellern und der Charaktertiefe ihrer Figuren. Hier gibt es keine wilden Verfolgungsjagden und Hollywoodexplosionen. Nein, hier spielen drei wunderbare Charakterdarsteller in Bestform auf, die auch perfekt harmonieren. Alleine schon die Versuche von Arthur Eden, Michael Clayton ins Gewissen zu reden, ihn zu bedrohen und auf die Seite des Gesetzes oder der Moral zu ziehen, sind großartig in Szene gesetzt.
Spannend ist es in Sachen Charakterzeichnung auch zu verfolgen, wie kaltblütig ein Mord durchgeführt wird und wie berechnend die Killer und deren Auftraggeberin augenscheinlich vorgehen. Karen Crowder ist jedoch interessanterweise alles andere als ruhig und gefasst. Ihre Gewissensbisse und ihre Verzweiflung, ihre Stärke, die in stillen Momenten nur für uns als Schwäche sichtbar wird, werden von Tilda Swinton brillant gezeigt.
Das Tempo des Filmes ist eher ruhig gehalten, erst recht für einen Thriller, aber trotzdem bleibt die Spannungskurve minutiös erhalten, so dass man eigentlich gar nicht abschalten kann. Was ein wenig auf der Strecke bleibt, das sind die verwerflichen und ungesetzlichen Taten des Chemiekonzerns U/North. Dadurch beraubt der Film sich ein wenig selbst der Basis, und einige Zuschauer können die Gewissensnöte der Protagonisten deshalb vielleicht gar nicht angemessen nachvollziehen. Die Kernaussage der Geschichte bleibt daher ein wenig im Nebel.
Fazit
Für Tony Gilroy war es sein erster Versuch, selbst auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen, und das ist sicherlich viel schwieriger und aufwendiger als das Schreiben eines Drehbuches. Doch er hat seine Sache sehr gut gemacht. Kleinere Fehler seien ihm an dieser Stelle verziehen, und man solle sich in Erinnerung rufen, dass ein Film immer ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren ist, die das Resultat beeinflussen. Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist hierbei insbesondere lobenswert festzuhalten. Der Film ist mit Sicherheit kein Popcornstreifen, sondern ein ernsthaftes Werk, über das man mit Sicherheit eine Weile nachdenken kann. Aller Anfang ist schwer, so sagt man, aber für seinen nächsten Film wird es Tony Gilroy leichter haben, den er hat gezeigt, dass er es draufhat.
DVD-Infos
Bildformat: 2.40:1 in 16:9
Tonformat: Deutsch Dolby Digital 5.1, Deutsch DTS, Englisch Dolby Digital 5.1, Audiokommentar in Dolby Digital 2.0, Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte möglich.
FSK: ab 12 Jahren
Spieldauer: 115 Minuten
Extras: Making-of (ca. 20 min) Deleted Scenes (ca. 6 min) Deleted Scenes mit Audiokommentar Tony Gilroy und John Gilroy, Darstellerinfos.
Kauf-EAN: 4011976 849186
EVP: 20,49 €
DVD-Erscheinungstermin: 7. Juli 2008
http://www.michaelclayton.film.de
- Redakteur:
- Michael Sterzik