Mozart. "Ich hätte München Ehre gemacht"
- Regie:
- Bernd Fischerauer
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- Deutschland
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08.05.2006 | 20:57Mit "Mozart. 'Ich hätte München Ehre gemacht'" stimmen auch Drehbuchautor Benedikt Röskau und Regisseur Bernd Fischerauer in den Hype anlässlich des 250. Geburtstags des Wunderkinds ein. In einer aufwendigen Produktion hat der Regisseur seine Biographie des Komponisten leichtfüßig und lebendig – doch nicht ohne dramatische Untertöne – in Szene gesetzt. Wie der Titel bereits vollmundig verkündet, wird dabei Mozarts Münchner Zeit in den Vordergrund gerückt: Seine Verzweiflung darüber, in Salzburg sein unverstandenes Talent für einen Hungerlohn an den Fürsterzbischof Graf Colloredo vergeuden zu müssen; seine vergeblichen Versuche, in München Protektion beim Kurfürsten zu erlangen; die Bewunderung, die ihm dort selbst vom potentiellen Konkurrenten Graf Seeau, seines Zeichens Intendant des Münchener Hoftheaters und ebenso wollüstig wie intrigant, entgegengebracht wird und nicht zuletzt auch seine Liebschaften.
Xaver Hutter gibt seinen 'neutönerischen' Mozart als bipolare Persönlichkeit, als ehrgeizigen, getriebenen Künstler, der stets um Aufmerksamkeit wirbt, dabei mit seinem Pfund aber durchaus zu wuchern weiß; der, wo sein Talent gefragt ist, ebenso selbstbewusst – ja geradezu auftrumpfend dreist – agiert, wie er im Persönlichen verletzlich bleibt, sobald ihm Anerkennung einmal versagt bleibt; und der bei aller Egozentrik und Überspanntheit doch auch immer leidet unter seiner Sonderstellung als stets von adligen Gönnern abhängiger Bürgerlicher.
Einige innere und äußere Konflikte sind von Anfang an angelegt. Dabei kristallisiert vieles in den Dialogen zwischen Amadé und seinem Vater (Alexander Held), der im Gegensatz zum impulsiven Sohn eine gesicherte Anstellung der freien Selbstverwirklichung vorzieht und nicht mit unmäßigem Selbstbewusstsein glänzen kann. Mozart dagegen riskiert einiges und ersucht mehrmals um eine Anstellung in der Residenzstadt München, wozu es jedoch nie kommt. Dennoch bringt er dort zwei seiner Werke, "La finita giardiniera" und "Idomeneo", zur Uraufführung.
Fischerauer reiht in schwungvoller Inszenierung Episode an Episode, Begegnung an Begegnung, Unterhaltung an Unterhaltung, Techtelmechtel an Techtelmechtel und Komposition an Komposition. Letztere fliegen dem musikalischen Genie nur so zu, am Billardtisch etwa. Einer der Höhepunkte des Films ist ein Konzertduell zwischen Mozart und Ignaz von Beecke. Fast schon ein Rock'n'Roll- Moment! Überhaupt transportiert der Film seine Geschichte mit der gleichen Rasanz und Leichtigkeit, wie sie den Zuschauer bereits in einem anderen spritzigen Musik-Film der letzten Jahre, "Almost Famous", leicht über die dennoch stets mitschwingende Ambivalenz seiner Figuren hinwegsehen ließ: Komödiantische Verve, ohne klamottenhaftes Abgleiten des Niveaus. Nur in scheinbarem Gegensatz stehen denn auch Dialoge voller Ésprit und derbe Flüche.
Überhaupt trägt die barocke Moral, derer, die es sich leisten können, viel zur Opulenz des Films bei, ohne ihn deswegen zu überladen. Körperbetont, sinnlich, sprühend – so lässt sich die Grundstimmung dieser Geschichte zusammenfassen, auch wenn mit dem Tod der Mutter (Konstanze Breitebner) und schließlich mit Mozarts eigenem, welchem hier Zeit seines Lebens die von ihm erwünschte Form der Anerkennung verwehrt bleibt, auch traurige Momente nicht außen vor bleiben. Ausgeklammert dagegen bleiben Mozarts Beziehung zu seinen Kindern, seine Italienreisen, die Mitgliedschaft bei den Freimaurern sowie eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem kompositorischen Schaffen selbst. Dementsprechend wird Carl Cannabich hier auch eine größere Rolle eingeräumt als dessen Vater Christian.
"Mozart. 'Ich hätte München Ehre gemacht'" ist also alles andere als ein Film über die Kunst des Komponierens, weder bombastisches Drama noch seichte Komödie, sondern ein kompakter Film, der Widersprüchlichkeiten elegant vereint und mit leichter Hand eine eigene Interpretation des vielgefeierten Komponisten in geraffter Form liefert, ohne es an der für einen Kostümfilm nötigen Portion cineastischen Überschwangs missen zu lassen.
Als Bonusmaterial gibt es einen dreißigminütigen Blick hinter die Kulissen mit Making Of und Interviews zu sehen.
- Redakteur:
- Eike Schmitz