National Geographic - Die Könige der Maya
- Regie:
- unbekannt
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Code of the Maya Kings
1 Review(s)
07.01.2006 | 07:59Friedliche Sterngucker oder kriegerische Stadtstaaten?
Das Rätsel großer zerstörter Städte, versunken im Dschungel von Zentralamerika und Mexiko, beschäftigt Forscher seit Hunderten von Jahren. Wer hat diese Stadtanlagen gebaut? Es hat mehr als ein Jahrhundert gedauert, die Geheimnisse der Maya zu ergründen.
Zwei engagierte Forscher – der Amerikaner John Lloyd Stephens und der Engländer Frederick Catherwood – brachen im Jahr 1839 zu ihrer ersten Reise nach Zentral-Amerika auf. Ein abenteuerliches Unternehmen, nicht nur zur damaligen Zeit. Sie kehrten mit spannenden Geschichten und atemberaubenden Bildern der einstigen Hochkultur zurück.
Hundert Jahre später erforscht die Russin Tatiana Proskouriakoff diese faszinierende Kultur und enthüllt zum ersten Mal das alltägliche Leben der Maya. Im Bonusfilm versucht ein Forscherteam aus den USA, das Geheimnis des Untergangs der Maya zu ergründen. (Verlagsinfo)
Filminfos
O-Titel: Code of the Maya Kings (USA 2003)
Dt. Vertrieb: National Geographic (27.10.2003)
FSK: ohne Altersbeschränkung
Länge: ca. 52 Min. + 30 Min. Bonusfilm
Handlung des Hauptfilms
Es dauerte einhundert Jahre, die Rätsel der Maya-Kultur zu lösen. Zwei Forscher hatten einen großen Anteil daran. Sie werden vorgestellt.
1842, Chitzen Itza, Mexiko: Der amerikanische Anwalt John L. Stephens schlägt sich einen Pfad durch den Urwald. Er will beweisen, dass die Pyramiden, die hier verborgen gen Himmel ragen, nicht von den Ägyptern erbaut wurden, sondern – man höre und staune – von amerikanischen Ureinwohnern. Seine Zeitgenossen hatten daran schwere Zweifel. Diese halbnackten "Wilden" sollten solche Monumente errichtet haben? Nie und nimmer!
Stephens ist im Oktober 1839 von Copán in Guatemala aufgebrochen und fand dort schließlich die Große Pyramide und massenhaft Hieroglyphen. Um Copán jedoch ausgraben zu dürfen, muss er das Land von den Großgrundbesitzern kaufen. Er kriegt es für 50 Dollar, während sie über ihn den Kopf schütteln – wertloser Urwald, sonst nichts. Sein Partner ist Frederick Catherwood, ein Zeichner und Architekt, der eine Spezialkamera mitgebracht hat. Sie soll sich als äußerst nützlich erweisen.
Im Jahr 1840 führte die beschwerliche Reise über die Sierra Madre nach Palenque an der Westküste der Halbinsel Yucatán. Palenque war eine große Stadt und befindet sich auf einem Hügel, der sich über den Regenwald erhebt. Alles hier zeugt von Reichtum und Macht, doch wo sind die Menschen? Selbst die Hieroglyphen sind die gleichen wie in Copán. Stephens’ radikaler Gedanke lautet: Die Städte wurden von Indios erbaut.
Weil Catherwood an Malaria erkrankt ist, müssen sie nach Hause. 1841 erscheint Stephens’ Buch, das eine enorme Popularität erreicht. 17 Monate später suchen sie die Maya-Stadt Uxmál in Mexiko und stoßen neben Chichen Itza auf andere Städte, die schnell zerfallen, weil die Feuchtigkeit den Stein angreift. Catherwood macht Bilder, welche heute unsere einzigen Zeugnisse von der damaligen Pracht darstellen und selbst diese Bilder verbrannten bei einem Brand in einer Ausstellung – nur die Kopien blieben häufig erhalten. Ingesamt wurden nicht weniger als 44 versunkene Städte gefunden.
Leider entwerfen die Nachfolger dieser Pioniere ein falsches Bild von der Maya-Kultur. Es seien friedliche Sterndeuter und Kalenderberechner gewesen. Heute weiß man es besser, unter anderem wegen der Arbeiten von Tatiana Proskouriakoff, einer Russin, die in Philadelphia aufwuchs, bis 1930 Architektur studierte und 1936 mit Archäologen nach Guatemala reiste – sie sollte alle Funde zeichnen und archivieren. Sie tat viel mehr.
Von Palenque in West-Yucatán geht es weiter nach Pietras Negras, wo ihr die grafische Rekonstruktion von Fassaden und Gebäuden gelingt. Sie reist weiter nach Copán und rekonstruiert Pyramiden in Chichen Itza. Sie lernt die Sprache Yucatec-Maya und das Weben. Zunehmend widerspricht sie der verbreiteten Theorie des Briten Eric Thompson von den friedlichen Sterndeuter-Maya.
Sie wird darin endgültig bestätigt, als 1946 der Filmemacher Healey in Bonampac auf ein riesiges Schlachtengemälde stößt. Es sind Kriegsgefangene und Menschenopfer darauf dargestellt. Thompson verbirgt das Gemälde vor der Öffentlichkeit, so gut er kann, aber vergeblich. Dennoch darf Tatiana Proskouriakoff nichts darüber schreiben, will sie nicht durch Thompsons Einfluss aus der Wissenschaftsgemeinde ausgestoßen werden.
In den fünfziger Jahren arbeitet sie in Cambridge an der Entschlüsselung der Hieroglyphen. Sie erkennt, dass es sich statt um Kalenderdaten um biografische Angaben von Einzelpersonen handelt. Vor ihr entfalten sich ganze Dynastien – und die Kriege, die die Städte gegeneinander führten. Sie entzifferte bis zu ihrem Tod 75 bis 80 Prozent der Hieroglyphen. Dank ihrer Arbeit verfügen die Maya-Indios heute über eine Geschichte. Ihre Asche wird in Pietras Negras beigesetzt.
Handlung des Bonusfilms
Der Hauptfilm bleibt die Antwort auf die Frage schuldig, wie es zum Untergang der Maya-Kultur um etwa 800 n.Chr. kam. Schließlich existierte sie fast im gesamten ersten Jahrtausend nach Christus. Was löschte sie aus? Im Bonusfilm "Die versunkene Stadt der Maya" untersucht der amerikanische Archäologieprofessor Demarest Tikal, das um 600 n. Chr. verlassen wurde. Auch Dos Pilas, etwa 100 km entfernt, wird ausgegraben. Dort erforscht man die zahlreichen Höhlen und stößt auf Spuren von Menschenopfern.
Der König von Tikal wurde gefangen genommen und geopfert. Die Kriege fanden zunächst rituell zwischen Königen statt, nicht um Territorium zu gewinnen. Dies passierte erst in der zweiten Phase. Dos Pilas wächst und braucht Land, ein Wettrüsten mit dem Rivalen Tikal setzt ein, die Landarbeiter fliehen in Trutzburgen, um dem Abschlachten zu entgehen. Das Kriegsglück schwankt, doch mit Herscher Nr. 4 erreicht die Entwicklung in Dos Pilas ihren Höhepunkt und ihr Ende. Dos Pilas wird belagert, eingenommen, verlassen. Der Urwald erobert sie zurück. So könnte es auch den heutigen "Hochkulturen" ergehen, warnt der Archäologe.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 4:3 (Vollbild)
Tonformate: D und Englisch in DD 5.1 Surround
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine?
Extras:
- Bonusfilm "Die verlorene Stadt der Maya" (ca. 30. Min.)
- Ausgrabungsstätten in Mesoamerika (interaktive Karte und Diaschau)
- Hochkulturen des alten Mesoamerika (dito)
Mein Eindruck
Darüber, dass die Maya eine Hochkultur hatten, besteht heute keinerlei Zweifel mehr. Aber diese aktuelle Lehrmeinung musste gegen äußeren (durch Stephens) und inneren Widerstand (Tatiana Proskouriakoff) erkämpft werden. Noch heute buddeln und graben, kartografieren und dekodieren die Forscher, um den nagenden Zahn der Zeit zuvorzukommen, der alte Gebäude in die Erde zurücksinken lässt. Viele Gemälde sind verschwunden, weil sich die Farbpigmente aufgelöst haben. Was man heute sieht, sind – ähnlich wie bei den ägyptischen Pyramiden – nur noch blasse Schatten großer Pracht. (Die Pyramiden erstrahlten einst in grellem Weiß wegen des weißen Kalksteins, mit dem ihre Stufen glatt abgedeckt wurden. Nur ein kümmerlicher Rest ist an der Chefren-Pyramide zu sehen.)
Die Dokumentatoren haben ihre Sache gut gemacht, finde ich. Sie haben die Wissenschaft auf verschiedene Weise zum Leben erweckt. Zusätzlich zu den altgewohnten Stichen, Fotos oder gar Gemälden werden uns historische Filmaufnahmen von anno dunnemals gezeigt. Das Sahnehäubchen sind jedoch die zahlreichen Spielszenen, mit denen epochale Entdeckungen und vor allem die mitunter blutige Vergangenheit nachgestellt werden. Es gibt neuere Filme, die noch blutiger sind und die Kriege der Maya recht eindeutig ins Bild rücken.
~ Die DVD ~
Die "Hochkulturen des alten Mesoamerika" ist eine interaktive Zeitleiste, die von 1500 v. Chr. bis ins Jahr 1521 n. Chr. reicht, als der Spanier Cortes das Aztekenreich zerstörte und die christliche Kolonisierung einsetzte.
Der Themenglobus bietet unter dem Menüpunkt "Ausgrabungsstätten in Mesoamerika" eine interaktive Karte eben jener Stätten sowie die dazugehörigen Farbdias. Die Stätten reichen von Tenochtitlan (Montezumas Hauptstadt) und Tula bis nach Copán im Süden. Sehr positiv fällt die einwandfreie Aussprache der manchmal komplizierten Maya-Namen auf.
Diese Zugaben sind einfach zu handhaben und bieten eine Reihe von Informationen. Da diese jedoch schon mindestens drei Jahre alt sind, befinden sie nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das wäre zu berücksichtigen. Die Fotos sind relativ klein, geschweige denn bildschirmfüllend.
Mit dem Tonformat befindet sich die DVD auf dem Stand der Technik, und auch die Bildqualität ist erträglich, denn sie entspricht dem, was man im TV zu sehen bekommt. Negativ fallen die Untertitel auf, die durch Abwesenheit glänzen.
Unterm Strich
Die zwei Filme plus Bonusmaterial gewähren einen unterhaltsamen und informativen Einblick in die Geschichte der Maya-Forschung und erlauben einen lebendigen Blick auf das, was dabei gefunden wurde. Beides ist gleichermaßen spannend und lebendig aufbereitet, etwa durch Spielszenen. Natürlich ist man nach dem Ansehen noch längst nicht in die tieferen Mysterien der Religion usw. eingeweiht, aber die DVD ist ein guter Startpunkt für weitergehende eigene Forschungen. Die Legende von den friedlichen Sternguckern aus dem Urwald ist jedenfalls ein für allemal ad acta gelegt.
- Redakteur:
- Michael Matzer