Pharao (2-DVD Collectors Edition)
- Regie:
- Jerzy Kawalerowicz
- Jahr:
- 1966
- Genre:
- Drama
- Land:
- Polen
- Originaltitel:
- Faraon
1 Review(s)
01.02.2006 | 07:18Obwohl das Thema Ägypten in vielen Monumentalfilmen immer wieder mal gestreift wird - meistens im Zusammenhang mit der Liebschaft zwischen Cäsar und Cleopatra - ist der nordafrikanische Staat innerhalb dieser Filmepoche immer nur ein Randthema gewesen, das bis auf seinen glorreichen und preisgekrönten Vertreter "Cleopatra" mit Elizabeth Taylor (doch auch hier spielte Rom eine wesentliche Rolle) nie richtig berücksichtigt wurde. Der polnische Regisseur Jerzy Kawalerowicz fasste sich zur Mitte der Sechziger daher ein Herz und widmete dem Pharao Ramses XIII. ein zweieinhalbstündiges Drama, das ganz klar zu den besten Verterern seines Faches gehört, trotzdem aber im Zuge der ganz großen cineastischen Meilensteine meist unbeachtet blieb. Vierzig Jahre nach seiner Entstehung ist dieser Film nun plötzlich wieder ein Thema, denn e-m-s haben das Epos um den zwiegespaltenen Pharao nun als DVD aufgelegt und präsentieren eine längst vergessene Perle des europäischen Kinos in gänzlich neuer Pracht.
Story:
Nach dem Tod des erhabenen Pharaos Ramses II. tritt Ramses XIII. voller Stolz seine Nachfolge an. Doch schon bald wird dem neuen Herrscher bewusst, dass Ägypten bei weitem nicht mehr den Glanz früherer Tage besitzt. Das Volk ist unzufrieden und fühlt sich von der Willkür der Pharaonen tyrannisiert. Ramses XIII. möchte an diesem Missstand etwas ändern und somit das Volk auf seine Seite ziehen, stellt jedoch fest, dass es hierzu der Zustimmung der Priester des Gottes Amon bedarf, die mit der neuen Politik des Pharaos gar nicht einverstanden sind. Als Ramses versucht, den Religionsvertretern sämtliche Machtansprüche zu streichen, beginnt ein erbitterter Kampf um die Herrschaft des zerstrittenen Landes, bei dem der eiserne Wille des Pharaos und die gemeinen Intrigen und Hinterhälte der Priesterschaft miteinander konkurrieren und schließlich entscheiden, welchen Weg Ägypten in Zukunft einschlagen wird.
Meine Meinung:
Es ist sicher kein Zufall, dass sich Regisseur Jerzy Kawalerowicz bei der Wahl seines Filmes auf dieses Thema stürzte. Basierend auf der Romanvorlage des polnischen Autors Boleslaw Prus, widmete er sich Inhalten, die in einem Land wie Polen gerade zu dieser Zeit revolutionär anmuteten. In einem Land, in dem die Religion einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft und den Weg der Politik hat, mit der Figur des Ramses ein Symbol für die Rebellion gegen die offenkundige Willkür der religiösen Führung zu starten, war sicherlich ein Wagnis, das in der Heimat des Regisseurs nicht gerne gesehen wurde, vielleicht aber auch gerade wegen dieser rebellischen Einstellung so gut gelungen ist.
Natürlich geraten solche Themen beim Betrachten des ziemlich langen Epos erst einmal in den Hintergrund, schließlich steht immer noch die Handlung im alten Ägypten im Mittelpunkt des Interesses, und genau bei dieser hat Kawalerowicz auch echte Glanzpunkte setzen können. Besonders gut gelungen ist ihm hierbei vor allem die Darstellung des kämpferischen Pharaos, der von Hauptdarsteller Jerzy Zelnik sehr leidenschaftlich verkörpert wird. Man kauft der Mimik und dem Erscheinungsbild des Ramses seine Emotionen ab, sowohl in den Szenen, in denen der Pharao von Selbstzweifeln geplagt ist, als auch an den Stellen, an denen er mit kontrollierter Wut seinen eisernen Willen durchsetzt. Zelnik spielt nicht den reißerischen Helden, sondern einen charismatischen Herrscher, und in dieser Rolle geht der Mann auf, als wäre es seine Bestimmung.
Nicht minder gut spielen die Vertreter der Priesterschaft, in denen das Böse so richtig aufgeht. Die optische Darstellung von glatzköpfigen, gemein wirkenden Männern kommt ihnen dabei sicherlich zur Hilfe, doch auch hier ist es das Auftreten, das voll und ganz überzeugt.
In Bezug auf die Handlung gibt es trotz allen Lobes aber doch noch einige kleine Mängel anzumerken. Zunächst einmal hat der Plot in der Mitte einige Längen, die der Regisseur sicherlich sinnvoll hätte ausfüllen können, was ihm aber leider nicht gelungen ist. So wird zum Beispiel der Tod von Ramses' eigentlicher Frau und ihrem gemeinsamen Sohn als Randthema abgehandelt, wohingegen die zahlreichen Dialoge mit seinen Beratern zwischenzeitlich etwas sehr ausgereizt werden. Zwischen der 80. und 100. Minute wird somit zwar ganz langsam das Finish vorbereitet, doch hätte man gerade diesen Teil mit etwas mehr Spannung ausfüllen können.
Mehr Kritikpunkte kann ich indes nicht finden. Das französische Magazin "L'Express" titelte nach Erscheinen des Filmes damals "Der Einbruch der Intelligenz in den Monumentalfilm", und dieser kurzen Überschrift kann ich mich als Fazit dieses Streifens ruhigen Gewissens anschließen. "Pharao" passt nicht in das typische Schema der Monumentalepen über das alte Rom, weil hier die politischen Streitpunkte auf einer ganz anderen Ebene ausgetragen werden, gleichzeitig aber auch die Charaktere total unterscheidlich sind. In "Pharao" gibt es keine echten Helden, sondern fast ausschließlich tragische Figuren. Und während in vergleichbaren Filmen die Dramatik oft nur das Bindeglied zwischen Lovestory und dezenter Action ist bzw. war, ist sie hier der Kernpunkt der Geschichte.
Die Stärken des Genres hat Kawalerowicz indes allesamt integriert. So gibt es auch hier feine Echtzeitkulissen, schöne Kostüme und sehr vielseitige Charaktere zu sehen, die wirklich sämtlichen Ansprüchen an diese Art Film gerecht werden - nur eben dass der Zerfall des Staates aus einer ganz anderen, das Genre merklich voranbringenden Perspektive geschildert wrude.
Die DVD zu "Pharao" kommt in einer 2-DVD-Box mit einer Dokumentation über das alte Ägypten als Bonus. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass "Geheimnisvolle Kulturen: Die Ägypter" - so der Name des Extrastreifens - schon einmal irgendwo verwertet wurde, was aber nicht weiter schlimm ist. Vor dem Hintergrund des Inhalts des Hauptfilms stellt die 55-minütige Dokumentation eine echte Bereicherung dar, wobei hier die Schwerpunkt eher auf die Bauten der alten Ägypter gelegt werden, nicht aber auf die Herrschaft der Pharaonen. Trotzdem: Sehr sehenswert!
In Sachen Bild- und Tonqualität geht das Gebotene ebenfalls in Ordnung, wenngleich das Bild ein wenig blass wirkt. Gerade die Szenen innerhalb der Wüste sind enorm hell geraten und lassen hinsichtlich der Farben ein wenig an Schärfe vermissen. Ansonsten ist aber alles im grünen Bereich, auch beim gut verständlichen Dolby-Digital-2.0-Ton, dessen Möglichkeiten indes nie auch nur ansatzweise ausgeschöpft werden.
Fazit:
Gilt Polen nach wie vor als cineastisches Entwicklungsland, hat man in Osteuropa im Jahre 1966 einen richtig starken Beitrag zum Genre des Historienfilms beigetragen. "Pharao" darf trotz einzelner Längen als einer der besten Vertreter seiner Fraktion bezeichnet werden und ist für Anhänger monumentaler Dramen daher auch uneingeschränkt zu empfehlen. Die hübsch aufgemachte Doppel-DVD in der Collector's Edition eignet sich perfekt, um in das intrigenreiche Land der Pharaonen abzutauchen und sich von den herrlichen Kostümen und Kulissen berauschen zu lassen. Ein sehr schöner Film mit tollen Schauspielern und fortschrittlicher Handlung!
- Redakteur:
- Björn Backes