Polizeirevier Davidswache St. Pauli
- Regie:
- Jürgen Roland
- Jahr:
- 1964
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
21.01.2006 | 10:14"Polizeirevier Davidswache St. Pauli" ist der 64er-Vertreter aus der Reihe "Kinohits von gestern" und gleichzeitig auch einer derjenigen Filme aus dieser Zeit, denen das Attribut "typisch deutsch" anhaftet. In einem eigenartigen Mix aus Kriminalfilm und Komödie gibt Regisseur Jürgend Roland das Leben auf und jenseits der Reeperbahn sehr authentisch wieder und setzt dabei auf Schauspieler, die sehr freizügig mit ihrer Hamburger Schnauze umgehen. Auch wenn hier sämtliche Klischees über die miesen Machenschaften der Geldeintreiber und natürlich das anrüchige Image der Etablissements sowie des ganzen Stadtviertels mächtig durchgekaut werden, ist der Film recht unterhaltsam, selbst wenn die Handlung nicht immer ganz im Vordergrund steht:
Story:
Für Hauptwachtmeister Glantz sind Prostitution und Diebstahl, Mord und Totschlag Routine. Sein Revier ist das berühmteste der Welt: die Davidswache auf dem Kiez in St. Pauli. Er freut sich auf den Besuch seiner Tochter Lilo, die er lange nicht gesehen hat. Er will sie um 4 Uhr 20 vom Bahnhof abholen. Doch wenn sie ankommt, wird Glantz schon nicht mehr leben. An diesem Tag wird auch Bruno Kapp entlassen, ein brutaler Gangster, den Glantz vor vier Jahren hinter Gitter brachte. Dieser schwört Rache und lauert Glantz auf ...
Meine Meinung:
Vor mehr als 40 Jahren, also zur Entstehungszeit dieses Films, war "Polizeirevier Davidswache St. Pauli" sicherlich revolutionär. Einen Streifen über das skandalöse Leben auf dem Kiez, der eigentlich über sämtliche Grenzen des gutbürgerlichen Fernsehgeschmacks hinausgeht, hatte es bis dahin nicht gegeben, und der dementsprechend auch erstmal kontrovers aufgenommen wurde. Dennoch lockte der Film mehr als drei Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser und avancierte somit auch zu einer der erfolgreichsten Produktionen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Außerdem bekam "Polizeirevier Davidswache St. Pauli" diverse begehrte Auszeichnungen, die er unter anderem auch dem Staraufgebot, das der Regisseur hier auffuhr, zu verdanken hat.
In diesem Film wird das Leben auf einer der bekanntesten Polizeistationen der Umgebung in seiner gesamten ungeschminkten Wahrheit dargestellt, was zur Folge hat, dass es zunächst einmal gar keinen richtigen Handlungsstrang gibt. Im Groben geht es natürlich um den entlassenen, rachedürstigen Exsträfling Bruno Kapp und dessen kriminelle Machenschaften, doch dies ist nur ein wichtiger Teil der Filmhandlung. Hauptsächlich spielt sich das Geschehen nämlich auf der Wache selber ab, in der fast im Sekundentakt neue Leute von anrüchigen Begebenheiten und ausufernden Brutalitäten erzählen. Kapp steht dabei zwar immer wieder mal im Vordergrund, aber er ist nicht das Zentrum der Geschichte.
Spannend ist die Erzählung aber trotzdem, auch wenn man auf dem Rücken der DVD schon erfährt, in welche Richtung sich der Film begeben wird. Die ständigen Missetaten und dazu ein wenig finstere Kiez-Romantik, verbunden mit der verborgenen Erotik der Sechziger, das sind die Inhalte dieser kurzweiligen Kriminalgeschichte, und damals wie heute wissen sie zu unterhalten. "Polizeirevier Davidswache St. Pauli" allerdings als Perle der deutschen Filmgeschichte anzupreisen, würde zu weit führen, denn dafür fehlt es der plakativen Darstellung des Lebens im Rotlichtmillieu an Anspruch und Tiefgang.
Die gänzlich überarbeitete DVD-Version glänzt durch eine hervoragende Aufarbeitung. Das Schwarzweiß-Bild ist einwandfrei erhalten; kein Rauschen, kein Flimmern, nichts dergleichen. Ebenfalls löblich erwähnt werden muss der Ton. Auch hier gibt es keine störenden Elemente, so dass Dialoge und Musik sehr gut verständlich sind.
Die Bonusabteilung hingegen hält außer einem 12-seitigen Booklet und einem 16 Seiten starken Reprint des Original-Filmprogramms keine weiteren Extras bereit.
Das Jahr 1964 präsentiert sich innerhalb dieser Reihe mit einem Stück deutscher Kultur, in der die Prostitution und das Verbrechen auf dem Kiez ebenso im Mittelpunkt stehen wie die Gerechtigkeit und die norddeutsche Lebensart, von der "Polizeirevier Davidswache St. Pauli" maßgeblich beeinflusst ist. Drei Millionen Zuschauer sprechen für sich, und damals war dieser Film sicherlich ein echtes Ereignis. Von seiner Klasse hat er schließlich auch bis heute nichts eingebüßt, nur ist er verglichen mit heutigen Standards und im Zuge der Enttabuisierung natürlich nicht mehr ganz so speziell, wie er es 1964 ganz bestimmt war. Lohnenswert ist die 98-minütige Produktion aber definitiv, und das nicht nur für Nostalgiker und Fans des 60er-Jahre-Films.
- Redakteur:
- Björn Backes