Romulus und Remus
- Regie:
- Sergio Corbucci
- Jahr:
- 1961
- Genre:
- Drama
- Land:
- Italien/Frankreich
- Originaltitel:
- Romolo e Remo
1 Review(s)
27.10.2006 | 09:30Story
Der Kriegsgott Mars belohnt die kinderlose Rhea Silvia mit einem ganz besonderen Geschenk; nach etlichen Jahren bekommt sie doch noch Nachwuchs, nämlich die beiden Zwillinge Romulus und Remus. Der mächtige Tyrann Amulius ist jedoch mit der Geburt der beiden Säuglinge nicht einverstanden, was Rhea Silvia dazu veranlasst, die Kinder im Tiber auszusetzen und sie vor einem eventuellen Mord zu beschützen. Romulus und Remus werden von einer Wölfin aufgespürt und später von einem Hirten entdeckt und großgezogen.
20 Jahre später gehört das Brüderpaar einer aufständischen Horde von Pferdedieben an, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Herrscher von Alba Longa zur Weisglut zu treiben. Bei einem feierlichen Wettkampf schlagen die beiden erneut zu und berauben ihn seines Eigentums. Romulus hat dabei auch die hübsche Silvia, die Königstochter der Sabiner entführt, kommt aber nicht ungestraft davon. Auf Amulius' Geheiß wird er gefangen genommen und gefoltert, was die Rache seines ehrgeizigeren Bruders Remus auf den Plan ruft. In einem brutalen Gefecht erfahren sie ausgerechnet von ihrer schwer verletzten Mutter die Wahrheit über ihre Kindheit und schwören, ihren letzten Wunsch in die Tat umzusetzen: Eine neue Stadt zu bauen, die zum größten Imperium der gesamten Welt heranwachsen soll.
Meine Meinung
Beginnen wir die Kritik mit einigen Worten zum Regisseur Sergio Corbucci, den man eigentlich eher als Protagonist des Italo-Westerns in Erinnerung hat. Dass der Mann aber zuvor auch schon Erfahrungen auf dem Gebiet des Historienfilms gemacht hat, ist vielen Fans gar nicht bewusst, so dass manche sicherlich überrascht sein werden, seinen Namen in Verbindung mit diesem geschichtsträchtigen Drama zu lesen. Doch nicht nur Corbucci war an der Verfilmung der Gründungsgeschichte Roms beteiligt; auch ein zweites prägendes Gesicht des südländischen Westerns war an "Romulus und Remus" beteiligt, nämlich die Legende schlechthin, Sergio Leone ("Spiel mir das Lied vom Tod", der Teile des Drehbuchs zu diesem zeitlosen Epos beisteuerte. Diese Namen sind eigentlich immer ein Garant für cineastische Top-Qualität, und da macht auch dieser Streifen aus dem Jahre 1961 keine Ausnahme - zumal man mit Steve Reeves und Gordon Scott auch noch auf zwei absolute Superstars der damaligen Zeit zurückgreifen konnte.
In den großen Magazinen wurde das Duell der Zwillingsbrüder seinerzeit unter dem Titel "Herkules vs.Tarzan" vorgestellt, und auch wenn dies bezogen auf die Handlung natürlich kein wirklich sinnhafter Vergleich ist, so gebären sich die beiden Protagonisten bisweilen tatsächlich wie die Helden ihrer alten Rollen. Aber natürlich hat "Romulus und Remus" mit Dschungelabenteuern ebenso wenig zu tun wie mit übermenschlichen Kräften. Stattdessen wird hier das Drama zweier junger Männer geschildert, die als Kind ausgesetzt wurden, in Armut aufwuchsen und später erfahren, dass ihnen aufgrund ihrer Herkunft eigentlich der Thron zustünde. Der daraus resultierende Hass ist gleichzeitig auch Antrieb genug, es dem arroganten Tyrannen heimzuzahlen, allerdings entwickeln Romulus und Remus hierzu zwei unterschiedliche Theorien, welchen Weg es einzuschlagen gilt. Auch die Vorstellung von der zukünftigen Königsposition divergiert beträchtlich auseinander: Während Romulus eine eher demokratische Meinung vertritt und hofft, dass die Brüder gleichberechtigt die geplante, neue Machtstätte regieren können, beharrt Remus darauf, dass nur einer den Thron einnehmen kann, und dies ist natürlich er. In Remus vereinen sich dabei ähnlich tyrannische Gedanken wie bei Amulius, und je weiter die Geschichte fortschreitet, desto stärker wird der Hass auf Remus' Seite, der schließlich dazu führt, dass er seinen eigenen Bruder herausfordern und angreifen möchte. Aus gegenseitiger Treue wird nach und nach Feindschaft, bis es am Ende zum Eklat kommt.
In dieser uralten Geschichte finden sich sehr viele krasse Gegensätze. Da ist zum einen das Streben nach Harmonie, das aber, zumindest von Remus, mit Gewalt und einer neuen, von ihm angestrebten Art der Monarchie durchgesetzt werden soll. Dann die stetigen Beschwörungen, sich in allen Entscheidungen einig zu sein, die beide Brüder auch noch vor der im Sterben liegenden Mutter bestätigen, aber schon kurz nach ihrem Ableben konsequent brechen. Nicht zu vergessen der Zwiespalt der Liebe; beide Brüder haben es auf die Tochter des Königs der Sabiner abgesehen, doch diese hat nur Augen für Romulus, was dessen Bruder nur noch feindseliger stimmt. Aber nun gut, eigentlich ist die Story hinlänglich bekannt, und in diesem Fall geht es prinzipiell nur darum, wie das Ganze im Filmn aufgearbeitet wurde.
Und was das betrifft, gehört "Romulus und Remus", wie eingangs schon erwähnt, ganz klar zu den besseren Historienfilmen. Die Geschichte entwickelt sich parallel zu einer sehr angenehmen Spannungskurve, stellt das eigentliche Drama sehr authentisch dar und wirkt auch im Großen und Ganzen sehr realistisch. Corbucci hat nämlich keinen großen Wert auf den Gebrauch von ablenkenden Effekten gelegt, sondern stattdessen eigentlich seine gesamte Konzentration auf den Plot als solchen gelegt. Anstelle von aufgeblasenen Kostümen und opulenten Schlachtszenen gibt es hier eine eher basisch inszenierte Darstellung, die zwar immer noch hier und dort in Richtung Bombast-Epos tendiert, diese Tendenzen aber nie zu sehr in den Vordergrund rücken lässt.
Andererseits hat diese Art der Inszenierung auch einige Schwachstellen. Erschreckend sind in diesem Sinne vor allem die Kampfhandlungen, die als einziger Part des ganzen Films eher künstlich wirken. Erschreckend deswegen, weil man schon ziemlich genau erkennen kann, dass die Akteure hier nie richtig zuschlagen bzw. bei den tödlichen Hieben ganz offensichtlich nicht dorthin stechen, wo es eigenbtlich hätte sein sollen. So fällt zum Beispiel in der Befreiungsschlacht von Romulus ein Mann aufgrund eines Herzeinstiches tot um, obwohl man ganz genau erkennen kann, dass der Mörder zwischen Arm und Oberkörper in die Leere geschlagen hat. Und weil dies gehäuft vorkommt, darf man diesbezüglich auch getrost Begriffe wie 'peinlich' in den Mund nehmen. Ferner sind auch die Statisten nicht ganz bei der Sache. Während nämlich im Vordergrund gekämpft wird, sieht man in den hinteren Reihen teilweise gelangweilte, uniformierte Soldaten, die im Ernst der Lage völlig unbeteiligt herumstehen. Hier fehlt echt nur noch als Krönung der entspannende Kaffee in der Hand.
EIne andere Sache, die mir nicht ganz so gut gefallen hat, ist die etwas zu schnelle Entwicklung des Remus. Von einem Moment auf den nächsten wird aus dem geliebten Hirtenjungen ein machtbesessener Jüngling, der in seinem Bestreben, die Thronfolge ganz alleine einzunehmen, kaum noch zu bremsen ist. Hier gehen mit einem Mal und ohne Ankündigung alle geschätzten Werte verloren, was der Authentizität der Handlung auch nicht gerade zugute kommt.
Abgesehen von diesen noch gut erträglichen Patzern ist die Verfilmung von "Romulus und Remus" wirklich sehr gelungen, sowohl in der Umsetzung des Originals, als auch in der neuen Aufarbeitung, die nun als DVD vorliegt. Koch Media hat den Film mal wieder sehr gut hergerichtet, das viereinhalb Dekaden alte Bild wirklich prima restauriert und auch den etwas schmutzigen Ton noch sehr gut transferiert. Zweifelsohne hat man in der Nachbearbeitung noch eine ganze Menge aus dem recht alten Material herausgeholt, was hier nicht ungelobt bleiben soll.
In Sachen Bonusmaterial ist der Silberling, der übrigens in einem Pappschuber veröffentlicht wird, auch ganz ordentlich bestückt. So gibt es ein recht interessantes Interview mit dem Steve-Reeves-Double Giovanni Cianfriglia zu sehen und außerdem den englischen Original-Trailer, der allerdings weniger gelungen ist. Ich persönlich finde es jedenfalls arg seltsam, wenn in einer Vorschau schon fast der komplette Inhalt verraten und beinahe die gesamte Geschichte nacherzählt wird. Sollte ein Trailer den Zuseher nicht eigentlich heiß auf den Film machen? Aber es ist eben ein Extra und dazu sagt man ja bekanntlich selten nein. Zusärtlich gibt es noch das obligatorische Booklet mit einigen Fotos und Hintergrundinformationen zur Entstehung und Einordnung des Streifens.
Alles in allem ist dieses überschaubare Epos eine sehr lohnenswerte Anschaffung für Anhänger des Historienfilms. "Romulus und Remus" überzeugt durch eine authentisch umgesetzte Story, erstklassige Schauspieler und eine bodenständige Darstellung. Auch wenn es hier und da ein paar der üblichen Patzer zu sehen gibt, gehört diese Produktion zweifelsfrei zu den besten ihrer Zeit und ihrer Art.
- Redakteur:
- Björn Backes