Sasori-Scorpion
- Regie:
- Shunya Ito
- Jahr:
- 1972
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Joshuu 701-gô: Sasori
1 Review(s)
27.07.2006 | 07:18Hintergrund
Das vielfältige Genre der „Pinku Eigas“ (siehe "The Glamamorous Life of Sachiko Hanai") brachte neben Softcore Pornos auch sehr brutale und auf Vergewaltigungen fokussierte Filme hervor ("Violent Pink"), sowie vom Toei Studio finanzierte Sex-and-Violence-Filme ("Toei’s Pinky Violence"). Hier lag der Schwerpunkt nicht auf der Erotik, vielmehr ging die Nacktheit mit Actionszenen Hand in Hand, die Filme drehten sich zumeist um Frauen in Gefängnissen. Einer dieser eher dem Exploitation-Genre angehörigen Filme ist Shunya Itos 1972 "Sasori-Scorpion", auch wenn der Fokus dieser Filmreihe stärker auf den menschlichen Schicksalen liegt und weniger auf den Erniedrigungen. Mit Meiko Kaji ("Lady Snowblood") in der Hauptrolle (die auch in zwei Sequels die Hauptrolle übernahm) bringt Ito einen knallharten Gefängnisfilm auf die Leinwand, der seine Wirkung nicht verfehlt.
Handlung
Nach einem erfolglosen Ausbruchversuch aus einem Hochsicherheitsgefängnis findet sich Nami Matsushima (Meiko Kaji), oder auch Gefangene 701, auf dem Boden einer Einzelzelle wieder. Von den Wachen gequält, von den Mithäftlingen verachtet, kämpft „Matsu“ gegen ihre innere, unbändige Wut. Einst von ihrem Geliebten an die Yakuza verraten, sinnt sie auf Rache - das Problem: Ihr ehemaliger Geliebter ist ein hoch angesehener Polizist, der alles unternimmt, um Matsu im Gefängnis das Leben zur Hölle zu machen. Wegen ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Willen muss Matsu große Qualen auf sich nehmen - Qualen, die sie brechen sollen. Doch die Gefangene 701 lässt sich nicht unterkriegen und zeigt den sadistischen Wärtern die Stirn - mit weitreichenden Konsequenzen. Auch die anderen Häftlinge müssen leiden, Matsu wird zum Sündenbock. Bei einer Revolte versucht schließlich Katagiri (Rie Yokoyama), die von Matsus Ex-Geliebten bestochen wurde, ein verdecktes Attentat auf sie zu verüben. Matsus Rache rückt in weite Ferne…
Kritik
Vorne weg: "Sasori-Scorpion" ist ein knallharter, brutaler Film, der Erniedrigungen und Übergriffe aller Art als Mittel nutzt, um das Schicksal der Protagonistin in den Mittelpunkt zu rücken. Anders als in hiesigen „Women-in-prison“-Filmen ("WIP", "Frauen-im-Gefängnis") dient die Nacktheit hier nicht dem Selbstzweck, lesbische Spielchen, ausufernde Kämpfe zwischen Frauen und ähnliche reißerische, genreübliche Themen kommen bei diesem japanischen Exploitationfilm deutlich kürzer. Regisseur Shunya Ito beleuchtet vielmehr das Drama um Folter und Tod, um die Protagonistin und ihre persönliche Rache. Zwar beugt auch er sich zum Teil den Genrekonventionen (Massen-Duschszene, Folter nackter oder halb-nackter Insassen, etc.), beschränkt sich aber nicht nur darauf. So dient die Nacktheit immer dem Bild der Erniedrigung der Häftlinge durch ihre Wärter, Privat- oder gar Intimsphäre bleiben allen Insassen verwehrt.
Dass Gewalt zu Gegengewalt führt, dürfte nicht neu sein, dass sie hier drastisch aufgezeigt wird, wohl auch nicht. Durch die ständigen Erniedrigungen und den inneren Rachedurst, kommt es zu einigen Gewaltausbrüchen der Protagonistin, die äußerst heftig und schockierend daherkommen. Der starke, aber auch undurchsichtige Charakter der Matsu fasziniert, ängstigt aber Häftlinge und Wärter gleichermaßen. So kommt es dann auch, dass sich Matsu quasi völlig alleine durch den (Gefängnis-)Alltag schlägt. Dies wäre ohne Hauptdarstellerin Meiko Kaji ("Lady Snowblood") aber nicht halb so schön. Ihre Leistung ist beeindruckend, der stille Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht, fesselt einen förmlich vor den Schirm. Der Leid geplagte Charakter, die tragische Figur, die trotz vieler Erniedrigungen standhaft bleibt und mit voller Kraft ihrem Ziel entgegenstrebt, könnte gar nicht besser dargestellt werden. Im Vergleich zu Meiko Kaji verblassen alle anderen Charaktere, was für Kajis Leistung spricht!
Doch nicht nur die darstellerische Leistung stimmt, auch die Visualisierung bewegt sich auf einem überraschend hohen Niveau. Shunya Itos Erstlingswerk verblüfft immer wieder mit einer ausgefeilten, stil- und kunstvollen Kamera und bedient sich des Öfteren beim Theater. So zeigt Ito in einer Konfliktszene zwischen Matsu und einem anderen Häftling die Angreiferin durch eine clevere Beleuchtung und ein wenig Schminke kurzzeitig als Dämon des Kabuki-Theaters, der der Protagonistin nach dem Leben trachtet. Auch die Hintergründe für Matsus Aufenthalt im Gefängnis präsentiert Ito bemerkenswert: mit Hilfe einer schwenkbaren Kulisse und einem Glasboden zaubert er die wohl herausragendste Szene des gesamten Films - alleine hierfür lohnt es sich, sein 87-minütiges Werk anzuschauen!
Die DVD
An dieser Stelle gebührt rem ein generelles Lob für ihre Nippon-Classics-Reihe, die japanische Kultfilme und weltweit gefeierte Klassiker erstmals nach Deutschland bringt!
Das anamorphe Bild (2.35:1) überzeugt auf ganzer Linie, berücksichtigt man das Alter von mittlerweile fast 35 Jahren. Die Farben sind satt, der Schwarzwert gut und das leichte Hintergrundrauschen stört nicht weiter. Außerdem gibt es recht wenige Verschmutzungen, was sehr zu loben ist. Leider ist die generelle Schärfe nicht optimal, und kompressionsbedingte Artefakte sind auch ab und an auszumachen.
Der Ton (Deutsch, Japanisch DD2.0) reißt sicherlich keine Bäume aus, kann aber als in Ordnung bezeichnet werden. Hierbei ist der deutsche dem japanischen Originalton vorzuziehen, da die letztgenannte Spur ein wenig kratzig daherkommt und mit Verzerrungen der Dialoge zu kämpfen hat. Ansonsten wird einem eine gute Dialogverständlichkeit geboten.
Die Extras sind leider mehr als dürftig, was bei solch einem Nischenprodukt aber nicht weiter verwundert. Neben dem Kinotrailer gibt es lediglich eine Bildergalerie und die übliche Label Trailershow. Dafür liegt dem hübschen Digipak noch ein Poster bei.
Fazit
"Sasori-Scorpion" ist ein überraschend stark visualisierter „Women-in-prison“-Film, der sowohl durch seine Hauptdarstellerin, als auch durch die tolle Regie von Shunya Ito glänzt. Glücklicherweise werden Stereotypen des Genres nur angeschnitten und klug in die Geschichte integriert. Der enorm hohe Gewaltpegel dürfte viele abschrecken, das JK/SPIO-Siegel trägt dieser Streifen nicht umsonst. Dennoch dient hier nichts dem Selbstzweck, das Schicksal der Protagonistin bleibt immer im Fokus, was dem Film sehr zu Gute kommt. Ein harter, aber wirklich guter Film, der den gelungenen Auftakt der "Sasori"-Serie bildet. Freunde des asiatischen Kinos werden hier sicherlich glücklich, aber auch offene Filmfreunde sollten sich diesen Film vormerken.
- Redakteur:
- Martin Przegendza