Saw 2
- Regie:
- Darren Lynn Bouseman
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Saw II
1 Review(s)
22.09.2006 | 09:38John Kramer, der auf den Tod an Krebs erkrankte, ebenso irre wie geniale Serienmörder, treibt weiterhin sein Unwesen. Der Zorn auf jene, die gesund sind, ihr Leben aber durch Drogenmissbrauch und andere schädliche Zeitvertreibe vergeuden, treibt ihn dazu sich einzelne Sünder herauszugreifen, zu entführen und an einsame Orte zu verschleppen, wo er sie in Todesfallen sperrt, die ihnen nur die Möglichkeit lassen, sich zwecks Entkommen grausamer Selbstverstümmelungen zu unterziehen oder zu sterben.
In der Regel gewinnt „Jigsaw", wie die Medien Kramer getauft haben, sein „Spiel", da seine „Prüfungen" in ihrer Brutalität selbst Todesfurcht und Überlebenswillen lähmen. Dieses Mal hat er es auf Detective Eric Matthews abgesehen, einen fanatischen Polizisten, der gern Beweise fälscht, um von ihm verhaftete Verdächtige ins Gefängnis zu bringen. Sieben dieser Pechvögeln hat Jigsaw gekidnappt und in ein leer stehendes Haus gesperrt, dessen Fenster und Türen durch Plexiglas und Stahlplatten gesichert wurden. Nervengas strömt aus unsichtbaren Öffnungen ein; es wird die Insassen binnen zweier Stunden umbringen. Im Haus versteckt sind Hinweise zur Befreiung und Ampullen mit einem Gegenmittel. Doch Jigsaw warnt: Wer sich nicht an seine Regeln hält, wird seinen Preis dafür zahlen müssen – und der besteht ausnahmslos aus einem schrecklichen Tod. Dass er wörtlich meint, was er sagt, stellen seine Opfer rasch fest.
Auch Matthews gehört zu den Ermittlern im Fall Jigsaw. Er ist es sogar, der den Mörder in seiner Werkstatt stellt. Doch auch dies gehört zu dessen diabolischem Plan: Eine Videoleitung zeigt besagtes Haus und seine Insassen, wie sie durch Kramers Höllenlabyrinth irren. Unter ihnen erkennt Matthews das achte Opfer – seinen Sohn Daniel! Jigsaw spielt sein aktuelles Katz-und-Maus-Spiel nunmehr vor allem mit dem Cop. Gegenseitig versuchen sie sich zu überlisten, während die Zeit läuft und die Lage im Haus immer kritischer wird. Matthews „spielt" unfair und treibt Kramer in die Enge, der einwilligt, seinen Kontrahenten zum Ort des Geschehens zu führen. Allerdings behält der scheinbar geschlagene Schurke ein As im Ärmel, das Matthews nicht übertrumpfen kann.
Erfolg verflucht zur Wiederkehr, die zudem im möglichst identischen Gewand zu erfolgen hat. So ist es jedenfalls in der Welt des Films. Hier folgt einem Blockbuster geradezu unerbittlich eine Fortsetzung, wobei die Frage, ob der Stoff eine solche hergibt, völlig nebensächlich ist: Solange Einnahmen an der Kinokasse und im DVD-Handel zu verzeichnen sind, wird erbarmungslos weitergedreht.
Auch die „Saw"-Saga balanciert auf einem denkbar schmalen Sockel. Ein Serienmörder quält Menschen, indem er sie zu Mord und Selbstvernichtung zwingt. Für dieses irrwitzige Tun hat er sich eine „Erklärung" ausgedacht, die dem regelmäßigen Zuschauer von Filmen à la „Sieben" oder „Hannibal" sogar einleuchtend erscheinen mag. „Saw" ließ den unheimlichen Jigsaw 2004 klug aus dem Dunkel und dadurch mysteriös wirken. Der Plot war nicht unbedingt neu, wurde aber in eine spannende und rasante Handlung verpackt, die durch ihre Kompromisslosigkeit zusätzlich zu gefallen wusste: Endlich einmal ein Horrorfilm, der nicht auf hirnleere Teenies, blanke Busen und Klamaukgrusel setzte! (Wer bis zu dieser Stelle gelesen hat, merkt wohl, dass der Rezensent die Frage nach dem tieferen Sinn oder gar der ethischen Existenzbegründung von Metzelfilmen wie „Saw" nicht stellen wird, sondern ihr Vorhandensein und ihren Unterhaltungswert als gegeben hinnimmt – dies wird ja auch den Telenovas, den TV-Shows deutscher Comedy-Possenreißer oder den Filmen zu Romanen von Rosamunde Pilcher zugebilligt, die wesentlich schrecklicher sind als jeder Horrorstreifen.) Hinzu kam Jigsaws „Markenzeichen": der Einsatz infernalisch-genial konstruierter Todesfallen, die ihren Opfern höchstens „Auswege" boten, der schrecklicher als die vorgesehenen Todesarten waren.
"Saw II" belegt, dass sich die Atmosphäre einer ständigen Bedrohung, die dem Zuschauer direkt zusetzt, nicht konservieren oder wiederholen lässt. Jigsaw macht einfach weiter wie gehabt. Damit das nicht allzu offenbar wird, erhöht man hinter der Kamera den Einsatz: Mehr Opfer als im ersten Teil kommen auf noch perfidere Arten ums Leben. Die Kulisse wird erweitert; aus dem Kammerspiel wird ein „Big-Brother"-Szenario. Das Beklemmende, der Ausschluss der Restwelt, entfällt. Jigsaw tritt an die Öffentlichkeit. Er bleibt der teuflisch geschickte Manipulator, aber Detective Matthews trifft leider den Punkt mit seinen Vorwürfen, Jigsaw verbräme seinen angeblichen Masterplan mit denselben pathetischen Schwätzereien wie jeder andere „geniale" Irre. Hätte Kramer bloß den Mund gehalten! Er degeneriert zum Allerwelts-Irren in einem konventionellen Grusler, wie ihn sich so mancher Drehbuchautor alljährlich aus dem Hirn wringt.
Allerdings musste Drehbuchautor und Regisseur Bouseman wohl oder übel den Schleier des Jigsaw-Geheimnisses lüften. Wie sonst hätte er wenigstens ein wenig frischen Wind in die Handlung bringen sollen? Das Risiko wird ihm bewusst gewesen sein: Fans sind kritische Menschen, die vor allem wissen, was ihnen nicht gefällt. Um Jigsaw ist ein Filmkult entstanden, der ein Franchise ermöglichte, welches von der Produktionsfirma sorgsam gehütet wird. Tatsächlich gerät der einzige echte Bruch in der bekannten Storyline zum lästigen Störfall: Die Auflösung ist ein fauler Trick, der empört, weil hier allzu offensichtlich aus dem Hut gezaubert wird. Zur filigranen Umsicht, mit der Jigsaw ansonsten seine Tücken inszeniert, passt es jedenfalls ganz und gar nicht und vollendet die leise Enttäuschung, die den Zuschauer längst befallen hat.
Horrorfilme oder gar Slasher haben noch keine schauspielerische Leistung erbracht, die durch einen „Oscar" belohnt wurde. In diesem Genre werden andere Anforderungen gestellt. Die Darsteller müssen fit sein und durch Dreck und Kunstblut waten. Die Fähigkeit zu lautem Geschrei ist von zusätzlichem Nutzen.
Auch "Saw II" ist kein Meilenstein der Schauspielkunst. Die Rollen sind weder darauf zugeschnitten noch wurden sie entsprechend besetzt. Wenn jemand gefordert wird, dann ist es natürlich vor allem Tobin Bell, der den Jigsaw mimt. Er hält sich gut, auch wenn ihm das Drehbuch manchen Knüppel zwischen die Beine wirft und viel von seinem Nimbus nimmt. Wenigstens steht ihm mit Donnie Wahlberg als Detective Eric Matthews ein durchaus ebenbürtiger Darsteller gegenüber. Das ist wichtig, denn Wahlberg muss quasi den Horror widerspiegeln, der ihn – und die Zuschauer – aus dem Horrorhaus per Videoeinspeisung erreicht. Auch im Duell mit Jigsaw hält Wahlberg alias Matthews wacker mit.
Derweil wird in Jigsaws mörderischem Labor vor allem gerannt, gerauft und gestorben. Wie im unseligen "Halloween 8" begehen die Gefangenen in der Krise jeden möglichen, leider auch jeden unmöglichen Fehler. Mit Blindheit werden sie seitens des Drehbuchs auch deshalb geschlagen, um gewaltige Logiklöcher zu überspielen. Nie wird die Ausbruchssicherheit des Hauses wirklich getestet. Wieso sichert Obi nicht die Tür des Ofens, in den er klettern will? Warum blickt ein anderes Opfer just in dem Augenblick durch den Türspion, als es den Schlüssel dreht und so die Falle hinter besagtem Spion auslöst? Welchen Sinn soll es haben, dass sich Jigsaws "Lehrling" unter die Todeskandidaten mischt? Nun gut, Logik ist kein Kriterium, an dem ein Horrorfilm gemessen werden sollte. Auch hier bestätigt sich: „Saw II" ist keine Offenbarung, sondern „nur" ein Film – und zwar einer, dessen Drehbuch ganz sicher nicht so sorgfältig wie für den ersten Teil geschrieben wurde!
Shawnee Smith wird ihr unverhofftes Glück sicherlich preisen, das sie nach einer langen Reihe von Auftritten in zweitklassigen Filmen und vergessenen TV-Shows unverhofft zu plötzlicher Prominenz oder zumindest zur Horror-Queen aufsteigen ließ. Wieso dies so ist, bleibt hier unerwähnt, um denen, die "Saw II" noch nicht sahen, den Spaß nicht zu verderben. Auf jeden Fall wird Smith in "Saw III", 2006 bereits abgedreht, sogar noch weiter ins Zentrum des Geschehens rücken. Hoffentlich gelingt es ihr dann endlich deutlich zu machen, was ausgerechnet sie für ihren "Aufstieg" prädestinierte; in "Saw II" agiert sie jedenfalls unauffällig (wozu sie allerdings auch ihre Funktion im Schlussgag zwingt).
Daten
Regie: Darren Lynn Bouseman
Drehbuch: Darren Lynn Bouseman, Leigh Wannell
Kamera: David A. Armstrong
Schnitt: Kevin Greutert
Musik: Charlie Clouser
Darsteller: Tobin Bell (John Kramer/Jigsaw), Donnie Wahlberg (Detective Eric Matthews), Erik Knudsen (Daniel Matthews), Shawnee Smith (Amanda Young), Frankie G. [Francisco Gonzalez] (Xavier), Glenn Plummer (Jonas), Emmanuelle Vaugier (Addison), Beverly Mitchell (Laura), Tim Burd (Obi), Dina Meyer (Kerry), Lyriq Bent (Rigg), Noam Jenkins (Michael), Tony Nappo (Gus), Kelly Jones (Pete) uva.
Anbieter: Kinowelt Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 8. August 2006 (Verleih-DVD) bzw. 8 September 2006 (Kauf-DVD)
Bildformat: Widescreen 16 : 9 (1.78 : 1) anamorph
Audio: Deutsch: (DD 5.1, DD EX 5.1, DTS ES Discrete 6.1), English (DD EX 5.1)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge 93 min.
FSK: keine Jugendfreigabe
DVD-Features
Auch "Saw II" wird - wie heute im Horrorbereich üblich - in mehreren DVD-Versionen veröffentlicht, um möglichst jeden Kunden mit Geld in der Tasche zu erreichen:
- Da gibt es die gekürzte FSK 16-Fassung (zu der nur greifen wird, wer die betont unauffällig gehaltenen Hinweise auf besagte Kürzung übersehen wird ...).
- Schon vorab kursiert eine Leih-DVD (mit der ungekürzten Kinoversion), auf der diese Besprechung basiert.
- Weiterhin angekündigt sind ein "Director´s Cut" sowie für den etwas betuchteren Horrorfreund eine "Limited Collector´s Edition", die mit einer zweiten DVD und diversem Bonusmaterial lockt, das diese Welt nicht unbedingt braucht ...
Die Leih-DVD beschränkt sich auf Audiokommentare von Darren Lynn Bousman, Donnie Wahlberg und Beverly Mitchell, die Featurette "Jigsaws Spiel", Trailer, Teaser und eine Fotogalerie; diese Features ließ Ihr Rezensent ungerührt ungenutzt.
Auch mit Technobabbel in Sachen Bild- und Tonqualität kann ich leider mangels Wissen nicht dienen bzw. muss mich auf das Urteil eines durchschnittlichen Zuschauers beschränken: Das Bild ist scharf, der Ton erreicht auch altersbedingt angestaubte Ohren in vollem Umfang - sicherlich kein fachmännisches Urteil, das indes Zufriedenheit signalisiert.
- Redakteur:
- Michael Drewniok