Six Ways To Sunday
- Regie:
- Adam Bernstein
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Komödie
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Siy Ways To Sunday
1 Review(s)
13.02.2006 | 12:21"Six Ways To Sunday" war einer der großen Hoffnungsträger des Fantasy Film Festivals 1997 und bekam dort großartige Kritiken. Aus unerfindlichen Gründen verschwand der Streifen aber kurze Zeit später wieder im Regal des Regisseurs Adam Bernstein. Mittlerweile sammelten die Hauptdarsteller in anderen Streifen Erfahrung und wurden zunehmend populärer. Norman Reedus zum Beispiel übernahm in "Der blutige Pfad Gottes" und "Blade 2" eine Hauptrolle, wohingegen Adrien Brody in "The Village" überzeugte und still und heimlich einen Oscar einsackte. Im Laufe der Zeit wurde deshalb die Nachfrage nach dem vergessenen Juwel von damals immer größer. Fast zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung feiert "Six Ways To Sunday" nun endlich auch in Deutschland seinen Einstand.
Story:
Youngstown, Ohio: Der recht seltsame Harry (Norman Reedus) ist ein ziemlicher Eigenbrödler, der sich nie so recht von seiner Mutter (Debbie Harry) lösen konnte. Selbst als junger Erwachsener lässt er sich noch von ihr bemuttern, und sie begleitet ihn sogar ins Bett.
Eines Tages wird aber dann ein Keil zwischen die sture Dame und ihren Sohn getrieben. Eine ortsansässige Mafiabande beobachtet nämlich Harrys Talent als Schläger und engagiert den jungen Kerl für einige Jobs. Harrys Zuverlässigkeit hilft ihm dabei, in der Hierarchie des Gangsterklans ziemlich zügig nach oben zu klettern. Er avanciert schnell zum berüchtigten Killer und startet eine Karriere voller Blut und Leichen.
Währenddessen kommt sein anderes Ich namens Madden ins Spiel, das den sonst so friedlichen Harry in ein echtes Psycho-Monster verwandelt. In den ungünstigsten Momenten entwickelt sich der Neu-Mafiosi zu einer brutalen und rücksichtslosen Bestie, vor der er sich selbst fürchtet.
Die Liebe zu seiner Mutter leidet unter Harrys neuem Broterwerb erheblich, aber dennoch ist sie nicht bereit, ihre Besitzansprüche aufzugeben. Im Gegenteil, sie klammert noch stärker, zumal sie fürchtet, dass eine andere Frau in das Leben ihres Sohnes treten könnte. Als er dann auch tatsächlich seine erste Freundin mit nach Hause bringt, dreht sie schließlich richtig auf. Doch nicht nur dieser Zwiespalt macht Harry Sorgen, auch sein neuer 'Job' bringt ihn zunehmend in Bedrängnis, weil er langsam aber sicher moralische Bedenken bekommt...
Meine Meinung:
Die ersten Szenen dieses Films sind schon sehr seltsam: Da sitzt der junge Harry in der Badewanne und lässt sich von seiner Mutter baden - und dies im Alter von geschätzten 20 Jahren. Bereits hier wird klar, dass "Six Ways To Sunday" alles andere als ein normaler Film ist, und diese Gewissheit wird man im Laufe der folgenden anderthalb Stunden auch nicht mehr ablegen können. Einige Sachen sind mir diesbezüglich besonders aufgefallen. Da wäre zunächst einmal der Bruch mit sämtlichen Tabus: Harry schlägt brutal auf den Besitzer eines Nachtclubs ein; im nächsten Moment sieht man eine blutüberströmte Leiche auf einer Toilette; wiederum wenige Momente später laufen dann einige gut bestückte junge Damen durch's Bild, und trotzdem schreit keiner nach Zensur. "Six Ways To Sunday" hat eine Altersfreigabe ab 16 Jahren bekommen, und grob gesehen geht das auch vollkommen in Ordnung. Es ist nämlich so, dass sämtliche Abartigkeiten hier spielerisch unter den Tisch gekehrt werden, obwohl sie in so vielen Szenen präsent sind. Die gesamte Handlung wird von einem äußerst schwarzen Humor begleitet und schließlich auch beherrscht, so dass jegliche Perversitäten irgendwie mit zum abstrakten Erscheinungsbild dieses Films passen.
Die eigentliche Handlung zeichnet sich indes durch ein gehöriges Tempo aus. Harrys Werdegang vollzieht sich eigentlich sogar schon in wenigen Minuten, und erst später zeichnet sich die über allem schwebende Dramaturgie in ihrer vollständigen Form ab. Irgendwann steht Harry nämlich im Zwiespalt zwischen mütterlicher Überfürsorge, seiner eigenen Liebe, dem Kampf gegen seine multiple Persönlichkeit und den Anforderungen seines Klans. Im Grunde genommen kann der behütete Junge keinem davon mehr gerecht werden - wie auch, wenn er abgesehen vom Zusammenschlagen anderer Leute nie selbständig gehandelt hat?
Diese verzwickte Lage wurde von Regisseur Adam Bernstein sehr schön eingefangen und gleichzeitig in eine total verrückte Geschichte eingearbeitet, bei der am Ende nichts mehr normal erscheint. Harrys Karriere vom charmanten lieben Jungen zum Profikiller ist da nur der Anfang, der folgende Inzest hingegen schon das Endstadium einer von verschiedenen, seltsam anmutenden Nebensträngen zusammengehaltenen Rahmenhandlung, bei der das Wort Kult trotz allem seine Berechtigung hat.
Bernstein vereint in diesem Streifen Elemente von "Pulp Fiction" mit Facetten des schonungslosen britischen Thrillers und würzt das Ganze mit einer gehörigen Prise eigenwilligen Humors. Trotz aller Brutalität und der von Anfang an betriebenen Enttabuisierung bleibt die Geschichte somit irgendwie sympathisch und der Streifen im gleichen Maße sehr sehenswert.
In Sachen Bild und Ton wird der Film ebenfalls sämtlichen qualitativen Ansprüchen gerecht. Das Bild hat eine recht düstere Ausstrahlung, verliert deswegen aber nicht an Schärfe. Dazu glänzt es gerade in den Action-Szenen duch tolle Kontraste. Der Sound ist nicht minder überzeugend und begeistert mit einer prima Dynamik und einem feinen Raumklang. Keine Defizite also in diesem Bereich. Zu kritisieren ist lediglich der Mangel an Bonusmaterial. Bis auf den üblichen Original-Trailer verfügt die DVD von I-On New Media über keine Extras.
Fazit:
"Six Ways To Sunday" ist ganz bestimmt kein Film, den man sich mal eben zwischendurch ansehen kann, dafür sind Teile der Handlung einfach zu abgefahren. Außerdem steigt der Regisseur auch viel zu schnell ins Geschehen ein, als dass man sich mit diesem Film nur berieseln lassen könnte. Allerdings hat Bernstein hier eine echt geniale Geschichte inszeniert, die Kult-Streifen wie "Der blutige Pfad Gottes" und "Pulp Fiction" in nichts nachsteht. Verrückt, krank und genial! Wie gesagt, kein Film für ein paar nette Stunden, dafür aber bester Stoff für die Freaks da draußen.
- Redakteur:
- Björn Backes