Sword Of Doom
- Regie:
- Kihachi Okamoto
- Jahr:
- 1966
- Genre:
- Drama
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Dai-Bosatsu Tôge
1 Review(s)
07.05.2006 | 23:00Die Firma Rapid Eye Movies hat sich dazu entschlossen, eine neue Serie unter dem Motto "Nippon Classics" aufzulegen, die Freunden japanischer Filmkunst die eine oder andere Freudenträne in die Augen treiben dürfte. Dabei widmet man sich diversen Klassikern des japanischen Films, zu denen unter anderem auch vorliegender Kultstreifen des Regisseurs Kihachi Okamoto aus dem Jahre 1966 gehört, der im Original mit dem weniger reißerischen, dafür aber deutlich tiefgründigeren Titel "Dai-Bosatsu Tôge" ("Der Pass des Großen Boddhisattvas") ausgestattet ist und für den Zuschauer, der weder mit der japanischen Geschichte vertraut ist, noch die Literaturvorlage von Nakazato Kaizan (in Japan ein Klassiker) kennt, durchaus einige Fragezeichen hinterlässt.
Doch eins nach dem anderen: Die Geschichte spielt im Japan des 19. Jahrhunderts, gegen Ende des Shogunats, der Zeit der marodierenden Samurai. Ryunosuke Tsukue (Tatsuya Nakadai) ist ein Mann des Schwertes. Für ihn zählt nur das Schwert und die Kunst es zu führen, die er weit besser beherrscht als jeder andere. So tötet er scheinbar wahllos jeden, der sich ihm zum falschen Zeitpunkt in den Weg stellt. Dabei lässt der Film offen, ob Ryunosuke aus Bösartigkeit tötet oder er vielmehr töten muss, ohne dies zu wollen. Hier kommen buddhistische Hintergründe ins Spiel. Erwägungen der Lehre vom Karma dürften ebenso eine Rolle spielen, wie die Tatsache, dass viele seiner Opfer ihn entweder direkt angreifen oder eben auf irgend eine Art um den Tod bitten.
Im Vorfeld eines Schaukampfes einer großen Kampfschule bittet ihn Ohama (Michiyo Aratama), die Ehefrau seines auserkorenen Gegners Bunnojo Utsuki (Ichirô Nakaya), ihren Ehemann gewinnen zu lassen, um dessen Ansehen zu retten. Ryunosuke verlangt dafür von Ohama, dass sie sich ihm hingebe, was diese widerwillig tut. Bunnojo erfährt dies, verstößt Ohama am Tage vor dem Wettstreit und sinnt auf Rache. Als er beim Kampf schließlich ungestüm versucht, Ryunosuke zu töten, streckt ihn jener mit einem blitzschnellen Streich nieder, den selbst der Kampfrichter nicht gesehen hat. Von nun an beginnt die "Flucht" Ryunosukes vor der Rache Hyoma Utsukis, des Bruders des Getöteten (Yuzo Kayama). Jener begibt sich in die Schule des ehrenwerten Schwertmeisters Toranosuke Shimada (Toshirô Mifune), um für das Duell gegen den gefürchteten Gegner gewappnet zu sein. Obwohl Ryunosuke im Kampf nahezu unbesiegbar scheint, scheut er sich vor der Konfrontation und versucht, seinem Schicksal zu entgehen. Doch immer wieder holt ihn sein Karma ein und er ist gezwungen, zu töten.
Teilweise in der Manier des "Film Noir" zeichnet Regisseur Okamoto ein tiefgründiges und teilweise verstörendes Charakterportrait des Protagonisten, mit einem als scheinbar gefühlskalter, aber doch hintergründig zerrissener Antiheld glänzenden Tatsuya Nakadai. Optisch sehr kunstvoll in Szene gesetzt, spiegelt der Film in gewisser Weise auch die Krise im japanischen Selbstverständnis nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg wieder: Die Unsicherheit hinsichtlich der Werte und Moralkodizes des alten Japan. Der Widerstreit zwischen Rache, Ehre, Gehorsam und dem Gewissen, welches im Endeffekt von einem - wie üblich - hervorragenden Toshirô Mifune in seiner eher kurzen, aber dafür umso gewichtigeren Nebenrolle verkörpert wird. Der Film findet die perfekte Balance zwischen Härte und Ästhetik, verzichtet auf übermäßig schnelle Schnitte und geizt nicht mit Momenten der Ruhe, so dass sich ein Tiefgang entwickeln kann, der den meisten heutigen Filmen des Genres abgeht.
Im Endeffekt ist "Dai-Bosatsu Tôge" ein rundum großartiger Film, der mit überragenden schauspielerischen Leistungen, filmischer Klasse und fesselnder Dramatik glänzt, aber eben für den durchschnittlichen europäischen Filmliebhaber viele Fragen unbeantwortet lässt und mit einem verstörend offenen Ende überrascht. Das führt fast zwangsläufig dazu, dass man sich nach dem Filmgenuss im Internet nach Sekundärliteratur umschauen wird, um Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Doch all dies ändert nichts daran, dass wir es hier mit einem ergreifenden Klassiker zu tun haben, der keinen Anhänger des Samurai-Genres enttäuschen sollte.
Technische Daten:
Laufzeit: 119 Minuten
Sprachen: Japanisch mit optionalen deutschen Untertiteln
RC2 / PAL
FSK 16
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle