Totentanz der Vampire
- Regie:
- Peter Duffell
- Jahr:
- 1970
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- The House that dripped Blood
1 Review(s)
17.04.2005 | 08:13Der Episodenfilm "Totentanz der Vampire" des englischen Horrorfilm-Studios Amicus entstand im Zuge des Erfolgs von "Die Todeskarten des Dr. Schreck". Die kurzweilige Horror-Anthologie aus der Feder von "Psycho"-Autor Robert Bloch bietet ein Wiedersehen mit zahlreichen Veteranen des englischen Horrorfilms: Allen voran "Dracula" und "Saruman" Christopher Lee, daneben sein Vampirjäger "Van Helsing" Peter Cushing.
Filminfos
O-Titel: The House that dripped Blood (GB 1971)
DVD: 31.03.2005, Koch Media DVM 000067D
FSK: ab 16
Länge: 98 Min.
Regisseur: Peter Duffell
Drehbuch: Robert Bloch
Musik: Michael Dress
Darsteller: Christopher Lee, Peter Cushing, Denholm Elliott u. a.
Handlung
Inspektor Holloway ist mit den Ermittlungen im Fall des verschwundenen Horrorfilmdarstellers Paul Henderson betraut und befragt vor allem den relativ unbescholten wirkenden Vermieter A. J. Stoker. Von Stoker hatte Henderson jenes den Originaltitel gebende Haus gemietet, das durch mehrere ungeklärte Todesfälle inzwischen zu trauriger Berühmtheit gelangt ist. Aber Stoker beteuert, er habe Henderson vor dem Haus gewarnt.
Denn es hatte ja schon drei unheimliche Fälle gegeben. Offenbar liegt ein Fluch auf dem Haus.
Fall Nr. 1: "Method for Murder"
Vor zwei Jahren zog der Horrorschriftsteller Charles Hillyer (D. Elliott) mit seiner Frau Alice (Nyree Dawn Porter) in das viktorianisch eingerichtete Haus. In der Bibliothek, in der er entzückt alle seine Lieblingsautoren vorfindet, richtet er sein Arbeitszimmer ein. Auf dem Schreibtisch thront neben der Schreibmaschine ein aufklappbarer Totenkopf, der als Aschenbecher vorzügliche Dienste leistet.
Hillyers Spezialgebiet ist Mord. Er erklärt Alice, er habe Dominic erfunden, einen dem Irrenhaus entsprungenen Mörder, der seine Opfer vorzugsweise erwürgt. Er ist fast fertig mit seinem neuen Buch, als er anfängt, überall Dominic zu erblicken und dessen höhnisches Lachen zu hören. Die praktisch denkende Alice schickt ihn zum Arzt. Dr. Andrews hält Dominic für eine bislang unterdrückte Seite der Persönlichkeit von Hillyer, sozusagen eine Figur für einen Schauspieler.
Wird Hillyer schizophren? Ein mysteriöser Zwischenfall erschüttert Hillyer bis ins Mark. Er hat sich gerade gemütlich zurückgelehnt, als Alice in der Küche aufschreit. Als er herbeieilt, erzählt sie ihm, er habe sie schrecklich gewürgt! Schleunigst begibt er sich zu Dr. Andrews, doch auch dort sucht ihn der Schrecken heim: Dominic taucht leibhaftig auf ...
Fall Nr. 2: Waxwork
Nach dem vorzeitigen Ableben der beiden (!) Vormieter, erzählt A. J. Stoker, zog er der pensionierte Immobilienmakler Philip Grayson (P. Cushing) ein. Er erweist sich als recht kunstsinniger Zeitgenosse, der eine Vorliebe für klassische Musik und das Theater hat. Auf einem seiner Memorabilien, einem Foto, ist das Gesicht einer schönen Frau zu sehen - eine frühere Geliebte? Ihr Blick hypnotisiert den Betrachter.
Bei seinen Spaziergänger stößt Grayson auf das Wachsfigurenmuseum in der Stadt. Zu seinem Schrecken besteht das Herzstück der gruseligen Sammlung aus dem Kopf einer "Salome"-Figur, die seiner Geliebten zum Verwechseln ähnlich sieht. Als Salome, Tochter des Herodes von Judäa, trägt sie natürlich das abgeschlagene Haupt von Johannes dem Täufer auf einem Silbertablett vor sich.
Der Besitzer des Horrormuseums behauptet, das Modell sei seine eigene Frau gewesen. In Pilips schweren Träumen verschmelzen die ausgestellte Salome und seine frühere Geliebte miteinander. Allerdings trägt diesmal Salome einen Totenkopf ...
Seine alter Freund Neville kommt zu Besuch, der sofort das zerrissene Foto jener schönen Frau entdeckt, die auch er einst geliebt hatte. Beide wollten sie sie erobern, doch inzwischen ist sie tot, berichtet Neville. Als er ebenfalls - gegen Philips Willen - das Horrormuseum besucht, verblüfft und verzaubert ihn Salomes Kopf ebenso.
Am nächsten Morgen kommt Philip etwas mit Neville spanisch vor und er folgt ihm nach seiner Abreise in die Stadt, wo er auch prompt dessen Wagen vor dem Horrormuseum vorfindet. Als er das Wachsfigurenkabinett betritt, enthüllt sich ihm eine Szene des Grauens, denn diesmal zeigt der Besitzer sein wahres Gesicht...
Fall Nr. 3: Sweets to the Sweet
Inspektor Holloway ist nicht beeindruckt, doch A. J. Stoker weiß auch über den nächsten Mieter Horribles zu berichten. "Dieser Mann hatte Angst - vor sich selbst und ... vor seiner Tochter ..."
John Reed (Chr. Lee) ist ein nüchterner und kaltherziger Geschäftsmann, der den Mietvertrag in Nullkommanichts unterschrieben hat. Seine Frau ist schon länger tot, wie es scheint, und nur seine etwa neun- bis zehnjährige Tochter Jane leistet ihm Gesellschaft. Da er aber etwas gegen Internate hat, stellt er ein Kindermädchen an: Anne Norton.
Die aufgeweckte und warmherzige Mrs. Norton, eine etwa 30-jährige Witwe, entdeckt schnell, dass die kleine Jane erhebliche Angst vor Feuer hat, nicht mit anderen Kindern in Kontakt kommt und keinerlei Spielzeug besitzt. Warum nur? Nachdem sie Jane die Angst vor dem Feuer genommen hat, kauft sie ihr Spielzeug, darunter eine hübsche Puppe. Als Reed das sieht, wirft er die Puppe ins Feuer. Anne ist schockiert.
Doch eine Bemerkung Reeds macht uns stutzig. Was war Janes Mutter wirklich? In der Bibliothek findet Jane den Band eines Lexikons, den Anne später findet: Der aufgeschlagene Artikel befasst sich mit - Hexerei. Nun wird uns auch klar, was Jane mit den Bartresten aus Papis Rasierapparat und den Kerzen, die er vermisst, vorhat. Fehlen noch die Nadeln ... Bei einem geschäftlichen Termin krümmt sich Reed plötzlich vor rasenden Schmerzen. Jane übt noch ...
Fall Nr. 4: The Cloak
Kommen wir endlich zum verschwundenen Paul Henderson, fordert Inspektor Holloway, und A. J. Stoker beeilt sich, ihm dessen Story zu verklickern.
Obwohl Stoker auch ihn gewarnt hat, zieht Henderson (John "Dr. Who" Pertwee) mit seiner jungen Frau Carla (Ingrid "Comtesse des Grauens" Pitt) in das berüchtigte Haus, um während der Dreharbeiten an seinem neuesten Horrorstreifen darin zu nächtigen. Carla spielt auch mit. Henderson soll eine Art Graf Dracula spielen, doch das Budget des Streifens lässt nur ärmliche Imitationen an Kostümen und Bauten zu. Der Regisseur, ein richtiger Grünschnabel, redet sich in einem österreichischen Akzent heraus, dass sich einem die Zehennägel aufrollen.
Empört begibt sich Henderson in die Stadt, wo ihm ein alter Laden auffällt. Der Besitzer ist ein gewisser Theo von Hartmann, der doch tatsächlich über einen stilechten Dracula-Umhang verfügt, den er ihm für schlappe 13 Shilling überlässt. Anderntags liest Henderson, der Laden sei abgebrannt. Und deshalb kann er sich auch nicht über die seltsamen Eigenschaften des Umhangs beschweren.
Die arme Carla ist ebenso überrascht vom plötzlichen Beißzwang ihres Filmpartners, der sich unvermittelt und - zum Entzücken des Regisseurs - auf sehr realistische Weise über ihre graziöse Kehle hermacht. Doch das ist nur die geringste der wundersamen Eigenschaften des Umhangs.
Als sich Inspektor Holloway in das Innere des Hauses begibt, weiß er, wo er zu suchen hat: Erst im Keller und dann, hinter einer verriegelten Pforte, in der Gruft ...
Die DVD
Technische Infos:
Bildformate: 1,77:1 (16:9), Digitally Remastered
Tonformate: DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:
- Deutsche Kino- und Video-Tonfassungen von 1972 und 1983
- Regiekommentar
- Bildergalerie
- 4-seitiges Booklet
- Schuber
Mein Eindruck
Nach "Die Todeskarten des Dr. Schreck" (Dr. Terror's House of Horrors, 1964) und "Der Foltergarten des Dr. Diablo" (Torture Garden, 1966) war "Totentanz der Vampire" (1970) der dritte in der bewährten Reihe von Horror-Anthologien der britischen Amicus Studios. Nachdem er sich mit der erfolgreichen, wenn auch äußerst abstrusen Amicus/AIP-Co-Produktion des Vorjahrs, "Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse" (Scream and scream again), nicht so recht anfreunden konnte, entschied sich Amicus-Chef Milton Subotsky, zum Schema des Episodenfilms zurückzukehren. Als Weltvertrieb gewann er Cinerama - unter der Bedingung, dass die bewährten Genre-Darsteller Christopher Lee, Peter Cushing und Ingrid Pitt mit an Bord seien.
Als Regisseur fungierte bei den am 29. Juni 1970 begonnenen Dreharbeiten Peter Duffell, ein TV-erprobter Veteran von ITC-Fernsehserien wie "Mit Schirm, Charme und Melone" (The Avengers) und "Der Mann mit dem Koffer" (Man in a Suitcase). "Psycho"-Autor Robert Bloch schrieb diesmal vier Geschichten (statt früher fünf) und eine Rahmenhandlung, welche sich in der vierten Geschichte auflöst. Der Film sollte nach Duffells Vorstellung den Titel "Death and the Maiden" (sehr barock: "Der Tod und die Jungfrau") tragen, doch Subotsky setzte sich durch und nannte den Streifen "The House that dripped Blood" - obwohl im ganzen Film kein einziger Tropfen Blut zu sehen ist.
Für die Rolle des Henderson wollte Subotsky eigentlich Superstar Vincent Price gewinnen, doch der Plan scheiterte, weil Price zu der Zeit gerade einen Exklusivvertrag mit AIP hatte. Obwohl der Film die besten Kritiken aller Amicus-Episodenfilme erhielt, waren die Einspielergebnisse eher enttäuschend, als er im Februar 1971 in Englands Kinos gezeigt wurde. Deutschland-Start war am 23. Juni 1972 im Verleih der Cinerama, und sogar der Katholische Filmdienst zeigte sich beeindruckt: "Für Kenner des Genres ein reizvoller Horrorfilm, sorgfältig und bedingt spannend inszeniert, in einer Vampir-Episode eher amüsant als erschreckend." Ganz recht!
Ganz besonders reizvoll ist es für den Zuschauer, der diesen ausgezeichnet gemachten und angenehm anzusehenden Film mehrmals genießt, sich seinen Reim auf die unterbewusst wirkenden Kräfte zu machen, die hier zu walten scheinen. Allerdings erweisen sich die symbolisch verschlüsselten Ereignisse - besonders deutlich in "Waxworks" - allesamt schließlich als Machenschaften von Akteuren, die ein eindeutiges Ziel verfolgen. Während dieses Ziel in "Waxworks" sehr diffus erkennbar ist - warum rächt sich der Gatte von "Salome" an den zwei Ex-Verehrern einer Schauspielerin? -, sind die Ziele von Alice in Episode 1 und Jane in Episode 3 klar: Sie wollen sich Mann oder Vater vom Hals schaffen. Und die Erkenntnis wird dem Zuschauer mit sehr ironischen Untertönen beigebracht.
Auffällig: In drei von vier Episoden triumphieren die weiblichen Figuren, und in Episode 2 (Waxworks) zieht die weibliche Figur die Männer in den Bannkreis des Verderbens. Dies widerlegt das Vorurteil, Horrorfilme seien nur von Männern dominiert. Im Gegenteil: Sie stellen die optimalen Opfer dar.
Episode 4, der Abschluss der Rahmenhandlung, ist geradezu eine Parodie auf die Accessoires von Figuren wie Graf Dracula. Henderson spielt sogar einmal auf jenen "Emporkömmling, der jetzt Dracula spielen darf", an - gemeint ist Christopher Lee, der Star von Episode 3. Dass es sich auch als Untoter standesgemäß leben lässt, muss zu seinem Leidwesen auch Inspektor Holloway entdecken.
Die DVD
Auf der Koch-Media-DVD mit ihrer digital wiederaufbereiteten Fassung hat der Zuschauer die Wahlmöglichkeit zwischen zwei deutschen Synchronfassungen. Voreingestellt ist die alte von 1972, die es erstmals wieder zu hören gibt. Die Darsteller sind mit den bekannt kernigen Stimmen zu hören, wie man sie von Lee, Cushing & Co. gewohnt ist. In manchen Szenen, die gekürzt worden waren, ist hier der englische Ton zu hören.
Doch entscheidet man sich für die Fassung von 1983, fallem einem fast die Ohren ab: Christopher Lee wird von einem völlig fehlbesetzten Christian Brückner vertreten, der Synchronstimme von Robert de Niro. Und Sportreporter Addi Furrler spricht in dieser Fassung Peter Cushing. Vielleicht meinte jemand, im Horrormuseum würde ein Fußballmatch mit abgeschlagenen Köpfen ausgetragen ... Wer weder die eine noch die andere deutsche Fassung erträgt, greift auf die englische zurück.
Das Bild ist zu 99 Prozent fehlerfrei, doch ab und zu machen sich Artefakte störend bemerkbar - wenn man genau hinsieht. Die stimmungsvolle Musik von Michael Dress erklingt wieder in alter Pracht, denn die Rekonstruktion der Tonspur ist hervorragend gelungen. Schade, dass noch kein DD-5.1-Ton verfügbar ist, denn die Schläge der Axt des Waxworks-Besitzers hätte ich schon gerne dreidimensional gehört.
Die Extras
Das vierseitige Booklet wartet mit vierfarbigen Fotos von Filmszenen auf, und auf der Rückseite prangt eine Reproduktion des originalen Filmposters, komplett mit Original-Druckfehler: "Robert Block". Weitere sechzehn Bilder liefert die Bildergalerie, der Regiekommentar Peter Duffells klärt den Zuschauer über Filmentstehung, Dreharbeiten und Erfolg des Streifens auf. Diese Infos sind auch im informativen Beitrag von Uwe Huber zusammengefasst, auf den ich mich in meinen obigen Ausführungen gestützt habe. Einen Trailer habe ich vergeblich gesucht, aber das kann man gerne verschmerzen.
Unterm Strich
Peter "Van Helsing" Cushing, Christopher "Dracula" Lee, John "Dr. Who" Pertwee, Denholm (aus "Indiana Jones 3") Elliott und Ingrid "Comtesse des Grauens" Pitt - hier sind bewährte Veteranen des britischen Horrokinos versammelt, die allesamt etwas auf dem Kasten haben.
Da Robert Bloch die vier Episoden geschrieben hat, kann man sich nicht über mangelnde Qualität beschweren. Ironischer Humor der schwärzesten Sorte hinterlässt bestimmt keinen sauren Nachgeschmack, sondern pures Vergnügen. Die vierte Episode tendiert sogar dazu, die Klischees des Vampirfilms zu persiflieren - recht erheiternd.
Die deutsche DVD wartet mit exzellentem Ton und gutem Bild auf, vor allem aber mit der Original-Synchro von 1972 statt mit der verhunzten von 1983 (die ebenfalls anwählbar ist). Die Aufmachung lässt keine Wünsche offen, so dass sich das Gesamtprodukt für die Sammlung jedes ernsthaften Horrorfilm-Freundes empfiehlt.
- Redakteur:
- Michael Matzer