Untote wie wir - Man ist so tot, wie man sich fühlt (DVD)
- Regie:
- Prior, D. Kerry
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Revenant
1 Review(s)
08.01.2012 | 15:49Dirty Harry kehrt untot zurück
Nachdem US-Soldat Bart Gregory in einem Hinterhalt getötet wurde, hat er zwei Probleme: Erstens ist er ein Zombie und zweitens braucht er Blut - viel Blut - oder er fängt an zu verwesen. Der Einzige, den Bart um Hilfe bitten kann, ist sein bester Freund Joey, und es dauert nicht lange, bis sie eine Quelle gefunden haben, die nicht so schnell versiegen wird ...
Überzeugt davon, dass niemand Drogendealer und Mörder vermissen wird, die in Los Angeles ihr Unwesen treiben, nehmen die Freunde das Gesetz in die eigene Hand und räumen in den Straßen auf. Aus den schlimmsten Verbrechern werden Snacks für Bart. Hier scheint es nur Gewinner zu geben. Aber natürlich gibt es einen Haken ... (erweiterte Verleihinfo)
Handlung
Unweit Basra im Irak gerät Barts Patrouille in einen Hinterhalt, der für Bart wegen seiner Blödheit - er steigt gegen jede Vorschrift aus - tödlich endet. Sein Sarg landet in der Heimat, wo seine Familie und seine Freunde von ihm Abschied nehmen. Dabei findet Joey, Barts bester Freund, Gelegenheit, Janet heftig abzuknutschen. Leider verhindert eine Panne, dass der Grabstein auf seinem Grab landet. Und so kann er wieder fröhlich dem Sarg entsteigen, leicht desorientiert und irritiert zwar, aber immerhin in voller Uniform.
Bei Joey wird sein übler Zustand offenbar, als er schwarzes Zeug über die Pizza erbricht. Etwas fehlt Bart. In der Notaufnahme des Krankenhauses wird beiden klar, dass Bart ein Imageproblem hat. Der T-Schnitt auf seiner Brust wirkt eben nicht gerade vertrauenerweckend. Mathilda, Janets beste Freundin, kennt sich mit dem Übernatürlichen aus. Ist Bart ein Vampir oder ein Zombie? Alle bekannten Definitionen treffen nicht zu, also was bleibt noch übrig? Ein Wiedergänger.
Nach einem Überfall auf die Blutbank des Krankenhauses fühlt sich Bart fantastisch. Sie beschließen, in L. A. Leute zu suchen, die für sie arbeiten wollen. Nicht mal die Penner wollen arbeiten. Na, so was! Vor einem Spirituosenladen werden sie überfallen. Gut, dass Bart einen Schuss oder zwei vertragen kann! Joey haut dem Banditen auf die Rübe - Bart hat die erste frische Mahlzeit. Die Leiche entsorgen sie im Stausee (was sich später böse rächen wird).
Dieser glorreiche Erfolg bringt die beiden auf eine gute Idee: Auch im nächsten Alk-Laden tun sie eine gute Tat und machen den Räuber fertig. Während sie die Stadt à la Dirty Harry von Gesindel säubern, wendet sich der Ladenbesitzer ans Fernsehen. Durch die Reportage werden die beiden zu Helden und stadtbekannt: die "Revolverrächer". Das findet die Polizei nicht witzig, Janet und Mathilda aber interessant. Mathilda macht sich an die Verfolgung. Das hätte sie besser lassen sollen.
Mein Eindruck
Der Tod ist ja auch nicht mehr das, was er mal war. Das ist ein alter Hut. Inzwischen machen die Untoten landauf landab einen drauf, sei es in der Literatur, im Kino oder in Games. Nach fast 50 Jahren seit Romeros "Nacht der lebenden Toten" zeigt das Genre sogar schon erste Verfallserscheinungen, wozu nicht zuletzt diese Parodie ein beredtes Zeugnis ablegt.
Wo Dirty Harry heute ausgelacht würde, weil es keine glaubwürdigen Helden mehr gibt, da besinnt man sich jetzt auf die Untoten - die haben wenigstens nix mehr zu verlieren. Und als potenzieller Gouverneur von Kalifornien geben sie eine denkbar schlechte Figur ab, da sie ein Imageproblem haben (von den leeren Augen mal ganz abgesehen). Aber sie können noch gute Taten begehen, als wären sie Pfadfinder.
Durch die ihnen nun zugeflossene Glaubhaftigkeit können sich Wiedergänger wie Ex-Soldat Bart, der an einem schweren post-traumatischen Stress-Syndrom leidet (nämlich dem Untod), mit ernsten Themen befassen. Eines davon ist Rassismus. Im Alk-Laden, der von einem Schwarzen überfallen wird, werden rassistische Argumente ausgetauscht, wie es schon lange nicht mehr zu sehen war. Zwar muss der Schwarze dran glauben, während die Weißen triumphieren, doch er hat es verdient: Seine Wumme war viel zu groß.
Ein weiteres Thema ist das allgegenwärtige Verbrechen in L.A. Die Freundschaft zwischen Joey und Bart übersteht sogar diese Herausforderung, nicht zuletzt dadurch, dass Bart Joey ebenfalls zu einem Untoten macht - das erhöht die Überlebensquote schlagartig. Leider rächen sich Fehler, und so landen die beiden in den Händen der Rächer. Bart erhält Joeys Kopf in einem Karton.
Zum Glück ist der Kopf, weil untot, noch sprechfähig - Bart braucht nur einen Vibrator dran zu halten, und der Kehlkopf erfüllt wieder seine Funktion. Das erinnert uns an jene wunderliche Szene, in der Lt. Ellen Ripley an Bord der "Nostromo" den Kopf abgerissenen des demolierten Androiden befragt, indem sie ihm Stromstöße versetzt. Sie will herausfinden, wie man das Alien an Bord töten kann. Die Antwort fällt enttäuschend aus. Nicht so bei Joey: Er versichert Bart seiner Liebe - und bittet um einen gnädigen Exitus. Der erweist sich als schwieriger als erwartet.
Was auch für den Selbstmord unter Untoten gilt: Sie sind einfach nicht, äh, totzukriegen. Nur das Sonnenlicht vermag sie zu lähmen. Aber sein Land findet für Bart noch eine allerletzte Verwendung. Diesmal landet er ein paar Kilometer weiter im Iran - zusammen mit Hunderten weiterer Untoter. Das sollte den Ayatollahs eine harte Nuss zu knacken geben.
Satire
Auf seine schräge sarkastische Weise entpuppt sich der Film also als bissige Satire auf den Umgang der Vereinigten Staaten mit seinen Soldaten: Erst sind sie Kanonefutter, dann Helden im Sarg, schließlich wieder Kanonenfutter. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass Veteranen mit dem PTS-Syndrom zurückkehren und schon mal austicken, indem sie Amok laufen. Das tun Bart und Joey auch, allerdings als Dirty-Harry Verschnitt. Die zweite Option, die das PTS-Syndrom gewährt, ist der Freitod, doch der ist für einen Untoten auch nicht so einfach.
Die Musik
Wie sarkastisch der Film wirklich ist, zeigt sich auch in der fröhlichen Begleitmusik. Als wir Bart erstmals im Sarg erblicken, erklingt ein flotter Walzer, als würde der Tanz erst losgehen. Der Kaiserwalzer erklingt astrein, als die beiden untoten Buddys durch Hollywood patrouillieren und über das Verbrechen triumphieren. Getragene und dramatische Cello-Streicher ertönen, als sie den Verbrechern ins Netz gehen.
Richtig tragisch wird es erst, als es Bart misslingt zu sterben. Eine Opern-Arie begleitet den Moment, als er Janets Liebeserklärung in seiner ramponierten Uniform findet. Merke: Nur wenn es um Liebe und echte Freundschaft geht, nimmt sich der Film selbst ernst. Der Song im Outro erinnert ein wenig an "Suicide is painless" aus dem MASH-Spielfilm (nicht der Serie).
Mein Eindruck: die DVD
Die Bildqualität ist auf dem besten Stand und eignet sich für die Blu-Ray, die gleichzeitig erscheint. Der Ton ist mit DD 5.1 auf sehr gutem Niveau, was ausgewogene Akustik anbelangt. Nur DTS wäre noch besser - aber auch teurer. Die DVD bietet immerhin Untertitel in vier Sprachen, und das ist mehr, als man von einem TV-Mehrteiler des ZDF behaupten kann.
EXTRAS
1) Unveröffentlichte Szenen (12:27 min)
Hier finden sich einige Szenen, die herausgenommen wurden. Leider bringen die meisten nichts Neues, mit einer Ausnahme: ein Abendessen zwischen dem untoten Bart und seiner Freundin Janet (Louise Griffiths). Leider dient die Szene nur dazu, Janet als Zicke darzustellen und Bart eine Abfuhr zu erteilen. Insgesamt wenig glaubwürdig, dient die Szene nur dazu, Janets lange Abwesenheit zu erklären. Aber dann hätte man ihr erneutes Auftauchen erklären müssen, oder? Also: weglassen!
2) Making-of "Revealing the Revenant" (12:30 min)
Der Werkstattbericht geht inhaltlich wie üblich vor: die Vorstellung der Macher, der Drehorte (Hollywood Boulevard u.a.), die Stunts, die Pannen usw. Einmal ist sogar Mark "Luke Skywalker" Hamill am Set zu sehen, doch seine Aufgabe bleibt im Dunkeln. Der Stil des Making-ofs wird durch den Off-Kommentar ironisch: In dramatisch tiefem Ton einer Detektiv-Doku werden die "Heldentaten" des Teams vor uns ausgebreitet - dies ist eine Reverenz an die aufgesetzte Dramatik der Hammer-Horrorfilme aus den 1950er Jahren ("Dracula" usw.).
3) Audiokommentar: a) Schauspielerkommentare, b) Visual-Effects-Kommentar
Habe ich nicht angehört, da ich von den gleichen Aussagen wie im Making-of ausgehe.
4) Trailershow
a) Battleship (mit Liam Neeson)
b) Tower Heist (mit Ben Stiller, Eddie Murphy, M. Broderick, Alan Alda)
c) Johnny English 2 (mit Rowan "Mr Bean" Atkinson)
d) Jurassic-Park-Trilogie auf Blu-Ray
Unterm Strich
Vier Jahre seines Lebens soll der ehemalige Harvard-Medizinstudent Kerry Prior für diesen Film (lt. Making-of) aufgewendet haben. So was tut man nicht, wenn man nicht von der Grundidee total überzeugt ist. Die abendfüllende Actionkomödie über zwei untote Buddys funktioniert nicht nur mit den Actionszenen, die ihren Höhepunkt auf dem (für 24 Stunden gesperrten) Hollywood Boulevard finden. Flotte Kaiserwalzer wechseln sich mit harter Rockmusik ab.
Lackmustest
Auch die Freundschaft zwischen Joey und Bart ist eine echte, die von Geben und Nehmen, von gegenseitiger Hilfe bestimmt wird. Im Vergleich wirkt Janets Liebe aufgesetzt und gespielt. Kein Wunder also, dass sie beim Versuch, wie Bart zu werden, draufgeht. Sie will ihm zwar folgen, wohin er geht, wie es sich einer Braut geziemt, allein es gebricht ihr an Glaubwürdigkeit - der Un-Tod als Lackmustest für wahre Treue.
Satire
Nicht ohne Grund ist Bart ein Soldat. Sein PTS-Syndrom wird als Untod metaphorisiert, und es kann nicht ausbleiben, dass er, da er sich nicht töten kann, wieder von seinem Land eingesetzt wird: Nur sind Untote jetzt die ultimative Waffe gegen den nächsten Gegner: Iran. Als sarkastische Satire auf diesen Missbrauch menschlicher Schicksale funktioniert "Untote wie wir" am besten.
Auf üble Szenen wie aus "Saw" oder "Hostel" verzichtet der Regisseur, was signalisiert, dass es ihm weniger um die schockierendsten je inszenierten Splatter-Effekte geht, die letzten Endes Selbstzweck sind, sondern um seine Story. Deren Aussage ist durchaus glaubhaft und beachtenswert.
Die DVD
Die Extras bringen keine weiterführenden Informationen, sondern nur mehr vom gleichen. Davon sind die Kommentare natürlich ausgenommen, die von den Schauspielern und VFX-Experten bestritten werden. Sound und Bild sind ausgezeichnet, so dass sie sich auch für die parallel erscheinende Blu-Ray eignen. Erstaunlich ist jedoch die hohe Zahl unterstützter Untertitelsprachen.
Filminfos
O-Titel: The Revenant (USA 2009)
Dt. Vertrieb: Universal
VÖ: 19.01.12
EAN: 5050582882124
FSK: ab 18
Länge: ca. 113 Min.
Regisseur/Drehbuch/Prod.: Kerry Prior
Musik: Wendell Hobbes
Darsteller: Chris Wylde (Joey), David Anders (Bart), Jacy King (Mathilda), Louise Griffiths (Janet), Clint Jung (Marty) u.a.
Bildformate: 2,35:1 (anamorph, Widescreen)
Tonformate: Deutsch in DD 5.1, Englisch in DD 5.1
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Niederländisch
Extras:
- Unveröffentlichte Szenen
- Making-of
- Audiokommentar: a) Schauspielerkommentare, b) Visual-Effects-Kommentar
- Redakteur:
- Michael Matzer