Way Home, The - Wege nach Hause
- Regie:
- Jeong-hyang Lee
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Drama
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Jibeuro
1 Review(s)
12.12.2007 | 07:26Story
Der siebenjährige Sang Woo wird eines Tages von seiner Mutter dazu verdonnert, zwei Monate lang bei seiner Großmutter auf dem Land zu verbringen. Doch als der kleine Junge in die tiefste koreanische Provinz reist, wird ihm erst bewusst, was dies für ihn bedeutet. Er wird in die Obhut einer stummen alten Frau gegeben, die kaum in der Lage ist, für ihn zu sorgen. Sang Woo lehnt seine Großmutter von Beginn an ab und verbringt seine Freizeit mit einem tragbaren Videospiel; als dann jedoch die Batterien des Geräts leer sind, muss er lernen, sich mit dem rückständigen Landleben zu arrangieren.
Sang Woo erkundet die Gegend, lernt ein Mädchen und den verrückten Ochsen kennen. Und während seine Großmutter sich rührselig um den Jungen kümmert, um ihm seinen unplanmäßigen Aufenthalt in ihrer bescheidenen Behausung so angenehm wie möglich zu gestalten, zerbricht von Tag zu Tag ein Stück seiner ablehnenden Haltung – bis er schließlich erkennt, welch toller Mensch ihn da kurzfristig aufgenommen hat ...
Persönlicher Eindruck
Um mein Fazit zu diesem rührseligen Drama gleich vorwegzunehmen, möchte ich gerne die New York Post zitieren, die über "The Way Home" schrieb: "Diesen Film muss man allein wegen der wundervollen Leistung der Hauptdarstellerin gesehen haben, gerade weil sie nie zuvor einen Film gesehen hatte, geschweige denn in einem agierte ...". Es ist wahrhaftig sensationell, auf welch unkonventionelle Art und Weise das Regieteam an dieses Projekt herangegangen ist bzw. mit welch schlichten Mitteln man letztendlich ein wahres Feuerwerk an unverhohlener Sentimentalität kreiert hat.
So überließ man vorab so einiges dem Zufall. Wie das Making-of später rückblickend zeigt, wählte man zunächst den Handlungsort von "The Way Home" aus und fand das entsprechende Setting in einer abgeschiedenen koreanischen Berglandschaft. Frei nach dem Motto 'es muss da draußen doch eine passende Oma geben' begab man sich innerhalb dieser auserkorenen Ortschaft schließlich auf die Suche und fand die kauzige Kim Eul-boon, eine Dame, die noch nie zuvor einen Fernsehfilm angeschaut hatte und dementsprechend einiger Überzeugungsarbeit bedurfte, um sich letzten Endes doch für die Teilnahme zu entscheiden. Doch nicht nur ihr Part wurde auf diese Weise besetzt; auch sämtliche Statistenrollen sind schlussendlich von Einheimischen gespielt worden, was der Authentizität der Handlung auch definitiv zuträglich war.
Und so nahm die Geschichte ihren Lauf: Die Crew wuchs relativ schnell zu einer großen Familie heran und kreierte einen ziemlich einfachen, dennoch aber unheimlich bewegenden Streifen, dessen Vielzahl emotionaler Wendungen auch für manche Träne garantiert. Alleine schon die ersten Szenen, in denen Sang Woo mit seiner stummen, nie zuvor gesehenen Großmutter alleine gelassen wird, gehen unter die Haut. Zunächst einmal ist jedoch die Situation erschreckend: Seine Mutter lässt ihn ohne nennenswerten Grund für zwei Monate zurück und überfordert den verwöhnten Knirps mit diesem radikalen Einschnitt vollkommen. So hat sie schließlich auch einen sehr großen Anteil an Sang Woos Ablehnung seiner Großmutter gegenüber, denn dieser hat bisher nicht nur eine schlechte Erziehung genossen, die in ihm erst diese Respektlosigkeit weckte, sondern auch keine Teilhabe an der Entscheidung genießen dürfen, so dass er von vornherein auf Konfrontationskurs geht.
Sang Woo ist jedoch bestens vorbereitet und schottet sich in den ersten Tagen komplett ab. Er spielt Gameboy, bedient sich an seinem üppigen Lunchpaket und sieht keine Veranlassung, eine nähere Interaktion mit seiner gebrechlichen, stummen Großmutter einzugehen. Erst als seine Vorräte knapp werden und die Langeweile in ihm steigt, ist er gezwungen, einen unverhältnismäßigen Austausch mit ihr zu starten, ohne dabei jedoch seine respektlose Haltung abzulegen. Mit wachsender Dauer erkennt der Junge dann jedoch die vielen kleinen Gesten und den bedingungslosen Einsatz seiner Großmutter, die trotz allem alles für das Wohlbefinden ihres Enkels tut. Mit steigender Akzeptanz sind die Pforten für eine merkwürdige, aber dennoch liebevolle Beziehung geöffnet – und somit auch der Weg für ein liebreizendes, mitreißendes und sentimentales Drama, welches sowohl inhaltlich als auch konzeptionell ein absolutes Novum darstellt.
Die Aufarbeitung der DVD zeigt, welch große Ambitionen hinter der Entwicklung dieses Kleinods standen. Die Bild- und Tonqualität ist erstklassig, das Bonusmaterial dazu sehr umfassend und informativ. Die 16-minütige Dokumentation zum Making-of zeigt die herrliche Atmosphäre am Set, die ungewöhnlichen Bedingungen und Hintergründe sowie die sympathischen Figuren, die diesen Film erst zu emotionalem Leben erweckten. Außerdem gibt es noch einen Trailer zu sehen, der die Handlung jedoch leider schon ziemlich grob zusammenfasst.
Fazit
"The Way Home" ist asiatisches Gefühlskino par excellence, ohne dabei bewusst auf die Tränendrüse zu drücken. Die Geschichte überzeugt durch völlige Authentizität, wunderschön ausgeprägte Charaktere und toll aufgelegte Laienschauspieler, die selbst so manch charismatischem Hollywood-Star in Sachen Erscheinungsbild und Ausstrahlung noch die Show stehlen würden. Man spürt diese Treue gegenüber dem Projekt und die Harmonie, die den Entstehungsprozess des Streifens maßgeblich zeichnete, in jeder Sekunde und lässt sich währenddessen regelrecht von der daraus entstehenden Atmosphäre fesseln. So dicht, so unheimlich schön und doch so traurig – diese rührselige Geschichte hat das Vermögen, ein potenzielles Millionenpublikum zu bewegen. "The Way Home" zeigt nämlich ausnahmslos, warum das Kino in Fernost so oft als magisch bezeichnet wird!
- Redakteur:
- Björn Backes