roten Schuhe, Die
- Regie:
- Michael Powell & Emeric Pressburger
- Jahr:
- 1948
- Genre:
- Musical / Musik
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- The red shoes
1 Review(s)
13.03.2006 | 05:48Leben oder Kunst: der Traum eines Zauberers
Für die junge Victoria Page wird ein Traum wahr: Impresario Lermontov holt sie in seine legendäre Balletttruppe. Mit dem Ballett "Die roten Schuhe" avanciert sie zur gefeierten Primaballerina. Doch wie in Andersens Märchenvorlage endet auch ihre Geschichte tragisch: Hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe zum Komponisten Julian Craster und ihrer Verehrung für den dämonischen Lermontov tanzt sie auf den Abgrund zu … (Vertriebsinfo) "Mit seiner zwanzigminütigen 'Rote-Schuhe'-Sequenz wurde das zweifach mit dem OSCAR prämierte Drama zum Meilenstein des Tanzfilms" (Cinema). Die literarische Vorlage stammt von Hans Christian Andersen und datiert aus dem Jahr 1845.
Filminfos
O-Titel: The red shoes (GB 1948)
Dt. Vertrieb: Eurovideo / Epix
DVD-Erscheinungsdatum: 22.04.2005
FSK: ab 12
Länge: ca. 130 Min.
Regisseur/ Drehbuch/Produktion: Michael Powell & Emeric Pressburger
Musik: Brian Easdale
Darsteller: Moira Shearer (als Victoria Page), Adolf Wohlbrück (der sich selbst in Anton Walbrook umbenannte) (als Boris Lermontov), Marius Goring (als Julian Craster) u. v. a.
Handlung
Die Story ist so einfach wie Andersens Märchen, denn sie spiegelt dessen Handlung wider. – In der Oper entdeckt Musikstudent Julian Craster (Goring) mit Schrecken, dass ihm sein eigener Professor Teile seiner Ideen für das Ballett "Heart of Fire" geklaut hat. Entrüstet begibt er sich zu Impresario Boris Lermontov (Walbrook), um diesen auf den Skandal hinzuweisen. Lermontov ist ungerührt und weist Craster darauf hin, dass es entmutigender sei, Ideen stehlen zu müssen, als bestohlen zu werden. Er stellt Craster als neuen Dirigenten ein, was diesen entschädigt.
Am Abend zuvor hat Lermontov bereits Victoria Page, die Protegé von Gräfin Neston, kennen gelernt und gebeten, in seinem Ensemble mitzutanzen. Doch zunächst ist noch Irina Boronskaja (Ludmilla Tscherina) die Primaballerina des Balletts, das von Grischa Ljubov (Léonide Massine) geleitet wird, und Vicky ist eine ganz kleine Nummer. Das ändert sich jedoch, sobald Lermontov sie im Londoner Mercury Theatre hat tanzen sehen. Als die Boronskaja beim Gastspiel an der Pariser Oper bekannt gibt, dass sie heiraten wird, reagiert er ungewöhnlich ungehalten und wirft sie hinaus. Sein engstirniges Argument: Kunst und Leben soll man nicht vermengen.
Sein Plan sieht vor, dass er Vicky als Primaballerina einstellt und für sie das Ballett "Die roten Schuhe", für das es eine Vorstufe gibt, von Craster musikalisch gestalten lässt. Die Umsetzung des Plans erfolgt in Monte Carlo und gipfelt in einer triumphalen Aufführung dieses und anderer Ballettstücke. Doch während Vicky danach wie eine Schwangere gehätschelt wird, macht sie die Bekanntschaft Crasters.
Die zunächst als Künstler aufeinander treffenden Menschen werden in der gleichen Nacht zu Liebenden, als Lermontov sich Vicky, seinen eigenen Grundsatz brechend, als Mann nähern möchte. Seine Enttäuschung und Eifersucht sind grenzenlos. Umgehend wirft er Craster hinaus. Doch Vicky möchte er nicht aus ihrem Vertrag entlassen. Allerdings wählt sie die Liebe und folgt Craster, um ihn in London, wo seine nächste Oper aufgeführt werden soll, zu heiraten.
Lermontov reaktiviert die Boronskaja wieder. Und als er erfährt, dass bald auch Vicky wieder in Monte Carlo eintreffen soll, schmiedet er einen neuen Plan, wie er sie endgültig an sich binden kann. Doch auch dieser Plan hat unerwartete und diesmal verhängnisvolle Folgen.
Mein Eindruck
Diese Handlung und die der Märchenvorlage haben viele Bedeutungsebenen. Man kann die Realhandlung aus der Märchenhandlung, die der Ballettsequenz zugrunde liegt, erklären. Man muss dabei aber auf modernere Erklärungsmuster zurückgreifen.
~ Das Ballett "Die roten Schuhe" ~
Die junge Tänzerin sieht eines Tages mit ihrem Freund ein Paar wunderschöne rote Ballettschuhe. Diese hat der böse Schumacher in seinem Schaufenster ausgestellt, um ein neues Opfer anzulocken. Die Schuhe haben nämlich einen Zauber: Wer sie anzieht, kann nicht mehr aufhören zu tanzen, selbst wenn er zu Tode erschöpft ist. Es wird nicht erklärt, welchen Lohn der Schuster für seine Untat erhält, aber die Flammen der Hölle, die an einer Stelle lodern, deuten es an …
Die junge Tänzerin springt praktisch aus ihren alten in die neuen roten Schuhe und hört fortan nicht mehr auf zu tanzen. Ihr Weg führt sie über den Jahrmarkt, vor die Tore der Stadt, wo sie mit einem Wesen tanzt, das aus alten Zeitungen besteht (der "Papiertanz"). Weiter geht’s über Berg und Tal, durch eine groteske Unterwelt zurück in die erste Stadt, wo sie am Morgen des Sonntags auf die Kirchgänger stößt, die in die Kirche wollen.
Hier erhebt sich der riesige Schatten des Schusters erneut. Doch der Priester weist die Sünderin ab, die in zerlumptem Kleid um Gnade fleht. Als der Schuster ihr ein Messer gibt, um sich die vermaledeiten Schuhe abzuschneiden, verwandelt es sich in einen nutzlosen Zweig. Nun ist sie sein! Erst als sie stirbt, nimmt der Pfarrer sie in die Arme, löst ihr die Schuhe von den starren Füßen und trägt sie ins Gotteshaus.
Der Schuster aber nimmt die roten Schuhe wieder an sich und stellt sie wieder in sein Schaufenster, bereit für das nächste Opfer, das sich von ihnen verführen lässt.
~ Der Symbolismus des Balletts ~
Andersen hat einen anderen Schluss geschrieben, der viel grausamer und härter ist. Der Tänzerin werden die Füße samt Schuhen abgehackt, und sie muss jahrelang in einem Kloster Buße tun, bevor sie Erlösung von ihrer Todsünde des Stolzes findet. Die Tänzerin im Ballett ist hingegen verdammt: umgeben von Symbolen der Sexualität, in der Männer sich wie Raubtiere verkleidet haben und selbst einfache Kerzenhalter die Form von nackten Frauenleibern haben. Diese Libido-Symbole sind umgeben von Nacht- und Todessymbolen. Das untermauert die moderne psychologische Bedeutung, wonach es sich um verdrängte Sexualität und Schuldgefühle handelt, die durch die roten Schuhe und den wilden Tanz symbolisiert werden. Dass sie am Schluss keinen Einlass in die Kirche findet und dem bösen Schuster (= Satan) anheim fällt, ist die Eigeninterpretation der Macher und weist auf den Schluss des Films voraus.
~ Der Symbolismus der Realhandlung ~
Dies betrifft zunächst nur die Ballettfigur der Tänzerin. Doch wie sieht es mit der Tänzerin selbst aus? An einer Stelle der fulminanten, rund 15 Minuten langen Ballettszene verliert Vicky den Kontakt zur Realität: Sie verliert sich im Tanz, und aus der Figur des bösen Schusters macht ihr Unterbewusstsein zuerst Lermontov und dann Craster – die beiden ihr Leben bestimmenden Männer.
Immer wieder wird Lermontov ein "Zauberer" genannt, und in einer Szene ist er definitiv dämonisch finster. Er ist eindeutig von der Kunst besessen und gibt nichts aufs Leben, doch als Vicky von der Religion der Kunst abfällt, auf die er sie eingeschworen hat, und sich der Liebe zu Craster verschreibt, ist sie für ihn eine Ketzerin und wird – nach einem Rettungsversuch – verstoßen. Der Plan, sie Craster wegzunehmen, muss Vicky zerreißen und in den Abgrund stürzen. Allerdings hat Lermontov das nicht vorausgesehen: Ihm mangelt es an dem nötigen Einfühlungs- und Vorstellungsvermögen.
~ Vorbilder für Lermontov ~
Die Figur des Lermontov haben die beiden Macher Pressburger (Skript) und Powell (Inszenierung) gemäß drei historischen Vorbildern angelegt. Das wichtigste Vorbild ist eindeutig der Ballettschöpfer und Impresario des "Ballet russe" Diaghilew, der von 1909 bis 1929 mit seiner Truppe das Ballett revolutionierte. Stravinsky schrieb für ihn "Le sacre du printemps" (Das Frühlingsopfer). Eine Übereinstimmung ist nicht nur die an Schizophrenie grenzende Hingabe an seine Tanzkunst, sondern auch der Aufenthaltsort ab 1922: Monte Carlo. Nicht von ungefähr ist der Ballettleiter im Film, Leonide Massine, 14 Jahre lang ein echtes Mitglied des Ballet russe gewesen. Der ganze Film wurde von solchen Profis gemacht.
Das zweite Vorbild kannten Pressburger & Powell sehr gut: Alex Korda war ihr früherer Arbeitgeber, bevor sie das Studio The Archers gründeten und den Film für die Rank Organisation produzierten. Korda war offenbar nicht nur charismatisch in der Geschäftswelt, sondern auch in Liebesdingen und heiratete zwei seiner Schauspielerinnen, z. B. Merle Oberon, die zuerst den Part der Vicky übernehmen sollte.
Der Hypnotiseur Svengali lieferte das dritte Vorbild. Er spielte 1894 eine Hauptrolle in dem Roman "Trilby". Die Szene, in der Lermontov seine Vicky zur Primaballerina macht, zeigt die Macht, die er ausübt: Sie muss, gekleidet wie eine Prinzessin, eine unkrautbewachsene Treppe hochgehen, um in seinen Olymp zu gelangen. Zuvor hat er sie bereits in einem Vieraugengespräch derart bezaubert, dass sie zu allen seinen Plänen ja sagt – Hauptsache, sie kann tanzen. Ein Pygmalion mit seiner willigen Galathea.
~ Zwei Fassungen ~
Im Vergleich zu diesem Paar wirkt der brave Craster etwas blass. Das rührt daher, dass seine Rolle umgeschrieben wurde. In der ersten Fassung des Drehbuchs von anno 1937 sollte er aus der Arbeiterklasse stammen und sich in die feineren Kreise emporarbeiten. Dabei sollte er in einen Machtkampf mit Lermontov, dem Vertreter der herrschenden Klasse, eintreten. Klingt schwer nach deutschem Expressionismus, den Powell bewunderte, und nach 20er-Jahre-Agitprop, wie er noch in Fritz Langs "Metropolis" (1928) zu sehen ist.
In der neuen Drehbuchfassung, so erklärt der Kommentar, ist davon nichts mehr übrig geblieben als der Kampf auf der künstlerischen Ebene, der auf ein banales Eifersuchtsmotiv seitens Lermontovs reduziert und begründet wird. Genau deshalb wirkte die Handlung auf mich auch so flach und unbefriedigend.
~ VORSICHT SPOILER! ~
Lermontov lügt sich selbst in die Tasche, wenn er den Denkfehler begeht, man könne Leben und Kunst strikt trennen bzw. das Leben ignorieren. Als er sich dann doch, geblendet vom eigenen Erfolg, dazu herablässt, sich seiner Kreatur Vicky mehr zu nähern, als künstlerisch vertretbar ist, wird er herb enttäuscht. In einer Szene mit Craster streichelt er die Büste eines Tänzerfußes wie einen Fetisch, doch als dieser Fuß in echt auftaucht, gehört er der sterbenden Vicky und wird nur von Craster gestreichelt. Er streift ihr endlich die vermaledeiten roten Schuhe ab, doch leider kommt er zu spät.
Denn in ihrer Sterbesequenz ist keineswegs ausgemacht, dass es Vicky selbst ist, die dem weggeschickten Gatten nacheilt, sondern es scheint, als hätten die roten Schuhe eine eigene Macht – genau wie im Ballett selbst – und als trügen sie Vicky hinunter zum Bahnhof und über die Balustrade des Hotels ins Leere. In diesem Sprung gemahnt die Balletteuse an jene gekrönte Engelsfigur, die man stets vor Lermontovs Suite in Monte Carlo sieht. Auch hier lässt sich vieles in die Symbolik hineinlesen, doch ich möchte mich dessen enthalten und dem Leser die Deutung überlassen.
~ SPOILER ENDE ~
~ Die Musik ~
Als Filmkunstwerk, das mit zwei OSCARs (für 'Beste Musik' und 'Beste Kostüme') und drei Nominierungen geehrt wurde, ist "Die roten Schuhe" ein Fest für Auge und Ohr. Die Musik von Brian Easdale ist fabelhaft und passt stets zu den Szenen und ihren Stimmungen. Natürlich sind auch Zitate aus den jeweiligen Balletten zu hören, wie etwa aus "Les Sylphides", "Schwanensee" und "Coppelia", aber der Score hat einen eigenen Charakter.
~ Das Bild ~
Den Augenschmaus hingegen bereitet die Kamera von Jack Cardiff, der auf einfallsreichste Weise Filter und Kamera einsetzte, sowie das Bühnenbild von Hein Heckroth (ein Hesse). Er setzte u. a. in der Ballettszene farbige Glasscheiben ein und färbte Wasser, so dass Wolkenschleier zu sehen waren. Die Aufnahmen wurden von Cardiff und dem Cutter zwecks Überblendung übereinander gelegt. Der Trick, als Vicky ihr lebendiges Spiegelbild im Schusterladen sieht und dann in die bereitstehenden roten Schuhe springt (die sich dann selbst schnüren), ist schlau ausgetüftelt und nicht ohne weiteres ersichtlich. Es gibt noch viele weitere solcher Tricks, so etwa das Erscheinen und Verschwinden des Papiermannes.
Kurzum: Es lohnt sich, den Film mindestens einmal anzusehen, und wenn es "nur" wegen der legendären Ballettszene sei.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 4:3 (Vollbild)
Tonformate: D in DD Mono 2.0, Englisch in DD Mono 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D, Englisch, jeweils für Hörgeschädigte; Filmkommentar (zuschaltbar in den Extras)
Extras:
- Filmkommentar als zuschaltbare Untertitel (nur Text)
- Original-Trailer;
- Original Artworks
- Produktionsfoto-Galerie
- Informationen der Rank-Organisation
- Bio-/Filmografien zu Powell & Pressburger
- Hans Christian Andersens Märchen „Die roten Schuhe“ als lit. Vorlage
- Animiertes Hauptmenü
- EPIX-Trailershow
Mein Eindruck: die DVD
Das Bild sieht phantastisch gut aus. Das ist nicht nur der hervorragenden und trickreichen Kameraarbeit von Jack Cardiff zu verdanken, sondern auch der sorgfältigen Restauration des Filmmaterials. Ich konnte keine Artefakte oder Ähnliches entdecken, und es gibt nur einen einzigen "Hüpfer", nämlich dann, als die Tänzerin in der Ballettszene das vom Schuster geliehene Messer wegwirft: Es verwandelt sich aus dem Zweig (s.o.) zurück und steht aufrecht!
Der Ton liegt zwar in Dolby Digital vor, aber leider nur in Monoqualität. Dadurch verfügt der Ton zwar über eine gewisse Fülle und Flexibilität, die man beeinflussen kann, ist aber weit von dem entfernt, was der Zuschauer und –hörer heute gewohnt ist.
Ich habe mich in meinen obigen Ausführungen auf den recht informativen Filmkommentar gestützt. Dieser wird natürlich nicht – nach rund 60 Jahren – von einem Tattergreis gesprochen, sondern in Form von Texteinblendungen dargeboten, die ein gewisser Roland Kruse verfasste. Der Inhalt hat Hand und Fuß, doch die Formulierungen lassen an Rechtschreibfestigkeit zu wünschen übrig. An zwei Stellen ist sogar der Text nur für eine Mikrosekunde eingeblendet, so dass er beim besten Willen nicht zu lesen ist, höchstens von Superman. Auch die Zeitlupe hilft da nicht: Dann wird der gesuchte Text überhaupt eingeblendet.
Der Filmkommentar ist eine Zusatzoption bei den Filmuntertiteln, findet sich also nicht in den eigentlichen Extras. Die Hauptstücke des Bonusmaterials stellen die Bio-Filmografien zu Powell & Pressburger sowie die Informationen der Rank-Organisation dar. Die Angebote in "Artworks" und "Galerie" sind relativ kurz geraten. Um das Ballett mit der literarischen Vorlage vergleichen zu können, ist der Text des Andersen-Märchens sehr willkommen. Die Trailer bieten entsprechendes Werbematerial.
Man kann also nicht gerade von einer berauschenden Fülle an Bonusmaterial sprechen. Der Kenner muss den Film quasi dreimal ansehen: jeweils in den zwei Sprachen Deutsch und Englisch und mindestens einmal mit den Kommentaruntertiteln. Das bedeutet einen Zeitaufwand von 6,5 Stunden.
Unterm Strich
Die Ballettszene, der Kern des Films, ist der erste, als "revolutionär" angesehene Versuch, den Zuschauer, der sonst nur vor einem imaginären Kasten sitzt, in das Ballett als a) eine Tanzdarbietung und b) eine dadurch erzählte Geschichte hineinzuversetzen. Dies gelingt durch die Aufhebung aller üblichen Rahmen. Schließlich folgen wir lediglich gebannt dem Tanz der roten Schuhe durch die Unterwelt.
Dass dieser Tanz am Schluss ohne die Tänzerin dargeboten wird, quasi als Reprise, ist ein genialer Kniff, um deutlich zu machen, welche Bedeutung die Einzeltänzerin (Vicky) für das Stück hat bzw. hatte. Der Zuschauer muss für sich die Leerstelle ausfüllen mit der Erinnerung, die er von ihr noch besitzt. Das zieht ihn noch weiter hinein, macht ihn selbst zu einem Teil des Balletts und der erzählten Geschichte. Ob er wohl die teuflischen roten Schuhe spüren kann? Selten wurde die Suggestivität der (Film-)Kunst so deutlich und trickreich umgesetzt. Fiktion und Realität verschmelzen.
Und ebenso verschmelzen die Ausdrucksformen Film, Malerei, Musik und Tanz. Auch Kamera, Kostüme und Bühnenbild tragen einen großen Teil zum Gesamteindruck bei. Doch wer die Bildsprache des Films nicht beachtet, wird eine Menge Bedeutungsebenen nicht erfassen. In dieser Hinsicht erweist sich der Filmkommentar als wertvolle Quelle und Hilfe. Die Symbolik mag heute manchem Zuschauer als plump und womöglich aufdringlich erscheinen, doch Alfred Hitchcocks Einsatz von Symbolen und Metaphern war in Meisterwerken wie "Vertigo" und "Die Vögel" nicht weniger deutlich – man denke nur an die dort ebenfalls sehr deutliche Farbkodierung. Auf jeden Fall ist "Die roten Schuhe" für seine Entstehungszeit im Jahr 1947 – gedreht wurde von Juni bis November – eine grandiose Leistung. Dass es auch als großer Film angesehen wird, bestätigt die Platzierung auf Platz 9 der ewigen Bestenliste des British Film Institute. (Nr. 1 ist "Der dritte Mann" von Orson Welles.)
Die Silberscheibe macht den Film sowohl als Schau-Spiel wie auch als Kunst-Werk in einer Form zugänglich, die ihm angemessen ist. Über die Bildqualität könnte man Epen schreiben – dies überlasse ich dem Filmkommentar. Die Musik von Brian Easdale ist ebenfalls vom Feinsten. Nur an der Qualität der Handlung scheiden sich die Geister – und ich bin dabei eher unter den Kritikern zu finden.
- Redakteur:
- Michael Matzer