Summer Breeze 2004 - Abtsgmünd

18.09.2004 | 13:11

19.08.2004,

Neuer Tag, neues Bier, neuer Lauschstoff. Und was für einer! MENTAL AMPUTATION machen gleich klar, dass das Summer Breeze trotz teilweise sehr merkwürdiger Bands noch kein DIE HAPPY-Kindergarten für chronische VIVA-Junkies geworden ist. Was machen MENTAL AMPUTATION also für Musik? Richtig, Death Metal der alten Schule! Das Gitarren-Schlagzeug-Bass-Inferno klingt ordentlich wuchtig, so kann man die Haare nach der morgendlichen Kurzdusche sofort wieder trocken bekommen. Schicke Gitarrensoli gibt es auch. Und da Death-Metal-Fans eh die härtesten Weicheier sind, stehen jetzt schon rund 250 vor der Bühne und lauschen Songs wie 'Parasite Paradise'. Ob damit auch Bands wie CREMATORY gemeint sind?! Anyway, recht geil klingen die Jungs, obwohl solch eine Mörtelkelle im kleinen stickigen Club noch etwas druckvoller aus den Boxen rauscht. Rauschen? Ja, es windet ganz schön. So dolle bläst das himmlische Kind, dass die Flyer, die Frontgrunzer Joachim werfen will, erst einmal wieder auf die Bühne wehen. Dann ist der Gig nach 25 Minuten auch schon zu Ende. Die Death-Metal-Heads flüchten geschlossen vor dem anstehenden herben Akustik-Gothic-Gewitter. Muss man echt aufpassen vor solchen Sachen...
(Henri Kramer)

Als ich bei ALEV vor der Pain Stage stehe, wundere ich mich über die knapp zwanzig Kinder auf der Bühne, die sich das ganze Szenario anschauen, getreu dem Motto: Die Schule rockt. Das Quintett aus München legt auch beachtlich los. Die Sängerin ist optisch eine Augen- und gesangstechnisch eine Ohrenweide. Dabei erinnert mich ihre Stimme an eine rockigere Version von ALANIS MORISSETTE. Der Leadgitarrist könnte auch glatt Theo Waigels Enkel sein; bei den Augenbrauen. Im Gepäck haben die Münchner Stücke aus ihrem im Oktober erscheinenden Album wie 'If We Ever' und 'Just Because'. Vom Stil her erinnern mich ALEV an eine Mischung aus etwas härteren COLDPLAY und ALANIS MORRISETTE. Trotz Sonnenschein sind morgens um elf eher wenige Leute im Publikum, was daran liegt, dass es der zweite Tag ist. Obwohl die Sängerin beim letzten Song fast auf die Fresse gefallen ist, konnten die Newcomer überzeugen. Auf jeden Fall eine Band, der die Zukunft gehört. (ALEV klingen eigentlich schon vom Stand aus scheiße, dafür entschädigt die Autogrammstunde mit einer sehr hübschen Frau namens Alev Lenz, nach der diese Band auch benannt ist... - Anmerkung eines nicht immer absolut konsequenten H.K.)

Pünktlich zum Auftritt von BESEECH verdunkelt nicht nur deren Gothic-Mucke das Summer Breeze, sondern auch der Himmel düstert sich ein. Die sechs Mann und eine Frau geben zwar alles, was aber nicht genug ist. Das liegt zum einen auch am Wetter, und zum anderen hat es alle diejenigen, die von ALEV noch verzaubert wurden, in die Flucht geschlagen. Die weibliche Stimme erinnert mich an die Sängerin von WITHIN TEMPTATION und das dritte Stück 'Drama' kommt etwas HIM-mäßig rüber. Leider plätscherte der Set wie der Regen vor sich hin. Bei der ABBA-Coverversion 'Gimme, Gimme, Gimme' kommt so etwas wie Stimmung auf, aber da ist der Set auch schon vorbei. (Da kam der Regen wohl gerade rechtzeitig zu solcher Heulsusenmusik - Anmerkung des wieder lästernden H.K.)

Der SLEEPINGGODSLIE-Ausruf "Schickt eure Ärsche her" kann die durchnässte Meute nicht dazu bringen vor die Bühne zu kommen. Die paar Leutchen, die sich dorthin verirren, erleben zumindest ein engagiertes Konzert des Quintetts. Das erste Stück erinnert mich auch gleich leicht an "Powertrippin" von MONSTER MAGNET. Mit Titeln wie 'Gib uns Zeit' und 'The Force' (O-Ton: "Lied für euch") können sie überzeugen, doch leider wird das von viel zu wenigen Leuten honoriert. Die Mischung aus RAGE AGAINST THE MACHINE und Hardcore klingt gut. Auch dass sich der Sänger gegen Nazis ausspricht, Musik und Politik nicht trennen kann, macht ihn nicht nur mir sympathisch. Die knapp 200 Leute lassen sich zumindest zum obligatorischen Höflichkeitsapplaus hinreißen, mehr aber auch nicht.
(Tolga Karabagli)

Ich reiße mich nach den pseudopolitisch-intellektuellen Langweilern von SLEEPINGGODSLIE nur schwer aus dem Mittagsschlaf. Und wie es der Regengott so will, bekommt die nächste vernünftige Band auch wieder netteres Wetter spendiert. In der Tat hört bei CRIMINAL die Nässe von oben auf, wuchtiger Death-Thrash-Metal treibt die Tropfen zurück in die Wolken. Weitere Niederschläge hätten die vier Jungs auch nicht verdient, schließlich kommen sie aus Chile - was ja nicht mal eben um die Ecke liegt. Ihre Heimat lieben CRIMINAL sichtlich, über den Boxen hängt die Nationalflagge ihres südamerikanischen Landes. 'Self Destruction' heißt ein Song dieser musikalischen Überzeugungs-Killer, dem Publikum und der Band macht rocken dabei sichtlich Spaß. Der Bassist von GOREROTTED hatte seine Freude dagegen wohl schon gestern, aber selbst heute zieht er immer noch schwer alkoholisiert übers Gelände - mit einer Krücke und einem anerkennenden Blick in Richtung CRIMINAL. Weniger angetan sind da wohl DARK FORTRESS, die schon beim letzten Stück von CRIMINAL anfangen, dann aber wieder abbrechen. Die Fans nehmen es mit Gelassenheit und verabschieden die Chilenen mit einem johlenden Applaus.

Dann dürfen DARK FORTRESS endlich spielen. Die Jungs sind als Ersatz für die kurzfristig ausgefallenen MENHIR eingesprungen. Allerdings scheint das niemand wirklich gemerkt zu haben und so spielen DARK FORTRESS vor einer sehr, sehr übersichtlichen Menschenmenge. Okay, der Begriff Menge ist hier falsch: Eine größere Gruppe Fans sieht den Auftritt der gänzlich geschminkten Black-Metal-Heads. Die lassen sich nicht entmutigen und klingen, wie eine der norwegischsten Bands aus deutschen Landen eben klingen muss: Schnell, technisch versiert, atmosphärisch, eisig. Besonders die Stücke der bahnbrechend geilen "Stab Wounds"-Scheibe knallen auch live enorm, hier dreht sich jedes Kreuz freiwillig in die richtige Richtung. Schade, dass dabei kaum Zuschauer da sind, die diese großartige Band bejubeln können.
(Henri Kramer)

EVERGREY eröffnen den Frickelreigen des diesjährigen Summer Breeze, leider nur eine lächerliche halbe Stunde lang, aber besser als gar nix. Im gewohnt tollen Leder-Outfit präsentiert sich "Sweden's most headbanging Band" gewohnt spielfreudig, die ersten Reihen ticken mal kollektiv aus... naja, ganz so euphorisch sind die Publikumsreaktionen dann doch nicht. Leider. Die Schweden kommen aber auf jeden Fall prächtig an und bei der geringen Spielzeit rechne ich es ihnen ganz hoch an, dass fast jedes Album mit einem Song vertreten ist. Besonders Spaß machen dabei 'Recreation Day', 'More Than Ever' (die Abrissbirne des Gigs), das durch den Videoclip bekannte 'A Touch Of Blessing' und das abschließende 'The Masterplan'. Am liebsten würde ich den Jungs noch eine weitere Stunde lauschen, aber man muss sich an die Grundregel "Je komplizierter die Band ist, desto weniger Spielzeit hat sie" gewöhnen. War trotzdem geil. Im Übrigen an dieser Stelle mal ein explizites Lob für den Sound auf der Main Stage - mittags schon glasklar, drückend und differenziert. So soll das sein!
(Rouven Dorn)

Statt TOTENMOND, die dem Summer Breeze eine kurzfristige Absage erteilen, kann das Septett MERCENARY mit seinem Power Metal mehr als nur die Lücke füllen. Alles in allem kommen die Jungs sympathisch und mit einer guten Portion Spielfreude bewaffnet auf die Bühne. Der größte Aktivposten ist der Sänger, der wie ein Flummi über die Bühne hüpft und mächtig gute Stimmung verbreitet. Leider fängt es beim dritten Song 'Screaming From The Heaven' wieder zu regnen an, was der Stimmung keinen Abbruch tut. Mit Ansagen wie "You love the aggressive shit" kann sich der Sänger viele Freunde machen. Leider ist die halbe Stunde Spielzeit nicht aufgestockt worden. Schade.
(Tolga Karabagli)

GREEN CARNATION sind wie erwartet eines der total magischen Highlights dieses Festivals und gleichzeitig der Beweis, dass Black-Metal-Musikusse auch "konventionelle" Musikwaffen in höchster Vollendung basteln können - hier treffen sich PINK FLOYD zu einer langen psychedelischen Doom-Metal-Session. Mit viel melancholischer Lebensfreude rocken die Jungs um CARPATHIAN FOREST-Gitarrist Tchort denn auch los. Dabei erschallt ein recht flotter neuer Song, der für das kommende Album einiges verheißt. Doch im Prinzip wartet jeder auf den Übersong dieser genialistischen Combo: 'Light Of Day, Day Of Darkness' ist der letzte Song ihres Set und läuft mindestens 20 der regulären 60 Minuten. Tchort hat seine Augen geschlossen, seine Gitarre zaubert wunderschöne Stimmungen und Melodien hervor. Michael S. Krumins bietet an der zweiten Gitarre wieder eine perfekte Leistung als entrückter Selbstdarsteller, Bassist Stein Roger Sordal lässt seine Kippe im Mund sanfte Rauchzeichen geben. Mosher gibt es kaum, entrückte Grinser allerorten dafür um so mehr. Staunen. Schwitzen. Frieren. Gänsehaut. Mehr Atmosphäre geht kaum.
(Henri Kramer)

Liv Kristine mitsamt ihrer LEAVES' EYES-Truppe kann die Fans mit ihrer Mischung aus THEATRE OF TRAGEDY und NIGHTWISH gut mitreißen. Obwohl sie zwischenzeitlich wie eine Heulboje gejault hat (CELINE DION lässt grüßen), kommt sie bei den Fans gut an, die sie auch gebührend abfeiern. Der letzte Song in ihrem Set kann nicht nur mich überzeugen, sondern auch die Fans, die ihr den Abgang mit frenetischem Beifall versüßen. (What a fuck, haben die Süßen vor der Bühne alle ihre rosa Öhrchen mit Tuben voller Uhu-Alleskleber verstopft?! - Anmerkung eines nach so einem genialen Auftritt von GREEN CARNATION die Welt nicht verstehenden H.K.)
(Tolga Karabagli)

Als ich mich am heutigen Tage erstmals verkatert auf das Festivalgelände verirre, schallen mir schon zuckersüße Klänge entgegen. Sie stammen von XANDRIA, die gerade die erste größere Menge vor die Hauptbühne locken. Das mag vor allem an der rothaarigen Sängerin liegen, die sich aber beim genaueren Hinsehen zu meiner Enttäuschung als kräftiger entpuppt, als sie auf den CD-Covern aussieht. Zumindest wölbt sich unter Lisas langem schwarzen Lederrock ein ganz schönes Bäuchlein hervor. Dafür hat sie aber einfach Ausstrahlung und betört das Publikum mit sowohl hoher als auch tiefer und kräftiger Stimme. Während sie die Hüfte kreisen lässt, macht der Bassist selbiges als einziger mit seinen Haaren. Die beiden Gitarristen erinnern mit ihren kurzen Frisuren nämlich nicht nur musikalisch an EVANESCENCE. Songs wie das bejubelte 'Ravenheart' erinnern jedoch eher an WITHIN TEMPATION, wobei der wahre True-Metaller hier eh nicht unterscheiden würde. Dennoch hat der Gig etwas reizvolles, zumal Lisa das Publikum nicht nur immer wieder mit ihrem Hüftschwung, sondern auch verbal anfeuert: "Wisst ihr, was das für eine beschissene Idee war einen Lederrock anzuziehen?" fragt sie augenzwinkernd, während erstmals die Sonne auf die Bühne scheint. Zum Abschluss folgt noch 'Black Flame'. Süß. (Nein, ich sage nichts, sondern trinke lieber Bier und höre bei Sangria weg... - Anmerkung eines inzwischen betrunkenen H.K.)
(Carsten Praeg)

VINTERSORG. Wer denkt dabei nicht an "Till Fjälls"? (Ich - H.K.) An einen langhaarigen Andreas Hedlund, der zwar immer ein wenig schüchtern auf der Bühne rumsteht, sich hinter seinem Bass verkriecht, aber dann doch wieder so viel Flair, Atmosphäre und Stimmung verbreitet? Genau. So hatte ich die Band zumindest im Kopf, was sich hier bietet, ist aber komplettes Kontrastprogramm. Über kurze Haare im Metalbiz wurde sicherlich mehr als genug gelästert, und abgesehen von der Tatsache, dass ihm seine neue Frisur mal ganz und gar nicht steht, ist diese sicherlich nicht der Grund für einen nicht sonderlich gelungenen Auftritt. Die letzten beiden Alben wurden in der Fangemeinde sehr zwiespältig aufgenommen und in einer Sache muss ich allen Kritikern zustimmen: Diese Musik ist mittlerweile viel zu kopflastig geworden, als dass sie auf der Bühne noch Spaß machen würde. Absolut nichts gegen anspruchsvolle, technische Songs, aber die hier präsentierten haben in etwa die Ausstrahlung einer beigen Rentnerkollektion für den Herbst. Gähn. An dieser Stelle wünsche ich mir, dass Hedlund mit BORKNAGAR auf die Bühnen dieser Welt zurückkehrt und VINTERSORG zu einem reinen Studioprojekt erklärt. Das wäre deutlich sinnvoller...
(Rouven Dorn)

Am frühen Freitag Abend steht ein Thrash-Metal-Doppelpack auf dem Programm und den Anfang machen SODOM. Das Trio aus Gelsenkirchen legt auch gleich richtig los und erwischt mit den beiden Klassikern 'Masquerade In Blood', durch einige Pyros entsprechend unterstützt, und 'The Saw Is The Law' einen ordentlichen Einstieg. Es folgen erstmal einige Worte von "Onkel Tom" Angelripper an das Volk, bevor er ein angetrunkenes Bier an die Fans in der ersten Reihe weitergibt. Diese Prozedur wiederholt sich im Verlauf des Gigs noch öfters - eigentlich nach jedem Song. Nun, vielleicht brauchen die alten Recken inzwischen ihre Erholungspausen zwischen den Liedern - wer weiß das schon so genau?! Wie auch immer - die Songauswahl kann sich im Großen und Ganzen sehen lassen, und so geht es mit Klassikern der Marke 'Outbreak Of Evil' und 'Blasphemer' weiter. SODOM haben natürlich auch aktuelle Songs wie 'Napalm In The Morning' und 'M-16' am Start, und sogar ein nagelneues Stück, das noch nie zuvor live gespielt wurde, gibt es zu hören, nämlich 'Nothing To Regret'. Nach dem obligatorischen Seitenhieb gegen die Zeugen Jehovas ('Wachturm'), der von den Fans lautstark unterstützt wird, gibt es 'Remember The Fallen' und die "Ballade" (O-Ton Tom Angelripper) 'Sodomy & Lust' auf die Ohren. Danach kommt auch noch ein deutsches Doppel ('Die stumme Ursel' plus 'Aber bitte mit Sahne'). Sicherlich heizen diese Stücke live die Stimmung an, aber mir persönlich wären bessere Songs weitaus lieber gewesen und diese gibt es im SODOM'schen Back-Katalog ja zuhauf. Mit dieser Meinung stehe ich aber wohl ziemlich allein da, denn das Publikum freut sich über Toms Spielchen mit der Gummipuppe und feiert insbesondere diese Songs begeistert ab. Und als zum Abschluss dann noch der 'Bombenhagel' auf die Menge niederprasselt, gibt es vor der Bühne sowieso kein Halten mehr. Trotz einer nicht ganz optimalen Setlist und zu vielen Pausen ein ordentlicher Gig!
(Martin Schaich)

Ohne Erbarmen legen die Hessen von TANKARD los. Gerre hat sich zu Anfang des Konzerts Freunde gemacht, indem er was von "viereinhalb Stunden Spielzeit" erzählt und auch sonst immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Nach 'Morning After' und 'Zombie Attack' ist die Stimmung auch dementsprechend auf beiden Seiten gelöst. Auch die neuen Stücke wie 'Slippin´ From Reality' und 'Die With A Beer In Your Hand' vom aktuellen "Beast Of Bourbon"-Album werden frenetisch empfangen. Trotz eines matschigen Sounds grinst Gerre permanent und hat "so einen Empfang nicht erwartet". Mit Sprüchen wie "unsere Fangemeinde wächst, obwohl wir scheiße aussehen", "Woher wisst ihr, dass wir keine DVD aufnehmen" und "kein böses Wort über DIE HAPPY, ich war immerhin mal mit der Sängerin zusammen" muss sich Gerre über ein Leben nach TANKARD keine Gedanken machen. Überraschend ist auch, dass die neuen Songs wie 'Die With A Beer In Your Hand' gut ankommen, obwohl die CD noch nicht so lang auf dem Markt ist. Die Thrash-Party ist leider viel zu früh mit 'Freibier für alle' beendet. Ein klasse Konzert und einer der Überraschungsabräumer auf dem diesjährigen Summer Breeze. (Da fällt mir nur noch ein altbekannter Spruch der schwedischen Bekloppten von GEHENNAH ein: "A Man Who Drinks Beer Has Nothing To Fear" - Anmerkung eines völlig begeisterten H.K., der nun aber erst einmal panisch die Flucht ergreift, schließlich soll der Mageninhalt bei der folgenden Band nicht gleich wegen Ekelkrämpfen auf den Boden des Summer Breeze spritzen...)
(Tolga Karabagli)

Im Vorfeld des Summer Breeze war wohl kaum eine Band umstrittener als DIE HAPPY, und so gehe ich gespannt zur Main Stage um zu sehen, wie denn die Band aus dem Ulmer Raum (nette Gegend im Übrigen...) ankommt. Eigentlich habe ich mit deutlich weniger Zuspruch gerechnet, denn der Platz vor der Bühne ist sehr gut gefüllt, und schon bei den ersten Tönen geht der Großteil des Publikums begeistert mit. Da hat natürlich auch Frontfrau Marta maßgeblichen Anteil daran, denn wie üblich ist sie dauernd in Bewegung und hüpft von der einen Seite der Bühne zur anderen und dieser Elan überträgt sich auch auf die Zuhörerschaft. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es auch dieses Mal wieder einige (notgeile?) Männer im Publikum, die Marta mit "Ausziehen!"-Rufen aus dem Konzept bringen wollen, doch wirklich Erfolg haben sie nicht. Im Gegenteil, Marta sagt ihnen ganz deutlich, was sie davon hält. Im Mittelpunkt des Auftritts steht aber natürlich die Musik und diese kann sich wahrlich hören lassen. DIE HAPPY sind sich nämlich bei der Songauswahl durchaus bewusst, dass sie auf einem Metal-Festival spielen und so liegt der Schwerpunkt auf den rockigeren Stücken, wie zum Beispiel 'Like A Flower', 'Get Up' oder 'Bad Boy'. Mit 'Slow Day' kehrt zwar etwas Ruhe ein, doch mit 'Mannequin' und 'Goodbye' steuern DIE HAPPY forsch auf die Zielgerade zu, die sie mit dem Kracher 'Supersonic Speed' schließlich überqueren. Bei diesem Song ist die Stimmung dann dermaßen gut, dass den Ulmern sogar noch eine Zugabe abverlangt wird - wer hätte das gedacht? - und so gibt es noch 'Wasted' zu hören. DIE HAPPY sind sicherlich nicht die Optimalverpflichtung für ein Metal-Festival, aber sie zogen sich ganz achtbar aus der Affäre!
(Martin Schaich)

In der Dunkelheit lockt Ex-TRISTANIA-Kopf Morten Veland die Zuschauer vor die Pain Stage zu SIRENIA. Oder ist es doch eher seine liebreizende Sängerin? In ihrer engen Lederhose bezaubert Henriette das Publikum mit ihrer Stimme und lässt auch mal den Propeller kreisen. Unterstützt wird sie dabei von den klaren Vocals des zweiten Gitarristen sowie Chören vom Band. "Let's play some Goth 'n' fucking Roll", verkündet Morten und grunzt Songs wie das neue 'Voices Within' oder den Titeltrack des Debüts "At Sixes And Sevens" ins Mikro. "Is anyone drunken or had sex already?", fragt der charismatische Frontman, ehe er 'Euphoria' anzählt. Nach 'Meridian' würde er zwar am liebsten noch etwas länger spielen, aber zur Enttäuschung der Zuschauer ist die Zeit viel zu schnell zu Ende. Auch ich hätte nichts dagegen, noch weiter diesem stimmungsgeladenen Dark Metal zu lauschen. (SIRENIA = Sirenen = die Mädels, welche weiland im antiken Griechenland Odysseus fast um den Verstand sangen... - pseudonachdenkliche Anmerkung von H.K.) (Solche Einfälle kommen dir aber auch nur im nüchternen Zustand - Seitenhieb von C.P.)
(Carsten Praeg)

Fuck Yeah! Ich hab zugegebenermaßen lange nichts mehr von SIX FEET UNDER vernommen, fand "Bringer Of Blood" und insbesondere "True Carnage" durchschnittlich, mittelmäßig bis langweilig und dachte eigentlich, dass die besten Tage von SFU definitiv gezählt sind. Bis zu diesem Abend. Auch wenn Chris Barnes stimmlich nicht voll auf der Höhe ist, angeblich kleine gesundheitliche Probleme hat und die Amis ihren Gig sogar fast zwanzig Minuten früher als geplant beenden, muss man doch von einem vollen Erfolg sprechen. Wieso? Weil alleine schon der riesige Andrang vor der Bühne für den enormen Stellenwert spricht, den die Band nach wie vor innehat. Soundtechnisch ist alles in bester Ordnung und wenn für eine halbe Minute gerade mal kein Crowdsurfer die Sicht versperrt, kann man sogar das Treiben des Florida-Vierers betrachten. Bringt aber auch nicht wirklich viel, SFU glänzen mal wieder mit einem Aktionsradius, der selbst einem Bierdeckel die Schamesröte ins Gesicht treiben würde. Aber wen interessiert das, wenn man zu Todesblei-Perlen wie 'Victim Of The Paranoid', 'Lycanthropy', 'War Is Coming' (inklusive äußerst cooler "Fuck George Bush!"-Einwürfe von Barnes), 'Revenge Of The Zombie', 'Beneath A Black Sky', 'Human Target' oder 'Feasting On The Blood Of The Insane' zappeln kann? Richtig, keinen. Und so fällt es auch nicht weiter auf, dass die Jungs dieses Mal bei weitem nicht so eingespielt sind, wie das normalerweise der Fall ist. Oder auch, dass Chris Barnes mit seinen Einsätzen nicht wirklich immer in Time liegt. Mit Sicherheit kein sicherer, souveräner und überragender Auftritt, meine Herren. Aber dennoch deutlich mehr, als ich eigentlich von SIX FEET UNDER noch erwartet habe. Die Setlist spricht Bände - und das abschließende 'TNT' gibt schon einmal den besten Vorgeschmack auf die in Bälde erscheinende AC/DC-Coverplatte, höhö.
(Rouven Dorn)

Hmm. Die Eskalation mit bewusstseinssenkendem Getränk ist schon so weit vorangeschritten, dass KATATONIA irgendwie ganz schön dolle gut klingen. Mit geschlossenen Augen vor der Bühne, die kalte Nachtluft in der Nase, das Ohr im Schwebezustand... Ein Gefühl: Toll.
(Henri Kramer)

Nee, echt nicht. Man ist ja in der Regel immer gewillt, seinen Heroen einiges zu verzeihen, ihnen einiges an Kredit zu gewähren. KATATONIA haben davon sicherlich massig, und das - der Menge vor der Bühne nach zu urteilen - nicht nur bei mir. Im Vorfeld hatte ich wenig Positives über die Live-Qualitäten der melancholischen Schweden gehört, was aber an sich nichts bedeuten sollte. Gerade LAKE OF TEARS sind in der Hinsicht am ersten Breeze-Tag schon jeglichen Kritikern mit dem Arsch ins Gesicht gesprungen. Die Vorfreude ist also riesig, die Enttäuschung dann im Endeffekt umso größer. Aber von Anfang an: Für einen mageren, sich am Rande von "mies" befindlichen Sound kann die Band selbst herzlich wenig. Nichtsdestotrotz schmälert der natürlich den Hörspaß. Für was die Band allerdings etwas kann, ist ihre eigene Performance. Ich will hier niemandem etwas ungerechtfertigt unterstellen, aber meiner Auffassung nach grenzt der Gig von KATATONIA teils schon an Leistungsverweigerung. Derart lustlos, hüftlahm und unmotiviert hätte ich eine Band, die den vertonten Herzschmerz auf Platte abliefert, dort kilo- und literweise Emotionen ausschüttet und den Hörer ganz tief innen berührt, niemals erwartet. Die goldene Ananas eines komplett verhunzten Abends verdient sich Sänger Jonas Renkse mit einer Gesangsleistung, die schon an eine Beleidigung grenzt. Da ist es dann egal, ob man neueres Material von der eigentlich richtig tollen "Viva Emptiness" vorstellt oder schon zu Evergreens avancierte Songs wie 'Teargas' verhunzt. Die Position im Billing ist für KATATONIA sicherlich komplett ungeeignet, aber eine Entschuldigung für einen derart miserablen Gig ist das auch nicht. Ich weiß gar nicht, wann es das letzte Mal passiert ist, dass ich mich zu "Slayeeeer"-Rufen genötigt fühlte. Nee, echt nicht.
(Rouven Dorn)

Doch, schon ja... Anyway, der Abend verläuft weiter wie im Flug. Wen haben wir denn da? Alan A. Nemtheanga von PRIMORDIAL? Ja, aber was ist mit ihm geschehen. Die Haare sind ab, dass sieht ganz schön krank aus. Dafür hat wenigstens Gitarrist Gerry Clince die gute Nachricht mitgebracht, dass seine gälische Doom-Metal-Band MAEL MÓHRDA bald ihr erstes Album rausbringt. Cool. Nicht so schön verläuft der getrübte Blick ins Portemonnaie. Die hohen Bierpreise von drei Euro pro 0,4 Liter machen sich deutlich bemerkbar, fast will das Gefühl von "Abzocke" aufkommen. Noch mehr Nahrung erhält dieses böse Wörtchen beim Blick auf die angebotenen Speisen beim Breeze - gerade der Döner sieht für sein teures Geld dermaßen traurig aus, dass man vor lauter Mitleid fast schon den Stand einreißen möchte... Einreißen? Aufreißen müsste dagegen jemand mal diese armen Muttchens, die sich jeden Tag vor dem Eingang zum Gelände stellen und freundlich-unbeholfen ihre süßen Jesus-Flyer verteilen. Gott hat euch lieb. Der Metal-Head braucht keine Liebe, sondern Bier. Das Bier hat uns lieb. Noch lange, viel zu lange in dieser zweiten Nacht der totalen Sturz-Trunksucht-Wasserfälle...
(Henri Kramer)

Redakteur:
Henri Kramer

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