ALMIGHTY, THE: Interview mit Ricky Warwick

01.01.1970 | 01:00

Letztes Jahr meldeten sich THE ALMIGHTY nach vier Jahren Pause mit ihrem selbstbetitelten Album Numero sieben zurück und nur ein Jahr später haben sie jetzt "Psycho Narco" nachgelegt. Da Sänger und Gitarrist Ricky Warwick seinen Flug nach Berlin verpasst hatte, musste ich ihn kurzfristig im heimischen Dublin/Irland anrufen. Aber dann haben wir das Interview doch noch ohne Probleme hinbekommen.

Stephan:
Was gab's denn für Probleme mit deinem Flug?

Ricky:
Oh, ich nehme jetzt erst einen späteren Flug, obwohl ich wohl schon eher hätte fliegen sollen. Ich glaube, Jennifer von Sanctuary (Plattenfirma - d. Verf.) hat da irgendwas durcheinander gehauen.

Stephan:
Und wo bist du gerade?

Ricky:
Ich bin zu Hause in Dublin.

Stephan:
Ist in der Band immer noch die selbe Stimmung vorhanden wie in euren Anfangstagen vor immerhin zwölf Jahren?

Ricky:
Yeah! Klar, das Line-up ist jetzt ein Anderes als damals, aber wenn man sich Nick (Parsons, Lead Guitar - d. Verf.) und Gav (Gray, Bass - d. Verf.) mal live ansieht, dann merkt man, wie die Beiden in die Band hineingewachsen sind. Wenn man mit den Jungs am Wochenende zusammen ist oder mit ihnen probt, dann ist es einfach toll. Wir sind sehr zufrieden.

Stephan:
Wie muss das Klima im Studio sein, damit solch frische und unkomplizierte Musik wie die eure entsteht?

Ricky:
Wir sind sehr eng miteinander befreundet und wir genießen das, was wir tun. Wenn wir zusammen sind, dann haben wir einfach eine gute Zeit und es herrscht eine schöne Atmosphäre. Das macht den Songwriting-Prozess sehr einfach. Einige Bands haben damit ja ziemlich viel Arbeit. Wir geben uns natürlich auch Mühe, aber die Stimmung ist in Ordnung und es macht viel Spaß, so dass das nicht besonders schwierig für uns ist.

Stephan:
Ist der Spaß an der Sache das Wichtigste bei THE ALMIGHTY?

Ricky:
Na, man muss einfach Freude an dem haben, was man tut. Sonst würde man es ja auch nicht machen.

Stephan:
Drückt die Musik auch deine persönliche Grundeinstellung aus?

Ricky:
Absolut! Sie spiegelt einfach meine Gefühle wider und das versuche ich auch mit den Songs zum Ausdruck zu bringen.

Stephan:
Wie lange dauert es, einen ALMIGHTY-Song zu schreiben?

Ricky:
Ungefähr zwischen fünf Minuten und einem Jahr. (lacht) Es ist unterschiedlich, manche Songs entstehen sehr schnell und einfach. Andere brauchen eine sehr lange Zeit und Manche kriegt man auch nie fertig.

Stephan:
Was meinst du beim Song "Ruse" mit den Zeilen: "All american napalm stars checking out their resume of scars"?

Ricky:
Das spielt so ein bisschen mit der Tatsache, dass in so gut wie jedem Krieg oder Konflikt in der Welt in den letzten hundert Jahren Amerika irgendwie mit involviert war. Ich denke, dass es Amerika meistens auch nicht besonders gut zu Gesicht stand. Manchmal sollte man vielleicht auch zuerst mal einen Blick auf die eigene Geschichte werfen und versuchen, daraus zu lernen. Davon handelt der Song in etwa. Aber ich habe ihn schon letztes Jahr geschrieben und nun sind ja am 11. September diese Anschläge passiert.

Stephan:
Ja, daran musste ich auch denken, als ich die Zeilen im Booklet gelesen habe. Wie denkst du in diesem Zusammenhang über die Terroranschläge auf New York und Washington?

Ricky:
Natürlich ist das furchtbar. Aber man muss sich auch die Frage stellen, ob man Krieg mit Krieg bekämpfen kann. Alle Leute, die daran beteiligt waren, sollten natürlich der Justiz überführt und bestraft werden, denn das, was passiert ist, ist unentschuldbar. Aber ich weiß nicht, ob das Abwerfen von Bomben auf ein anderes Land in diesem Fall irgendetwas bringt und die Probleme lösen kann.

Stephan:
Welche Dinge prangert ihr in euren Lyrics außerdem noch an?

Ricky:
Ich denke, das ist wieder der Einfluss Amerikas auf den Rest der Welt. Jeder wird überall von der amerikanischen Kultur beeinflusst. Ich meine, ich liebe und ich hasse Amerika zugleich. Es ist eine großartige Kultur, aber manchmal denke ich auch: "Fuck, das kotzt mich wirklich an". Ich mag die guten Seiten Amerikas, aber ich bin mir auch der schlechten Dinge bewusst.

Stephan:
Wie wichtig sind für dich überhaupt die Texte?

Ricky:
Also für mich sind sie sehr wichtig. Ich kann meine Gefühle ausleben und vor allem meinen Ideen, die mir so im Kopf rumschwirren, freien Lauf lassen. Das bedeutet mir ziemlich viel.

Stephan:
Wie ist es zur Zeit um die Rock-Szene auf der Insel bestellt?

Ricky:
Da sieht es schon ziemlich gut aus. Hier in Irland ist es zwar relativ ruhig und abgelegen, aber wenn man nach London kommt, da ist schon ordentlich was los. Auch wenn ich nicht die Möglichkeit habe, mir allzu viele Bands anzusehen, muss ich schon sagen, dass es einige sehr gute Gruppen wie z.B. RAGING SPEEDHORN oder auch einige sehr junge Bands gibt.

Stephan:
Wie haben die Medien und die Fans euer Comeback aufgenommen?

Ricky:
Sehr, sehr gut. Wir wurden eigentlich ausschließlich positiv aufgenommen.

Stephan:
Wie kam es 1996 zum Split der Band?

Ricky:
Ich glaube, hauptsächlich das ständige Touren. Wir haben niemals eine Pause gemacht. Und auch viel Business-Kram spielte eine Rolle, wir hatten einige Probleme mit der damaligen Plattenfirma. Wir waren da von einigen Leuten sehr enttäuscht und es hat dann einfach keinen Spaß mehr gemacht. Rückblickend muss man allerdings auch sagen, dass es sicherlich besser gewesen wäre, wenn wir nur eine Pause eingelegt hätten und dann nach ein paar Monaten weiter gemacht hätten.

Stephan:
Wie beurteilst du diese Entscheidung im Nachhinein?

Ricky:
Es war sicherlich die richtige Entscheidung, die Band zu stoppen. Aber es hätte vielleicht jeder für ein Jahr seine eigenen Wege gehen sollen um dann wieder unbeschwert zusammen loszulegen zu können.

Stephan:
Was hast du in den Jahren danach so gemacht?

Ricky:
Ich habe weiter Songs geschrieben und hatte eine andere Band hier in Irland. Wir haben eine EP und ein Album herausgebracht und sind in Japan getourt. So habe ich mich während des Timeouts über Wasser gehalten.

Stephan:
Wie würdest du im Nachhinein eure selbstbetitelte Comebackscheibe beurteilen?

Ricky:
Ich bin sehr zufrieden damit. Es war schön, mit der Band zurück zu sein.

Stephan:
War es Absicht, dass ihr erst das Comebackalbum aufgenommen habt und dann wieder live aufgetreten seid?

Ricky:
Ja, denn es wäre zu einfach gewesen, zurück zu kommen und dann nur das ganze alte Zeug auf ein paar Konzerten zu spielen. Wir wollten den Leuten zeigen, dass wir es ernst meinen. Wir hatte viele neue Ideen und gute Gründe, mit der Band weiterzumachen. Also haben wir uns gedacht, wir geben den Leuten zuerst ein neues Album und spielen dann die Shows.

Stephan:
Ist "Psycho Narco" für dich stärker als "The Almighty"?

Ricky:
Ich denke, die Songs sind besser und auch die Grundstimmung ist eine Bessere. Bei der vorhergehenden Platte waren wir auch ein bisschen nervös, weil wir uns gerade erst wieder zusammen getan hatten. Diesmal haben wir uns mehr Zeit genommen und ich denke, es ist das beste Album geworden, das ich bisher gemacht habe.

Stephan:
Du findest also im Gegensatz zu früher nicht mehr, dass "Just Add Life" (1996) euer stärkstes Album ist?

Ricky:
Zu dem Zeitpunkt, als wir "Just Add Life" gemacht haben, war es sicherlich unsere beste Platte, aber jetzt kann ich sagen, dass die neue Scheibe noch etwas stärker geworden ist.

Stephan:
Warum hat Floyd London (Bass) die Band verlassen?

Ricky:
Floyd hat uns nach der Show zu Weihnachten in London verlassen. Er sagte uns, dass er nicht mehr voll und ganz hinter der Musik steht. Er hatte zu Hause nicht gespielt und auch keinen Bock mehr auf Touren. Er wollte sich an einem Platz niederlassen und er spielt jetzt gar keine Musik mehr. Das ist traurig, aber ich habe seine Entscheidung zu akzeptieren.

Stephan:
Wie gut konnte Gav Gray diese Lücke schließen?

Ricky:
Gav war bei den Auditions, als wir einen neuen Bassisten suchten. Er kam vorbei und es war eine Sache von zwei Minuten und dann hatte er den Job.

Stephan:
Wo liegen eure musikalischen Wurzeln?

Ricky:
Ich denke, die Wurzeln liegen bei den RAMONES, MOTÖRHEAD, AC/DC und THE CLASH. Das ist das, wo wir herkommen.

Stephan:
Fühlst du dich mehr zum Hard Rock, Punk oder Heavy Metal hingezogen?

Ricky:
Eigentlich eher Hard Rock und Punk, denn das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Ich hab mir damals zwar auch viel von IRON MAIDEN angehört oder auch die frühen METALLICA. Aber groß geworden bin ich mit Bands wie ANTI NOWHERE LEAGUE und THE EXPLOITED. Das war, als ich so vierzehn, fünfzehn war und das war absolut mein Ding.

Stephan:
Gibt es schon Tourpläne?

Ricky:
Ja, wir touren demnächst durch UK und Irland bis zu Weihnachten. Im neuen Jahr werden wir dann auch rüber nach Europa (Die Briten meinen damit das europäische Festland. - Anm. d. Verf.) kommen.

Stephan:
Werdet ihr auch in Deutschland spielen?

Ricky:
Ja.

Stephan:
Sind schon irgendwelche Dates bestätigt?

Ricky:
Nein, da ist noch nichts sicher. Wir sind noch in der Phase, wo wir die Tour erstmal grob planen.

Stephan:
Werden eigentlich eure Songs bei euch zu Hause im Radio gespielt?

Ricky:
Ja, es gibt hier ein paar Rock Stations und da haben wir ein bisschen Airplay, was großartig für uns ist.

Stephan:
Nutzt du Online-Medien, um dich über Musik auf dem Laufenden zu halten?

Ricky:
Ja, das mach ich.

Stephan:
Aber findest du es nicht ziemlich doof, dass man Online-Magazine nicht auf dem Klo lesen kann?

Ricky:
Exakt! (lacht) Das ist wohl der einzige Nachteil von Online-Mags. Aber ich nutze das Internet schon und schaue mir vor allem gerne die Bandwebseiten an.

Stephan:
Was steht bei euch als Nächstes an?

Ricky:
Das Nächste ist die Tour in UK und natürlich auch noch ein bisschen Promotion für das neue Album.

Stephan:
Was können wir von euch in Zukunft noch erwarten?

Ricky:
Ich hoffe, dass wir im Frühling rüber nach Europa kommen und ein paar Headlining-Shows machen können. Denn das letzte Mal, als wir in Deutschland waren, haben wir ja D:A:D supportet. Das war zwar cool, aber jetzt wollen wir auch mal bei euch headlinen. Die Tour wird dann sicherlich bis Ende des Jahres dauern und dann werden wir uns bestimmt wieder im Studio einnisten.

Stephan:
So, damit sind wir fertig. Vielen Dank und hoffentlich sehen wir uns bald in Deutschland.

Ricky:
Wir werden definitiv im nächsten Jahr rüberkommen. Tausend Dank und tschüss.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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