GODSLAVE: Interview mit Bernie
04.07.2017 | 11:51Bernie von GODSLAVE war schon immer ein Mann der deutlichen Worte! Zum aktuellen Thema "Crowdfunding", welches seit einigen Jahren immer weiter an Präsenz zunimmt, hat er eine ganz eigene Meinung, die auch mit dem aktuellen GODSLAVE-Projekt verstrickt ist. Was das Prozedere mit der Band, einer Live-CD und einem Bus zu tun hat, erklärt uns Bernie im Folgenden höchstpersönlich. Und weil er Crowdfunding in seiner Gänze einmal erklärt, dürfte sich danach jeder sein eigenes Bild zu diesem Thema machen können. Aber genug gefaselt, lassen wir den GODSLAVE-Klampfer einmal zu Wort kommen.
Bernie, mein Guter, ich grüße dich. Wie geht es dir?
Marcel, vielen lieben Dank, ich sitze gerade auf meinem Balkon bei großartigem Sommerwetter und genieße den Sonntag, mir geht es also prächtig. Ich schreibe gerade Lyrics für unser neues Album, bin also wie immer busy, hehe!
Fangen wir einmal gemächlich an: Was hat sich nach "Welcome To The Green Zone" im Hause GODSLAVE in den letzten 15 Monaten so getan?
Wow, wo soll ich anfangen? "Green Zone" kam ja im März 2016 auf den Markt, danach sind wir zwei Monate jedes Wochenende durch ganz Deutschland gedüst, zum zweiten Mal mit unseren Lieblingskumpels von ERADICATOR. Im Sommer haben wir für TESTAMENT eröffnet, das war ganz großartig und der Herbst war dann weniger schön. Wir haben uns im Oktober 2016 von unserem zweiten Gitarristen getrennt, der seit der Gründung dabei war, was für uns und für ihn wirklich keine schöne Sache war. Die Nachwehen haben sich dann noch einige Zeit gezogen. Zwischendurch mussten/durften wir unsere sehr guten Freunde von HATRED mit einem tollen Abschlusskonzert verabschieden. Das war einerseits sehr traurig, aber auch sehr schön. Es war ein tief emotionaler Abend mit vielen Tränen, denn wir lieben diese Jungs.
Danach ging es dann langsam bergauf, ein neuer/alter Mann hat die Band Ende 2016 komplettiert. Manni, unser neuer Gitarrist, der uns über die Jahre schon viele Male ausgeholfen hat, ist jetzt fest in der Band und dadurch hat sich bei uns alles verändert. Wir haben nun einen neuen Hauptsongwriter, der in allem, was er tut, unglaublich gut und engagiert ist, und dadurch haben wir einen riesigen Motivationsschub erhalten. Seit Anfang 2017 konzentrieren wir uns nun voll aufs Songwriting und die Crowdfunding-Kampagne für unseren Band-Bus.
Crowdfunding - mit diesem Thema habt ihr euch ja in den letzten Monaten ausgiebig beschäftigt. Erkläre doch mal, was es damit auf sich hat und warum ihr euch zu diesem Schritt entschlossen habt.
Man spricht von Crowdfunding, wenn durch eine Menge von Menschen mit kleinen Beiträgen ein vergleichsweise großer Betrag zusammen kommt und damit eine Idee oder ein Projekt realisiert werden kann. Crowdfunding wird über eine digitale Plattform im Internet abgewickelt.
Wir überlegen und planen an dieser aktuellen Kampagne bereits seit Sommer 2016 und das kam so: Wir sind bisher immer mit meinem Privatauto auf Gigs gefahren, weil es das einzige Auto war, in das 5 Leute und die Tonnen an Equipment gepasst haben. Über die Jahre und nach abertausenden Kilometern hat sich allerdings die Überlastung des Autos ganz stark bemerkbar gemacht und ich musste immer öfter in die Werkstatt. Durch viel Ausprobieren mit gemieteten Fahrzeugen etc. wurde dann schnell klar, dass kein Weg an einem eigenen Band-Bus vorbeiführt. Mit zwei Autos zu fahren oder für jeden Auftritt ein Fahrzeug zu mieten, würde bedeuten, dass wir in Zukunft bei jedem Auftritt mit einem Minus heimkommen, also quasi für die Gigs zahlen. Und das kann's ja auf Dauer nicht sein, unser Ziel war es immer Null auf Null rauszukommen.
Wir brauchten also einen Bus und sowas kostet, auch wenn wir natürlich einen älteren, gebrauchten anvisieren. Da wir aber bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen hatten, für unsere nächste Albumproduktion, -vermarktung und -veröffentlichung zu sparen (für diejenigen, die sich vielleicht kein Bild davon machen können: Mit allem Drum und Dran können das bei einer Selfmade-Band wie uns schnell mal 10.000 Euro werden) hatten wir auch auf längere Sicht keine Chance, einen Bus zu finanzieren.
Wir haben in den letzten zwei Jahren bereits zwei erfolgreiche Kampagnen gemacht (für unsere LP und ein Video) und sehr gute Erfahrung mit Crowdfunding gehabt. Deshalb haben wir bereits im Sommer 2016 gemeinsam beschlossen, es mit einer weiteren Kampagne zu versuchen.
Die Fans bekommen dafür aber einen mehr als netten Mehrwert. Denn neben exklusiven Sachen mit euch persönlich gibt es auch noch etwas noch viel Exklusiveres, nicht wahr?
Wir haben sehr lange darüber nachgedacht und auch sehr viel mit unseren engsten Freunden um die Band herum gesprochen, was wir anbieten könnten, um die notwendigen 5.000 Euro zusammen zu bekommen. Denn Crowdfunding hat nichts mit "um Geld betteln" zu tun, sondern man bietet seinen Fans etwas an, was sie sonst nicht bekommen können und was die Band sonst auch nicht machen würde. Die Fans, die Supporter, suchen sich dann aus, was sie haben möchten und aus den vielen, kleineren Beträgen kommt dann hoffentlich der vergleichsweise große Betrag zusammen, mit dem der Bus finanziert werden kann.
Wir hatten die Möglichkeit, bei unserer Homecoming-Show im November eine professionelle Live-Aufnahme zu machen und diese genutzt. Diese Live-CD wird es ausschließlich über die Kampagne, die bis zum 11. Juli läuft, geben. Sie wird limitiert auf genau die Anzahl, die im Rahmen der Kampagne vorbestellt wurde und handnummeriert. Nach dem 11. Juli wird es die CD nicht mehr geben, wer also Lust drauf hat, den lade ich herzlich dazu ein, sich unsere Kampagne anzuschauen: https://www.startnext.com/godslave-bus.
Im Endeffekt ist Crowdfunding nichts anderes, als eine Vorbestellung über einen Webshop. Ob wir nun über unseren Shop etwas zur Vorbestellung anbieten und mit dem Gewinn einen Bus finanzieren oder ob wir das über ein Crowdfunding in Zusammenarbeit mit einer etablierten und sicheren Plattform wie Startnext machen, macht für den "Käufer" keinen Unterschied.
Der einzige Unterschied im Prozedere ist: Wenn die Kampagne nicht erfolgreich wird, dann können wir keinen Bus finanzieren, aber auch keine Live-CD machen. In dem Falle erhält jeder Supporter sein Geld zurück und wir haben schlicht Pech und bekommen gar nix, hehe.
Neben der CD bieten wir auch Sachen wie ein privates Skype-Konzert, Whisky-Tasting, einen Sponsorenplatz auf dem Bus, einen Zipped-Hoodie, ein Shirt und weitere Dinge an, auf die vielleicht der ein oder andere Lust hat.
Hattet ihr im Vorfeld schon Erfahrung in diesem Bereich? Oder selbst einmal mit dieser Kampagne Bands unterstützt?
Wir haben bereits zwei Kampagnen erfolgreich abgeschlossen. Einmal ging es um die Finanzierung der LP zum Album "In Hell", beim zweiten Mal um unser Comic-Video zum Song 'Bloodbound Pack' vom letzten Album. Beide Dinge waren für uns unmöglich umzusetzen, weil wir beide Male all unser privates Geld in die Albenproduktionen gesteckt hatten. Wir sind heute also in genau der gleichen Situation wie damals.
Ich selbst liebe Crowdfunding, weil es ein tolles Instrument ist, das kleinen Bands, die keinen finanziellen Support von außen erhalten, die Möglichkeit gibt, weiter zu kommen. Früher konnte eine Band ohne Label gar nichts erreichen. Der Labelvertrag war der Ritterschlag und die einzige Chance auf Erfolg. Durch die Digitalisierung und die weltweite Vernetzung ist es heute möglich, dass sich eine Band ohne finanziellen Support einer Firma gemeinsam mit ihren Fans entwickeln kann. Die Band und ihre Fans ergeben quasi eine Einheit und entscheiden gemeinsam, was umgesetzt wird. Eine Plattenfirma, die nur ihren Gewinn auf dem Zettel hat, muss hier keine Rolle mehr spielen. Die Kontrolle liegt also voll in den Händen der Band und ihrer Fans und das ist großartig.
Wir haben den selbstbestimmten Weg ohne Label bewusst gewählt - so steinig, brutal und kompromisslos er auch manchmal ist - weil wir selbst für unseren Erfolg verantwortlich sein wollten und ungern Kontrolle abgeben. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht auch mal mit einem Label zusammenarbeiten würden, das kommt ganz auf den Deal an. Selfmade heißt aber nicht nur, dass man die Kontrolle hat und alles selbst tun muss, sondern dass man eben auch alles selbst finanzieren muss und das tun wir seit Jahren aus privater Tasche. Das hat dann auch irgendwann seine Grenzen, das ist klar. In genau dieser Situation sind aber ganz viele Bands, wir sind hier also wahrlich nicht alleine.
Mit Crowdfunding ist es nun möglich, dass die Fans, die zum Beispiel ein Album haben wollen, dieses vorfinanzieren und nicht im Nachhinein, sondern vorab die Produktion bezahlen. Der Unterschied ist hier einfach, dass das "im Nachhinein" unter Umständen bedeutet, dass es keine CD oder viel später eine CD geben wird. Beim Vorab-Finanzieren entstehen für alle nur Vorteile. Die Band kann die Produktion zahlen und der Fan ist Teil des Prozesses und bekommt meist sogar cooles Zeug von der Band, das es im normalen Verkauf nicht geben würde.
Ich kann nur jeder Selfmade-Band raten, Crowdfunding auszuprobieren und zwar gerade TROTZ der Tatsache, dass ein kleiner, aber lauter Teil der Metalszene in Crowdfunding den Antichristen sieht, es nach wie vor als "um Spenden betteln" bezeichnet und auch nie verstehen will, worum es eigentlich bei der ganzen Sache geht. Der Großteil freut sich über die coolen Sachen, die man anbietet und freut sich auch, die Band unterstützen zu können.
Jungs, Bernie - du weißt, ich bin schon seit vielen Jahren ein großer Fan eurer Musik und hoffe sehr, dass du mir die Fragen zum nächsten Interview aus dem eigenen Bus aus beantworten kannst, hehe. Sprechen wir einmal Tacheles: Wie viel braucht ihr und wie weit seid ihr noch davon entfernt?
Das wäre natürlich großartig, wir laden dich gerne auch mal zu einem Spritztour-Interview oder einfach nur mal einem Bierchen ein, hehe.
Wir haben viel recherchiert und werden mit 5.000 Euro wohl einen Bus bekommen können, der uns ein paar Jahre sicher zu unseren Auftritten fahren wird. Wir sind derzeit in Richtung Hälfte des Betrages unterwegs [inzwischen hat die Band die 5.000-Euro-Marke fast geknackt - Anm. d. Red.] und ich bin zuversichtlich, dass es klappen wird. Wir möchten natürlich auch die Live-CD machen, die Aufnahmen sind nämlich echt gut geworden.
Gibt es deiner Meinung auch Nachteile an der Crowdfunding-Aktion? Wer kam von euch auf die Idee? Kläre uns doch auch mal auf, was es da in der Vergangenheit mit WINTERSUN gab.
Es gibt meiner Meinung nach zwei Nachteile beim Crowdfunding. Erstens: Es ist unfassbar viel Arbeit! Wir planen wie gesagt schon seit Sommer 2016 und in der heißen Vorbereitungsphase habe ich tagelang nichts anderes gemacht, als an der Kampagne zu arbeiten. Zweitens: In der Metalszene gibt es eine kleine, aber laute Gruppe, die wie oben beschrieben Crowdfunding aus Prinzip scheiße finden will und sich deshalb auch immer wieder gerne entsprechend äußert. Das ist anstrengend, aber so ist es im Metal nun mal. Die Szenepolizei ist überall und ihr Mundwerk ist niemals geschlossen. ;)
Bei WINTERSUN war es wie folgt: Die Band ist bekannt für pompöse, aufwendige Produktionen, sie wird von ihren Fans dafür geliebt und von Kritikern gehasst. Für ihr neues Album und um einen Teil des eigenen Studios zu finanzieren, haben die Jungs eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Die Kampagne und vor allem der Inhalt hat in der "Szene" einen Riesenaufschrei und über Wochen hinweg Hasstiraden provoziert, besonders von denjenigen, die WINTERSUN und die Musik der Band sowieso kacke finden. WINTERSUN hat über diese Kampagne ein Package zum neuen Album angeboten, das das Album, ein aufwendiges digitales Booklet, einzelne Spuren zum selbstmixen oder neu arrangieren, Remixes ihrer ersten Alben und mehr enthält. Das Package hat je 50 Euro gekostet.
Was war das Ende vom Lied? 9.330 Personen aus der ganzen Welt haben diese Kampagne unterstützt und am Ende sind insgesamt 465.000 Euro (!!) zusammen bekommen. Auf der einen Seite gab es also einen kleinen, aber extrem lauten Teil der Metalszene, der Zeter und Mordio geschrien und einen heftigen Shitstorm losgetreten hat. Auf der anderen Seite stehen über 9.000 Menschen, die dieses Package unbedingt haben wollten, 9.000 WINTERSUN-Fans, die die Idee hinter der Kampagne und das Angebot cool fanden und dafür ihr Geld ausgeben wollten.
Die Frage, die sich mir bei sowas stellt: Warum lässt man die Leute nicht einfach machen, was sie für richtig halten und was ihre Fans gut finden und hält sich einfach raus, egal, was man davon hält? Warum muss man immer anderen Vorwürfe machen, was sie alles falsch machen, egal ob man der Adressat solcher Aktionen ist oder nicht, und alles daransetzen, sich gegenseitig zu zerfleischen?
Da hast du vollkommen recht. Zudem steht ja auch Ende des Jahres ein neues Album an, nicht wahr? Kannst du uns schon einen kleinen Ausblick geben?
Genau, die Songs sind alle fertig, wir werden sogar mehr aufnehmen, als nachher auf dem Album landen. Unser neuer Gitarrist hat einen guten Teil des Albums geschrieben und durch diese neuen Einflüsse werden wir natürlich auch anders klingen als vorher. Ich bin sehr gespannt, wie der neue Sound ankommt! Wir selbst sind restlos begeistert, aber wir würden auch keine Songs aufnehmen, wenn wir nicht begeistert wären. Wenn die ersten Songs Anfang 2018 online kommen, dann hört einfach mal rein und macht euch ein Bild, ob GODSLAVE für euch was ist oder nicht.
Noch eine letzte Frage zur Live-CD. Wo wurde diese aufgenommen und welche Erinnerungen hast du persönlich an den Gig?
Die Live-CD wurde am 19. November 2016 in unserer Heimat Saarbrücken aufgenommen. Wir spielen einmal im Jahr dort eine Homecoming-Show. Die Show war deshalb so besonders, weil wir damals offiziell nur zu viert waren. Patrick Meyer von SURRENDER THE CROWN hat uns ausgeholfen, ein Hammertyp und unfassbar guter Gitarrist.
Für uns vier war dieser Gig etwas ganz besonderes, weil wir zum ersten Mal mit einem "neuen" Gitarristen vor unserer Heimat-Crowd gespielt haben. Wir waren sehr nervös und unsicher, wie die Show ankommt. Die Reaktionen danach waren durchweg positiv und haben uns in unseren Entscheidungen zu 100% bestätigt. Dieses Konzert war für uns der "Benchmark", wie es mit GODSLAVE weiter geht, full force forward. ;)
Bernie, euch alles erdenklich Gute mit dieser Aktion - ich wünsche es euch aus tiefstem Herzen! Was hast du noch auf deinem Herzen und möchtest du noch loswerden?
Ich danke dir ganz herzlich für dieses Interview und die Chance, etwas über Crowdfunding erzählen zu können. Ich möchte als Fazit gerne folgendes loswerden: Es ist eine Möglichkeit, sich stets laut darüber auszulassen, was andere so schlecht und so falsch machen und warum sie das alles gefälligst ändern sollen. Eine andere Möglichkeit wäre, sich einfach nicht darum zu scheren, was andere tun und sich auf sich selbst zu konzentrieren und einfach die Musik zu genießen, die man mag. Die Entscheidung ist jedem frei.
Ach ja, ich hab ja noch gar keine kapitalistische, schamlose Staubsaugervertreter-Werbung gemacht, das muss ich selbstverständlich noch nachholen. Schaut doch mal auf unserer Kampagne, die noch bis zum 11. Juli läuft, vorbei, wenn ihr mögt: https://www.startnext.com/godslave-bus. Wir freuen uns über jedes gebuchte Dankeschön. Heavy Metal is the law und so!
- Redakteur:
- Marcel Rapp