Gruppentherapie INCURA - "Incura"
23.02.2014 | 13:55Und hier die Gruppentherapie zum Soundcheck-Sieger 02/2014. Wir sind stolz, Euch einen spritzigen Newcomer vorstellen zu können.
Doch "Incura" würde nicht so unterschiedliche Geschmäcker befriedigen, wie sie im Soundcheck-Team vorhanden sind, wenn es nicht um Eigenständigkeit bemüht wäre. So ragen das freakige, zwischen Zirkusnummer und Musical pendelnde 'Who you are', die bewegende Ballade 'Decide' (gute Balladen trennen die Spreu vom Weizen!) und das fast unverschämt eingängige 'The Greatest Con' besonders heraus und zeigen, dass diese junge Band genug Energie und Selbstbewusstsein besitzt, um auch live voll zu überzeugen. Mal sehen, wie die Zukunft für diese Burschen aussieht, aber ich prognostiziere eine bewegende und glanzvolle. Ob sie auch erfolgreich wird, entscheidet ihr!
Note: 8,5/10
[Thomas Becker]

Dynamik. Das ist das erste Zauberwort. Wenn auch viel missbraucht und scheinbar generisch in seiner Bedeutung. INCURA ist die Klang gewordene Dynamik. Alles auf diesem Album strebt nach vorn, nach oben, ans Tageslicht. Darum ist vor allem der Vergleich zu den grandiosen SAIGON KICK so zutreffend. Diese Musik will nicht weniger als deine und meine Seele erobern. Wer einmal mutig in diesen magischen Maelstrom gesprungen ist, kann ihm einfach nicht wieder entrinnen. Authentisch ist der zweite Schlüsselbegriff. Egal was Sänger Kyle macht, ob er den inbrünstigen Alternative Rocker oder die alberne Variete-Tucke gibt, ich nehme es ihm ab. Theatralisch bedeutet eben nicht dasselbe wie gekünstelt. Auch als Paradiesvogel auf den Brettern, die irgendwann einmal die Welt bedeuteten, kann man absolut authentisch und eindringlich spürbar sein. Leute wie Freddy Mercury oder Perry Farrell (JANE'S ADDICTION) haben es einst vorgemacht. Kommen wir zur Freigeistigkeit. Jeder Versuch INCURA stilistisch einzuordnen, ist zum Scheitern verurteilt, denn diese Band schert sich nicht um Schablonen. Erlaubt ist, was rockt, bewegt und gefällt. Das macht aus diesem Album so ein wunderbares, grenzensprengendes Abenteuer. Bei den ersten Spins habe ich mich gefühlt wie Alice im Wunderland - erfüllt von Funken sprühender Magie. Seitdem ich das große Glück hatte die letzten zwei, drei Wochen mit Bands wie VANISHING POINT, SLOUGH FEG oder eben INCURA verbringen zu dürfen, verstehe ich noch weniger, wozu man eigentlich diese ganzen 08/15-Reißbrett-Combos da draußen noch braucht. Musik kann so schön sein. Danke, INCURA!
Note: 9,0/10
[Martin van der Laan]

Note: 6,5/10
[Holger Andrae]
Die Frage "Was ist das?" bleibt beim Ersthören von "Incura" nicht lange im Raum stehen. Wo andere Bands mit stoischem Geholze "keine Gefangenen" machen, können diese Kanadier sehr schnell gefangen nehmen. Die Musik klingt ausgefallen bis überdreht, aber nicht anstrengend und ist insbesondere mit diesem theatralischen Musical-Touch, aber auch in puncto Abwechslungsreichtum extrem unterhaltsam.

Note: 9,0/10
[Stephan Voigtländer]
Hätte ich nur mal gelesen, was Kollege Van der Laan schreibt; gleich als erstes Wort auch noch. Aber vielleicht ist das auch ganz gut, wenn man unbedarft an dieses Album heranpirscht, denn wie die Kollegen ja schon zeigen: Vergleiche zu ziehen fällt schwer und führt in die Irre. Festhalten lässt sich indes, dass die Band einen sportlich-dynamischen Bewegungsdrang hat, den sie in ein modernes wie abwechslungsreiches Album kanalisiert, irgendwo im ebenso weiten wie undeutlichen Feld des Alterna-Prog. Und wie der geschätzte Holg schon weiter oben schreibt: zwischen poppigen Flächen, moderner, ausgefeilter Rhythmik und dicken Riffs trifft die Umschreibung mit 30 SECONDS TO CAMBRIA die Musik ganz gut. Doch so gut wie der Rundling mit "Who You Are" anfängt, so sehr nutzt sich die Musik bei mir auf Dauer ab. Das fängt bei Sänger von Kyle an, der mir zu aufgesetzt wirkt, so dass ich am Ende weiß, wie er als Musicalstar, als Rocker oder Schreihals klingen kann - aber kaum, wie Kyle Gruninger denn nun am Ende selbst klingt. Insofern widerspreche ich Martin und Stephan entschieden, bei aller Abgehobenheit fehlt mir die Bodenhaftung, das entscheidende Quäntchen, das Paradiesvögel für gewöhnlich authentisch wirken lässt. Positive Ausnahme ist hier vor Allem das Schlusswort 'Sweat Runs Cold', bei dem Kyle doch noch alles von sich zu offenbaren scheint.
Letztlich lande ich damit fast direkt neben Holger, denn auch bei mir läuft die Musik auf Dauer an mir vorbei. Wie der Kollege schon treffend feststellt, fehlt einfach der Ausbruch aus der klanglichen Einbahnstraßendimension um den einzelnen Songs eigenes Leben einzuhauchen, und wenn es nur z.B. durch simple Laut-Leise-Dynamik wäre. So reicht es unterm Strich für magere 7,5 Zähler.
Note: 7,5/10
[Simon Volz]
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- Thomas Becker