Gruppentherapie: BARREN EARTH - "On Lonely Towers"

01.04.2015 | 00:10

AMORPHIS? OPETH? HAMFERD? Nein, BARREN EARTH ist Dritter im März-Soundcheck. Hier das Ergebnis der therapeutischen Sitzung.

BARREN EARTH konnte schon einmal im Soundcheck (03/2012) überzeugen. "The Devil's Resolve" konnte ausnehmend gute Noten einheimsen und "On Lonely Towers" schafft es nun sogar auf das Treppchen. Aber auch außerhalb des Soundcheck-Teams können die finnischen Melancholiker überzeugen. Klar, finnischer Metal hat eben viele Fans.

Als erstes wichtigstes Addendum zu Nils' ansonsten voll ins Schwarze treffendem Review muss erwähnt werden, dass sich bei BARREN EARTH heimlich ein neuer Vokalist eingeschlichen hat. SWALLOW THE SUN-Grunz-Jodler Mikko Kotamäki wurde durch den faringischen HAMFERD-Grunz-Jodeler Jón Aldará ersetzt und dies ist meines Erachtens ein absoluter Glücksgriff. Bei HAMFERDs oft sehr zähem Slow-Motion-Doom kommt mir Herr Aldarás stimmliche Variabilität bisweilen ein wenig wie Perlen vor die Säue vor, hier ist der Mann aber in der richtigen Band! Denn die Musik kann man gerne als "Alles-Metal" bezeichnen und Aldará kann alles singen (erlebt beim HAMMER OF DOOM-Festival!). Wir haben hier die morbide Grabes-Stimmung des Death Metal (bei diesem Sänger ist auch jegliches Vorurteil meinerseits gegen tiefen Growl-Gesang pulverisiert), breite angelegte Epik, immer wieder Progressives, sowohl im Sinne der Seventies (PINK FLOYD bis SUPERTRAMP) als auch der Nineties (Traumtheatersche Technik) und immer viel Melodie, viel Emotion, etwas Drama und dazu diese wunderbare finnische AMORPHIS-Melancholie. Als Belege für diese Behauptungen kann man eigentlich jedes Lied als Hör-Beispiel nennen, aber beim gerade laufenden 'Set Alight' geht mir grad so richtig einer ab und ich verstehe sogar Nils' OPETH-Vergleich. Klingt aber trotzdem total anders. Eigen. Kann sein, dass meine acht Zähler hier etwas zu knauserig waren. Aber hach, es gibt soooo viel tolle Musik! Genießen!

Note: 8,0/10
[Thomas Becker]

Ein Bekannter von mir meinte, wenn man ein Fan von den älteren AMORPHIS-Scheiben ist, kommt man an BARREN EARTH nicht vorbei. Nicht nur, weil Urgesteine wie Olli-Pekka Laine und Kasper Mårtenson (beide ex-AMPORPHIS) dabei sind, sondern auch, weil die Band es wirklich schafft, den Zeitgeist des damaligen Sounds auch heute noch zu treffen. Erneut begegnen sich auf diesem dritten Album düstere Trägheit und eine unglaublich intensive Atmosphäre, zumal sehr prägnante und absolut hochwertige Gitarrensoli und ein gewisser Hang zum Progressiven das Ganze gekonnt abrunden. Aber wie schon Kollege Thomas anmerkt, gibt es nun einen neuen Sänger und man stellt fest, dass sich das Klangbild ein wenig verschoben hat. Denn Jon Aldará bringt mit seiner tiefen Stimmlage noch eine Spur mehr Dramatik in die Musik. Vor allem die doomig angehauchten Songs wie 'Howl' oder 'On Lonely Towers' profitieren ungemein davon und haben absoluten Gänsehaut-Charakter! So darf sich "On Lonely Towers" jetzt schon zu meinen Lieblingsscheiben des Jahres zählen!

Note: 9,0/10
[Hang Mai Lee]

Das mir bislang nur rudimentär bekannte Allstar-Team liefert mein bisheriges Überraschungs-Highlight des Jahres ab. "On Lonely Towers" weckt in mir wilde, keineswegs vollständige Assoziationen, die vielleicht ansatzweise die hohe Musikalität dieses Projekts verdeutlichen: Da wäre natürlich viel, viel OPETH, jedoch mit geringerer Tendenz zu "dudeligen", sondern eher zu weitläufigeren Melodien im Vergleich mit den Schweden. Die akustischen Passagen hingegen könnten gut und gerne von altem ULVER-Material abstammen. Gerade in diesen verdeutlicht sich die Vielschichtigkeit der Arrangements. In 'Chaos The Song Within' schwingt man sich beispielsweise ganz ohne Keyboardstreicher-Gekleister in fast schon symphonische Höhen auf und der bereits von meinen Kollegen gelobte Jón Aldará setzt dem Ganzen dann die Krone auf. Mögen seine Growls vielleicht noch "normal" wirken, so strahlt sein inbrünstiger Klargesang umso heller. Und auch zu den Solokünsten eines KREATOR-Sami muss man eigentlich keine weiteren Worte mehr verlieren.

Note: 9,0/10
[Christian Schwarzer]

Wer bei den Worten "finnische Supergroup" an eine Mischung aus symphonischem Gothic Metal mit Sängern, alkoholgetränktem Folk Metal und Melo-Speed-Gefrickel à la STRATOVARIUS denkt, der dürfte bei "On Lonely Towers" eine Überraschung erleben. Denn diese Truppe hat sich aus der Heimat eher die Melancholie früher AMORPHIS mit deren späterer Vorliebe für progressive Klänge der 70er ausgeborgt, sie mit dem Genregespür von OPETH verbunden und - eine Assoziation, die noch keiner meiner Kollegen genannt hat - eine gewisse nordische Kälte wie bei der Soundcheck-Konkurrenz ENSLAVED hinzugefügt. Das Ganze wird von einer Reihe ausgewiesener Könner zusammengerührt, die es tatsächlich schaffen, einen eigenen Bandsound und ein in sich geschlossenes Klangbild zu erschaffen. Das macht eine ganze Menge Freude und sichert BARREN EARTH einen hochverdienten Platz auf meiner Einkaufsliste. Als besonderen Bonus möchte ich außerdem noch den Saxophon-Einsatz im starken 'Sirens Of Oblivion' anführen.

Note: 8,0/10
[Raphael Päbst]

Redakteur:
Thomas Becker

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