Gruppentherapie: FLOTSAM & JETSAM - "Flotsam & Jetsam"

25.05.2016 | 12:30

Wachsen dem Thrash-Metal-Dino noch einmal Flügel?

Wie der Vormonats-Sieger VEKTOR konnte auch FLOTSAM & JETSAM auf eine Soundcheck-Goldmedaille eine zweite folgen lassen. Wer erinnert sich? Genau, fünfeinhalb Jahre ist "The Cold" schon alt. Ist "Flotsam And Jetsam" wirklich genauso gut? Unsere Therapeuten wissen das natürlich.

Das Highlight des Monats kommt nicht ganz unerwartet von den Flotzies, die mit ihrem zwölften Werk mal wieder zeigen, dass sie ganz sicher nicht zum alten Eisen gehören. Im Gegenteil, der begnadete Sänger Eric AK und seine Posse setzen auf den Vorgänger "Ugly Noise", der schon nicht von schlechten Eltern war, locker einen drauf. Die Band strotzt vor Power und bläst auch mal wieder komplette Speedster wie 'Taser' ins Rund, dazu Hymnen wie 'Seventh Seal' oder 'Monkey Wrench', und ich weiß wieder, warum ich die Band schon immer geliebt habe. Dabei bedient sich FLOTSAM AND JETSAM gehörig der eigenen Diskographie, angefangen bei "Drift" in besagtem 'Monkey Wrench', den frühen Alben wie bei 'Forbidden Territories' bis zur Endneunziger-Phase wie bei 'Verge Of Tragedy'. Das ist cool und macht das Album zu einer Art Flots-Essenz. Dazu noch die augenzwinkernde und einfach großartige Verbeugung vor einer der größten Metalbands namens 'Iron Maiden', und fertig ist ein potentielles Jahreshighlight. Ich habe nichts zu meckern.

Note: 9,0/10
[Frank Jaeger]


Meine Herren, was ist das bitte für ein fetter Sound? Die Rede ist von der neuen, selbstbetitelten FLOTSAM & JETSAM-Scheibe, die mir ab der ersten Sekunde wirklich außerordentlich gut gefällt. Was Erik und Co. seit Jahren können, wissen Frank und der Rest unserer Redaktion nur zu gut, doch ist es im Speziellen dieser saftige, satte Sound, diese bockstarke Produktion, die den Songs das gewisse Extra verleiht. So wird "Flotsam & Jetsam" zu 100%iger Sicherheit eine Scheibe sein, die ich auch in zwei, fünf, zehn Jahren immer noch furchtbar gerne hören, zu Songs wie 'Seventh Seal' oder 'Iron Maiden' mein kurzgeschorenes Haupthaar schütteln und Loblieder über diese einzigartige Band singen werde. Das Singen wird mir jedoch leider nicht so gut gelingen wie Erik auf dieser Platte. So ist es auf der einen Seite keine Überraschung, dass wir eine Band wie FLOTSAM & JETSAM neben DEATH ANGEL auf dem Treppchen begrüßen dürfen, auf der anderen Seite jedoch schon, wenn man die souveräne Art und Weise dieser Platte dabei beachtet.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]

Also Marcels Aussage muss ich hier widersprechen, denn ich war mir lange Jahre nicht sicher, ob die amerikanischen Thrash-Urgesteine es wirklich noch drauf haben. Die "Doomsday For The Deceiver" war eine der ersten Thrash-Scheiben, die mich so richtig packen konnte, doch ist sie bis heute auch die einzige Platte von FLOTSAM AND JETSAM, die den Weg in meine Sammlung gefunden hat. Alles was danach kam, fand ich doch eher belanglos und langweilig. Bis heute, denn der neue selbstbetitelte Silberling ist ein Biest von einem Album, das schon mit der eröffnenden, orientalisch angehauchten Abrissbirne 'Seventh Seal' zum gepflegten Nackenmuskel-Training einlädt. Auch der Rest des Materials steht dem Opener in nichts nach und demonstriert, wie Thrash Metal im Jahr 2016 klingen muss. Groovig, abwechslungsreich und vor allem fett produziert, so präsentieren sich die Flots auf ihrer neuen Langrille, womit sie locker Szenegrößen wie SLAYER in den Schatten stellen, die uns seit Jahren mit ihren immer gleichen Songs zu Tode langweilen. So gerne ich zu dieser Gruppentherapie auch ein paar kontroverse Gedanken beigesteuert hätte, am Ende kann ich meinen Vorrednern nur in allen Punkten zustimmen: FLOTSAM AND JETSAM ist zurück mit dem für mich stärksten Album seit der grandiosen "Doomsday For The Deceiver", und somit vielleicht schon der Thrash-Scheibe des Jahres. Grandios!

Note: 9,0/10
[Tobias Dahs]

Um es gleich am Anfang zu sagen: Was den Opener betrifft, kann ich die Begeisterung meiner Vorredner leider nicht teilen. Meiner Ansicht nach ist 'Seventh Seal' zwar ganz nett, aber so richtig Fahrt nimmt FLOTSAM AND JETSAM und die gleichnamige Platte für mich erst mit 'Taser' auf. Dafür zünden die Jungs hier ein echtes Feuerwerk und fackeln auch bei den nächsten Songs nicht lange. Nach einem langen Anlauf macht das neue Studioalbum von FLOTSAM AND JETSAM also erst richtig Spaß. Vor allem Freunde begnadeter Stimmen sollten hier zugreifen. Denn auch wenn die bereits angesprochenen fetten Gitarrenriffs und das ballernde Schlagzeug ganz klar den Takt vorgeben, Stimmwunder Eric AK lässt sich auch nicht bitten, die ganze Bandbreite seines Könnens unter Beweis zu stellen: Besonders 'Verge Of Tragedy' wird von dem Sänger stimmlich über die ganze Länge des Songs beinahe zelebriert. Für mich das Highlight auf der Platte. Stilistisch nehmen sich die Jungs kein anderes Vorbild als ihre eigenen Stücke und bleiben ihrer Linie die meisten Songs hindurch treu. Da gibt es auch wenige Ausreißer - einzig und alleine das Instrumental 'The Incantation' erinnert mich zuweilen doch stark an PANTERAs 'Cemetery Gates'. Was dem Gesamtwerk jedoch keinen Abbruch tut: Wenn FLOTSAM AND JETSAM sich erst einmal warm gespielt hat, ist dieses Album eine echte Freude für die Ohren und das CD-Regal sowieso.

Note: 8,0/10
[Leoni Dowidat]

Das "nicht ganz unerwartete" Monats-Highlight? Ich mochte ja sowohl "The Cold" als auch "Ugly Noise”, aber beide liefen in meinen Jahresabrechnungen doch eher "unter ferner liefen". Dieses Jahr könnte es aber in der Tat anders aussehen, denn mit "Flotsam And Jetsam" ist der Band ein echter Brecher gelungen. Ich hätte jedenfalls nicht erwartet, dass die neue VEKTOR erst einmal hinten anstehen muss, weil der CD-Player meist belegt ist. Und Leoni hat leider Unrecht: 'Seventh Seal' ist ein echtes Thrash-Brett, das ich der Band so nicht zugetraut hätte. Auch auf vielen 80er-Jahre-Thrash-Klassikern hätte der Song eine gute Figur gemacht. Auffällig ist dies vor allem, weil die letzten Flotzie-Scheiben eher modern-alternativ angehaucht waren. Klar, man merkt bei den folgenden Songs schon, dass das Album nicht 1987 auf den Markt kam und die 90er ihre (durchaus positiven) Spuren im Bandsound hinterlassen haben, aber bei den meisten Nummern regiert traditioneller Speed-Thrash-Metal, der der Band gut zu Gesicht steht. Zu dieser Ausrichtung passt auch der Track 'Iron Maiden'. Und dass dieser kein Cover, sondern eher Heroen-Verehrung ist, sei den Jungs schnell verziehen, denn es handelt sich um einen der besten Songs des bisherigen Jahres. Melodieführung, Twin-Gitarren und Riffs erinnern fraglos an die Jungfrauen, stecken aber etliche MAIDEN-Songs der letzten 15 Jahre (z.B. das komplette "The Final Frontier"-Album) recht locker in die Tasche, somit ist die Nummer auch für Nicht-Thrasher ein heißer Anspieltipp! Insgesamt bleibt mir die Aussprache einer Kaufempfehlung an alle, die sich noch nach dem ersten klassischen Thrash-Highlight 2016 sehnen (natürlich abseits der black-thrashigen neuen VEKTOR), und natürlich an alle, die der Band einen so großen Wurf nicht mehr zugetraut hätten. Ob ihr es glaubt oder nicht - hier ist er.

Note: 9,0/10
[Jonathan Walzer]

So viel Konsens? Dann bin ich also wieder derjenige, der meckern muss? Ich sage es ganz ehrlich, es fällt mir schwer, denn die Kollegen haben in allen Punkten recht. Ich versuche es aber trotzdem mal. Treffend wie ein alter Hase analysiert unser Küken Leoni, dass sich die Flotzies auf der Scheibe ziemlich "stiltreu" präsentieren. Was bedeutet, dass mir ein paar Songs auf Dauer doch ein wenig zu redundant vorkommen. Die stilistische Bandbreite des Vorgängers mundete mir da schon ein wenig mehr, allerdings war dort der Fehler, dass viele Songs einfach nicht viel besser als "gut" waren. Hier sind die guten Songs jedoch allesamt besser als die besseren Songs auf "Ugly Noise". Got me? Klar liegt das am Gesang, klar liegt das auch am Sound, der schön bissig daher kommt, und klar darf man deswegen jubeln. Aber diese Band hat auch ein Album names "The Cold" aufgenommen. Und dort befinden sich so unsterbliche Songs wie die Halbballade 'Better Off Dead' oder der epische Titelsong. Auch war dort der Sound noch wärmer, freundlicher, zugänglicher, größer. Sowas finde ich auf auf der neuen Scheibe nicht, und in dieser Hinsicht kann man die Rückkehr zum Speed/Thrash der 80er/90er auch als Rückschritt werten. Das will ich aber nicht mit Nachdruck tun, denn die Scheibe macht mit ein paar kleinen Abstrichen einfach Spaß.

Note: 8,0/10
[Thomas Becker]

Redakteur:
Thomas Becker

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