Gruppentherapie: HELLOWEEN-"Straight Out Of Hell"

23.01.2013 | 07:45

HELLOWEEN entern Platz zwei des Januar-Soundchecks. "Straight Out Of Hell" ist somit das erste Melodic-Metal-Highlight des junges Jahres 2013. Dazu hier die Gruppentherapie.





HELLOWEEN sind eines der faszinierendsten Phänomene der deutschen Metal-Landschaft. Allen Unkenrufen und Neidern zum Trotz gelingt es den Kürbis-Kriegern bis heute immer wieder, mit ihren neuen Werken für Maulsperren und Freudentaumel zu sorgen. Auch "Straight Out Of Hell" ist ein Album von dieser erlesenen Sorte, dem man ob seiner Schönheit und Erhabenheit einen Altar bauen möchte. Dampf auf dem Kessel haben Weiki und seine Mannen wie die Jungspunde, doch sie haben schon lange gelernt, wie man diese Energie in wunderbar geschwungene Spannungsbögen aus knackig-frischen Melodien, kompositorischer Eleganz und Ohrwurm-Hooks lenkt. Wenn man mit dem gigantischen 'Nabataea' – ein Song wie eine Kathedrale – erstmal eingefangen ist, lässt einen "Straight Out Of Hell" einfach nicht mehr los. HELLOWEEN verschmelzen mit so einzigartiger Klarheit und Selbstverständlichkeit kantige Härte mit Bombast, echter Dramatik und unwiderstehlichen Happy-Metal-Melodien, dass man aus dem Staunen kaum mehr heraus kommt. Ein Chorus wie bei 'Waiting For The Thunder' würde bei jeder anderen Band wohl allzu plüschig wirken – nur eben bei HELLOWEEN nicht. Ein tragender Pfeiler dieses neuen Meisterwerks ist Andi Deris' Gesangsleistung; der Mann scheint mit dem Alter immer besser zu werden. Zumindest setzt er die unterschiedlichen Facetten seiner Stimme hier grandios in Szene. Mit 'Live Now' und der Ballade 'Hold Me In Your Arms' sind allerdings auch mal wieder zwei Nummern dabei, die das atemberaubend hohe Niveau nicht halten können. Darum wird es auch dieses Mal nichts mit einer Höchstwertung. Das schmälert die Brillanz solcher Hammer-Songs wie 'World Of War' oder 'Make Fire Catch The Fly' nicht im Geringsten. Darum kann der Rat im Bezug auf "Straight Out Of Hell" nur lauten: KAUFEN!!!!

Note: 9,0/10
[Martin van der Laan]


Ja, da hatten es die Kübrisköpfe also satt, ihre neuste Veröffentlichung am gleichnamigen "Feiertag" zu kredenzen. Sei's drum, denn auf dem neusten Streich kehren die Urgesteine ein wenig zurück in alte Happy-Metal-Fahrwässer. Wurde der unmittelbare Vorgänger noch ein wenig düsterer und härter gestaltet, stehen nun abermals die Melodien und Ohrwürmer im Vordergrund, ohne den Härtegrad auch nur minimal einbüßen zu müssen. Angefangen beim experimentiellen Mammut-Beginn 'Nabataea' über 'Far From The Stars', 'Buring Sun', 'Years' bis zum Titeltrack, schaffen es HELLOWEEN in dreizehn Einheiten, dass meine Sinne Tango tanzen und mein heutzutage etwas verstaubtes Power-Metal-Herz höher schlagen zu lassen. So empfinde ich im Nachhinein Alben wie "Better Than Raw" oder "The Time Of The Oath", also Alben, mit denen mich HELLOWEEN zu Beginn in den Bann gezogen haben, nach wie vor als Großtaten, die dem neusten Album jedoch nicht das Wasser reichen können. Als sei es die einfachste und normalste Sache der Welt, katapultieren sich die Hamburger in die obersten Ränge durch ein solch starkes Album und Stücken wie 'Live Now' oder 'Waiting For The Thunder', bei denen man sich pfeifend und singend in der Badewanne erwischt. So entpuppt sich "Straight Out Of Hell" als ein verhältnismäßig grundsolides und dennoch fantastisches Album. Es stimmt jeden Traditionalisten, der in der "Keeper"-Ära groß geworden ist, jeden Neuankömmling, der erst vor wenigen Jahren in die Arme der Hamburger fand, sowie jeden "Kiske-war-dennoch-besser"-Nörgler rundum fröhlich. HELLOWEEN präsentieren sich abermals als eine felsenfeste Einheit, hier passt alles fein säuberlich zusammen, auch wenn das etwas zu stark auf Coolness getrimmte 'Asshole' und die obligatorisch triefende Ballade 'Hold Me In Your Arms' den Gesamteindruck minimal drücken.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]





Nun, dass den Kürbissen mit "Straight Out Of Hell" durchaus wieder ein gutes und erfrischendes Album gelungen ist, muss eigentlich nicht mehr explizit wiederholt werden. HELLOWEEN zählen einfach zu den Granden des europäischen Melodic Speed Metal und heben sich meilenweit von solch biederen Kapellen wie MAJESTY, WISDOM und neueren Ergüssen von FREEDOM CALL ab. Gott sei Dank! HELLOWEENs Songs sind immer kurzweilig genug arrangiert, dass man interessiert zuhören und Spaß an der Musik haben kann. Dabei kleben HELLOWEEN keineswegs an selbst gesetzten Riff-Standards aus den Achtzigern. Das Gitarrenspiel von Michael Weikath und Sascha Gerstner würde - aus dem Kontext genommen - bisweilen sogar zu so genannten "modernen" Metal-Bands passen: Die Klampfen sind tiefer gestimmt und schnelle, abgestoppte Modern-Thrash-Shredder-Riffs ziehen sich durchs ganze Album. Nur sind sie nicht aufdringlich in Szene gesetzt, sondern fügen sich wohlig in das Gesamtbild des ansonsten hochmelodischen HELLOWEEN-Sounds ein. Und dieser wird bei "Straight Out Of Hell" wieder deutlich mehr von speedigen Uptempo-Passagen wie aus den ganz frühen Tagen geprägt. Andy Deris Stimme sorgt wie immer dafür, dass das Ganze am Ende nicht grobschlächtig, sondern ungemein wohlklingend daher kommt.
Doch trotz all dieser positiven Aspekte will bei mir keine Euphorie aufkommen, wie dies zum Beispiel bei den aktuellen Werken von (LT's) RHAPSODY oder KAMELOT der Fall ist. Ein konkreter Grund dafür ist sehr schwer zu auszumachen. Vielleicht kicken mich die aktuellen Sänger der o.g. Bands einfach mehr als Andy Deris. Vielleicht ist mir der Anteil der Uptempo-Metal-Passagen insgesamt doch zu hoch. Am Ende fliesst mir alles ein wenig zu gleichförmig in die Ohrmuscheln, auch die prinzipiell gute Ballade ('Hold Me In Your Arms') haben HELLOWEEN schonmal emotionaler hinbekommen. Und mit 'Asshole' haben mir HELLOWEEN gegen Ende sogar noch ein richtig faules Ei ins Nest gelegt. Den Refrain, vor allem die Lyrics finde ich einfach saudoof (Asshole, Sucker, Motherfucker). Beim vorletzten Song 'Make Fire Catch The Fly' wird dann sogar noch 'fire' auf 'desire' gereimt. Das war's dann leider endgültig mit der Acht.

Note: 7.5/10
[Thomas Becker]


"Straight Out Of Hell" ist ein dicker Batzen melodischen Speed Metals, der, wie bereits angemerkt wurde, die Messlatte für viele Bands des Genres höher legt. Das Songwriting ist bis auf das patchworkartige 'Nabatea' nachvollziehbar und auf einen starken Chorus fokussiert. 'World Of War' ist beispielsweise erstklassiger Speed Metal/Power Metal, der sofort zum Mitsingen animiert. 'Live Now' und das etwas kitschige 'Far From The Stars' können diese starke Vorlage jedoch nicht halten. Die Melodiebögen und die Arrangements ziehen mich einfach nicht mit, zu oft wurde dergleichen schon geschrieben. 'Burning Sun' ist da wieder ein anderes Kaliber. Das starke Organ von Andi Deris fällt hier besonders ins Gewicht, sowieso macht der Gesang viel aus auf "Straight Out Of Hell", denn anders als einige Genrekollegen, verwendet Andi weniger Kopfstimme.
Die Produktion gefällt mir auch sehr gut, denn trotz allen Bombasts ist sie sehr organisch, ähnlich der letzten RHAPSODY-Alben. Balladesk und romantisch wird es mit 'Hold Me In Your Arms', eine willkommene Abwechslung. Der Titeltrack trägt einen großen GAMMA RAY-Stempel, das macht aber gar nichts, denn entsprechend verbreitet er ordentlich Laune. 'Asshole' ist wiederum ein Ausrutscher.
Was ich sagen möchte: Für mich pendelt das Album zwischen diesen Qualitätssiegeln, einerseits bietet es überzeugende Perlen ('World Of War', 'Straight Out Of Hell', 'Burning Sun', 'Church Breaks Down'), vieles ist aber auch nur durchschnittlich. Aus diesem Grund bin ich mit meiner Wertung von anfänglichen acht Punkten auf sieben runtergegangen, da das von HELLOWEEN selbst auferlegte hohe Qualitätslevel nicht durchgehend gehalten wird.

Note: 7,0/10
[Jakob Ehmke]


Faszinierenderweise ist HELLOWEEN eine der wenigen großen Bands, die in ihrem Metier nach wie vor - und das weitesgehend unumstritten - zur absoluten Speerspitze gehören. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass HELLOWEEN in ihrem Genre die beste Truppe ist. Das ist aber auch nur logisch, da die Jungs ihrem ureigenen Sound auf jedem Album kleine, interessante Nuancen hinzufügen und sich somit konstant vorwärts bewegen, was die meisten anderen Power-Melodic-"HeileWelt"-Metal-Bands nicht von sich behaupten können. Das kann man beispielsweise in 'Asshole' nachhören, welches ich (jetzt mal abseits der Lyrics) wirklich nicht schlecht finde. Bei 'Nabataea' bin ich ganz bei meinen Kollegen, das ist wirklich ein großartiger Siebenminüter, der absolut frisch und unverbraucht daherkommt. Mich kann aber auch das etwas "typischere" Material der Platte überzeugen - und davon gibt es reichlich. Die obligatorischen Speed-Metal-Kracher sind wie immer klasse. Warum hier allerdings stellenweise behauptet wird, HELLOWEEN würden dabei völlig unkitschig agieren, verstehe ich beim besten Willen nicht. Frage: Kann eine Ballade mehr triefen als 'Hold Me In Your Arms'? Antwort: Nein. Kommentar: Das macht aber nichts, denn auch Kitsch kann (und darf!) durchaus mal Spaß machen. Und das ist wohl wirklich das entscheidende Merkmal von "Straight Out Of Hell": Es bereitet einfach Freude. Ich gebe mir jetzt noch eine Runde 'Waiting For The Thunder' sowie 'Make Fire Catch The Fly' und empfehle euch, es mir gleichzutun.

Note: 9,0/10
[Oliver Paßgang]


Hier geht es zur Hauptrezension von Rüdiger Stehle.

Redakteur:
Thomas Becker

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