Gruppentherapie: RAM - "Svbversvm"

11.11.2015 | 00:03

Schweden, so wird landläufig behauptet, sei das Land, das den traditionellen Heavy Metal der 80er Jahre erst gerettet und später immer wieder neu mit hochklassigem Material neues Leben eingehaucht hat. RAM jedenfalls schmiedet seit 10 Jahren konstant heiße Eisen und hat diesmal die Esse besonders heiß angefeuert, sofern man unseren Therapeuten glaubt.

Schweden ist einfach die beste Adresse, wenn es um die stilechte Nachbildung alter Legenden geht. Mit großer Leidenschaft widmen sich schwedische Bands den Hard-Rock-Helden der Siebziger von LED ZEPPELIN über THIN LIZZY zu RAINBOW. RAM hingegen widmet sich mit Hingabe dem musikalischen Erbe von JUDAS PRIEST. Ohne jetzt der große Kenner der Priester zu sein ("Painkiller" als Ausnahme) sehe ich den nieten-beladenen Rob Halford bei 'Return Of The Iron Tyrant' lebensecht in meinem Wohnzimmer stehen. Diese "Eunuchen-Vocals" sind für mein Ohr immer sehr gefährlich, aber dieser Mensch namens Oscar beherrscht sie in Perfektion.

Doch in der Folge zielt diese Zeitreise durch die Metal-Geschichte nicht nur auf den Schmerzkiller-Erfinder. 'Eyes Of The Night' hat ein cooles early BLIND GUARDIAN-Feeling mit young Hansi-Kürsch-Gedächtnis-Gesang, 'The Usurper' ist ein ACCEPT-artiger Stampfer und auch 'Holy Death' eine Hommage an den Teutonen-Metal. Aber es ist ja bekannt, dass Schweden allgemein voll auf German Steel abfahren.
Leider schleichen sich - vor allem in der zweiten Hälfte - auch ein paar weniger zwingende Songs ein, doch beim Schluss-Doppel, dem instrumentalen (!) 'Temples Of Void' und dem geilen Rausschmeißer mit Horrorshow-Einlage 'Svbversvm' kann man nochmals die Köpfe schütteln und die Haare fliegen lassen. Etwas anderes wäre bei einer Band, die auf ihrer Facebook-Seite "Post Apocalyptic Dominance", "Poser Execution" und "Total Devastation Through Iron" als Interessen nennt, auch grobes Fehlverhalten. Spaß-Metall pur!

Note: 7,5/10
[Thomas Becker]



Wenn Kollege Thomas ein Album mag, das mich ebenfalls schwer begeistert, dann horche ich immer erst einmal auf, denn bei Neuerscheinungen funken unsere Ohren doch eher selten auf der gleichen Wellenlänge. Meine allererste Assoziation beim Hören war natürlich auch JUDAS PRIEST, denn egal welchen Track ich auf "Svbversvm" anhöre, Rob Halfords Kopfstimme und die rasend brillanten Gitarrenduelle von Downing und Tipton sind allgegenwärtig vor meinem inneren Auge. Doch mit der bloßen Huldigung JUDAS PRIESTs alleine ist es für RAM nicht getan, denn der Kniefall vor dem US Metal ist mindestens ebenso bemerkenswert. Gerade das psychotische Element des jungen Warrel Dane, was die ersten beiden Klassiker von SANCTUARY auszeichnete, höre ich hier sehr viel eher heraus als BLIND GUARDIAN, denn diese Band wäre mir vermutlich als letztes in den Sinn gekommen. Da würden mir viel eher noch einige wohlbekannte Namen aus Übersee als Referenz einfallen wie beispielsweise JAG PANZER oder RIOT, um nur zwei zu nennen. Wenn ich den teutonischen Stechschrittgroove in 'The Ursupper' höre, komme aber auch ich nicht daran vorbei festzustellen, dass man im Hause RAM schon mal mehr als eine ACCEPT-Platte gehört hat. Wandeln die Jungs von RAM also einfach nur auf den Spuren des Besten vom Besten ihrer Plattensammlungen und gehen mit "Poser Execution" und "Total Devastation Through Iron" ehrbaren Hobbys nach? Durchaus, aber ich finde das nur legitim, da sie ihre Inspirationen in zehn wunderbare Stahlgeschosse frei von Bullshit kanalisiert haben und keine Vergleiche mit oben genannten großen Namen fürchten müssen. Um bei den alten Helden auf Alben zu stoßen, die wie "Svbvervm" ohne Ausfall auskommen, muss man viele Kalenderjahre zurückgehen. RAM hat auf "Svbversvm" alle Trümpfe in der Hand den Kuttenträger an den Ohren und Eiern zu packen und scheut sich nicht, sie auszuspielen.

Note: 9,5/10
[Arne Boewig]


Was für ein Brett, da lacht das Herz! Der Kopf wird geschüttelt, die Faust in die Höhe gereckt, RAM meldet sich eindrucksvoll mit "Svbversvm" zurück. Nachdem ich "Death" schon äußerst gelungen fand, setzen die Schweden ihrem eh schon hohen Niveau noch einen drauf und präsentieren sich auf ihrem Viertwerk in exzellenter Verfassung. Vorliegend reiht sich eine schwermetallische Kämpferhymne an die nächste, die Riffs fräsen sich binnen kürzester Zeit durch Mark und Bein, Sänger Oscar kann es locker mit der Crème de la Crème der Szene aufnehmen und als homogene Einheit kann man selbst Idolen wie JUDAS PRIEST das Wasser reichen. 'Return Of The Iron Tyrant', 'The Omega Device' oder das leicht episch angehauchte 'Temples Of Void', sowie Kracher der Marke 'Eyes Of The Night' und 'Enslaver' versüßen selbst die tristesten Herbsttage (es gibt dieses Jahr triste Herbsttage? - SV) und zelebrieren Schwermetall, wie er anno 2015 zu klingen hat: Hymnisch und kraftvoll, ohne dabei den aktuellen Zeitgeist außer Acht zu lassen, frisch und knackig, ohne dabei die in den 1980er Jahren verwurzelten Ursprünge der Szenegrößen zu vernachlässigen. Tolles Album, "Svbversvm" macht von vorne bis hinten Spaß.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]



Ich kann der Kollegenschaft in vielen Punkten nur beipflichten, insbesondere, dass RAM ein wahrlich bärenstarkes Album abgeliefert hat. Dennoch sind einige wichtige Details noch nicht zur Sprache gekommen:

Zum einen, dass die bisherige Alben der Schweden allesamt wohlwollend aufgenommen wurden und sich die Formation längst auch eine überaus treue Fan-Base erspielen konnte, bislang aber dennoch ein Underground-Thema geblieben ist. Das mag zwar an der zuletzt ungemein aktiven Konkurrenz im Bereich des klassischen, traditionellen Heavy Metals gelegen sein, eher jedoch an diversen Internas, von denen man zuletzt etwas mitbekommen konnte. So dürften sich die Bandmitglieder von RAM offenbar mit ähnlichen Fragen auseinandergesetzt haben wie IN SOLITIDE, konnten sich zum Glück jedoch auf einen anderen Konsens einigen. Dieser hat schlussendlich ein überaus fokussiert wirkendes Album erschaffen, an dem man als Metal-Freak nur ganz schwer vorbeikommt.

Da dieses trotz seiner traditionell-klassischen Gangart vor Abwechslung nur so strotzt, hätte eine "Track-By-Track"-Analyse zwar sehr wohl Sinn gemacht, würde jedoch den Rahmen sprengen. Und da der Großteil der Nummern ohnehin bereits vorgestellt wurde, möchte ich nur kurz auf einige Details hinweisen, die auf eine bislang noch nie in diesem Ausmaß vorhandene Vielseitigkeit hinweisen:

Von hart - einen Rübenabschrauber wie 'The Usurper' haben selbst Halford und Co. schon seit langer Zeit nicht mehr komponiert und auch 'Holy Death' erweist sich bei aller Heftigkeit in erster Linie als gnadenlos zwingender Ohrwurm - bis abgefahren - das vom kurzen Instrumental 'Terminus' eingeleitete 'The Omega Device' lässt erkennen, dass die Jungs auch in eher getragenen Gefilden zu überzeugen wissen, ehe das Instrumental 'Temples of Void' eine böswillige, dunkle Seite offenbart. Absolutes Highlight ist aber der Titeltrack, in dem Fronter Oscar Carlquist spitze Schreie von sich gibt, die mitunter gar an den jungen Jon Oliva denken lassen, während die mystisch-gregorianisch angehauchten Backing Vocals MORGANA LEFAY zu "Maleficium"-Tagen in Erinnerung rufen.

Als Fazit bleibt also nichts anderes übrig, als der Band einen gehörigen Sprung auf der Erfolgsleiter nach oben zu prophezeihen. Ebenso ist anzunehmen, dass RAM mit diesem Hammer in diversen, demnächst anstehenden Polls beim Thema "Album des Jahres" 2015 ein gehöriges Wörtchen mitzureden haben wird. Applaus!

9,0 / 10
[Walter Scheurer]


Mehr zu diesem Album:

Review von Holger Andrae.
Soundcheck 10/2015

Redakteur:
Simon Volz

Login

Neu registrieren