Gruppentherapie: SARKE - "Endo Feight"

16.07.2024 | 21:55

Hat das Wetter hier den Soundcheck-Sieg vermasselt?

Die letzte Gruppentherapie zum Juni-Soundcheck gehört wieder einem Ausreißer, der nicht von allen gemocht wird. Im Gegensatz zu HAUTED PLASMA (zur Gruppentherapie) zum Abschluss des Mai-Soundchecks ist SARKE aber eindeutig Metal. Für manche passt er aber schlicht nicht zur Jahreszeit. Anderen fehlt hier der Fokus oder die Punktgenauigkeit, wie man aus den Kurzkommentaren herauslesen kann. Für Rüdiger gibt es aber nur einen Soundchecksieger, und das ist "Endo Feight"! Und Kollege Lenze zeigt sich ebenso begeistert in seinem Hauptreview. Nun, warum die beiden recht haben könnten und wie viele sich mit dieser Meinung noch zu ihnen gesellen, das lest jetzt hier!


Darauf muss man Bock haben. Und ehrlicherweise muss auch das Wetter stimmen. Während der Vorgänger "Allsighr" dem November vor drei Jahren einen mehr als passenden Soundtrack verlieh und sich diese pechschwarze, psychedelische und in höchstem Maße atmosphärische Platte einen felsenfesten Platz in meiner Playliste verschaffte, will aktuell "Endo Feight" nicht im Maße dieses letzten Streichs überzeugen. Zugegeben, wenn locker-flockige Sommermelodien vor und nach "Endo Feight" ertönen und sich diese dicke SARKE-Wand dann dazwischen quetscht, dann erfreut man sich einerseits an der bekannten Qualität auch dem sonnigsten Tag ein paar finstere Stündchen zu verpassen; doch umzustellen fällt dem Gemüt in diesen Tagen schwerer als sonst.

Trotzdem gibt es objektiv am aktuellen SARKE-Rundumschlag nichts auszusetzen. Auch wenn es etwas zähflüssiger, schwer und schwarz wie Teer aus den Boxen trieft und sich diese dicke Lava dennoch unaufhaltsam ihren Weg bahnt, hört man in jeder einzelnen Faser dieser melancholischen, treibenden Schwere die typische SARKE-Handschrift. Auch wenn es mal klassisch-rockig zugeht oder die psychedelischen Momente zumindest kurz das Heft in die Hand nehmen, könnte das für Nocturno Culto nicht prädestinierter sein. Für mich jedoch will "Endo Feight" nicht so recht in die Urlaubsstimmung passen, weshalb der Funke nicht überspringen mag. Ich verpasse mir jedoch eine Notiz, in fünf Monaten noch einmal zu diesem Werk zu greifen. Ich bin sicher, dass dann die Tristesse und Melancholie bei einsetzender Dunkelheit den gewünschten Effekt erzielt.

Note: 7,5/10
[Marcel Rapp]

 

Oh ja – darauf habe ich Bock. Bereits die ersten beiden Tracks verzaubern so unfassbar meine Synapsen, dass ich mir auf meinem Zettelchen als Tendenz eine zweistellige Note notiere. Und SARKE hat noch so einiges in der Hinterhand. Das von Stephan Lenze zurecht gelobte 'Lost' (zum Stephans Hauptreview) lässt mich in Trance zum Absinth-Regal schweben. Wird wohl Zeit für eine feine Longdrink-Mischung aus grüner Fee und Vanille-Coke. Fiese Mischung? Ja klar, aber auch geil. Und das ist "Endo Feight" doch auch.

Nach zwei so progressiven Göttergaben plötzlich so ruhig und fast minimalistisch zu agieren, zeugt von einem großen Selbstbewusstsein und musikalischen Verständnis. Trotzdem schadet es nicht, dass 'Old Town Sinner' dann wieder das Tempo anzieht, und im Gegensatz zu Herrn Lenze finde ich auch diese straightere und entschlackte Version der Band großartig. Das hat fast etwas von einer pervertierten Form einer Single-Auskopplung auf einem ansonsten von Kreativität und Anspruch durchtränkten Album.

Weird - wirkt das Thujon schon? Bestimmt noch nicht, aber aus diesem Blickwinkel funktioniert die Nummer ziemlich gut. Auch dass die folgenden, doomigen Mini-Epen durch eine Brachialnummer wie 'In Total Allegiance' gebrochen werden, ist ein sinnvoller Schachzug, da sie am Stück wahrscheinlich zu schwerfällig wirken würden. Jeder für sich genommen sind diese aber auch hervorragende Tracks mit vielen wunderbaren Details. In Summe ein wirklich fantastisches Album mit einem ungewohnten, aber homogenen Flow, das zwar das Niveau des Eröffnungs-Doubles nicht ganz halten kann und leider für diese Art Musik viel zu kurz ist, aber ansonsten ein ganz heißer Anwärter auf die oberen Regionen in den Jahrescharts werden wird. Ob mit oder ohne Wermut ist egal.

Note: 9,0/10
[Stefan Rosenthal]

 

Diesen Monat war ich ausnahmsweise recht früh dran damit, meine ersten Noten für den Soundcheck abzugeben. Doch zwei oder drei Kollegen waren trotzdem schneller! Gottlob, denn wären sie dies nicht gewesen, hätte ich einen Augenöffner und Kopfschüttler der ganz besonderen grotesken Art versäumt: Einen Zwischenstand, der SARKE mit einem Schnitt von unter sechs Punkten auf dem vorletzten Platz abbildete! Kann ja nicht angehen! Da muss man doch was tun! Gut, meine Note und die einiger weiterer Kollegen haben bei der Ehrenrettung gewirkt. Nachdem in dieser Gruppentherapie nun auch Marcel und Stefan eher in meine Tröte tuten, und der Kollege Lenze im Einzelreview erst recht, muss ich mich gar nicht so sehr verkämpfen, keine Brandrede halten.

Wollen wir uns also auf das Wesentliche beschränken: Was vor gut fünfzehn Jahren als eine Art Black-Metal-Supergroup gestartet ist, hat inzwischen schon das achte Studioalbum am Start, womit wohl die wenigsten gerechnet haben dürften. Das spricht für die Band, und ich bin mir sicher, dass es auch die konstant hohe Qualität der Veröffentlichungen bezeugt. SARKE war 2009 vom Fleck weg eine Bank, und auch wenn sich seither die Zutaten der ureigenen Mélange aus schwarzdoomiger Psychedelik von CELTIC FROST, BLACK SABBATH und BLACK WIDOW, sowie natürlich dem Black Metal der Stammbands der Beteiligten, nicht grundlegend verändert haben, so wurde die Band doch von Album zu Album reifer, souveräner, relaxter, doomiger, psychedelischer. "Endo Feight" ist nun die vorläufige Krone dieser Evolution, und es zieht den Hörer mit wundervollen mantrisch-trippigen Songs in einen Sog, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt.

Die monolithischen Riffs, die verträumten Akustikgitarren und die wilden, progressiven Soli von Spiralenzwirbler Steinar Gundersen setzen die Grundstimmung, die One-Man-Rhythmusgruppe in Form von Bandleader Thomas "Sarke" Berglie sorgt für einen entspannten, gediegenen, unwiderstehlichen Groove, der die Wirbel einzeln fühlbar macht, während Anders Hunstads Keyboards und Samples immer wieder die psychedelischen, krautrockigen Vibes verstärken, die gerne mal auch in Richtung neuere CANDLEMASS, AVATARIUM und KRUX ausschlagen.

Was fehlt noch? Ach ja, Nocturno Culto natürlich! Für mich ist der Mann ohne jeden Flachs inzwischen zu einem der besten Shouter im härteren Segment geworden. War er schon immer charismatisch ohne Ende, so hat er im SARKE-Kontext inzwischen auch eine Vielseitigkeit entwickelt und immer wieder bewiesen, die man vor bald 35 Jahren auf "Soulside Journey" wahrlich noch nicht erahnen konnte. Die Phrasierung, die Emotionalität, die Eindringlichkeit. Hier passt einfach alles. Ein tolles Album, wieder einmal, und (natürlich) das Album des Monats. Das echte. Ohne jeden Zweifel. Das war zwar schon vorher ungehört klar, aber die Musik hat es letztlich bestätigt. Glück gehabt. Also ich.

Note: 9,5/10
[Rüdiger Stehle]

Was gibt es hier noch beizutragen, nachdem meine beiden Vorredner sowohl hinsichtlich ihrer Benotung als auch der inhaltlichen Stärken schon so viel über SARKE geschrieben haben? Rüdiger hat natürlich ein paar Zeilen zu Nocturno Cultos Beitrag geschrieben, für meine Begriffe kann man den Mann gar nicht genug würdigen. Denn wo seine "Hauptband" DARKTHRONE gefühlt mit jedem Album mehr im pseudokultigen Underground-Sound mit austauschbaren Riffs versumpft, schaffen es Mr. Sarke und seine Kollegen schon seit Jahren, den schmalen Grat zwischen Weiterentwicklung und Trademark-Sound entlang zu reiten. SARKE bleibt auch mit "Endo Feight" ein ganz wunderbares Beispiel dafür, wie groß die Bandbreite an Musik ist, die man Black Metal nennen kann. Das Songwriting ist natürlich maßgeblich dafür verantwortlich, aber der Gesang eben jenes Nocturno Culto scheint immer noch besser werden zu können. Wenn ich eine Liste mit den Top 10-Gesangsleistungen im Black-Metal-Umfeld erstellen müsste, wäre diese hier definitiv dabei.

Im Gegensatz zu Marcel muss ich weder in der Stimmung für SARKE sein noch bedarf es bestimmter meteorologischer Voraussetzungen dafür. "Endo Feight" ist ein dermaßen starkes Allrounder-Album, das mir sowohl beim ruhigen Genuss als auch "mal eben" im Auto Spaß macht. Nischig bleibt die Musik natürlich trotzdem, aber die Songs sind nun einmal ganz genau so geworden, wie Thomas Berglie sie im Sinn hatte. Das gilt auch für die Produktion. Während seine andere Band KHOLD mit einem absoluten Breitband-Schnellzug-Sound aus den Lautsprechern donnert, geht es bei SARKE klanglich ganz anders zu. Acht Alben voller Überzeugungstaten. Hoffen wir auf viele weitere.

Note: 9,0/10
[Nils Macher]

 

Dann will ich auch noch mal in das Hörnchen des Raben tuten: Das hier zur Debatte stehende neue SARKE-Album ist wieder einmal sehr stark ausgefallen. Irgendwie fällt mir beim Sound dieser Band immer zuerst das vielleicht provokante Statement ein, dass wohl so Black Metal klingt, wenn er endlich erwachsen geworden ist: ergreifende atmosphärische Dunkelheit und Erhabenheit minus hysterische Effekthascherei und Schminkkasten. "Endo Feight" hat sich inzwischen sehr hartnäckig in meiner Playlist festgesetzt und ist, seitdem das Album auch ein paar Mal im Dunkeln über Kopfhörer (gestern Abend sogar bei Gewitterregen) gelaufen ist, noch weiter gewachsen, und es fasziniert mich immer mehr. Auch komme ich mit dem aktuellen Werk besser klar als mit dem Vorgänger "Allsighr", weil sich die für mich immer eher schwierigen psychedelisch-trippigen Elemente besser in das Gesamtklangbild einfügen.

Ein düster-fieser, alptraumiger Song wie 'Abyssal Echoes' weckt zumindest bei mir Assoziationen zu den großartigen Schweden von SHINING. "Endo Feight" ist ein Album, in dem man wunderbar versinken und sich sorglos-melancholisch treiben lassen kann. Selten wurden große Geschichten von Untergang und Verwüstung ('I Destroyed The Cosmos') so lässig-elegant und doch so pechschwarz und erlösungsfern erzählt. Und trotz aller Schwärze und Kühle dieses Albums fühlt man sich nach dem Abklingen des letzten Tons irgendwie gereinigt und fast ein wenig geläutert. Nur wenn alles gänzlich leer, zerstört und absurd erscheint, kann man wirklich etwas ganz Neues beginnen. Danke, SARKE! Spätestens Ende dieses Jahres wird meine Note für "Endo Feight" sehr wahrscheinlich noch höher ausfallen.

Note: 8,0/10
[Martin van der Laan]

Ich muss hier in der SARKE-Jubelarie mal den Miesepeter spielen, denn wo die Kollegen hier bis zu neun Punkte hören, sitze ich doch dezent gelangweilt vor dem heimischen Player. Dabei gefallen mir die musikalischen Zutaten von "Endo Feight" eigentlich sehr gut, sitzen die Norweger doch gemütlich irgendwo zwischen Black Metal, Heavy Metal und epischeren Spielarten, ohne sich dabei wirklich klar einer Kategorie zuordnen zu lassen.

Doch wo die Kollegen von 'Phantom Recluse' verzaubert werden, frage ich mich durchgehend, wann die Komposition denn nun einmal so recht zum Punkt kommt. Für die Spielzeit hat der Track mit seinen fürchterlich vorhersehbaren Keyboards (das Solo sei hier ausgeklammert) und den doch eher einförmigen Gitarrenriffs zu wenig spannende Ideen anzubieten, um mich bei der Stange zu halten. 'Death Construction' ist da mit seinem dezent an OPETH erinnernden Riff und einem wirklich epischen Refrain schon deutlich gefälliger, zieht sich aber eben für meinen Geschmack auch wieder etwas zu sehr.

Beim erneuten Genuss für diese Zeilen bekomme ich trotz dieser Kritik ein paar Zweifel, ob meine Wertung nicht doch etwas besser hätte ausfallen dürfen, denn gerade musikalisch entdecke ich mit etwas mehr Abstand doch mehr Glanzpunkte, als ich das bei der Notenabgabe vor zwei Wochen zugeben wollte. Die Erkenntnis daraus ist dann aber nicht eine Verbesserung der Wertung, sondern eher die Realisierung, dass es am Ende primär der Gesang von Nocturno Culto ist, der mich mit seinem bleiernen und reichlich monotonen Vortrag überhaupt nicht abholen kann. Ich glaube, mit mehr Varianz am Mikrofon könnte mir der durchaus spannende SARKE-Stilmix deutlich besser gefallen, doch im Moment ist mir das schleppende Erlebnis von "Endo Feight" bei aller instrumentalen Qualität nur 5,5 Zähler wert.

Note: 5,5/10
[Tobias Dahs]

 

Ich mochte SARKE schon immer ganz gern, und die Alben "Bogefod" und "Gastwerso" habe ich für dieses Magazin schon sehr positiv bewertet. Doch für eine längere Dauerbeschallung oder gar zu einer Mini-Euphorie hat es bislang noch nicht gereicht. Zu "Endo Feight" konnte ich mir bislang nur ein sehr oberflächliches Bild machen, doch die paar Minuten, die ich hier etwas gezielter hineinlauschen konnte, reichen mir um zu sagen: Alle haben Recht außer Tobias.

SARKEs Musik sticht, was Charisma und Wiedererkennungswert angeht, heraus. Von allen Alben, die ich hier für die Gruppentherapien gehört habe, ist "Endo Feight" das, was am wenigsten nach etwas klingt, was man von woandersher schon kennt. Und somit kann ich nachvollziehen, wenn Rüdiger hier vom eigentlichen Soundchecksieger spricht. Vielleicht sollte ich mir nun endlich vornehmen, mal ein SARKE-Album tatsächlich auch mal in die Sammlung aufzunehmen und mit Cover und Textblatt vor der Nase anzuhören, damit es nicht nach einer Verarztung sofort wieder in Vergessenheit gerät. Das wäre glaube ich schade. Meine Note sei hier also als Prognose zu verstehen, wie gut ich die Scheibe einmal finden könnte.

Wer an SARKE Gefallen findet und mehr über "Endo Feight" wissen will, dem empfehle ich Nils' Interview mit Thomas Berglie.

Note: 8,0/10
[Thomas Becker]

Redakteur:
Thomas Becker

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