Gruppentherapie: WARMEN - "Band Of Brothers"

08.09.2025 | 17:40

CHILDREN OF BODOM 2.0 oder doch etwas mehr? Das klären wir hier.

Die letzte Gruppentherapie zum August-Soundcheck führt uns nach Finnland, genauer gesagt zu WARMEN. Musikalisch geht es hier also um Melodic Death Metal ganz im Sinne des viel zu früh verstorbenen CHILDREN OF BODOM-Masterminds Alexi Laiho. Klar, das ist Tobis Baustelle, und dieser hat "Band Of Brothers" bereits wohlwollend verarztet. Trotzdem muss die Band bei uns auf die Couch. Zuerst zum Pommesgabel-Podcast mit dem Cheffe und dann auf den Therapiesessel. Denn Platz 7 im Soundcheck sagt uns: Das ist schon ganz gut, aber es wäre noch besser gegangen, wenn...

Wenn was?



WARMEN spielt ganz im Geiste von CHILDREN OF BODOM. "Band Of Brothers" zelebriert dabei weniger deren neoklassischen Stil, sondern betont die raue thrashige Seite. Warman (der Keyboarder) liefert zwar ein paar Spiralen, hält sich aber auch zurück. Die Gitarren bleiben hart, kantig und schreddern die Songs herunter. Petri macht das, was er so gut kann: geifern, giften, growlen. Mangelnde Härte ist WARMEN also nicht vorzuwerfen.

Ein wenig erinnert die Band an die mittlere Phase von COB. Mit 'When Doves Cry Blood' holt sie dann weiter aus und erreicht Alexis hymnenhafte Epik. Man muss sich einhören, dann macht es klick und man ist am Lake Bodom, weit after Midnight, nicht weit entfernt vom Schnitter. Kein Wunder, dass dieses Album meinen Breeze-Besuch begleitete, zusammen mit MARTYR optimale Mucke im Auto, euphorisierend und mit dieser eigenwilligen finnischen Melancholie ausgestattet. Richtig geil, dass WARMEN auf Experimente in Sachen Klargesang verzichtet und nicht dem ENSIFERUM-Touch erliegt: Bekannterweise singt Petri dort nun weit seltener, ist aber der weit bessere Sänger mit seiner Gift-und-Galle-Stimme. Weitere Anspieltipps sind 'Kingdom Of Rust' und 'Kiss Of Judas'. Der Rest knallt auch gut, übrigens! Alexi wird oben dazu bangen, so viel ist klar.

Note: 8,5/10
[Matthias Ehlert]

 

Manchmal kann man sich doch wirklich kurzfassen. Dat Ding is geil und nicht nur der gelungene Nachfolger zu "Here From None", sondern sogar nochmal ein paar Nuancen besser. Petri Lindroos singt wie befreit auf, lässt die eher durchschnittlichen letzten ENSIFERUM-Performances locker hinter sich, und auch das Songwriting ist nochmal deutlich stringenter und kompakter geworden im Gegensatz zur Quasi-Wiedergeburt. Somit klingt das Ganze zwar weiterhin (oder sogar noch mehr) komplett nach CHILDREN OF BODOM, aber eben auf einem Niveau, das auch selbst Alexi Laiho nicht mit jedem Output erreicht hatte.

Als Beispiele seien einmal "Halo Of Blood" oder "Blooddrunk" genannt. Diese beiden Alben sehen nämlich gegen "Band Of Brothers" keine Sonne. Kein Sakrileg meinerseits, sondern echte Wertschätzung gegenüber WARMEN. Da auch die Farbgebung des Album-Artworks und die gelungene Auswahl und Interpretation der Cover-Version 'Kiss Of Judas' (STRATOVARIUS) mit jeder Phase nach CHILDREN OF BODOM schreien, gibt es von mir die klare Kauf- und/oder Stream-Empfehlung. Vorausgesetzt, man kann sich mit diesem Tribute-Gedanken anfreunden und kann/konnte mit der finnischen Ausnahmeband überhaupt was anfangen. Wer mit Alexi & Co. schon seit jeher auf Kriegsfuß stand, der zieht von meiner Note eben mal sieben bis acht Punkte ab. Dann passt es.

Note: 9,0/10
[Stefan Rosenthal]

War "Here For None" schon stark, entwickelt sich "Band Of Brothers" noch stärker. Richtig, schon länger ist WARMEN kein Projekt mehr, sondern eine etablierte Band, die ich letztes Jahr auf dem finnischen "Tuska Festival" gesehen habe, und welche mir sehr viel Freude bereitete. Dabei sind es auf dem aktuellen Album vor allem die Kleinigkeiten, die mir so gut gefallen: Hier eine ausgefallene Keyboard-Sequenz, dort ein harscher Ton, ein ums andere Mal eine besondere Melodie, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht, nur um dann in der nächsten Minute wieder die brutale Keule zu schwingen.

Das Artwork ist fantastisch, der Sound kraftvoll und mit Kanten versehen, und mit 'Nine Lives', 'March Or Die' oder dem mächtigen 'One More Year' haben die Jungs Brecher am Start, die nicht besser hätten ausgearbeitet werden können. Die Songs grooven, haben Wucht, Biss und Melodien en masse. Hier trifft nicht nur ENSIFERUM auf CHILDREN OF BODOM, hier wächst etwas sehr Mächtiges heran, dem an einigen wenigen Enden zwar noch die letzte Zugkraft fehlt, das hiesige Potential aber dennoch in nahezu jeder Sekunde offenbart. Auch kommt dem Vorgänger noch das Überraschungsmoment zugute sowie die Erinnerung, die ich an das 2023er Album habe. Doch wer sagt, dass nicht auch "Band Of Brothers" tolle Erinnerungen schaffen kann?

Note: 8,0 /10 (mit starker Tendenz nach oben)
[Marcel Rapp]

Okay, okay, dann spiele ich mal den Anwalt für jene, die WARMEN eine noch höhere Platzierung im Soundcheck verwehrt haben. Hallo Stefan, ich bin's, einer der tatsächlich schon mit CHILDREN OF BODOM herzlich wenig anfangen konnte. Ja, ich mag Flitzefinger an der Gitarre und ja, ich mag zügigen, melodischen Metal, aber bei CHILDREN OF BODOM ist es bei mir immer am Gesang gescheitert (Gruß an Walter im Soundcheck-Team). Ich kann mich bei dieser Band nicht einmal an einem Hit, den alle mögen, festklammern, mir ist nie etwas von der Musik im Kopf geblieben.

Genauso ist es auch bei WARMEN. Es gibt eigentlich nichts Konkretes auszusetzen; ich merke auch, dass diese Musik für einen Fan ein Fest sein muss. Doch bei mir regt sich hier nix. Ich empfinde sie als trocken und steril. Und der Gesang geht mir nach wenigen Songs auf die Nerven. Komisch ist das, weil ich ihn bei ENSIFERUM eigentlich mag, doch dort ist die Musik viel zugänglicher, verständlicher, und der harsche Gesang steht nicht allein. Auch die "besonderen" Melodien, die Marcel en masse hören will, finde ich hier gar nicht. Trotzdem, lieber Stefan, ziehe ich jetzt keine sieben oder gar acht Punkte von deiner Note ab. Die Mucke ist ja kein Müll, sondern einfach nur nicht für mich gemacht. Ich gebe die langweiligste Note der Welt.

Note: 6,5/10
[Thomas Becker]

Fotocredits: Marek Sabogal

Redakteur:
Thomas Becker

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