NEVERDREAM: Interview mit Gabriele Palmieri

18.11.2010 | 16:44

Die italienische Prog-Metal-Band NEVERDREAM hat mit ihrem aktuellen Album "Said" eine starke Scheibe vorgelegt. Drummer Gabriele Palmieri redet im Interview mit POWERMETAL.de über die Band, ihre Scheibe und ihre musikalischen Ideen.

Stefan Kayser:
Im September ist euer aktuelles Album "Said" erschienen, das definitiv zu den besseren Platten gehört, die ich in diesem Jahr gehört habe. Im Kern kann man eure Musik als Progressive Metal bezeichnen, aber es ist auch andere Einflüsse zu hören. Wie würdest du selbst euren Stil beschreiben?



Gabriele Palmieri:
Zuerst danke für das Lob, Stefan. Das Adjektiv, das ich wählen würde, um unsere Musik zu beschreiben, ist komplex, reich an stilistischen Nuancen und stark an das inhaltliche Konzept gebunden, zu dem wir uns äußern. Wir haben das ganze Leben Heavy Metal und Progressive gehört, aber wir kommen aus verschiedenen Schulen der Musik. Ein Mitglied von NEVERDREAM hat klassische Musik studiert, ein anderes Jazz oder Rock. Wir versuchen, diese Eigenarten zu nutzen, um ein Album hinzukriegen, das völlig den Texten folgt.



Stefan Kayser:
"Said" ist ein Konzeptalbum über Afrika. Worum geht es genau?

Gabriele Palmieri:
Wir reden über Afrika, seine historischen Perioden und über seine Probleme. 'Kinshasa' ist über den Bürgerkrieg in Zaire. 'God's Mistake' ist ein mystischer Weg, der einen Dialog zwischen Siedlern und Eingeborenen ausmalt. 'Secrets' ist über die Kindersoldaten. 'Black Mirror' ist über Muhammad Ali. 'Voodoo' ist eine sarkastische Form, die Zerstörung zu beschreiben, die die Siedler im Namen Gottes begangen haben. 'Amistad' ist über Sklaverei und 'The Long Way To Freedom' über Nelson Mandela.


Stefan Kayser:
Eine Besonderheit in eurem Sound ist das Saxophon, ein Instrument, das nicht gerade typisch für den Prog / Metal / Hardrock-Bereich ist. Wie ist die Idee entstanden, dieses ungewöhnliche Instrument in eure Musik einzubauen, und zwar so, dass es richtig toll rüberkommt?

Gabriele Palmieri:
Wir nutzen das Saxophon in unseren Liedern seit unserem Album "Chemical Faith" 2006. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick, als unser Saxophonist Fabrizio Criscimanni die erste Note seines Solos spielte. Alles fing als Witz an, als Experiment, wenn ich ehrlich sein soll. Ich weiß, das ist nicht die Antwort, die die Leute erwarten, es war keine Soundstudie, keine tiefen Gedanken. Die Wahrheit ist: Wir sind befreundet, und ich bat ihn, es mal auszuprobieren. Und jetzt ist Fabrizo schon seit fünf Jahren Mitglied bei NEVERDREAM.



Stefan Kayser:
An "Said" ist mir auch besonders aufgefallen, dass häufig die Sounds und sogar der Gesang verzerrt sind. Ein weiteres NEVERDREAM-Markenzeichen - oder gehörte das eher zum Konzept des Albums?

Gabriele Palmieri:
Man kann diese Eigenart auf allen unseren Arbeiten finden. Wir lieben diese Art Sound, weil wir die Stimme als Instrument betrachten, das ins gesamte Arrangement gemischt werden soll, und nicht als etwas Gesondertes über den Instrumenten, und vor allem braucht die Stimme nicht auf einem ganzen Album zu kreischen wie eine Sirene. Vielleicht ist diese Eigenart auf "Said" stärker präsent, denn der Sound des Albums braucht eher diese Lösung für die Stimme.

Stefan Kayser:
Gibt es ein Stück auf der CD, das du besonders magst?

Gabriele Palmieri:
Für mich persönlich 'The Long Way To Freedom'.

Stefan Kayser:
Warum habt ihr euch den Namen NEVERDREAM gegeben? Eine Anspielung auf DREAM THEATER? Die ewige Faszination im Progressive Rock an Schlaf und Traum?

Gabriele Palmieri:
NEVERMORE und DREAM THEATER waren die Bands, die wir vor acht Jahren mehr als andere mochten. Nur ein Witz, hört sich aber gut an! Ich glaube, dass der Name der Band von allem aus NEVERDREAMS Welt das einzige ist, das keine besondere Bedeutung hat.

Stefan Kayser:
Ich habe gelesen, dass ihr vor "Said" bereits eine EP und zwei Alben veröffentlicht habt? Erzähle bitte etwas über eure früheren Alben.

Gabriele Palmieri:
Die EP von 2005 war unsere erste sinnvolle Arbeit, hahaha, aber sie hat noch prähistorische Arrangements.
Das erste Konzeptalbum, das wir gemacht haben, ist das erwähnte "Chemical Faith", das 2006 produziert worden ist. Es ist ein Konzeptalbum über Drogenprobleme, und es dreht sich um das Buch bzw. den Film "Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo". Das ist ein Album, dem wir eine Menge verdanken, ein dunkler und klaustrophobischer Sound, wie Berlin in den Siebzigern.
Zwei Jahre später machten wir "Souls 26 April 1986", ein Konzeptalbum über die nukleare Tragödie von Tschernobyl. Ein etwas aggressiverer Sound, aber mit denselben dunklen Gefühlen, mit denselben Markenzeichen.

Stefan Kayser:
Jeder Musiker, den ich interviewe, muss mir die folgende Frage beantworten: Was sind deiner Meinung nach die besten Livealben im Rock?

Gabriele Palmieri:
Das ist für mich "Seconds Out" von GENESIS.

Stefan Kayser:
Bleiben wir beim Thema "live". Können wir euch live auf einer Bühne sehen?


Gabriele Palmieri:
Wir werden mit VANDEN PLAS touren und im deutschsprachigen Raum am 24. März 2011 in Wien - die Örtlichkeit steht noch nicht fest - und am 25. März im Spektrum in Augsburg spielen.

Redakteur:
Stefan Kayser

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