SONATA ARCTICA: Listening Session zu "Clear Cold Beyond"

23.12.2023 | 08:00

Bevor Ihr morgen Eure Geschenke auspacken könnt, haben wir noch etwas Feines für Euch. Unser Kollege Andre hatte vor einem Monat die Möglichkeit, in das neue Album "Clear Cold Beyond" von SONATA ARCTICA reinzuhören. Mittlerweile wurde mit 'A Monster Only You Can't See' die zweite Single ausgekoppelt.

Wenn das Label Atomic Fire Records zur einer Listening Session einlädt, kann man schon mal ein paar Überstunden abbauen. Natürlich freue ich mich, neben neun weiteren internationalen Pressevertretern das erste Mal in "Clear Cold Beyond", dem kommenden Album von SONATA ARCTICA reinzuhören. Im Gegensatz zu unserem Redakteur Frank Jäger hat mich der 2019 erschienene Vorgänger "Talviyö" nicht wirklich begeistert. Auf dem Konzert in München vor wenigen Wochen haben die Finnen einen bunten Reigen ihrer Songs gespielt. Von "Talviyö" hat es kein Track auf die Setliste geschafft. Okay, die beiden 2022 veröffentlichten Alben "Acoustic Adventures-Volume 1" und "Acoustic Adventures-Volume 2" waren mal etwas anderes und wirklich gut. Doch es wird mal wieder Zeit für neue Songs im gewohnten Sound.

So mache ich mich an diesem Freitag auf den Weg nach Hamberg, einem kleinen Ort in Baden-Württemberg, und erreiche pünktlich eine Gaststätte mit angeschlossener Brauerei. Da SONATA ARCTICA in kompletter Besetzung aus Finnland angereist ist, nutze ich die Gelegenheit für Small Talk mit Sänger und Komponist Tony Kakko sowie den weiteren Mitgliedern der Band. Natürlich sind die Herren neugierig, wie die neue Scheibe bei der Presse ankommt. Zur Stärkung werden ein paar Häppchen gereicht, welche mit einem sehr guten Bier aus der Hamberger Brauwerkstatt heruntergespült werden. Die Band gibt sich bestens gelaunt und ist für den einen oder anderen Scherz zu haben.

Doch nun wird es Zeit für den eigentlichen Grund, warum ich mich durch 200 Kilometer Freitagsverkehr in den Schwarzwald gequält habe. Wir machen uns auf den Weg in einen kleinen Kinosaal, um das erste Mal in "Clear Cold Beyond" reinzuhören. Atomic Fire Records hat an alles gedacht. Auf den sehr gemütlichen Sesseln liegt ein Schreibset bereit, um die ersten Eindrücke des Albums in Worte zu fassen. Das Licht erlischt und auf der Leinwand werden die Lyrics zum ersten Song eingeblendet.

Es geht los mit 'First In Line' (05:22). Der Track wurde bereits als Single veröffentlicht und auf der Tour gespielt. Rasend schnell eröffnet Drummer Tommy Portimo mit einer Doublebass-Passage, die Gitarrenparts von Elias Viljanen erinnern mich an DRAGONFORCE, die Lyrics nehmen ein aktuelles Thema auf. Die Welt dreht sich immer schneller, alles wird - passend zur Geschwindigkeit des Songs - immer rasanter. Es wird Zeit, die Sache etwas ruhiger angehen zu lassen.

Auch 'California' (04:25), der zweite Track auf "Clear Cold Beyond" beginnt schnell, beinhaltet jedoch abwechslungsreiche Tempowechsel. Der schöne Chor geht ins Ohr. Die Zeile "For you, Love's a game, a chore" deutet daraufhin, dass für jemanden Liebe wie ein Spiel oder eine lästige Pflicht sein kann. Die Metapher der "Broken Pieces" könnte auf gebrochene Herzen und Enttäuschungen hindeuten. Die Erwähnung von "California falls into the Sea" könnte metaphorisch für unerwartete Ereignisse stehen, die im Leben auftreten können. Es könnte darauf hinweisen, dass das Leben unvorhersehbar ist und dass selbst scheinbar stabile Dinge plötzlich verändert werden können. Ja, viele Konjunktive, Texte sind so herrlich interpretierbar.

'Shah Mat' (04:08) bietet einen interessanten Eingang. Auch hier gibt es starke Chöre, wie ich sie von SONATA ARCTICA gewohnt bin. Textlich geht es im Großen und Ganzen um verschiedene Machtverhältnisse und darum, seine eigene Bestimmung zu finden. 'Dark Empath' (06:05) ist ein eher düsterer Song und hat für mich, neben progressiven Parts, Anleihen aus dem Dark-Rock. Auch der Text ist eher düster zu interpretieren, handelt er doch von einer toxischen und manipulativen Beziehung, in der Liebe als Mittel zur Kontrolle und zur Erfüllung eigener Bedürfnisse genutzt wird.

'Cure For Everything' (04:40) ballert dann wieder heftig nach vorne. Pasi Kaupinnen langt hier ordentlich in seinen Tieftöner. Auch der Song hat wieder eine gute Geschwindigkeit und wird live ordentlich zum Headbangen einladen. Die Lyrics gehen in die positive Richtung. Musik kann Kraft spenden, gar heilen und Stärke vermitteln. 'A Monster Only You Can't See' (05:56) beginnt eher langsam, um sich dann zu steigern. Der Refrain ist nicht wirklich eingängig. Hier benötige ich sicherlich den einen oder anderen Rundlauf, bevor er sich mir ins Gedächtnis brennt.

Leider lässt es die Altherrenblase nicht zu, dass ich mir 'Teardrops' (04:57), den siebten Song zu Gemüte führen kann. Dafür habe ich noch einen Schnappschuss der Lyrics eingefangen. Zumindest textlich könnt Ihr Euch so auf den Song einstimmen. Songtexte bieten immer viel Platz für Interpretationen. Meiner Meinung nach geht es in 'Angel Defiled' (04:43), dem achten Song um mystische Figuren, Hexerei und letztlich auch um die Lehren des Lebens. Ab kommenden März könnt Ihr Euch selbst ein Bild davon machen. Henrik Klingenberg kann an seinem Keyboard einige Akzente setzen.

Zu 'The Best Things' (04:52) läuft ein Film vor meinen Augen ab. SONATA ARTICA steht 2024 auf der Metalfest-Stage im tschechischen Pilsen und kündigt den Song an. Wenige Noten später reißt die gesamte Crowd die Hände in die Höhe und schwenkt diese im Takt. Die Midtempo-Nummer mit Gitarren zum Dahinschmelzen, hat enorm viel Live-Potenzial mit positiven Lyrics. Manchmal sind die einfachen Dinge im Leben, eben "The best things", welche einen glücklich machen. Für mich wird es unter anderem das Metalfest 2024 mit SONATA ARCTICA sein. Bereits 2022 konnte die Band dort im Amphitheater überzeugen.

'Clear Cold Beyond' (05:43) ist Nummer zehn, somit der letzte Track auf dem gleichnamigen Album und hat ebenfalls eine eher mäßige Geschwindigkeit. Als letzten Track hätte ich mir lieber noch einmal eine druckvolle schnelle Nummer gewünscht. Dennoch ist der Song keinesfalls schlecht und überzeugt mit einer eingängigen Melodie.

Das Licht im Kino geht an, ein kurzer Blick durchs Rund zeigt, dass die anwesenden Teilnehmer der Listening-Session durchaus angetan sind von dem Album. Anerkennender Applaus macht sich breit. Sänger und Komponist Tony Kakko hat mit "Clear Cold Beyond" ein abwechslungsreiches Album geschaffen, bei dem die Stromgitarren klar im Vordergrund stehen. Ich wurde in meinem Insta-Post zur Session gefragt, ob SONATA ARCTICA wieder ein Album mit "Kuschelrock" veröffentlicht. Das kann ich ganz klar verneinen. Klar, es gibt nicht zehn pfeilschnelle Nummern, die sich im Tempo ständig überbieten. Die Abwechslung zwischen den Stücken macht es für mich interessant. Gespannt bin ich auch auf 'A Ballad For The Broken' und ganz besonders auf das MARTIKA-Cover 'Toy Soldiers', welche auf diversen Versionen als Bonustracks erscheinen. Diese beiden Tracks wurden an diesem Tag in Hamberg nicht vorgeführt.

Als wir das Kino verlassen, haben die Finnen noch eine kleine Überraschung für uns. SONATA ARCTICA hat den Schnee mit nach Deutschland gebracht. Hatte ich auf der Hinfahrt noch acht Grad, liegt Hamberg nun unter einer weißen Schicht bedeckt. Wir eilen durch die Eiseskälte in die gemütliche Gaststätte, um noch ein paar Infos auf der Pressekonferenz zu bekommen.

Tony erzählt, dass Mikko Karmila das Album produziert hat. Karmila ist kein unbekannter bei SONATA ARCTICA, hat er doch mit "Ecliptica" das erste Album der Finnen produziert und war auch an zahlreichen weiteren Veröffentlichungen beteiligt. Es ist kein Geheimnis, dass die abgelaufene Jubiläumstournee von SONATA ARCTICA einen Teil zu ihrer neu entdeckten Liebe zur Vorherrschaft des Power Metals beigetragen hat. Tony Kakko bringt es auf den Punkt: "Wir haben eine Menge alter SONATA-Klassiker zurückgebracht, und es hat so viel Spaß gemacht, sie zu spielen, aber auch zu sehen, wie die Leute auf diese Oldies reagierten. Wir wollten mehr davon, was die Leute immer von uns wollten." Glückliche Band, glückliche Fans. So einfach ist das."

Es bleibt noch etwas Zeit für ein paar Biere und Small Talk, bevor es ein reichhaltiges Abendessen gibt. Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende. Mit einem Sack voller Eindrücke mache ich mich auf dem Weg Richtung Heimat. Auf das Album muss ich noch ein paar Monate warten, schließlich erscheint "Clear Cold Beyond" erst am 8. März 2024. Aber die durch Atomic Fire Records hervorragend organisierte Listening-Session hat mir schon einmal gezeigt, dass SONATA ARCTICA es schafft, wieder die Stromgitarren in den Vordergrund zu stellen. Die Rezension vor der Veröffentlichung des Albums überlasse ich gerne einem meiner Kollegen und bin sehr gespannt, was er über "Clear Cold Beyond" schreiben wird.

Photo Credit: Andre Schnittker

Artwork Credit Cover: Niko Anttila

 

A Monster Only You Can't See




https://www.youtube.com/watch?v=aJ0Qh_lVivc

First In Line



https://www.youtube.com/watch?v=oVCXqTZ19Kk

Redakteur:
Andre Schnittker

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