THRESHOLD: Im Rückspiegel, Part I - "Wounded Land" & "Psychedelicatessen"
18.09.2012 | 17:31Mit "March Of Progress" haben die britischen Proggies von THRESHOLD ihrer bislang makellosen Diskographie einen weiteren Meilenstein hinzugefügt. Und da Nuclear Blast in den nächsten Monaten sukzessive die Alben von "Wounded Land" aus dem Jahr 1993 bis "Subsurface" im Jahre 2004 neu auflegt, nutzten wir die Gelegenheit mit Karl Groom und Richard West auf die Geschichte der Band zurückzublicken. Im ersten Teil geht es um die ersten beiden Alben "Wounded Land" und "Psychedlicatessen".
"Wounded Land"

Wir starten unsere Geschichtsstunde natürlich bei der Gründung der Band und was alles passiert ist, bis "Wounded Land" schließlich in den Läden stand. Ich erinnere mich noch gut, wie ich zu Beginn des Jahres 1993 die Rezensionen zu "Wounded Land" gelesen habe und schon bald im Laden stand und völlig überwältigt den ersten Klängen von 'Consume To Live' gelauscht habe. Doch bis dahin war es bereits eine lange Reise, wie Karl Groom uns erzählt: "Als ich 1989 zusammen mit Nick (Midson, langjähriger Gitarrist - PK) THRESHOLD gründete, waren wir eigentlich nur eine Pub-Band, die an allen möglichen Orten spielte. Ich erinnere mich an Reisen auf kleine Inseln vor Großbritannien und Ratten in verkommenen Pubs.", lacht Karl. "Wir haben vor allem Coversongs gespielt und auch ein paar eigene Songs geschrieben, die allerdings ziemlich fürchterlich waren. Als Jon Jeary (langjähriger Bassist - PK) dann dazukam, meinte er, wir sollten doch etwas ernster an die Sache rangehen und so schrieben wir erste Songs, darunter 'Days Of Dearth', 'Sanity's End' oder 'Siege Of Baghdad'. Es muss so 1992 gewesen sein, als Thomas Waber, der spätere Gründer von InsideOut, unsere Musik in die Hand bekam und meinte, wir sollen doch mal ein Demo aufnehmen. Er hatte damals ja noch nicht das Label und hat uns dann aber in Kontakt mit Martin Orford (Gründer von IQ - PK) gebracht, der ja das Label Giant Electria Pea hatte. Eigentlich sollten darauf nur Sachen von IQ veröffentlicht werden, aber er mochte unser Material so sehr, dass er uns anbot unser Debüt zu veröffentlichen."
Die Voraussetzungen waren also geschaffen, auch wenn alles auf äußerst kleinem Niveau ablief, wie Karl schildert: "Martin sagte dann, er würde uns 1.000 Pfund geben, damit wir das Album aufnehmen können und dass es großartig wäre, wenn wir dann 500 Stück davon verkaufen würden. Wir dachten nur, dass 500 Einheiten viel mehr sind, als sonst Leute ins Pub kommen, um uns zu sehen und fanden das durchaus ambitioniert.", lacht Karl und fährt fort: "Vor allem Jon war total aufgeregt und glücklich. Wir hatten einen Plattenvertrag, wenn auch nur einen kleinen, nicht besonders ernsthaften und konnten bei unseren Shows eine CD zum Verkauf anbieten und hatten für später immer etwas, was wir vorzeigen konnten. Doch schon bald übertraf das Album all unsere Erwartungen, denn wir waren wohl einfach zur rechten Zeit am rechten Ort. Das, was man heute Progressive Metal nennt, wurde auch dank "Images & Words" von DREAM THEATER gerade sehr populär und "Wounded Land" war eines der ersten Alben, die man ungefähr in diese Schublade stecken konnte und gleichzeitig waren wir doch sehr eigenständig, da wir noch ganz andere Einflüsse hatten. Wir hatten ja gar nicht das Ziel "Progressive Metal" zu spielen, wir wollten einfach nur die Musik machen, die wir mochten und das ist eben, was dabei rausgekommen ist. Wir hatten doch eigentlich noch gar keine Ahnung, wo die Reise hingeht und doch haben wir mit "Wounded Land" schon unseren Stil definiert und uns in dieser Szene platziert. Es war eine unglaubliche Zeit, denn wir hatten ja keinerlei Erwartungen und plötzlich sollten wir auf Tour gehen und all die Dinge tun, die Rockstars so machen, das hat uns alle ganz schön überrascht."

Der populärste Song auf dem grandiosen Debüt ist eindeutig 'Paradox', ohne den die Band die Bühne eigentlich nicht verlassen darf. "Ganz ehrlich, das ist etwas, was ich nie verstanden habe.", verblüfft Karl und ergänzt: "Das ist einer unserer ganz frühen Songs, und wenn ich einen Song vom Album hätte streichen müssen, dann wäre es wohl 'Paradox' gewesen. Ich dachte immer, das sei ein wenig ein Pop-Song und würde eigentlich gar nicht so gut zu THRESHOLD passen, aber schon bei den ersten Konzerten nach dem Release von "Wounded Land" haben die Leute danach gerufen und wir haben es dann schließlich gespielt und es ist zu einer Art Hymne geworden, die wir beinahe immer spielen müssen. Das ist schon faszinierend."
"Psychedelicatessen"

Für Richard West bedeutet "Psychedelicatessen" seinen eigentlichen Einstieg in die Band, auch wenn er bereits auf "Wounded Land" dabei war. "Ja, "Psychedelicatessen" hat viele Veränderungen für die Band bereitgehalten. Wir hatten ein neues Logo, Glynn Morgan war unser neuer Sänger, ich selbst war jetzt fest in der Band und habe die Platte mit Karl zusammen produziert. Wie alle Alben seitdem. Nachdem ich für "Wounded Land" ja eher als Session-Musiker dabei war und erst sehr spät in der Albumproduktion eingestiegen und nur ein paar Keyboardsoli gespielt habe, hat mich Karl gefragt, ob ich nicht fest dabei bleiben wolle. Ich kannte Karl schon von einer Band namens MYSTERY TRAIN, wo wir ein Album zusammen aufgenommen und produziert haben und wusste, dass es mit ihm prima funktioniert. Zu der Zeit sind wir bereits mit Glynn Morgan auf Tour gewesen, da Damian die Band schon kurz nach "Wounded Land" verlassen hatte.", beginnt Richard, um sich dann an die Zeit der Produktion des Albums zu erinnern: "Das war schon eine krasse Zeit. Ich hatte zu der Zeit noch einen regulären Job, dem ich tagsüber nachgegangen bin und abends haben wir dann bis drei, vier Uhr an dem Album gearbeitet. Danach haben Karl und ich dann immer noch bis Sonnenaufgang ein Autorennspiel gezockt und einen Whisky getrunken. Dann bin ich bei Sonnenaufgang nach Hause, habe geduscht und bin zur Arbeit. Ich sage dir, das war keine gesunde Lebensweise.", lacht der Keyboarder.

"Es war wirklich ein sehr spezielles Album, da "Wounded Land" ja nur von Karl, Nick (Midson, gt.) und Jon (Jeary, b.), den drei Gründungsmitgliedern, geschrieben wurde. Und nun kamen Glynn und ich dazu und haben auch Songs geschrieben, die ganz anders klangen als die anderen Songs und das Bild von THRESHOLD neu definierten." Nie zufrieden war die Band allerdings mit Mix und Mastering. "Ja, damit waren wir immer unglücklich und wussten, dass wir da nicht den besten Job gemacht haben. Als dann mit dem Release von "Hypothethical" die Re-Releases von InsideOut kamen, nutzten wir die Gelegenheit, das Album noch einmal komplett neu zu mixen und zu mastern. Mit dem Ergebnis bin ich heute sehr viel zufriedener, deshalb wird die neue Version in dem Punkt auch nicht verändert."
Die Trennung von Glynn Morgan war dann auch sehr freundschaftlich. "Ja, Glynn wollte eben mehr in die Metal/Hardrock-Schiene und hat ja mit MINDFEED dann zwei Alben veröffentlicht. Wir sind immer noch gut befreundet und nachdem sich Glynn ja ein paar Jahre aus dem Musikbusiness zurückgezogen hat, arbeitet er gerade an neuem Material, das wirklich toll geworden ist. Ich weiß aber nicht, wann, wo und wie es veröffentlicht wird.", erzählt Richard.
Das war es an dieser Stelle mit dem ersten Teil der THRESHOLD-Geschichtsstunde. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung im Interview mit Karl Groom wird es jetzt drei Teile dieses Rückblicks geben. Teil zwei veröffentlichen wir in etwa zwei Wochen, der dritte und letzte Teil wird Anfang November online gehen. Stay tuned.
- Redakteur:
- Peter Kubaschk