APOCALYPTICA und THE RAVEN AGE - Wiesbaden

22.10.2024 | 12:47

07.10.2024, Schlachthof

APOCALYPTICA lädt zum großen METALLICA-Rundumschlag ein.

Heute steht ein Besuch im altehrwürdigen Schlachthof in Wiesbaden an. Viel hat sich dort in den letzten Jahren im Außenbereich getan, aber innen sind mir keine direkten Veränderungen aufgefallen. Auch die Mitarbeiter und die Security, freundlich und hilfsbereit wie immer.

Es ist ein Konzertabend, auf den ich mich diebisch freue: APOCALYPTICA lädt zum großen METALLICA-Rundumschlag ein. Mit neuem Drummer, Mikko Kaakkuriniemi, aber ganz ohne Sänger. Ich will nichts gegen ihre bisherigen Gesangsauswahlen sagen, die waren immer topp, aber die finnischen Cellisten "pur" zu erleben, ist für mich immer noch das Höchste. Dabei muss ich gestehen, dass es mir eigentlich relativ egal ist, was sie zum Besten geben, bildlich gesprochen könnten sie das Telefonbuch rauf und runter spielen – die Faszination wäre bei mir immer gleich hoch. Okay, Neumitglied Mikko Kaakkuriniemi an den Drums zu sehen, ist schon eine Umgewöhnung, wenn man seit Jahren Mikko Sirén kennt. Aber hey, zumindest müssen wir uns keinen neuen Vornamen merken und sein Spiel kann auch überzeugen.

 

Gut, die Sache mit dem Telefonbuch hat sich für diesen Abend erledigt, schließlich steht die Tour ja unter dem Motto "Plays Metallica Vol. 2", wie auch der Titel des aktuellen Albums lautet. Bevor wir allerdings in diesen Genuss kommen, darf jemand anderes den Abend eröffnen: die britische Band THE RAVEN AGE, die mir bisher unbekannt ist, obwohl sie schon 2009 (!) gegründet worden ist und einer der Mitbegründer George Harris, der Sohn des IRON MAIDEN-Bassisten Steve Harris, ist. Wobei ihr Debütalbum erst 2017 das Licht der Welt erblickte. Nun gut, Youtube sei Dank kann ich mir im Vorfeld einige Songs anhören, die gar nicht schlecht sind. Auch das aktuelle Album "Blood Omen" vom letzten Jahr stieß bei unserem Kollegen Mario Dahl auf wohlwollende Ohren. Hört sich nach einem guten Einstieg für den Abend an.

Der Einstiegssong für heute ist 'Nostradamus' vom neuen Album, der live schonmal hervoragend ankommt. Mir gefällt auch das relativ ruhige, fast schon verträumte 'The Journey' sehr gut, ebenso wie das ebenfalls von "Blood Omen" stammende 'Essence Of Time'. Insgesamt spielt THE RAVEN AGE viele eher ruhige Stücke, ich würde sie fast schon melancholisch nennen. Besonders beeindrucken mich 'The Day The World Stood Still' und das sehr nachdenkliche 'Grave Of The Fireflies'. Wenn ich mich nicht täusche, beendet die Band den Auftritt mit 'Fleur de Lis' und bekommt entsprechend viel Applaus. Auch ich bin sehr angenehm überrascht, selten hat mir eine Supportband so gut gefallen und hat wirklich so gut ins Konzept gepasst. Wer die Band noch nicht kennt, sollte wirklich mal ein Ohr riskieren, sie hat es auf jeden Fall verdient.

 

Während der folgenden Umbaupause wird die Bühne mit einem weißen Vorhang verhüllt, irgendwann startet das Intro 'The Ecstasy Of Gold' von ENNIO MORRICONE, schon seit Jahren quasi der "Einlaufsong" von METALLICA – der metallischen Spiele zweiter Teil kann beginnen. Während des Startsongs 'Ride The Lightning' vom neuen Album fällt der Vorhang und sogleich macht sich bei den Zuschauern lautstarke Euphorie breit. Okay, im Fotograben bei mir zwar nicht lautstark, aber die Euphorie ist definitiv vorhanden und ich bin ziemlich froh, dass in der Hektik und mit gefühlt fünfzig anderen Fotografen niemand mein Dauergrinsen bemerkt. APOCALYPTICA-Konzerte sind für mich jedesmal ein Highlight, für die anwesende Fangemeinde offenbar auch. Jeder, wirklich jeder Song wird frenetisch abgefeiert, es wird an den richtigen Stellen lautstark mitgesungen,Aufforderungen von der Bühnenseite aus sind dafür gar nicht nötig. Wer braucht schon einen Sänger, wenn er ein solches Publikum hat!

Nach diesem grandiosen Einstieg gibt es erstmal einen Viererpack "alter" METALLICA-Songs. Von 'Enter Sandman' – ihr hört im Kopf die Menge grölen? - über 'Creeping Death' und 'For Whom The Bell Tolls' zu 'Battery'. Leider müssen wir an diesem Abend auf die sonst übliche, großartige Bühnenperformance und die witzigen Ansagen von Perttu verzichten, denn der Arme ist krank – allgemeines mitfühlendes "Ohhhh!". Nix mit Haare schütteln, heute trägt der Herr ganz brav einen Dutt und sitzt den größten Teil während der Show auf einem Stuhl. Aber hey, besser ein Perttu, der ein großartiges Konzert vom Stuhl aus spielt, als gar kein Konzert. So muss Eicca heute vermehrt den Entertainer geben.

Der nächste Viererblock ist dann wieder "Vol. 2" gewidmet. Nostalgisch wird es dabei mit 'The Call Of Ktulu', der Song wird in Erinnerung an den METALLICA-Bassisten Cliff Burton intoniert und erhält vom Publikum ebenfalls wieder großen Beifall. Weiter geht es mit 'St. Anger' und 'The Four Horsemen' – wir erinnern uns, eingespielt auf der Platte mit Rob Trujillo himself. Es folgt noch 'Blackened', bevor es im Schlachthof erst kurz (!) fast andächtig still wird, als die ersten Töne von 'Nothing Else Matters' erklingen, bis zum Refrain, den dann alle mitsingen. Für mich hat dieser Song immer eine feierlich-erhabene Wirkung. Danach entfaltet der 'Master Of Puppets' seine volle Durchschlagskraft, auch hier ist das Publikum nicht zu halten, und die Show endet leider. Okay, noch nicht ganz, mit 'One' wird uns als Zugabe noch ein letztes Stück vom neuen Album zu Gehör gebracht. Ein wahrhaft erhebender Abschluss für einen großartigen Konzertabend, nicht nur wegen der Spracheinspielung von James Hetfield, die "live" allerdings zusätzlich für sehr viel Gänsehaut sorgt.

Schön war's. Den Gesichtern nach zu urteilen, steh ich mit meiner Meinung nicht alleine da und selbst der inzwischen eingesetzte Regen kann niemandem die gute Stimmung vermiesen. Mein Fazit lautet eigentlich wie immer: Es ist einfach nur faszinierend, welche Gefühle und Stimmungen Perttu, Eicca und Paavo mit ihren Interpretationen dieser großen Hits transportieren. Wobei alle ihre anderen Kompositionen dem in nichts nachstehen, jedes ihrer Alben ist einfach ein Stück Cello-Metal-Musikgeschichte. Wir sehen einen Werdegang, dessen krönender Abschluss bisher für mich "Cell-0" ist, wenn ich "Plays Metallica Vol. 1" und "Plays Metallica Vol. 2" mal außen vor lasse. Das ist noch einmal eine ganz andere Kategorie.

Der Wunsch nach dem nächsten APOCALYPTICA-Konzert steht jetzt schon wieder ganz oben auf der Liste. Ein neues Album wird aber auch gerne genommen. Wie auch immer: Cello-Metal rules!

Setliste Apocalyptica: Intro: The Ecstasy Of Gold (Ennio Morricone song); Ride The Lightning; Enter Sandman; Creeping Death; For Whom The Bell Tolls; Battery; The Call Of Ktulu (in memory of Cliff Burton); St. Anger; The Four Horsemen; Blackened; Nothing Else Matters; Master Of Puppets; Zugabe: One

 

Text und Fotos: Hanne Hämmer

Redakteur:
Hannelore Hämmer

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