APRIL ART und GHOSTHER - Köln
06.12.2024 | 15:3905.12.2024, Gebäude 9
In der Headliner-Champions-League angekommen!
Wer meine Rezensionen zu den beiden letzten APRIL ART-Langdrehern "Rodeo" und "Pokerface" gelesen hat, der wird wissen, dass sich die vier Hessen mit ihrem modernen, wuchtigen und dennoch unheimlich eingängigen Metal schnell einen Platz in meinem Herzen erspielt haben. Dass ich Fronterin Lisa-Marie Watz und ihre Mitstreiter da natürlich auch auf der Bühne antesten musste, als sie im Jahr 2023 im Vorprogramm von JOHN DIVA & THE ROCKETS OF LOVE nach Köln kamen, versteht sich da fast schon von selbst. Der Gig im Gloria war damals schon eine echte Wucht, sodass gut eineinhalb Jahre später ein Besuch beim Tourstop der "Rodeo"-Headliner-Tour in der Domstadt natürlich ebenfalls Pflicht ist.
Bevor die Hessen mit der Liebe zur Farbe Rot allerdings im Gebäude 9 die Bühne entern, darf erst einmal GHOSTHER als Opener den gut zu zwei Dritteln gefüllten Saal auf Betriebstemperatur bringen. Mir macht der gerade den Parkplatz in der Nähe belegende Weihnachtszirkus allerdings einen Strich durch meine Pläne, weshalb die Parkplatzsuche abenteuerlicher wird als gedacht, sodass ich erst zur Mitte des Sets der sympathischen Truppe aus Heinsberg ankomme. Doch auch der verkürzte Eindruck reicht aus, um dem Vierer um Fronterin Jenny Jansen zu bescheinigen, dass die Formkurve konstant weiter nach oben zeigt. Auf Platte hat mir der ungewohnte Stilmix, der sich ziemlich bewusst und selbstsicher zwischen sämtliche musikalische Stühle setzt und sich irgendwo zwischen Metalcore, Melodic Death Metal und teils postigen Tönen wiederfindet, schon immer sehr gut gefallen, doch als ich die Band vor ein paar Jahren erstmals auf der Bühne erlebte, blieb mir doch ein etwas hüftsteifer Eindruck im Hinterkopf. Doch wie immer macht Übung den Meister und auf der zweiten Tour als Support für APRIL ART (bereits 2022 war GHOSTHER mit von der Partie) ist von den verhalteneren Anfagstagen nicht mehr viel geblieben. Im Gegenteil, mit musikalisch blitzsauberer Performance, einer starken Songauswahl und guter Bühnenpräsenz haben Jenny, Gitarrist Andy, Bassist Stelle und Schlagzeuger Ronnie das Publikum schnell fest im Griff und ernten nach knapp 40 Minuten einen verdienten und lautstarken Schlussapplaus. Auch das durchaus rege Interesse am Merch der Heinsberger direkt nach dem Gig zeugt von allgemeiner Begeisterung, wobei ich bei meinem ersten Besuch am Merch-Tisch eher vom kopfüber hinter der Theke von der Decke hängenden und vollständig geschmückten Weihnachtsbaum abgelenkt werde, der heute für viele Besuche als durchaus kultiges Fotomotiv herhalten muss.
Zurück im Saal erlischt nach 20-minütigem Umbau dann auch prompt das Licht und untermalt von wuchtigen Soundscapes und beleuchtet von suchenden Scheinwerfen entert APRIL ART schließlich die Bühne. Die ersten Worte, die Lisa-Marie dem Publikum entgegen schmettert, sind dann die ersten Zeilen des Openers 'Rodeo' und liefern auch gleichzeitig ein gutes Motto für den heutigen Abend: "Welcome to the rodeo!". Sobald die Hessen mit dem Doppelschlag bestehend aus dem Titeltrack und der aktuellen Single 'Burn' losgelegt haben, ist ein wilder und energiegeladener Ritt nämlich garantiert. Der Sound passt, die Performance des Vierers ist sowieso makellos und alle Bandmitglieder versprühen so viel Freude auf der Bühne, dass sich die gute Laune selbst auf die etwas reservierteren Gäste in den hinteren Reihen in kürzester Zeit überträgt. Fronterin Lisa-Marie bricht dabei mit ihrem orange gestreiften Bodysuit, den man schon aus dem Video zu 'Burn' kennen dürfte, fast ein bisschen das Farbschema, das mit seinem knalligen Rot ja inzwischen neben der Musik eines der Markenzeichen der Band geworden ist. Dafür lehnt sich Gitarrist Chris Bunnell massiv ins Rodeo-Thema der Tour und hat sich sogar ein paar Fransen an die Ärmel seines Shirts genäht, die so ein bisschen Erinnerungen an ein günstiges Cowboy-Kostüm im bald anstehenden Karneval wecken. Doch genau diese kleinen lustigen Details sind es, die APRIL ART auf der Bühne so unheimlich sympathisch machen. Klar, die Musik steht für den Vierer an oberster Stelle und wird mit makellosem Handwerk serviert, doch dabei darf der Spaß nicht zu kurz kommen. Da zettelt dann Lisa-Marie auch kurzerhand mal eine Hüpf-Polonaise mit Basser Julian Schuetze an oder Chris und Julian greifen sich gegenseitig beim Greifen der Akkorde und Noten auf ihren Instrumenten unter die Arme, während Lisa-Marie das Publikum zum Mitsingen animiert.
Dass die Hessen inzwischen ein veritabler Headliner sind und sich vor überhaupt keiner internationalen Konkurrenz mehr verstecken müssen, liegt aber nicht nur an der unermüdlichen Arbeit des Vierers, sondern auch schlicht daran, dass man in Sachen Setliste inzwischen aus dem Vollen schöpfen kann. Den Löwenanteil des Abends stellt dabei natürlich das aktuelle Album "Rodeo", das aber mit 'Head Up High', 'Burn' oder 'Not Afraid' schon starke Hits mit Klassikerpotential im Gepäck hat. Mir gefallen dabei sogar die bisher nicht als Singles berücktsichtigten Songs 'Let Em Go' und 'On Your Side' am besten, die mich schon beim ersten Genuss der Platte abgeholt haben. Einzig die Akustikversion von 'Not Sorry' zündet bei mir nicht so ganz, weil sie mit nur einer Westerngitarre ein bisschen den Unplugged-Vibe der Studioversion vermissen lässt. Aber auch hier muss man natürlich die Umstände berücksichtigen, denn als Band, die mit einer kleinen Crew alles selbst auf die Beine stellt, ist es natürlich nahezu unmöglich, hier mal eben ein komplett mikrofoniertes Setup für einen Unplugged-Song aufzubauen.
Ergänzt wird der Abend dann natürlich von den gewohnte Hits der bisherigen Bandgeschichte, wobei für mich vor allem 'Try' und 'Sky Is The Limit' von "Pokerface" als echte Live-Kracher herausstechen. Auch Schlagzeuger Ben Juelg, sowie Chris und Julian bekommen in einem kurzen Instrumental die Gelegenheit, zu zeigen, was für virtuose Musiker sie allesamt sind, während Lisa-Marie einen Moment luft holen kann, um für den Schlussspurt gewappnet zu sein, der mit 'Break The Silence' und 'Break Out' noch einmal zwei echte Hit-Granaten zündet. Gehen dürfen die Hessen damit aber natürlich noch nicht, denn nach lauten Zugaberufen geht die tanzbare Single 'Jackhammer' nochmal ordentlich ab, bevor die elektrische Version von 'Not Sorry' den Abend würdig beendet. Besonders gefällt mir dabei die kurze Abzweigung hin zum METALLICA-Klassiker "Master Of Puppets", den die Band kurzerhand einstreut, bevor das gesamte Publikum zum letzten Refrain ordentlich mitspringt und sich zum Abschluss noch einmal eine Portion spät abendlichen Sport abholt. Abkühlen kann man danach in der Schlange am Merchstand, denn zahlreiche Fans wollen nach diesem hoch sympathischen Abriss noch ein Shirt oder das aktuelle Album eintüten.
Setliste APRIL ART: Rode; Burn; Painkiller; Try; Fighter; Head Up High; Let Em Go; Sky Is The Limit; On Your Side; Not Sorry (Acoustic); Not Afraid; Rising High; Superhero; Break The Silence; Break Out; Zugaben: Jackhammer; Not Sorry
Während ich im Anschluss sehr glücklich durch den strömenden Regen zurück zu meinem Auto wandere, komme ich nicht umhin, Revue passieren zu lassen, was für einen riesigen Schritt die Hessen seit dem Support-Gig vor 17 Monaten hingelegt haben. Inzwischen ist APRIL ART nämlich ein bärenstarker Headliner, den wir wohl so schnell nicht mehr so oft als Support und im kommenden Jahr auch auf den deutlich attraktiveren Slots auf den großen Sommerfestivals sehen werden. Ich jedenfalls würde ungern nach diesem Energiebündel von Band auf die Bühne gehen, denn das gleiche Level zu halten, dürfte selbst für die großen Namen unserer Szene eine Herausforderung sein. Die gedankliche Notiz, jede Show mitzunehmen, bei der die Hessen in meiner Region dabei sind, ist nach einem so tollen Abend natürlich auch schnell gemacht. Gelegenheit wird es wohl im kommenden Jahr ausreichend geben, denn beispielsweise auf dem Festival der Rockfreunde Rengsdorf ist APRIL ART bereits bestätigt.
Text: Tobias Dahs
Fotocredit: Daniel Berghaus (@stardust_photography__)
Da wir selbst leider keinen Fotografen vor Ort hatten, war Daniel Berghaus so freundlich, uns einige seiner Handybilder zur Verfügung zu stellen, damit wir euch zumindest einen visuellen Eindruck vom Abend liefern können. Vielen Dank dafür!
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