Communic (Listening Session) - Donzdorf
21.04.2006 | 10:5711.03.2006, NB-HQ
Obwohl das COMMUNICative Debüt-Album "Conspiracy In Mind" erst im Februar 2005 das Licht der Welt erblickt hatte, hat die Plattenfirma der Norwerger, nämlich Nuclear Blast Records, bereits am 11. März 2006 eingeladen, um den Nachfolger "Waves Of Visual Decay" zu präsentieren. Dieser Einladung kam selbstverständlich eine Reihe von Journalisten aus dem In- und Ausland nach - insgesamt waren es wohl um die 15 Gäste -, und so stand eigentlich einer kleinen, aber feinen Pre-Listening-Party im NB-Headquarter in Donzdorf nichts im Wege.
Nachdem sich neben der Band - vertreten lediglich durch Sänger, Gitarrist und Songwriter Oddleif Stensland - schließlich auch alle geladenen Gäste eingefunden hatten und jeder mit Getränken und Schreibutensilien versorgt war, konnte es auch schon losgehen, und die sieben neuen Songs wurden der Journalistenmeute um die Ohren geblasen. Hier nun meine Eindrücke:
"Under A Luminous Sky"
Der Opener ist zu Beginn geprägt von druckvollem Drumming und nicht weniger kraftvollen Gitarrenriffs, so dass es mit sehr viel Energie los gehen kann. Der etwas später einsetzende Gesang spielt sich dagegen eher im Midtempo-Bereich ab und stellt dadurch einen leichten Gegenpol dar, ohne dass jedoch die Power auf der Strecke bleibt. Und trotzdem ist hier vor allem Abwechslung groß geschrieben, denn sowohl die Instrumentalarbeit als auch der Gesang sind sehr variabel ausgefallen. So nützt Oddleif beispielsweise die ganze Bandbreite seiner Stimme, von cleanem Gesang bis hin zu hohen Screams, und in den Instrumentalpassagen gehen die Norweger auch ausgesprochen progressiv und vertrackt zu Werke. Mit achteinhalb Minuten gehört dieses Stück keineswegs in die Rubrik "kurz und knackig", und obwohl es auch keinen Chorus im eigentlichen Sinne gibt, bleiben manche Passagen schon beim ersten Hördurchgang hängen, was natürlich für das Potential dieser Nummer spricht.
"Frozen Asleep In The Park"
Mit ungefähr neun Minuten ist auch der nächste Song nicht wirklich kürzer, aber auch hier strotzen die Norweger nur so vor Ideen, dass es eine Freude ist, ihnen zuzuhören. Wie schon beim Opener, so legen sie auch hier sehr viel Wert auf Variation, und so wechseln sich immer wieder eher ruhigere, melodische Passagen mit sehr druckvollen, aggressiven Abschnitten ab, technische und/oder vertrackte Teile gehen in recht groovige Passagen über, und doch hat man nie das Gefühl, dass hier nur wild Musik aneinander gestückelt wurde. Im Gegenteil - es klingt alles sehr homogen, quasi wie aus einem Guss.
"Watching It All Disappear"
Der dritte Song ist dann deutlich ruhiger angelegt, und Oddleif & Co. haben hier auch den melodischen Aspekt weiter in den Vordergrund gerückt. Die grundsätzliche Stimmung ist dabei sehr melancholisch, auch wenn immer wieder auch kraftvollere Passagen eingestreut werden. Überhaupt wissen sich Gitarren und Schlagzeug trotz der gemäßigteren Ausrichtung sehr wohl zu behaupten, und so bleiben auch hier Energie und Power nicht auf der Strecke. Gerade in den Instrumentalteilen nimmt der Song immer wieder Fahrt auf, und die Musiker können sich ein bisschen austoben, bevor es anschließend jeweils wieder in ruhigerem Fahrwasser weitergeht.
"Fooled By The Serpent"
Bei Song Nummer vier gehen die Norweger dann wieder deutlich aggressiver zu Werke, und so sorgt die Instrumentalabteilung schon gleich zu Beginn für ordentlich Druck. Die Instrumentierung ist am Anfang teilweise recht stakkato-mäßig ausgefallen, und im Laufe des Songs taucht diese Spielart auch immer wieder auf. Darüber hinaus wiederholen sich auch gewisse Keyboard-Sounds, die dem Song eine gewisse Note verleihen, da hier ansonsten harte, kraftvolle Gitarrenriffs dominieren. Zusammen mit dem druckvollen Schlagzeugspiel ergeben sie so eine ausgesprochen solide Basis für einen Song, der mal recht geradlinig (und headbang-kompatibel) und mal eher komplex daherkommt. Ergänzt wird das Ganze durch den wieder einmal sehr flexiblen Gesang von Oddleif - von melodisch bis aggressiv ist erneut das ganze Spektrum vertreten.
"Waves Of Visual Decay"
Beim Titelsong starten COMMUNIC zunächst mit einerseits druckvollen, andererseits aber enorm melodiösen Gitarren-Riffs, bevor der einsetzende Gesang etwas Power aus dem Song nimmt. Es geht dann erst einmal eher verhalten weiter, auch wenn sich Gitarre, Bass und Schlagzeug auch weiterhin behaupten können. Der Chorus ist bei diesem Song auch klar als solcher zu erkennen, und dementsprechend eingängig ist er auch gestaltet. Im weiteren Verlauf nimmt der Song dann aber auch wieder Fahrt auf, und so wird sowohl Heaviness als auch Komplexität deutlic gesteigert. Letzteres zeigt sich vor allem in den progressiven Instrumentalteilen, die aber gerade dadurch ihren Reiz ausüben. Gegen Ende wird es dann noch einmal etwas ruhiger, und so kommt auch dieser Song wieder auf eine Spielzeit jenseits der acht Minuten.
"My Bleeding Victim"
Der nächste Song ist mit guten sechs Minuten dann etwas kürzer, aber an guten Ideen fehlt es auch hier nicht. So geht es beispielsweise gleich recht kraftvoll los, und es dominieren scharfe Gitarrenriffs das Geschehen. Der typische Gesang von Oddleif verstärkt zwar die melodische Komponente, aber an Heaviness mangelt es dieser Nummer zu keiner Zeit. Dabei spielt es auch gar keine Rolle, ob die Norweger gerade eher geradlinig oder doch eher frickelig agieren - sie sind allgemein sehr druckvoll unterwegs.
"At Dewy Prime"
Das längste Stück haben sich COMMUNIC dann für den Schluss aufgehoben, denn "At Dewy Prime" geht erst nach knapp 10 Minuten über die Zielgerade. Bevor es aber so weit ist, darf man sich an zahlreichen Rhythmus- und Tempowechseln erfreuen, denn auch hier ist wieder Abwechslungsreichtum ganz groß geschrieben. Von Beginn an prägen harte, zum Teil wieder einmal in die thrashige Richtung gehende Gitarrenriffs das Bild, aber auch die Rhythmusabteilung steht da nicht zurück und agiert ebenfalls sehr druckvoll. Der Gesang ist über weite Strecken ebenfalls vergleichsweise aggressiv ausgefallen, und somit haben wir es hier durchaus mit einer recht heftigen Nummer zu tun. Daran ändern auch melodische oder gar ruhigere Passagen nichts, denn auch hier wird die Power keineswegs vernachlässigt. Aber auch an Eingängigkeit fehlt es nicht, wobei hier der gegen Ende mehrmals wiederholte, aber immer wieder variierte Chorus doch erheblichen Anteil hat. Mit immer ruhiger werdenden Gitarren und Meeresrauschen (?) klingt der Song und damit auch das Album schließlich aus...
Fazit:
Ja, was kann man nun abschließend über das neue COMMUNIC-Album "Waves Of Visual Decay" sagen? Ich muss zugeben, dass ich zunächst doch ziemlich überrascht war, da ich mit einer ganz anderen Entwicklung der Band gerechnet hätte. Nachdem die Norweger und ihr Debüt-Album "Conspiracy In Mind" letztes Jahr in sämtlichen Magazinen - ja, auch hier bei POWERMETAL.de wurden sie zum Newcomer des Jahres gewählt - in den höchsten Tönen gelobt und abgefeiert wurden, hätte ich wohl eher mit einem Nummer-sicher-Album gerechnet, das im Vergleich zum Vorgänger etwas geradliniger und durchschaubarer ist und das von der breiten Masse leichter verdaut werden kann. Doch genau das Gegenteil ist nun der Fall, denn "Waves Of Visual Decay" ist deutlich komplexer ausgefallen, und super-eingängige Refrains sucht man vergebens. Dafür wimmelt es auf diesem Album aber nur so von zündenden Ideen, und es macht einen Riesenspaß, den drei Norwegern zuzuhören. Und da die Songstrukturen - wie gesagt - nicht ganz einfach zu durchschauen sind, entdeckt man bei jedem weiteren Durchlauf des Albums neue Feinheiten, und so dürfte auch ein langanhaltender Hörgenuss garantiert sein.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wer "Conspiracy In Mind" bereits mochte, der darf sich schon mal auf den 19. Mai 2006 freuen, denn da wird "Waves Of Visual Decay" in den Läden stehen. Und wer ansonsten etwas mit anspruchsvollem Metal anfangen kann - ganz egal, ob nun Progressive Metal, Power Metal, Heavy Metal oder Thrash Metal -, der kommt wohl auch nicht umhin, sich zumindest ein paar Probedurchläufe zu gönnen - für mich ist "Waves Of Visual Decay" auf jeden Fall ein ganz heißer Favorit auf das "Album des Jahres".
- Redakteur:
- Martin Schaich