ETERNAL CHAMPION, UNTO OTHERS und WRITHEN HILT - Hamburg

07.10.2024 | 12:12

17.08.2024, Kronensaal

Ein wunderbarer Spätsommerabend, an den man im Herbst gerne zurückdenkt.

Und plötzlich ist Herbst. Blätter und Regen fallen ungehindert in das norddeutsche Tiefland. Wem kann man bei aller Schönheit dieser Jahreszeit da schon verdenken, sich noch einmal in den Sommer zurückzusehnen, bevor es immer kälter draußen und immer gemütlicher drinnen wird? Als man mit T-Shirt und kaltem Bierchen in der Hand einen lauen Abend an der frischen Luft genoss. Oder als man jenes frische Lüftchen verließ, um sich in einer gut gefüllten Halle mit lauter Gitarrenmusik zu bedröhnen. Ein Anlass, endlich einen Konzertbericht zu einem zwar vergangenen, aber längst noch nicht vergessenen Konzertabend zu verfassen. Denn wie Leben und Alltag nach dem Ende der Sommerferien so spielen, war bisher einfach zu wenig Zeit, diesen schönen Abend mitte August noch einmal Revue passieren zu lassen. Damals (ist ja immerhin schon fast zwei Monate her) lud die sympathische Mannschaft vom Kulturpalast Hamburg mit einem hübschen Line-Up in den Kronensaal. Das eigentlich für das nebenan liegende und viel kleinere "Bambi Galore-Konzert" wurde kurzerhand verlegt, was anhand der schon vor der ersten Band erstaunlich großen Menschenmenge eine weise Entscheidung war. Aufgespielt haben die Braunschweiger Senkrechtstarter WRITHEN HILT, die Gothic und Metal vermischenden UNTO OTHERS aus Portland und die texanischen Epic-Metal-Vollversorger ETERNAL CHAMPION. Für die erste Band überlasse ich meiner geschätzten Begleitung Holg das Wort.

[Marius Lühring]

Zum Auftakt dieses wunderbaren Abends spielt das Braunschweiger Quartett WRITHEN HILT zum epischen Tanze auf. Die vier wilden Jungen, deren Debüt-EP "Ancient Sword Cult" auch bei uns gebührend abgefeiert worden ist, haben Bock. Sehr viel Bock, denn nach dem instrumentalen 'Aeolia' geht es mit 'Death Undone' gleich in die Vollen. Ja, vielleicht ist man minimal untight, aber das stört bei dieser frischen und mitreißenden Performance nicht die Bohne. Frontmann David ist bester Laune und dem jungen Barden merkt man nicht an, dass er in seiner anderen Band FLAME, DEAR FLAME "nur" die Gitarre bedient. Deren charmante Sängerin steht übrigens heute am Merch-Stand. Family Business. Weiter im Text geht es mit dem formidablen 'Sorcerer's Gate' und meinem Favoriten 'Mountain'. Diese Nummer verfolgt mich seit ich sie das erste Mal gehört habe. Die Gesangsmelodie des Songs ist so unfassbar eingängig und gleichzeitig unkitschig, dass ich mich daran nicht satt hören kann. Und was soll ich schreiben? Live kommt die Entenpelle von ganz alleine angekrabbelt und umarmt mich während des kompletten Vortrages.

Hallelujah! Wie großartig! Mit 'Rider's Moon' wird uns nun ein neuer Song präsentiert, der einen Heißhunger auf einen kommenden Longplayer macht. Während Basser Steffen in fast ulkiger Ruhe seinen Tieftöner bearbeitet und dabei eine angenehme heimische Ausstrahlung ausübt, zwirbeln David und sein Sidekick Jendrick mit einem Enthusiasmus über ihre Instrumente, dass man unwillkürlich die Luftgitarre aus der Tasche nehmen muss. Nun kommt eine dankbar genommen Coverversion, die auch wunderbar zeigt, in welcher stilistischen Ecke man sich im Hause WRITHEN HILT wohl fühlt. Der Klassiker, anders kann man dieses Song nicht betiteln, 'Deliver Us' von WARLORD wird angestimmt. Sofort erklingen Chöre im Saale, die der eh schon enormen Spielfreude der Jungs noch mehr Rückenwind zu geben scheinen. Das ist in meinen Ohren auf jeden Fall deutlich besser als das, was die Bill-Tsamis-Gedächtnis-Band aktuell abliefert. Vielleicht ist Drummer Lauritz Jilge kein Mark Zonder, aber sein treibender Marsch-Beat geht mir mindestens genauso ins Gebein wie der vom Zonder. Das große Plus: Hier werden Emotionen transportiert. Dies kann die Lavery/Zonder-Truppe bei mir einfach nicht mehr schaffen. Von daher ein doppeltes Dankeschön, dass ich diesen grandiosen Song mal wieder ohne Kopfkino genießen konnte. Als Rausschmeißer kommt das noch fehlende 'To Rival The Sun', welches uns alle mit besten Glücksgefühlen auf die noch kommenden Bands einstimmen kann. Nach dem Auftritt wird natürlich noch ein Shirt eingesackt. Ich bin mir sicher, eine Band gesehen zu haben, die unter normalen Umständen in wenigen Jahren deutlich später in so einem Billing stehen wird. Ganz famoser Auftritt!

[Holger Andrae]

Dieser Einschätzung kann ich mich nur anschließen. Während der Umbaupause beobachte ich den arbeitssicherheitstechnisch spannenden Wechsel des Backdrops, wobei wir die Halle dann doch wieder verlassen, um etwas frische Luft zu schnappen und unsere Eindrücke auszutauschen. Es fällt auf, dass der heutige Publikumsmagnet wohl nicht am Ende des Abends spielen wird, sondern direkt als nächstes. So richtig klar war (zumindest mir) die Reihenfolge im Vorfeld nicht. Ist aber auch weniger wichtig, denn heute ist es natürlich eh Pflicht, sich alle drei Bands anzusehen. So betritt zu den Klängen von RUSHs 'Subdivisions' UNTO OTHERS die Bühne des gefüllten Kronensaals. Ich muss gestehen, dass ich mich mit der konservierten Musik der Gruppe bisher etwas schwer tue, weil das Material doch sehr gleichförmig und emotional flach klingt und ich immer wieder gedanklich dahingehend abdrifte, dass ich vielleicht lieber die SISTERS OF MERCY hören würde, als diese zugegeben hervorragend gemachte Metal-Interpretation. Aber entschieden wird das Spiel auf dem Platz. Und dort liefert die Band aus Oregon wirklich ab. So richtig spannend ist die Geschichte rhytmisch auch live nicht, aber die Energie der beiden Saitenspieler Sebastian Silva und Brandon Hill ist durchaus mitreißend. Auch die einnehmende Präsenz von Fronter Gabe Franco passt hervorragend zur düsteren Stimme und der Musik. So finde ich dann doch langsam in den Klang hinein und genieße einen schönen Gig. Weiter vorne tobt die Meute zu Songs von früher: 'Can You Hear The Rain' oder das live sehr hübsche 'Dragon, Why Do You Cry?', oder von morgen. Denn das inzwischen erschienene Album "Never, Neverland" ist zwar noch nicht draußen, aber mit 'Raigeki' und 'Butterfly' dürfen die Fans schon ein bisschen reinhören. Als Belohnung gibt's tosenden Applaus und "Unto Others"-Rufchöre. Es scheint also allen gefallen zu haben. Und auch ich kann am Ende sagen, dass diese gute Stunde durchaus Spaß gemacht hat.

Die Erwartungen an meinen ersten ETERNAL CHAMPION-Gig sind da im Vorfeld durchaus größer. "The Armor Of Ire" zählt immerhin zweifelsohne zu den Epic-Metal-Großtaten des letzten Jahrzehnts und das inzwischen auch schon wieder vier Jahre alte Album "Ravening Iron" erreicht zwar nicht die Klasse des Debüts, ist aber dennoch wirklich stark. Nun darf ich mich also endlich von den Live-Qualitäten des texanischen Gespanns überzeugen. Und um es vorweg zu nehmen: Ich komme hier voll auf meine Kosten! Zum MANOWAR-Knüller 'Fighting The World' betreten die Musiker um den zu Beginn noch mit Kettenhaube bedeckten Frontmann Jason Tarpey die Bühne und geben einen schönen Querschnitt aus ihrem bisherigen (noch viel zu überschaubaren) Schaffens zum Besten. Mein persönlicher Höhepunkt, der Gänsehautsong 'The Armor Of Ire' kommt leider schon recht früh dran. Anschließend flachen meine Emotionen etwas ab, wobei die Stimmung im Kronensaal durchweg feierwütig und faustschwingend bleibt. Zurecht. Tarpey wirkt so hünenhaft und animierend wie der Bandname es verspricht und auch die Instrumentalisten scheinen heute tierischen Spaß an ihrem Job zu haben.

Da mir der Vergleich fehlt, kann ich wenig dazu sagen, ob der im April viel zu jung verstorbene Bassist Brad Raub in Sound oder Präsenz fehlt. Dass Ersatzmann Frank Chin (CRYPT SERMON) die Band schon einige Jahre begleitet, merkt man der Eingespieltheit aber an. Und so rocken sich alle hier heute versammelten Menschen durch Stücke wie 'I Am The Hammer', "War At The Edge Of The End' oder 'Coward's Keep', singen, bangen, gestikulieren mit und feiern und huldigen dem epischen Metal. Da bleibt zum Schluss dann nur zu hoffen, dass der ETERNAL CHAMPION die Sterblichen erhört und endlich neue Musik auf runde Tonträger zaubert. Der Auftritt hat durchaus bewiesen, dass die Meute immer noch darauf giert.

Was für ein toller Abend, damals im Spätsommer!

[Marius Lühring]

 

 


Redakteur:
Marius Luehring

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