INGESTED, FALLUJAH, VULVODYNIA und MÉLANCOLIA - Wiesbaden

19.05.2024 | 17:08

15.05.2024, Schlachthof (Kesselhaus)

Zwischen Deathgrind, progressivem und Technischen Death Metal hin zu Slamming Brutal Death - ein Abend voller Energie, Abwechslung und schöner Erinnerungen.

Manchmal muss man sich einfach auf den Weg machen, raus in die Welt, etwas erleben, den Kopf frei bekommen, mal den Alltag, Ängste und Sorgen vergessen. Und wie wir alle wissen, kann Musik wahre Wunder bewirken, Türen öffnen, als Ventil dienen, Balsam für die Seele sein und die Flucht aus all den negativen Einflüssen des Lebens erleichtern. Was eignet sich also besser dafür,  als ein Konzert zu besuchen, die Eindrücke, die Atmosphäre, die Klänge und alles aufzusaugen, um für ein paar Stunden mal alles zu vergessen und einfach im Moment zu leben. So beschließe ich also, mir ein Ticket für meinen geliebten Schlachthof Wiesbaden zu sichern, denn heute spielt INGESTED im Kesselhaus. Und die Band sind nicht alleine, denn sie hat mit MÉLANCOLIA, VULVODYNIA und FALLUJA noch drei weitere Bands als Support im Gepäck.

 


Nach Feierabend ist noch etwas Zeit für einen Snack, bei herrlichstem Sommerwetter. Danach ist es aber an der Zeit, sich auf den Weg nach Wiesbaden zu machen. Am Kesselhaus angekommen genießen noch einige Metalheads und Fans ein paar Kaltgetränke, eine Schlange ist vor dem Eingang noch nicht zu erkennen, alles sehr ruhig und entspannt. Das Kassenhäuschen öffnet schließlich pünktlich und nach und nach machen sich alle Gäste auf den Weg zum Einlass. Bei den Temperaturen brauche ich erstmal ein kühles Getränk, also ab zur Theke und dann direkt zum Merchstand, wo es wirklich einiges an coolem Merch zu sehen gibt, kein Wunder bei vier auftretenden Bands.

Doch es dauert gar nicht lange, bis Bühne und Technik bereit sind, und schon beginnt der Soundcheck von MÉLANCOLIA, der schnell und unkompliziert vonstattengeht. Die aus Melbourne, Australien stammende Band, ist dem Deathcore zuzuordnen, hat bis jetzt eine Single und 2023 ihr Debütalbum veröffentlicht und gilt als einer der Newcomer des Genres, welches ja momentan unter anderem durch Bands wie LORNA SHORE in aller Munde ist. Als die Australier nun also die Bühne betreten, fallen sofort zwei Dinge auf: kein Bassist, neben Drums und Gesang nur zwei Gitarren und das Outfit von Sänger Alex Hill. Ledermantel, das Mikrofon an einer langen, schweren Kette befestigt, Gesichtsbemalung. Spannendes und finsteres Erscheinungsbild und kein Bass, das wird interessant. Nach dem Intro geht es auch direkt los, trotz fehlenden Basses kommt das ganze von Beginn an sehr wuchtig, kraftvoll und satt rüber. Sänger Alex ist ständig in Bewegung und interagiert viel mit dem Publikum in der ersten Reihe. Musik und Show passen gut zueinander und obwohl das Dargebotene nicht ganz meinen Geschmack trifft, so ist es aber handwerklich sehr gut gemacht. Fettes Drumming, wuchtige Riffs und vor allem der Facettenreichtum der Vocals ist beeindruckend, da hier alle erdenklichen Gesangstechniken des extremen Metals zur Anwendung kommen, und das in allen denkbaren Tonlagen von hoch bis tief, was für gute Unterhaltung beim Zuhören sorgt. Songs wie 'God Tongue' oder 'Hiss Through Rotten Teeth' sind Nummern, die mich mitreißen können und somit bietet MÉLANCOLIA einen guten Start in den Abend.

Als zweite Band ist VULVODYNIA aus Südafrika an der Reihe, die dem Slamming Brutal Death Metal zuzuordnen sind. Die Band sorgte durch einen Vorfall körperlicher gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Schlagzeuger Tom Hughes und dem mittlerweile Ex-Frontsänger Duncan Bentley für Aufmerksamkeit. Die beiden waren in der Vergangenheit wohl öfters aneinandergeraten, was dann letztendlich zur finalen, gewaltsamen Eskalation und zum Rausschmiss von Duncan Bentley führte. Somit steht seit Juli 2023 ein neuer Mann am Mikrofon: Lwandile Prusent. Die Band ist mir schon lange bekannt und ich habe sie auch das eine oder andere Mal gehört, somit weiß ich aber schonmal was auf mich zukommt und bin gespannt, wie sich der neue Frontmann live schlagen wird. Nachdem das Intro verklungen ist, geht es also los. Sehr satter und wuchtiger Sound, heftige Growls von Fronter Lwandile und auch hier wieder zwei Gitarren, kein Bass, trotzdem sehr kraftvoll und groovig. Die fetten Slamriffs werden einem nur so um die Ohren gehauen und es tun sich immer wieder große Moshpits vor der Bühne auf, wo Old School-Death-Metaller auf junge Hardcore/Deathcore-Kids treffen und sichtlich Spaß miteinander haben. Die Stimmung fängt an zu kochen, die Jubelrufe werden lauter und auch die Moshpits werden mit der Zeit größer. Ein insgesamt toller Auftritt, der neue Mann am Mikrofon liefert mehr als ordentlich und energiegeladen ab, spaßige Livenummer!

Nachdem VULVODYNIA die Bühne verlassen, fängt FALLUJAH an, das Equipment aufzubauen und macht sich bereit für den Soundcheck. Eine, wie ich finde, sehr interessante und facettenreiche Band, bei der es anfangs nicht leicht ist, Zugang zu finden. Der Musikstil ist sehr eigenwillig und bewegt sich im Bereich des Technical Death Metal mit Ambient, Jazz- und Prog-Einflüssen. Ich verfolge die Truppe bereits seit 2014, wo ich sie ebenfalls in Wiesbaden, allerdings in der großen Halle, als Support für THY ART IS MURDER und CARNIFEX gesehen hatte. Ich mag die Band und weiß genau, was mich erwartet. Es ist schön, eine Truppe, die man so lange nicht gesehen hat, wieder live erleben zu können. Bis auf ein Gründungsmitglied, eine komplett neue Besetzung, was sich aber im Verlauf des Abends als nichts Negatives herausstellt. Und endlich wieder ein Bass auf der Bühne. Gerade technisch versierte Bassisten, wie im Fall von FALLUJAH, sind absolute Garanten für einen Ohrenschmaus, wenn nicht nur die Gitarren, sondern auch der Bass zur melodischen Untermalung beitragen! Die Band startet mit einem satten, klaren und tollen Sound, wenn auch ohne Vocals in der ersten Minute, denn es gibt Tonprobleme mit dem Mikrofon, doch die sind schnell behoben und schon bekommt man wahnsinnig gute Screams und Growls geboten. Neben schweren Gitarrenriffs, fetten Groove-Einlagen und Ambient-Sounds, zeigen die Musiker durchweg, dass sie echte Techniker an ihren Instrumenten sind. Schwere Soundwände aus Gitarren, wechseln sich mit Griffbrettgefrickel und den Jazz- und Prog-angehauchten Passagen ab. Das macht richtig Spaß und es ist auch optisch eine Freude, den Musikern beim Musizieren zuzusehen. Schon ein Kontrastprogramm zu den ersten beiden Bands, doch nicht nur ich, auch das restliche Publikum ist sehr angetan vom technischen Können und der musikalischen Darbietung. Laute Jubelrufe und Moshpits bestätigen das und am Ende gibt es einen richtig satten Applaus.

Als FALLUJAH das Set beendet, wird die Bühne für den Headliner umgebaut und vorbereitet. Es ist an der Zeit für INGESTED. Die Briten sind schon wirklich lange in der Death-Metal/Grindcore/Deathcore Szene aktiv und veröffentlichten Anfang April ihr neuestes Werk "The Tide Of Death And Fractured Dreams". Die Jungs bieten meiner Meinung nach einen abwechslungsreichen Mix der zuvor genannten Stile, ohne die Genregrenzen zu verlassen, dennoch schielen sie über diese immer mal wieder herüber, indem sie mit Emotionalität, Groove, Aggressivität und Tiefgang punkten. So auch an diesem Abend. Der Sound ist nahezu perfekt, es scheint alles richtig zu sein, denn es gibt für mich nichts daran auszusetzen, genauso wenig wie beim Auftritt der Truppe aus Manchester. Im Gegenteil: Dieser unheimlich fette Groove und die Energie und Spielfreude, welche die Jungs hier an den Tag legen, machen dermaßen Spaß, dass man aus dem Grinsen und Headbangen nicht mehr herauskommt. Auf den Alben klingt INGESTED schon immer fett, aber live ist das Ganze nochmal eine Spur besser. Frontmann Jason kommt bei seinen Ansagen super sympathisch rüber und reißt das Publikum mit seiner Performance komplett mit. Auch der Rest der Band ist ständig im Headbang-Modus, die Haare fliegen und die Riffs werden nur so rausgeknallt, was das Zeug hält. Gerade die mörderischen Breakdowns lassen das Kesselhaus beben und bringen den Boden zum Zittern.

Während des Auftritts bleibt es nicht bei Moshpits, es kommt vermehrt zu Circle Pits, die den Raum komplett ausfüllen und es ist kaum noch Platz zum Stehen, da ein großer Teil des Publikums in Bewegung ist. Auch Jasons Aufforderung zu einer Wall Of Death kommt das Publikum nach. Es teilt sich in Zwei Hälften und auf Kommando kommt es in der Mitte zum Aufprall, einige Zuschauer gehen zu Boden, Körper fliegen. Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, das Kesselhaus kocht. Ich habe einen riesigen Spaß und bin echt traurig, als es heißt, dass der nächste Song der letzte sein wird, außer wir geben nochmal alles mit Circle- und Moshpits, dann gibt es einen Zusätzlichen Song. Das lässt sich das Publikum nicht zweimal sagen und somit wird es wieder wild vor der Bühne, genauso wie INGESTED geben alle nochmal alles zum Finale. Dann ist das Ganze auch schon wieder vorbei, ich hätte locker noch 3 oder 4 Songs vertragen können. Aber die Band wird mit tosendem Applaus verabschiedet und Sänger Jason nimmt sich sogar die Zeit für Fotos mit den Fans. Auch ich gehöre zu den Glücklichen und ergreife die Gelegenheit, ein Foto mit dem Fronter zu machen und einen kurzen Schnack zu halten. Danach geht es nochmal zum Merchstand, wo ich FALLUJAH treffe, wir kommen ins Gespräch, es gibt noch ein Foto mit der Band inklusive signierter Platte.

Ein grandioser Abend. Es gibt wirklich nicht mehr viel zu sagen. Die Flucht aus dem Alltag ist mehr als gelungen. Mit fantastischen Eindrücken, einem coolen Bandfoto und der signierten "Empyrean" - Platte im Gepäck, trete ich überglücklich den Heimweg an. Danke an alle Bands und den Schlachthof! Ein besonderes Danke geht an FALLUJAH, danke für den starken Auftritt, eure Zeit, die Autogramme, die tollen Gespräche und das Foto!

Fotocredit: blackout_fg / Finn Geiger

Redakteur:
Kevin Kleine

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