KEEP IT TRUE-RISING III - Würzburg
25.10.2023 | 13:2606.10.2023, Posthalle
Das Festival etabliert sich mit einem abwechslungsreichen Billing.
Das "Keep It True Rising"-Festival hatte sich während der Pandemie neu entwickelt - nicht, weil die Sehnsucht nach zwei "Keep It True"-Festivals im Jahr (wie früher) wieder so groß wurde, sondern weil das "normale" Hauptfestival aufgrund der Pandemie über Jahre hinweg ausgefallen war. Doch es hat sich schnell auf der Festivalpalette etabliert und läuft jetzt bereits in einer dritten Runde, mit einer kleinen vierstelligen Besucherzahl in der Posthalle Würzburg, die scheinbar ihrem Ende entgegensteuert. Mit DORO und DIRKSCHNEIDER konnten auch ganz schön große Headliner an Land gezogen werden - mit einer Band wie WATCHTOWER konnte man zudem auch nicht überall rechnen. Timo, Jakob (am Samstag) und ich sind für Powermetal.de vor Ort dabei und präsentieren euch hier unsere Erkenntnisse.
Bei AMETHYST komme ich langsam in den Raum rein, der Sound ist aber leider eher ausbaufähig. Vom Songmaterial her sollte mich das ansprechen, aber ich werde nicht abgeholt. PS: Wer MENDES PREY covert ('On To The Borderline'), zeigt natürlich, dass er ein absoluter NWoBHM-Spezialist ist. Man sollte sich dann aber nicht wundern, wenn das weitestgehend unbekannt ist, selbst in diesem Setting.
Setliste AMETHYST: Instrumental; Into The Black; Stand Up And Fight; Nightstranger; Running Out Of Time; Chasing Shadows; Rock Knights; On To The Borderline; Stormchild
Theoretisch kann ich mir über WITCHHUNTER und TRIUMPHER ein paar belanglose Sätzchen "aus der Hüfte schneiden", da ich mich bei beiden Bands bereits in der Halle befinde. Allerdings nur kurz, und zudem ist meine Aufmerksamkeit anderweitig gebunden, so dass ich so gut wie nichts Aussagekräftiges mehr weiß, was ich zu beiden Acts ohne Einsatz von Erfindungsreichtum schreiben könnte. Die Setlisten möchte ich euch hier jedoch gerne abbilden:
Setliste WITCHHUNTER: Metal Dream; Crystal Demons; Black Horror; Witchhunter; Legion; Lucifer's Blade; Hell For Leather; Hold Back The Flame
Setliste TRIUMPHER: The Thunderer; Storming The Walls; Esoteric Church Of Dragon; Blood Of My Enemies; Mediterranean Wrath; The Blazing Circle; I Wake The Dragon (Promachos)
DESTRUCTOR hingegen bekomme ich vollständig mit, allerdings mit einer leichten Einschränkung: Wegen meiner vorher erfolgten zweieinhalbmaligen Hin- und Her-Rennerei zum etwa 500m entfernten Auto muss ich meinem mittleren Alter Tribut zollen und mich mal setzen, was ich neben dem vorderen Herrenklo auf dem der Posthalle eigenen "Randstein" mache. Somit sehe ich jedoch nichts mehr von der Band bzw. ihrem Stageacting. Tja, zu DESTRUCTOR also: räudiger Rumpelthrash-Sound, insgesamt ordentlicher Klang, den Gig in Härte und Tempo steigernd, mit ordentlichem Rückhalt im Publikum. Das sind so die Hauptschlagwörter, die mir spontan in den Sinn kommen. Teilweise finde ich das Gehörte vor allem zu Beginn ein bissel rhythmisch holprig, das passt aber schon zur Musik und gehört vielleicht auch dazu. In der Mitte des Sets kommt dann der "große Bandhit", bei DESTRUCTOR hört dieser, genauso wie das Debütalbum von 1985, auf den Titel 'Maximum Destruction'. Dazu sind dann euphorische Reaktionen aus der mittlerweile, für ungefähr 15:30 Uhr, überaus stattlichen Menschenmenge vor der Bühne zu vernehmen. Während der letzten drei Lieder können die auch schon etwas älteren Metaller aus Cleveland dieses erreichte Stimmungsniveau bei ihren altersmäßig ähnlich gelagerten Fans mit dem der Band eigenen, schroffen Thrash halten.
Setliste DESTRUCTOR: Tear Down The Heavens; Sonic Bullet; Metal Spike Deep; Iron Clad; Maximum Destruction; Destructor; Iron Curtain; Pounding Evil
Wie alle Bands bis kurz vor 20:00 Uhr erhält Q5 nur 45 Minuten Spielzeit. Die zugestandene Zeit nutzt die Band jedoch, wie auch schon vor einigen Jahren beim "richtigen" KIT, nahezu perfekt: Vom Opener 'Let Go' an packt die Band das Publikum mit ihren grandiosen Songs und lässt es nicht mehr los. Sei es das flotte 'Pull The Trigger' oder das stampfendere, AC/DC-artigere 'Ain't No Way To Treat A Lady' – die Leute in der Posthalle haben Bock auf die wunderbar gespielte, metallische 80er Rockmusik. Da nimmt dem Frontmann und einzigem verbliebenen Gründungsmitglied Jonathan Scott K. auch keiner krumm, dass seine Stimme altersbedingt etwas dünner klingt und er nicht mehr immer jeden Ton perfekt trifft und halten kann. Überwiegend ist das über etwa zwei Drittel des Gigs aber durchaus der Fall. 'Missing In Action' drückt ordentlich und versetzt mich in beste Rock'n'Metal-Stimmung, so dass ich schon ziemlich überrascht bin, als neben Jonathan plötzlich die SOLICITÖR-Amazone Amy Lee Carlson auftaucht. Die beiden singen zusammen sehr gut und geschmackvoll 'Lonely Lady' und verschaffen dem Q5-Gig und dem "KIT-Rising-III"-Festival insgesamt damit bereits einen ersten Höhepunkt. Ich muss allerdings, mit etwas Schalk im Nacken, in mich hinein schmunzeln, dass ausgerechnet diese, nun ja, äußerlich sehr extrovertierte Dame 'Lonely Lady' singt. Der zweite Song von "When The Mirror Cracks" wird mit dessen Titelsong vorgetragen und lässt immer mehr Leute ihr Haupthaar schütteln und in Bewegung geraten. Die Halb-Ballade 'Come And Gone' nimmt dann etwas Druck raus, zeigt aber auch wie angesprochen, dass der Mann mit der scheinbar angewachsenen Worker-Mütze mit seiner Stimme kämpft, um das schöne Lied gut durchzukriegen. Die Musiker, vor allem der Leadgitarrist, unterstützen ihn dabei auf ihren Instrumenten großartig. 'Teenage Runaway' lässt sofort wieder Wallung aufkommen, man fühlt sich wie in einer gut gefüllten Rock-Disse in der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Wahrscheinlich, weil ich dieses Feeling gerade noch in echt damals erleben durfte, ertappe ich mich selbst auf einmal mit erhobenem Arm und filmendem Handy in der Hand. Ein folgenschwerer Fehler, da ich mir vorgenommen hatte, 'Steel The Light' vollständig aufzunehmen. Ihr könnt euch denken, was passiert: 'Teenage Runaway' geht nach halb ausgespieltem Schlussakkord nahtlos in 'Steel The Light' über... Keine Ahnung, wie ich es schaffe, fast zehn Minuten lang den Arm oben zu halten, der hinterher tüchtig weh tut. Jedenfalls ist 'Steel The Light' ein weiteres Mal monumental, mit euphorisch mitsingendem Publikum und allem was dazugehört und befindet sich nun in der KIT-R-23 Version komplett auf meinem Handy. Ich bin sehr dankbar, Q5 noch einmal live erlebt haben zu dürfen, womit ich nach der zwischenzeitlichen Auflösung nicht mehr gerechnet hatte.
Setliste Q5: Let Go; Pull The Trigger; Ain’t No Way To Treat A Lady; Missing In Action; Lonely Lady; When The Mirror Cracks; Come And Gone; Teenage Runaway; Steel The Light
Die EVIL INVADERS sind live einfach eine Freude. Was für eine Energie, was für eine Spielfreude die Belgier mitbringen, das ist wirklich klasse! Dabei kenne ich das Studiomaterial, abgesehen vom Debütalbum, gar nicht so gut. Trotzdem ist es eine der packendsten Shows des Festivals. Diese Band, Leute, diese Band wird in einigen Jahren deutlich höher auf solchen Billings landen (müssen). Denn sie tritt all denjenigen in den Allerwertesten, die sich mit einem rührigen Greatest-Hits-Package entspannt den Applaus abholen wollen. Schweiß, Blut und Tränen fließen, denn hier wird alles gegeben. Hut ab vor dieser Performance!
Setliste EVIL INVADERS: Feed My Violence; Mental Penitentiary; Hissing In Crescendo; In Deepest Black; Sledgehammer Justice; Forgotten Memories; Die For Me; As Life Slowly Fades; Raising Hell
OMEN hatte ich mal am Standard-"Keep It True"-Festival gesehen, und war damals ziemlich enttäuscht gewesen. Der Grund war für jeden in der Halle sichtbar: Kenny Powell war nicht fit gewesen. Daher habe ich, trotz der erwartbaren Greatest-Hits-Runde, wenig Erwartungen. Diese werden dann allerdings deutlich übertroffen. Hier gibt es nicht nur die erwartbaren Hits, sondern einen spielfreudigen und nüchternen Leadgitarristen, sowie mit Nikos Migus A. aus Griechenland einen sehr starken Sänger. Die ganze Halle schreit mit, und ich darf erleben, dass diese Band, die im Grunde seit 1988 kein relevantes Album mehr veröffentlicht hat und sich hier nur auf Tracks der ersten drei Studio-Alben verlässt, wirklich auch 2023 noch Relevanz haben kann, zumindest als Live-Act. Gerne wieder!
Setliste OMEN: Death Rider; Last Rites; Teeth Of The Hydra; Ruby Eyes (Of The Serpent); Hell's Gate, Warning Of Danger; Termination; Red Horizon; In The Arena; The Axeman; Battle Cry
Kurz vor 20:00 Uhr ist dann soweit: Der Classic-Rock-Höhepunkt des diesjährigen "KIT Rising" steht mit der vom Gründungs-Schlagzeuger der legendären irischen Hardrock-Band THIN LIZZY höchstselbst angeführten Tribute-Band BRIAN DOWNEY'S ALIVE AND DANGEROUS an. Mit warmem Sound startet die Band mit dem von Live-Alben bekannten Opener 'Are You Ready'. Die KIT-Gefolgschaft rennt schon fast aus dem schönen Spätsommerwetter in die Posthalle hinein, so dass es auch im hinteren Bereich beim Merch-Stand schnell voll wird. Die drei Musiker vor dem Schlagzeug des 72-jährigen Brian Downey spielen wunderbar authentisch, und nachdem bereits vier, mittlerweile zu Denkmälern gewordene Songs in Form von 'Jailbreak', 'Rosalie', dem majestätischen 'Emerald' sowie dem harschen Rocker 'Suicide' für enthusiastische Zurufe und tolle Festivalstimmung gesorgt haben, ist spätestens mit 'Dancing in The Moonlight' der größte Irish-Rock-Popup-Pub in Würzburg eröffnet! Die Atmosphäre in der Posthalle gleicht nun wirklich der in einer Dubliner Großraumkneipe. Wer in dieser Stimmung mit einem Bier in der Hand, leider gibt es kein Guinness in der Posthalle, und zweien bereits im Kopf, zur Bühne blickt, dem kann es passieren, dass er plötzlich meint, durch ein Zeitloch gefallen zu sein und wirklich THIN LIZZY livehaftig vor sich zu erleben. Die drei vorne auf der Bühne stehenden Musiker sehen jeder für sich aus der Entfernung aus wie die Spät-Siebziger-THIN LIZZY. Haarschnitte, Kleidung, Stage-Acting, da passt alles, auch wenn der Afro von Matt Wilson aus Belfast etwas übertrieben groß zu sein scheint. Die beiden Gitarristen, die vortrefflich mithelfen, das Erbe der großen irischen Rockband zu pflegen, heißen Michal Kulbaka und Joe Merriman und erwecken ein um das andere Mal während des Gigs die ikonischen Twin-Gitarren-Duelle zum Leben. 'Massacre' folgt und bringt noch mehr Bewegung in das sich nun völlig im Sog der für eine Stunde wiederauferstandenen Rockhelden von der grünen Insel befindende Publikum. Der anschließende klassische LIZZY-Blues 'Still In Love With You' schafft fast intime Paartanz-Stimmung, die sogleich nachfolgend vom aufpeitschenden 'Warriors' wieder aufgelöst wird. Jetzt befindet sich die Band bereits im Schaulaufen und der Gig endet zunächst furios mit dem jedem Anwesenden bekannten und natürlich glorreich abgefeierten 'The Boys Are Back In Town' sowie dem harten Rocker 'Cold Sweat'. Als Zugabe gibt es dann noch 'Whiskey In The Jar', bei dem die gesamte Posthalle mitsingt und sich so einige "Kuttenheinze" mit, natürlich nur vom Bier, angefeuchteten Äuglein in den Armen liegen. Ein wunderschönes Konzert und ein würdiges Gedenken an eine der besten (Hard-)Rock-Bands aller Zeiten!
Setliste BRIAN DOWNEY’S ALIVE AND DANGEROUS: Are You Ready; Jailbreak; Rosalie; Emerald; Suicide; Dancing In The Moonlight (It's Caught Me In Its Spotlight); Massacre; Still In Love With You; Warriors; The Boys Are Back In Town; Cold Sweat Zugabe: Whiskey In The Jar
Braucht es nach so einem Fest dann FLOTSAM & JETSAM? Klar, die Jungs spielen weiter hochklassigen Speed/Thrash Metal, auch 2023 noch. Umso enttäuschender, dass außer 'Iron Maiden' nur Songs der (zugegeben starken) ersten beiden Alben gespielt werden. Ehrlich gesagt habe ich meist gar keinen Bock auf reine Uralt-Alben-Shows, wenn die Band seitdem weiterhin so viel relevantes Material veröffentlicht hat. Klar, das Debüt kann ich abfeiern, und auch der Zweitling ist stark, aber die Alben seit "The Cold" haben doch auch absolut hörenswertes Material. Wo bleibt es? Ich bin tatsächlich etwas genervt von diesem Gig, obwohl es objektiv an der Umsetzung nichts auszusetzen gibt und die Songs auch stark sind. Aber diese Reduktion einer Band auf das absolute Frühwerk, die habe ich satt.
Setliste FLOTSAM & JETSAM: Hammerhead; Dreams Of Death; Desecrator; She Took An Axe; I Live You Die; No Place For Disgrace; Doomsday For The Deceiver; Iron Maiden; Zugabe: Der Führer
Wir sind alle... meine Güte, es wurde viel geunkt und geredet vor dem Auftritt von DORO PLAYS WARLOCK. Muss das sein, dass die Dame, die oft hart an der Grenze zum Schlager agiert, tatsächlich auf dem traditionalistisch-regressiven Metal-Festival schlechthin eine Bühne erhält? Ich gebe zu, obwohl ich natürlich das WARLOCK-Material klasse finde, dass ich auch erst mal ziemlich skeptisch bin. Aber wäre ich gegangen, ich hätte den besten Gig des Tages verpasst. Denn die Metalqueen ist absolut sympathisch im Auftreten, an den Songs gibt es nichts zu meckern, die Show ist fast so stark wie bei EVIL INVADERS (aber eben mit besseren Tracks), die Ansagen sind absolut unnervig, mit der aktuellen Single 'Time For Justice' sowie 'Revenge' gibt es nur zwei DORO-Tracks, mit 'Breaking The Law' und dem Drumsolo nur zwei völlig unnötige Filler. Ein Dutzend WARLOCK-Knaller sorgen für einen wirklich überragenden Abend, der mich vom DORO-Kritiker fast ein bisschen zum Fanboy gemacht hat. Großartig!
Setliste DORO PLAYS WARLOCK: I Rule The Ruins; Earthshaker Rock; East Meets West; Three Minute Warning; Burning The Witches; Hellbound; Evi; Für Immer; True As Steel; Metal Racer; Drum Solo; Time For Justice; Breaking The Law; Revenge; All We Are; Metal Tango
Hier kommt ihr zum Samstag.
- Redakteur:
- Timo Reiser