Party.San 2019 - Schlotheim
12.09.2019 | 11:1508.08.2019, Flugplatz Obermehler
Große Geburtstagssause zum 25. PSOA: Präsentiert von POWERMETAL.de reißen mehr Bands denn je und allen voran die Headliner HYPOCRISY, TESTAMENT und BLOODBATH den Obermehler Flugplatz ab.
Beim dreitägigen Jubiläum fährt das Party.San Metal Open Air in Schlotheim groß auf: Da präsentieren sich Headliner wie HYPOCRISY mit einer völlig angemessenen Show in Höchstform und werden mit alten Perlen wie HELLHAMMER und DEICIDE Helden unserer Jugend aus dem Hut gezaubert. Bei erstmals über 50 Truppen geht es auf der Hauptbühne wieder um Punkt zwölf mittags los, während die Tentstage samstags sogar schon ab zehn Uhr ran muss. Das Wetter hält die meiste Zeit, abgesehen von einer Gewitterfront Freitagnacht bleibt das Festival diesmal von einer zwischenzeitigen Evakuierung wie im Vorjahr verschont. POWERMETAL.de ist wie immer mittendrin unter den 9.000 Metalheads, lädt die Bands zu Autogrammstunden am eigenen Stand ein und ist nebst Kuli sowie Fotoapparaten auch wieder mit Videokameras unterwegs, um euch bald den alljährlichen Film zu präsentieren. Nun aber hinein ins Festivalgetümmel, die Zeltbühne erhält wie immer ihren eigenen Platz.
Zum diesjährigen Auftakt gibt es eine schaurig schöne Mischung aus Black und Heavy Metal. Leider ist der Sound trotz eines längeren Soundchecks bei den dänischen Newcomern SLAEGT zunächst sehr schlecht. Kaum differenzierbar gehen die feinen Gitarrenmelodien fast völlig unter und insbesondere das Schlagzeug erzeugt diverse Störgeräusche. Erahnen kann ich den heute gewählten Opener 'Perfume And Steel' vom aktuellen Album nur, weil ich mir den Geheimtipp noch rasch auf CD zulegt habe. Bis zum dritten Song bleibt die Lage unverändert, doch dann findet Sänger Oskar Frederiksen mit "This is about making things happen" die magischen Worte. Tatsächlich vereinigen sich bei 'V.M.A.' das schleppende Intro mit dem rasenden Mittelteil und dem melancholischen Schluss zu einem grandiosen Gesamtkunstwerk. Auch der Ausflug zu älteren Werken 'I Smell Blood' weiß nun zu gefallen und so hält man sich mit Ansagen und Stageacting weitgehend zurück. Diese Zurückhaltung kann sich SLAEGT aufgrund der starken Songs zwar erlauben, allerdings gelingt es nicht, die Euphorie beim Publikum vollständig zu entfachen. Nun gut, ist ja auch das Warm-Up. Den Schlusspunkt eines doch noch versöhnlichen Gigs setzt man mit 'The Wheel' und verabschiedet sich artig mit "Have a great festival".
[Christian Gaum]
In grauer Vorzeit (2001) hatte die schwedische Deathdoom-Institution RUNEMAGICK seinerzeit schon einmal auf dem Party.San gespielt. Zwischendrin war die Band jedoch gut zehn Jahre aufgelöst. Im vergangenen Jahre erscheint mit "Evoked From Abysmal Sleep" praktisch aus dem Nichts ein neues, sehr gutes Album. Man durfte also durchaus gespannt sein, wie sich die Schweden live heute auf dem diesjährigen Party.San schlagen würden. Schwere Deathdoom-Walzen wie 'Enter The Realm Of Death' wummern bei gutem Sound jedenfalls mächtig über das Flugplatzgelände, so viel steht fest. Songs wie 'Curse Of The Dark Rune' werden spielerisch packend umgesetzt, wobei der Aktionsradius der Protagonisten wie erwartet gen Null strebt. Aber das ist in diesem Falle nicht kriegsentscheidend, denn die intensive, sehr wuchtige Performance von RUNEMAGICK lässt diese Feststellung als Randnotiz erscheinen. Auch der Sound stimmt und die Anwesenden werden mir beipflichten: Diese Performance war sehr stark! Welcome back, RUNEMAGICK!
Die vier Letten der Band SKYFORGER erobern wieder einmal das PSOA. Während das Party.San dieses Jahr das 25-jährige Jubiläum feiert, hat sich SKYFORGER schon ein Jahr früher (für die Anti-Mathematiker unter uns: 1995) zusammengerauft. Mit einem Mix aus folkig angehauchtem Pagan-Death legt das Quartett auch gleich los. Als Opener fungierte 'Melnās Buras' vom 2015 erschienen Album "Senprūsija", gefolgt vom namensgebenden Song 'Senprūsija' vom gleichen Album, angekündigt mit den Worten des Sängers als eine Erinnerung an eine vorpreußische Zeit, in der alle lettischen Völker friedlich zusammenlebten. Mein persönlicher Favorit ist der vierte Song 'Ramava', ebenfalls vom Album "Senprūsija". Als Abschluss wird von Sänger Pēteris noch hervorgehoben, dass die Jungs in ihrer Kindheit viel deutschen Heavy-Metal gehört, und diesem mit einem Tribut an RUNNING WILD gedacht wird. Um es mal im Sinne der Meister der Musik zu sagen: SKYFORGER spielen RUNNING WILD mit 'Raw Ride' vom wohl besten RUNNING WILD-Album "Under Jolly Roger" aus dem Jahr 1987 – zwar nicht ganz der Stil von SKYFORGER, aber dennoch sehr Klasse!
[Benjamin Kutschus]
Kaum zu glauben, aber die US-Deather INCANTATION blicken mittlerweile auf eine 30(!)-jährige Bandgeschichte zurück. Und dieses Jubiläum gilt es gebührend zu feiern. Das tun die US-Amerikaner am frühen Abend ausgiebig. Bei weiterhin sehr windigem, aber gleichzeitig auch sonnigem Wetter zeigt die Band, was eine Death Metal-Harke ist. Tight wie P***ex-Kleber spielen die Amis auf. Die herrlich schleppenden Songpassagen tönen sehr mächtig aus der PA. Klassiker wie 'The Ibex Moon' oder das uralte 'Unholy Massacre' (von 1990) harmonieren sehr gut mit Songs neueren Datums. Die Resonanz des Publikums ist jedenfalls sehr gut, so dass INCANTATION natürlich auch eine Zugabe bringen muss. Diese folgt in Form des SLAYER-Klassikers 'Hell Awaits', der sich – abgesehen vom Growl-Gesang von John McEntee – sehr eng am Original orientiert, aber zur gleichen Zeit auch richtig knallt. Dieses tolle Cover rundet eine packende Live-Darbietung ab, die man gesehen haben sollte.
Bei SOILWORK erkennt man wieder die Klasse einer echten schwedischen Melodic Death Metal-Band, wie man sie aus den Anfängen des Genres gewohnt ist. Stilecht verkündet das Sextett mit Sänger Björn Strid an der Spitze ihre Ankunft mit 'Arrival' (nein - nicht HYPOCRISY!) von ihrem neuesten Album "Verklighteten", gefolgt von einem Klassiker aus dem im Jahre 2005 erschienenen Album "Stabbing The Drama", 'Nerve'. Zum Glück ist auch beim Publikum nicht der (Song-)Name hier Programm und es geht alles andere als auf die Nerven, sondern nur auf die Ohren. Auch wenn ich SOILWORK nach "Stabbing The Drama" etwas aus den Augen verloren habe (auch wegen der anderen Nebenprojekte, die Strid am Laufen hat, allen voran sei hier DISARMONIA MUNDI genannt!), erinnert mich der heutige Auftritt doch an die sehr guten alten Konzerte und das neue Album scheint mir mehr als nur eine kurze Anhörung wert zu sein. Mein persönlicher Favorit des heutigen Tages ist und bleibt aber 'Bastard Chain' aus dem 2001er Album "A Predator's Portrait" - wer dieses Album nicht kennt, war damals entweder noch nicht auf der Welt oder hat gepennt.
[Benjamin Kutschus]
Zum ersten Mal in diesem Jahr wird es schwarz auf der Hauptbühne, denn der Auftritt von CRAFT steht als nächstes an. Wie immer kommen alle Musiker bis auf Sänger Nox mit Sturmmasken bekleidet auf die Bühne, was angesichts der immer noch vorhandenen Helligkeit schon etwas unfreiwillig komisch wirkt. Ebenfalls etwas komisch mutet an, dass Basser Phil den eigentlichen Frontmann gibt und fast ununterbrochen mit dem Publikum kommuniziert und dieses zum Jubeln animiert, während Nox während der Instrumentalpassagen meist wie verloren über die Bühne schlendert. Weder Headbangen noch Ansagen oder sonstige Interaktion mit dem Publikum gibt es von ihm zu sehen oder zu hören. Dafür ist die Musik, welche CRAFT mitgebracht hat, umso überzeugender. Songs wie 'Demonspeed', 'I Want To Commit Murder' oder 'Fuck The Universe' sind ebeneinfach geil und entschädigen auch für diese, sagen wir mal, ungewöhnliche Stageperformance.
Auf die Show von ASCENSION habe ich mich im Vorfeld bereits sehr gefreut, denn die Truppe aus Sachsen-Anhalt konnte bisher nicht nur mit starken Veröffentlichungen überzeugen (der aktuelle Longplayer "Under Ether" schrammte bei mir mit satten 9.5 Punkte nur haarscharf an der Bestnote vorbei), sondern ist meiner Meinung nach auch eine der interessantesten und innovativsten Black-Metal-Bands, die wir momentan in Deutschland haben. Mittlerweile hat sich auch die Sonne dazu entschieden, endlich unterzugehen, was für die Show nur von Vorteil ist, denn so kommen die Lichteffekte wenigstens ordentlich zur Geltung. Auf der Bühne präsentiert sich ASCENSION wesentlich mitreißender als zuvor CRAFT, was auch vom Publikum honoriert wird. Neben den Songs von "Under Ether" finden auch einige ältere Stücke wie 'Deathless Light' den Weg in die Setliste. Die starke Performance der Musiker in Kombination mit den geilen Songs und den eindrucksvollen Licht- und Nebeleffekten machen den Auftritt von ASCENSION für mich zu einem absoluten Highlight auf dem Party.San. Von dieser Band werden wir sicher noch Einiges hören.
Um kurz vor Zehn ist es dann an der Zeit für Österreichs Antwort auf BEHEMOTH, wobei BELPHEGOR auf eine ebenso lange Bandhistorie zurückblicken kann. Und auch in Sachen Bühnenbild braucht sich die Truppe um Frontmann Helmuth nicht hinter den polnischen Kollegen zu verstecken: Meterhohe Pfähle mit Tierskeletten, Fackeln und ein fast durchgängiges Pyro-Feuerwerk. Nach dem düsteren Intro legen die Schwarz- und Todesmetaller mit dem bislang unveröffentlichten 'Sanctus Diaboli Confidimus' los, gefolgt von angefrickelten Knüppelgranaten wie 'The Devil's Son' oder 'Hell's Ambassador'. Ein Bombenteppich hagelt über den Flugplatz Obermehler, die Bühne scheint passenderweise permanent in Flammen zu stehen. Der Nachteil des aufwendigen Bühnenbildes: Der Aufbau hat zu lange gedauert, weshalb die Österreicher ihre Setlist kürzen müssen. Leider fliegt ausgerechnet mein persönlicher Favorit 'Lucifer Incestus' raus, extrem schade! Zum düsteren Outro gleicht die Bühne einer schwarzen Messe, während der Salzburger und seine Mannen die jubelnden Fans mit haufenweise Gitarrenplektren sowie bei der direkt anschließenden Signing Session samt Open End mit tonnenfach Autogrammen belohnen. Hail Lucifer!
Tom G. Warrior macht Oldschool-Träume wahr und spielt mit neuer Bandbesetzung als HELLHAMMER played by TRIUMPH OF DEATH knapp eine Stunde lang die Klassiker der Achtziger. Passend zum CD-Cover von "Satanic Rites" hat man heute die Bühnenrequisiten um eine übergroße Fledermaus ergänzt. Was bei jeder anderen Band lächerlich wirken würde, stört bei der aufkommenden Nostalgie jedoch kaum. Auch die schon gehörten Vorwürfe des Ausverkaufs kann ich nicht teilen, denn 'Massacra', 'Decapitator' oder 'Crucifixion' klingen auch 35 Jahre später noch dermaßen cool, dass ich kein Problem damit habe, dieser Schweizer Metalikone ein paar Scheine zu gönnen. Es handelt sich hier ja nicht um einen Millionär. Jedes "Ugh!" wird gefeiert und Tom kann sich meinem Eindruck nach auch mit ordentlich Schminke im Gesicht und weit herunter gezogener Mütze das ein oder andere Grinsen nicht verkneifen. Es folgen mit 'Revelations Of Doom' und 'Messiah' zwei weitere Klassiker, die ich bisher nur nachts in der Metaldisco des Party.San-Festivals hören durfte. Der Sound ist äußerst klar und drückend, lässt aber dennoch immer wieder die unheimliche Atmosphäre vergangener Tage aufleben. Zum Finale kann es nicht anders enden als mit dem unfassbar epischen 'Triumph Of Death'. Das knapp vierminütige Intro lässt wahrlich das Blut in den Adern gefrieren, denn Toms entsetzliche Schreie, gepaart mit einem herrlich fiesen Gitarrensound, klingen doch recht deutlich nach dem Original. Dann folgt eines der geilsten Riffs, die jemals geschrieben wurden, und führt zu einer Headbandorgie, die vielleicht nur noch von HYPOCRISY übertroffen werden kann.
[Christian Gaum]
Die erste Headliner-Show in diesem Jahr steht an und wird von keinen Geringeren bestritten als von HYPOCRISY, der schwedischen Death-Metal-Institution um Peter Tägtgren. Dieser sorgte im Vorfeld bei unserer Video-Crew für Unmut, weil er sowohl das Filmen von Songs der Show als auch Interviews strikt ablehnte. Schade eigentlich, denn der Auftritt ist absolut nicht von schlechten Eltern. Bereits von Beginn an macht HYPOCRISY keine Gefangenen auf der Bühne und hat bereits nach wenigen Minuten das Publikum komplett in der Tasche. Die Jungs schütteln einen Kracher nach dem anderen aus dem Ärmel und haben sichtlich Spaß daran, für die angeheizte Meute in Schlotheim zu performen. Besonders die Oldschool-Medleys mit 'Pleasure Of Molestation', 'Obsculum Oscenum', 'Penetralia', 'Apokalypse' und 'The Fourth Dimension' sorgen nicht nur bei mir für Pipi in den Augen. Peter kündigt zudem an, dass eine neue Scheibe in der Mache ist, die höchstwahrscheinlich noch in diesem Jahr erscheinen wird. Geil, wird auch langsam höchste Zeit! Im selben Atemzug erwähnt er dann leider, dass es heute keinen Song daraus zu hören gibt. Sehr schade, da die Setliste aber ohnehin nur aus Krachern besteht, kann man darüber hinwegsehen. Als die Band von der Bühne geht, ist wohl jedem klar, dass hier noch lange nicht Schluss ist, denn die Bandhymne 'Roswell 47' fehlt noch. Diese gibt es dann noch als Zugabe und HYPOCRISY verabschiedet nach einem absolut geilen Auftritt vom Publikum. Die alten Herren können es eben immer noch. Damit geht der erste Tag des Party.San Festivals 2019 mehr als würdig zu Ende.
Setliste: Fractured Millennium; Valley Of The Damned; End Of Disclosure; Adjusting The Sun; Eraser; Pleasure Of Molestation / Obsculum Oscenum / Penetralia; Apocalypse / The Fourth Dimension; Carved Up; Fire In The Sky; War-Path; The Final Chapter; The Gathering; Roswell 47
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- Redakteur:
- Stefan Schumann