THE OFFSPRING - Köln
23.11.2025 | 12:4105.11.2025, Lanxess Arena
Genial!!
Endlich können wir die Gelegenheit beim Schopfe packen und krallen uns akustisch die Jungs von THE OFFSPRING. Im Rahmen ihrer "Supercharged"-Welttournee machen sie gemeinsam mit SIMPLE PLAN auch Halt in Köln und POWERMETAL.de wäre nicht POWERMETAL.de, wenn wir beim Pop-Punk-Abriss des Jahres nicht dabei wären. Was uns erwartet, ist Eskapismus und Nostalgie in seiner reinsten und schönsten Form, ein Konzert, an das man sich noch lange erinnern wird, ein Abend, der so viel Kraft, Zuversicht, aber auch Wehmut verleiht, denn: im wahren Leben sind wir keine 17 mehr!
Lust auf ne Runde Tony Hawks Pro Skater 2 oder Crazy Taxi? Danach Film-Marathon mit "American Pie"? Oder lieber mit ein paar Alkopops und Grillfleisch nach draußen? Ich sag euch, wenn ich THE OFFSPRING - aber auch SUM 41, JIMMY EAT WORLD, ALIEN ANT FARM oder BLINK 182 - höre, bin ich wieder 17 und meine größte Sorge besteht darin, die Mathe-Klausur der nächsten Woche zu schaffen. 20 Jahre später besteht mein Alltag aus frühem Aufstehen, müdem Autofahren, genervtem Behördenkram und den üblichen Haushaltdingen abends. Doch heute, an diesem Mittwoch, geht es in die Lanxess Arena nach Köln und wir frönen den alten Tagen, all den schönen Erinnerungen, die wir mit unserer Jugend verbinden, mit all jener Lockerheit und kindlichen Naivität, dieser Unbeschwertheit von damals. Nostalgie, dein Name ist THE OFFSPRING.
Unglaublich, aber wahr, doch THE OFFSPRING gibt es auch schon über 40 Jahre! Und so viel sei vorab gesagt: Das merkt man den Jungs aus Kalifornien in keiner Minute an! Dexter, Noodles und Co. haben mit "Supercharged" vor einem Jahr ein richtig gutes Album veröffentlicht, mit dem es auf Welttournee geht. Das bringt die Jungs nach Köln und mich zu meiner endlich großen Gelegenheit, die Helden meiner Jugendtage - die natürlich auch vom Pop Punk geprägt waren - live zu sehen. Eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen kann und es zu keiner einzigen Sekunde bereue.
Mit diesem unsterblichen Soundtrack - bestehend aus 'Fat Lip', 'Smooth Criminal', 'First Date' oder passenderweise auch 'Gone Away', 'Pretty Fly' oder dem Inbegriff des Skater Punks 'All I Want' - zieht es uns also durch die Dom-Stadt und nach doch längerer Parkplatzsuche haben wir es geschafft und blicken hoch zur Lanxess Arena - wir sind am Ziel. Leider haben wir vom superben Support SIMPLE PLAN schon die Hälfte verpasst, doch was wir sehen, ist eine nahezu ausverkaufte Halle, ein Act, den es auch schon seit 1999 gibt, Jungs, die Bock auf eine geile Party haben und mit Pierre Bouvier einen Frontmann, der es schafft, mit Charisma und Sympathie die Herzen der Kölner zu erobern.
Das trifft aber auch auf Schlagzeuger Chuck und dessen Kölner-Haie-Trikot zu, der gegen Ende des Sets auch kein Problem hat, sich via Crowd-Surfen über die Massen zu bewegen. Ach ja, Songs werden auch gespielt und die können stellvertretender für das heutige Motto kaum sein: 'Welcome To My Life', 'Summer Paradise' oder die gewaltige Gute-Laune-Hymne 'I'm Just A Kid' sprechen Bände. Am Ende ist es einfach 'Perfectly Perfect' von SIMPLE PLAN, den Anheizer für THE OFFSPRING zu geben.
Simple Plan - Perfectly Perfect
https://www.youtube.com/watch?v=G1ajxH07b7w
Zugegeben, die Halbzeit-Shows und Umbaupausen in Deutschland sind Schrott - langweilig, fad und öde. Da können wir den Amis und vor allem THE OFFSPRING heute definitiv etwas abschauen. So gibt es die allseits beliebten Kiss- und Look-a-like-Cams, die für sehr viel Freude sorgen und einen Zeppelin über dem Innenfeld, der charmant umherfliegt.
Während der Booty-Cam, bei dem hübsch mit dem Hintern gewackelt werden darf, springt auch ein Affe von der Bühne über die Tribünen und fordert die Zuschauer zum Mitmachen. Nein, kein normaler Affe selbstverständlich, sodass auch ich mich in der Pause mit dem kuttentragenden, haarigen Kollegen ablichten darf.
Tatsächlich wird ein Hintern so energisch "gewackelt", dass dessen Besitzer das THE OFFSPRING-Konzert aus nächster Nähe erleben darf. Mensch, was hat sich der Gute gefreut. Stetig sorg ein Timer dafür, dass wir das Bühnenentern des eigentlichen Hauptacts heute definitiv nicht aus den Augen verlieren. Nur noch wenige Minuten, nur noch wenige Sekunden, nur noch kleine Augenblicke, die Anspannung und noch mehr die immense Vorfreude auf die folgenden zwei Stunden kann kaum größer sein.
Es wird dunkel, die Bühne wird hell erleuchtet und mit 'Come Out And Play' können die Kalifornier die Zuschauer kaum besser in Empfang nehmen. Gleich zu Beginn fallen nicht nur ein klarer, druckvoller Sound oder sehr geschmackvolle Lichteffekte auf, sondern auch die Leinwände über/hinter der Bühne, die für eine passende Untermalung jedes einzelnen Songs sorgen. Und da sind sie - endlich! Dexter, Noodles, Todd, Brandon und Jonah im Hintergrund, THE OFFSPRING auf der Bühne - meine Herren, was legen die Jungs los wie die Feuerwehr! Doktor Dexter merkt man die 59 Lenzen zu keinem Augenblick an, stimmgewaltig und charismatisch lässt er die Sau von der Leine, während sich Noodles die Gefühle von der Klampfe rifft. Das geht durch Mark und Bein und augenblicklich läuten wir das Jahr 2005 gedanklich ein. Mir schießen Tränen der Nostalgie in die Augen! Und diese erreichtn gleich im Anschluss mit 'All I Want' seinen absoluten Höhepunkt.
Die Menge im Infield tobt, die Ränge hält es nicht mehr auf den Sitzen und Dexters Stimme nach so vielen Jahren live zu hören, ist schlichtweg etwas Besonderes - und für mich heute unbezahlbar. Mit 'Want You Bad' wird anschließend der nächste Klassiker ausgepackt - Hallo, lieber "American Pie"-Soundtrack! - ehe sich Dexter das erste Mal mit netten, einladenden Worten ans Publikum richtet. Es folgen Songs neueren Datums aber auch die sind in der Setliste am heutigen Abend eine Bank. 'Looking Out For #1', vom neuesten Album "Supercharged", hat starke Synthie-Momente und selbst das auf Platte eher durchschnittliche 'Let The Bad Times Roll' macht live Lust und Laune. Mit THE OFFSPRING starren wir Richtung Sonne ('Staring At The Sun'), holen den Hammer raus ('Hammerhead') und machen damit definitiv alles richtig ('Make It All Right').
Klar, ab und an trifft Dexter nicht jeden Ton wie in den 1990er Jahren, doch mit Charme, Schirm, Melone und Noodles als exzellentem Entertainer sind das Tropfen auf einem heißen Stein. Weshalb 'Hit That' und 'Original Prankster' jedoch nur zur Hälfte zum Besten gegeben werden, wissen wohl nur die Jungs, die nach 'Bad Habit' zum besonderen Schlag ausholen. Apropos besonderer Schlag: Schlagzeuger Brandon ist eine Maschine! Punktgenau, tight und voller Elan drischt er die Pop-Punk-Schläge auf sein Drum-Kit als gäbe es kein Morgen - ich bin zutiefst beeindruckt - vor allem beim späteren Drum-Solo.
Ebenso bin ich auch von dieser superben Setliste, von einer Song-Auswahl zum Fingerlecken und Zungenschnalzen beeindruckt, denn nach der locker flockigen und so immens genialen Portion Pop Punk gibt es Tribute an schwerere Klänge. Zumindest kennt Noodles einen kleinen Teil von 'Paranoid', den er zum Besten gibt und damit die Zuschauer einmal mehr zum Ausrasten bringt, ehe seine Hommage an einen der Größten der Größten - hier in Form von 'Crazy Train' - die Bude zum Kochen bringt. Hier sei nochmals die Chemie zwischen Noodles sowohl mit dem Publikum als auch mit seinem treuen Kumpanen Dexter erwähnt, die heute beiderlei astrein funktionieren. Das Riff von 'In The Hall Of The Mountain King' kennen wir alle und Noodles - inklusive der kleinen Noodles auf der Leinwand - riffen sich komplett in Rage, ehe mit der vierten und letzten Coverversion des heutigen Abends der Heavy-Part beendet wird. Auch 'I Wanna Be Sedacted' funktioniert tadellos.
Dann wird es emotional - und wie! Ein Piano wird auf die Bühne gebracht und Dexter nimmt Platz. Jeder von uns habe einmal einen Menschen verloren, der einem sehr viel bedeutet hat, und mit der Bitte, die verdunkelte Lanxess-Arena mit dem Handylicht zu erhellen, werden die ersten Klänge der 'Gone Away'-Pianoversion zum Besten gegeben. Musik heilt, wenn jemand gehen muss. Ursprünglich kam der Song bereits auf der "Let The Bad Times Roll"-Scheibe zum Zuge, doch was hier und heute passiert - die gefühlvolle Stimme Dexters, die balladesken Piano-Klänge, die dezenten Tränen in so manchem Auge - ist einfach wunderschön. Das rührt Metalheads wie auch Punk-Rocker gleichermaßen zu Tränen, nur um dann gemeinsam mit dem THE OFFSPRING-Fronter 'Hey Jude' von THE BEATLES anzustimmen. Hier brüllt sich die komplette Arena die Seele aus dem Leib und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
The Offspring — Gone Away Live Piano Version 2025
https://www.youtube.com/watch?v=9IamZANQqkQ
Die Kehlen sind einmal geölt, da geht es auch schon dem Grande Finale zu: Bei 'Why Don't You Get A Job?' und vor allem dem Über-Hit 'Pretty Fly (For A White Guy)' wird der Pop-Punk-Zug wieder in Wallungen gebracht und es wird vor allem vor der Bühne wieder heftig gepogt. Strandbälle in Hülle und Fülle, allerorts freudige Gesichter und ein superbes 'The Kids Aren't Alright', das den regulären Teil der Setliste abschließt - was willst du mehr?
Richtig, in Form von 'You're Gonna Go Far, Kid' und dem einstigen Durchbruchssong 'Self Esteem' geht der THE OFFSPRING-Gig nun wirklich in die Zielgerade und wir versuchen noch einmal das Gesehene Revue passieren zu lassen. Das Alter kann man der Band absolut nicht ansehen, Dexters Stimme funktioniert noch immer, Noodles rifft noch immer alles in Grund und Boden und die anderen Musiker sorgen für die Kirsche auf dem Eisbecher. Dafür sorgt aber auch eine Setliste, die besser, ausgewogener und nostalgischer gar nicht hätte sein können. Cover-Versionen, die überraschen, Besonderheiten, die Herzen höher schlagen lassen, Pop-Punk-Kracher, die mich automatisch 20 Jahre in die wohlige Vergangenheit hieven, und eine Grundstimmung, die mich zu keinem anderen Fazit als folgendem verleitet: Das ist eines der besten Konzerte, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe! Danke, THE OFFSPRING!

Setliste: Come Out And Play; All I Want; Want You Bad; Looking Out For #1; Let The Bad Times Roll; Staring At The Sun; Hit That/Original Prankster; Hammerhead; Make It All Right; Bad Habit; Paranoid; Crazy Train; In The Hall Of The Mountain King; I Wanna Be Sedacted; Gotta Get Away; Drum Solo; Gone Away; Hey Jude; Why Don't You Get A Job; Pretty Fly (For A White Guy); The Kids Aren't Alright; Zugaben: You're Gonna Go Far Kid; Self Esteem
Text und Photo Credit:: Marcel Rapp
- Redakteur:
- Marcel Rapp





