Wacken Open Air 2012 - Wacken

17.09.2012 | 20:51

01.08.2012,

Das altbewährte Motto 'Rain or Shine' - treffsicherer hätte es dieses Jahr nicht sein können. Wie innerhalb weniger Tage das weltweit beliebteste Metalfestival im Schlamm versinken konnte, klärt sich hier auf Powermetal.de!

Donnerstag

Und weil es letzte Nacht noch nicht genug war, rennen die kleinen Matrosen nach dem Aufstehen allemann erneut zur Wackingerstage und singen mit SANTIANO Frühstücksschlagerlieder. Lustigerweise befindet sich vor der Bühne dieselbe Schicht wie letzte Nacht. Doch wem das noch nicht reicht, der darf sich die Nordköpfe am Freitag und Samstag noch einmal anschauen. SANTIANO – die meiste Band des Wacken Open Airs 2012!

[Nadine Ahlig]

Wacken-Quiz: Wer ist die erste Band des Donnerstags? Richtig – SKYLINE. Nimm dir ein Bier. Zusatzfrage: Und warum ist das so? 2009 spielte die ehemalige Band vom Wacken-Gründer Thomas Jensen das Eröffnungskonzert und präsentierte mit DORO erstmalig den Song 'We are the Metalheads', welcher seitdem als offizielle Wacken-Hymne gilt. Dieser Auftritt schien solche Wellen zu schlagen, dass sich dadurch eine kleine Tradition entwickeln sollte: Nämlich SKYLINE jedes Jahr als erste Band spielen zu lassen. Verfeinert werden die Auftritte jedes Jahr von Gastmusikern wie eben DORO, Udo Dirkschneider, Tom Angelripper und Co. Gespielt werden Cover von DEEP PURPLE, RAINBOW, RAMMSTEIN und MANOWAR. Highlight: Mit DORO Pesch höchstpersönlich auf der Bühne wird heute ihr neuer Song 'Raise Your Fist In The Air' vertont – die dazugehörige 4-Track EP erscheint am Wacken-Freitag (3. August). Dieser Song feiert im Übrigen dieses Wochenende seine Videopremiere und wird an allen drei Festival-Haupttagen je einmal gezeigt. Hoch die Flossen!

[Nadine Ahlig]

Direkt danach ist es Zeit für JIM BREUER – doch erst einmal möchte der Regengott auch auf sich aufmerksam machen und präsentiert, wozu er fähig sein kann und es das ganze Wochenende auch sein wird: Ein heftiger Platzregen bricht aus. Na, große Klasse. Doch die hart gesottenen Festivalbesucher nehmen es natürlich wie harte Männer! Nachdem JIM BREUER – sogenannter Metal-Comedian – letztes Jahr große Erfolge verbuchen konnte, soll er dieses Jahr sein Können erneut unter Beweis stellen. Mit dieser Information im Hinterkopf schleppen sich auch die Unwissenden unter uns zu seinem Auftritt und blättern nervös im Programmheft, als plötzlich für musikalische Unterhaltung gesorgt wird. Aha, es ist wirklich JIM BREUER, doch der Clou ist: Er hat dieses Jahr seine eigene Live-Band mitgebracht, mit der er zuerst seine musikalischen Skills präsentieren möchte, bevor er es mit ganz eigensinnigem Humor auf die Lachmuskeln der Metaller abgesehen hat – eben ein Allround-Talent.

[Nadine Ahlig]

SEPULTURA haben sich für ihren Wacken-Auftritt was Spezielles einfallen lassen. Zusammen mit der französischen Percussiongruppe LES TAMBOURS DU BRONX, die bereits mit einigen Rock-/Metal-Acts gemeinsame Sache gemacht haben, geben sie ihren - sowieso sehr rhythmusbetonten - Songs eine besondere Note. So ziert ein gutes Dutzend Blechfässer die Black Stage, mit denen zu Beginn ein grandioses Trommelfeuer zum Besten gegeben wird. SEPULTURA betreten die Bühne und legen mit 'Refuse/Resist' einen grandiosen Start hin. Die bereits wahnsinnige Performance von Drummer Eloy Casagrande wird mit den Blechfässern gut ergänzt und diese durchdacht in die Songs integriert. Zudem können die Trommler durch abgestimmte Schlagabfolgen optische Boni einräumen. Die Brasilianer spielen nicht alle Songs in Kooperation mit den Franzosen, was eine gute Entscheidung war, denn der Blechsound ist dann doch auch etwas anstrengend. 'Mask' vom aktuellen Album "Kairos" ist ein geiler Thrasher, der ordentlich Köpfe abschraubt, 'Territory' wird natürlich gebührend abgefeiert und 'Roots' kommt mit der Percussion noch druckvoller. Insgesamt eine sehr mächtige und kompromisslose Darbietung. Stark!

[Jakob Ehmke]

U.D.O. – Auf seine Pappenheimer kann man sich eben vollends verlassen. So ist Urgestein Udo Dirkschneider nicht mehr wegzudenken und prasselt mit seiner Mannschaft und Brechern wie 'Thunderball', 'Leatherhead' und 'Vendetta' einen Riff-Overkill nach dem anderen ab. Trotz Nieselregen blicken viele auf eine begeisternde Mannschaft, die mit 'Princess Of The Dawn', 'Metal Heart' und dem obligatorischen 'Balls To The Wall' auch ACCEPT-Gassenhauer wie keine zweite Institution abfeuert. Udo weiß eben, wie man Massen begeistert und so gefällt sogar die mit DORO vorgetragene Ballade 'Dancing With An Angel' recht gut. 'Animal House' und 'Break The Rules' geben darüber hinaus auch Vollgas und machen ungeheuren Appetit auf die nächsten drölfzig Dekaden an der Seite von U.D.O.

[Marcel Rapp]

Das Wacken bietet aufgrund seiner Größe auch immer wieder Platz für Exotisches, Abwegiges und Außergewöhnliches. Die Kategorie der Exoten wird jetzt im großen 2-Bühnen-Zelt geboten. CHTHONIC kommen aus Taiwan und machen Black Metal, das gibt es bekanntlich nicht zu oft. Unbekannte sind die Asiaten aber keineswegs, das Zelt füllt sich nämlich doch recht gut. Die Protagonisten um Sänger Freddy sorgen gleich für ordentlich Feuer unterm Dach und heizen der Meute richtig ein. Auffällig ist nur das ungewöhnliche Corpsepaint, denn lediglich die Stirn ist mit Ornamenten verziert. Nach dem Beginn mit 'The Island' und 'Oceanquake' sind dann auch nahezu alle in einen Bann gesogen, denn die auch politisch motivierten Songs gehen doch ganz gut ins Ohr. Es lässt sich einfach gut dazu feiern und die Stimmung wird zunehmend prächtiger. Nur die Stimme von Freddy ist ein wenig dünn für die Musik, es fehlt wohl einfach die Resonanz im eher schmächtigen Körper. Deswegen kommen die Growls nicht ganz so mächtig daher, wie man das halt sonst so kennt. Aber egal, es wird trotzdem weitergemacht. Mittlerweile kommen auch traditionelle asiatische Instrumente auf die Bühne. Das macht schließlich hier den Charme der Veranstaltung aus. Es ist wohl die einzigartige Mischung, die das Publikum verzückt, und immer größere Teile dessen saugen alles ekstatisch auf, was von der Bühne herunterprasselt. Zu 'Broken Jade' stößt jetzt auch Olli von TURISAS mit seiner Violine zu den Akteuren auf die Bühne, das gibt der Sache noch eine zusätzliche Würze. Die Kürze der Zeit ist mal wieder das Problem, denn mit 'Takao' endet die asiatische Erfahrung dann auch schon. Eine nette Abwechslung am Rande findet damit ein abruptes und umjubeltes Ende.

[Matthias Köppe]

Zwei direkt nebeneinander stehende Bühnen können durchaus praktisch sein. Man braucht nur den Kopf ein wenig zu drehen, und schon bekommt man nach kurzer Pause die nächste Band zu Gesicht: CHANNEL ZERO aus Belgien stehen auf dem Programm. Es wird allerdings deutlich leerer im Zelt, was der Stimmung dann doch ganz schön abträglich ist. Die Männer um Sänger Franky versuchen alles, um dies zu ändern, so recht gelingt es aber nicht. Das Ganze wirkt ein bisschen übermotiviert, die Mischung aus Rock und Metal bringt auch nicht genug Power ins Zelt, um mal ein paar mehr Leute mitzureissen als die Fans in den ersten Reihen. Das dargebotenene Songmaterial rekrutiert sich natürlich hauptsächlich aus dem 2011'er Album 'Feed' Em With A Brick', das die Band nach ihrer Neugründung 2010 aufnahm. Es sind nämlich alles andre als Newcomer, die sich hier durch die halbe Stunde kämpfen, die Band war bereits von 1990-1997 aktiv, und machte dann eine längere Pause bis eben 2010. Alles in allem wirkt hier doch alles ganz schön verkrampft, die Band wird nach ihrer Spielzeit mit Anstand verabschiedet, konnte aber eben keine Begeisterungsstürme auslösen.

[Matthias Köppe]

VOGELFREY – Die Durchstarter im Mittelalter-Metal präsentieren sich gleich täglich auf der Wackinger Stage. Die Show heute (wie alle anderen auch) ist sehr gut besucht und 'Feenfleisch' kann als Opener gleich viel Bewegung in die Menge bringen. Frontmann und Sympathieträger Jannik hat wie gewohnt kompetent die Menge im Griff. Zum derben 'Freitod' und dem aboluten Muss für das Wacken: 'Schuld ist nur der Met', wird gemosht, gepogt, getanzt und gelacht – eine tolle Stimmung! Große Gefühle und Augenzwinkern gibt es mit 'Lebenslehre' und zum 'Ball der Gehängten' wird passend ein Ball von einem Henker ins Publikum geworfen. Die Gitarre kommt druckvoll aus den Boxen, trotzdem ist genug Freiraum für die schönen Melodiebögen von Johanna am Cello und Alex an der Geige. VOGELFREY lassen keine Fragen offen: die Band ist DIE Adresse im Medieval Metal und das neue Album "12 Schritte zum Strick" der Soundtrack dazu. Nächstes Jahr Hauptbühne!

[Jakob Ehmke]

Der Melodic Deathcore von UNEARTH zieht viele Metalheads vor die Bühne der W.E.T.-Stage, die enthusiastisch ihre Band feiern. Die melodösen Licks, die zwischen das Geballer gekonnt eingestreut werden, kommen live besonders zur Geltung. Altes und neues Material der Platte "Darkness In The Light" (2011) brettert erbarmungslos über die Köpfe der überwiegend jüngeren Generation. Leider lässt der Gesamtsound etwas zu wünschen übrig, vor allem der Gesang kann nicht überzeugend abgemischt werden. Aber die Message ist klar: Bang that head that doesn't bang!

[Jakob Ehmke]

SAXON - Das NWoBHM-Flaggschiff um Biff gehört schon seit Jahren zum festen Inventar der Wacken-Crew und unterstrich in den vergangenen Jahren des öfteren ihren Status als grandiose Live-Band. Davor macht auch der diesjährige Auftritt keinen Halt. Mit einem tollen Sound und reichlich Klassikern im Gepäck ('Heavy Metal Thunder', 'Power & The Glory', 'Dogs Of War', 'Motorcycle Man') gibt das Quintett von Anfang an Vollgas und wird dementsprechend abgefeiert. Für Gänsehaut sorgen schließlich 'Crusader', das kraftvolle 'The Eagle Has Landed' sowie 'Wheels Of Steel', für Staunen wiederum das Drumsolo von Nigel und das Grande Finale, bestehend aus '747 - Strangers In The Night' und 'Princess Of The Night'. Nomen est omen, sodass uns Biff nach einer tollen Show die begeisterte Meute in den wohlverdienten Feierabend entlässt. Sie können es halt immer noch, die Altrocker.

[Marcel Rapp]

CIRCLE II CIRCLE heißen uns erstmal mit einem einstimmenden "Welcome To The Show" willkommen: Time for some Symphonic Power Metal! Die grandiose Stimme von Zak Stevens (Ex-SAVATAGE) zaubert heute viel Gänsehautmomente und lässt keine Wünsche übrig. Die Menge freut sich sichtlich, die Amerikaner zu sehen, viele können jedes Wort mitsingen. Mit 'Wake Of Magellan' oder dem bombastischen 'Morning Sun' schallen große Melodien durch das Zelt, die Fans sind hellauf begeistert. Kurz: Wer auf dem WOA nicht bei CIRCLE II CIRCLE war, hat definitiv was verpasst!

[Jakob Ehmke]

Pünktlich um 22:45 betritt einer der heimlichen Headliner die Wackinger Stage, TORFROCK. Wie schon beim letzten Mal, als die Torfmoorholmer Rocker in Wacken waren, findet man vor lauter Fans nur noch ganz wenig Platz vor der Bühne. Obwohl es so viele Crowdsurfer gibt wie selten vor so kleinen Bühnen, ist sogar die Security sehr gut gelaunt und genießt zusammen mit den Metalheads Songs wie 'Presslufthammer Bernhard', 'Volle Granate Renate' und den ewigen Klassiker 'Beinhard'.

[Philipp Heil]

Zeit ist ins Land gezogen und man muss tatsächlich drüber nachdenken, wann man VOLBEAT zum letzten Mal live gesehen hat. Das war vor einiger Zeit noch nicht so, spielten sie doch an jeder Ecke und lähmten damit die Vorfreude jedes Mal ein wenig mehr, was schade ist – was gibt es wohl Schlimmeres als die Lust auf eine hochklassige Band zu verlieren, weil man sie eben schon etliche Male gesehen hat? Doch eine VOLBEAT-Pause tat mehr als gut, sodass man den heutigen Headlinerauftritt in kindlicher Aufregung herbeisehnt. Selbe Show, selbe Sprüche, derselbe Potpourri aus hammermäßigen Krachern wie 'Sad Man's Tongue', 'Radio Girl', 'Still Counting' und so weiter und so fort – nur eben ohne Thomas Bredahl, was ja mittlerweile auch zum Letzten vorgedrungen sein sollte. Doch, warum verändern, wenn es doch genau das ist, was das Publikum liebt? Denkt sich Michael Poulsen auch und präsentiert eine Show, die man auch genauso gut in das Jahr 2019 hätte stecken können. Jedoch: Ein großes Ass packt Sturmfrisur-Michael heute aus, welches den heutigen Auftritt garantiert unvergesslich machen wird. Bei 'Seven Shots' vom aktuellen Album "Beyond Hell / Above Heaven Album" wird es etwas enger auf der Bühne und die Fans trauen ihren Augen nicht als tatsächlich Hank Shermann und Michael Denner (MERCYFUL FATE) und Mille Petrozza (KREATOR) die mächtige Bühne entern – das Publikum rastet komplett aus! Die Wacken-Stierköpfe werden angezündet, es regnet nicht – besser hätte ein VOLBEAT Konzert nicht sein können. Welcome to a World of Chaos!!!

[Nadine Ahlig]

Währenddessen zaubern die Gothic Rocker von MONO INC. eine Düsterkuschel-Stimmung auf die W.E.T. Stage. In der Gothic Szene sich schon seit geraumer Zeit einen großen Namen gemacht, füllen sie auf Festivals dieses Genres mittlerweile die ganz großen Bühnen – und nun will man sich die Metaller unter den Nagel reißen. Zum ersten mal auf dem WOA und dann gleich solch einen Slot? Und können sie auch neben den parallel spielenden VOLBEAT überzeugen? Erstaunlicherweise ist die W.E.T. Stage proppenvoll und ausgelassene Leichtigkeit liegt in der Luft. 'This Is The Day' leitet eine Show ein, deren Stimmung sich durchgängig auf einem sehr hohen Niveau halten kann. Der bemantelte Martin freut sich wie Bolle. Voller Stolz kündigen sie ihr aktuelles Album 'After the War ' an und nehmen Bezug auf ihre aktuelle Single 'Arabia', die man kostenlos bei Amazon downladen kann. Selbst Metalheads, die MONO INC. vorher nicht kannten (und davon sollte es wohl einige geben) sind begeistert und legen Gotentänze hin. Nicht schlecht.

[Nadine Ahlig]

Nun ab in die Zelte so lange sie noch trocken sind. Denn am nächsten Tage sollte alles ganz anders kommen...

Redakteur:
Nadine Ahlig

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