AMORPHIS - Halo
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2022
Mehr über Amorphis
- Genre:
- Death Metal / Folk Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Atomic Fire
- Release:
- 11.02.2022
- Northwards
- On The Dark Waters
- The Moon
- Windmane
- A New Land
- When The Gods Came
- Seven Roads Come Together
- War
- Halo
- The Wolf
- My Name Is Night
Der finnische Serienmeister liefert und liefert und liefert...
Es braucht tatsächlich keine 60 Sekunden, um festzustellen, dass ein neues AMORPHIS-Album im Player rotiert. Zu individuell und stark ausgeprägt ist der Signature-Sound der Finnen. Und weitere 60 Sekunden benötigt "Halo", um zu zeigen, dass man auch qualitativ nicht versucht ist nachzulassen.
Der Opener 'Northwards' hätte in ähnlicher Form auch auf dem Vorgänger "Queen Of Time" stehen können. Diese leicht melancholische, skandinavische Gitarrenwand liefert, im Zusammenspiel mit dem Piano, erneut eine Melodie zum Niederknien, während Sänger Tomi weiterhin zwischen derbsten Growls und fantastischem Klargesang pendelt.
Dieses Grundgerüst wird dann von der Band und Produzent Jens Borgen mit so vielen kleinen Details und Gimmicks ausgeschmückt, dass selbst Prog-Nerds durchaus Spaß an der Nummer haben sollten. Hier ein wenig 1970er, da etwas orientalische Einfärbung, dann etwas Orchestrierung im Hintergrund, sowie dezente Folk-Vibes und schöne Chor-Arrangements zur Abrundung - ein toller Opener.
Somit steht schon nach dem Song fest, dass AMORPHIS weiterhin auf Champions League-Niveau zockt und es einzig darum geht, ob "Halo" ein Titelkandidat ist oder eher nicht. Im Rahmen meiner Listening Session im November stellte ich schon die These auf, dass sich "Halo" durchaus auf einem Level mit den großartigen Spätwerken "Skyforger" und "Eclipse" bewegt. Da im Rahmen einer Rezension dann allerdings mehrere Läufe eines Langdrehers möglich sind, muss ich meine Ersteinschätzung schon etwas widerrufen.
Keine Frage - Songs wie der Mega-Ohrwurm 'When The Gods Came', der bockstarke Titeltrack und die Groove-Offenbarung 'The Wolf' sind weiterhin absolute Sahnestücke, was diese Art von Musik betrifft. Und die zweite Single 'On The Dark Waters' hat sich als echter Grower entwickelt, welcher sicherlich noch einige Runden in der Playlist laufen wird.
Aber mal Butter bei die Fische. Der quasi Neubeginn "Eclipse" schickte damals 'House Of Sleep' und 'The Smoke' ins Rennen und das 2009er Werk "Skyforger" konterte dann mit 'Silver Bride' und 'Sky Is Mine'. "Halo" hat sicherlich Hits und flächendeckend starke Momente, aber keinen konkreten Übersong auf diesem Niveau.
Somit reiht sich das neuste Werk von Esa & Co. perfekt neben seinen beiden Vorgängern "Queen Of Time" und "Under The Red Cloud" ein, welche auch ihrerseits geniale Tracks á la 'Sacrifice' und 'Amongst Stars' hatten, aber den einen Überohrwurm vermissen ließen.
Aber das ist natürlich Kritik auf allerhöchstem Niveau, da andere Bands eine ganze Diskografie lang versuchen, solche Hits zu schreiben. Hinzu kommt die Tatsache, dass die letzten drei Werke von AMORPHIS ungemein voneinander profitieren. Jedes Album hat seinen individuellen Schwerpunkt und macht somit seine Vorgänger & Nachfolger nicht obsolet. Hatte die rote Wolke noch einen aggressiveren Unterton und stellte Elemente wie zum Beispiel Folk ('Tree of Light') oder Weltmusik ('Death Of A King') deutlicher in den Vordergrund, präsentierte sich die Königin orchestraler, epischer und progressiver veranlagt. Die jeweilige Lieddauer wurde spürbar erweitert, um den überbordenden kreativen Ideen genügend Raum und Platz zu geben und die Songs wurden häufig durch einen ausgeschmückten Mittelteil gebrochen. Nun geht es wieder zurück in die vierminütige Komfortzone, ohne aber den Kreativanteil zurückzuschrauben. Das beste Beispiel dafür ist "The Wolf", bei welchen wir vollkommen neue, moderne Effekte im AMORPHIS-Kosmos begrüßen dürfen, welche ihren Höhepunkt in der Wechselwirkung mit einem Chor finden und auf ihrem Zenit dann nur einige Sekunden zelebriert werden. Dafür hätte sich die Band auf Ihrem Vorgänger locker eine halbe Minute Zeit genommen.
Somit ist "Halo" im Kern poppiger, weil leichter konsumierbar, und bietet aber jedem Hörer viele Ebenen, um sich auch intensiver mit den jeweiligen Liedern auseinanderzusetzen. Und vielleicht finden ja einige Hörer und Hörerinnen für sich auf dem Album doch den einen Song, der mit den Großtaten der Gruppe mithalten kann.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal