BENT KNEE - Land Animal
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2017
Mehr über Bent Knee
- Genre:
- Progressive Avantgarde Experimental
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Inside Out
- Release:
- 23.06.2017
- Terror Bird
- Hole
- Holy Ghost
- Insides In
- These Hands
- Land Animal
- Time Deer
- Belly Side Up
- The Well
- Boxes
Vorsicht, Abnutzungs-Gefahr!
Oha, schon wieder ein BENT KNEE-Album? Ja, ich bin wohl ein komischer Typ, denn Freude kommt bei der News nicht auf, obwohl "Shiny Eyed Babies" für mich immer noch ein prägender, alles zuvor Gehörte in ein anderes Licht rückender, unerreichter Meilenstein ist. Das beste Album meiner Sammlung eben. "Say So" aus dem letzten Jahr war zwar ganz anders, aber immer noch so spannend, so ungemein musikalisch und genial, dass es mir beim Anhören immer wieder die Sprache verschlägt. Aber so ganz verdaut und durchprozessiert ist dieses Album noch nicht, und nun schon wieder was Neues dieser Band bringt mich - ich gebe es zu - an die Grenze. Schlimmer ist jedoch, das "Land Animal" schlicht und einfach nicht gut ist. Für eine Band wie BENT KNEE ein hartes Urteil, aber es gibt keinen einzigen Song, der mir nur annähernd ein Hörgefühl verschafft wie ein 'Leak Water’, 'In God We Trust', 'Nakami', 'Sunshine', 'Skin' und all die fantastischen Songs der Vorgänger. Aber woran liegt das?
Puuh, bei dieser Frage könnte ich mich noch stundenlang am Kopf kratzen. Beginnen wir mal zu analysieren, woran es nicht liegt. Courtney Swain ist unschuldig. Ihre Stimme ist noch genauso einzigartig wie seit jeher, was spätestens nach zwei Minuten des Openers 'Terror Bird' evident wird. Intensiv ist ein schwaches Wort für eine solche Gesangsdarbietung. Was man BENT KNEE auch garantiert nicht absprechen kann ist der Wille, anders zu sein und die Songs originell und überraschend wendefreudig zu gestalten. Aber exakt hier liegt diesmal auch der Hase im Pfeffer. Denn genau dies funktioniert in meinem Ohr diesmal nicht. Es quält sich eher durch seltsam schräge Klingklöng-Töne und unzusammenhängend zerfahren wirkende Songgebilde wie 'Hole' oder 'The Well', wo einfach nichts ineinander zu greifen scheint. Im Gegenteil, hier wirkt sogar Courney Swain irgendwie schrill und deplatziert und manchmal zuckt der Finger gefährlich nahe der Skiptaste. Bei mir! Bei BENT KNEE!
Was noch auffällt, ist ein dezenter Hang zu poppigen Melodien. Was auf dem Vorgänger noch 'Hands Up' hieß und von mir als sagenhaft umgesetzter Avantgarde-Pop eingestuft wurde, heisst heuer 'Belly Side Up' und ist so verspult verspielt, dass es fast wie eine Selbst-Karikatur wirkt. Mehr Pop-Art als Art-Pop also. Auch hierfür ziehe ich als glühender Fan gelb-rot, weil gefällt nicht.
Was ist nur los mit BENT KNEE? Oder liegt es an mir? Ist der Zauber der Band vorbei, der Überraschungs-Moment verpufft? Warum erscheint es mir so, dass die einstigen Trademarks der Band gestellt und verkrampft wirken, so das bei mir über weite Strecken jegliche Sogwirkung abgeht?
Nun, ganz so schlimm ist es nach dutzenden Spins doch nicht, denn es gibt sie vereinzelt doch noch, diese einzigartigen, unvergesslichen BENT KNEE-Momente, vor allem wenn die Band mal den Zappelphilip zur Ruhe bringt und mit mehr Konzept musiziert. 'These Hands' wäre hier ein schönes Beispiel für eine spannende Steigerung und wirkungsvoll eingesetzten Gesang. Auch der Titelsong zündet trotz kleiner Verzettelungs-Tendenzen nach einer Weile. Und so schaffe ich es nach endlosen Spins dann doch noch, so viele musikalische Argumente zusammen zu kratzen, um mir selbst zu suggerieren, dass BENT KNEE zumindest kein schlechtes Album schreiben kann (man kann es auch schön hören nennen). Doch jedem, der irgendwie schonmal vom Hörensagen BENT KNEE aufgeschnappt hat und unbedingt mal hinein hören möchte, dem sei dringend angeraten, nicht mit "Land Animal" anzufangen. So leid es mir tut, zwischen dieser Scheibe und "Shiny Eyed Babies" liegen Welten, und nun wäre der richtige Zeitpunkt für BENT KNEE, mal inne zu halten und das Konzept zu überdenken. Wenn das nächste Album dann erst 2020 erscheint, dabei aber wieder qualitativ an "Say So" anknüft, hätte man aus meiner Sicht alles richtig gemacht.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Thomas Becker