ELEANORA - Mere
Mehr über Eleanora
- Genre:
- Sludge / Post Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Consouling Sounds
- Release:
- 06.11.2020
- Amos
- Elders
- Eb
- Korre
- Samaria
- Principes
- Mere
In der Sludge-Oberklasse etabliert.
Im Promozettel zu "Mere" wird der neue ELEANORA-Output unter anderem Post-Hardcore-Fans von Kapellen wie TOUCHÉ AMORÉ empfohlen. Nun, da hat wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht - denn sollten Freunde von tragischer Herzschmerzmusik auf der Suche nach einem neuen Seelenklempner tatsächlich bei diesen Belgiern hier gelandet sein, dürften sie den Schock ihres Lebens haben: "Mere" setzt die pechschwarze, bösartige Arbeit des Vorgängers "Allure" konsequent fort, und das heißt eben auch, dass die einzigen Gefühlsbekundungen auf diesem Achttracker dunkelste Wut, abgrundtiefer Hass und nackte Verzweiflung lauten. Von rauer Melancholie oder gar Einfühlsamkeit ist hier keine Spur.
Unabhängig von sinnfreien Kategorisierungen muss an dieser Stelle aber vor allem festgehalten werden, dass ELEANORA mit dem 2020er Release den Eintritt in die Sludge-Oberklasse fest buchen kann. Der Band gelingt es erneut, mit absolut basischen Mitteln ihre brodelnd-bedrohliche Atmosphäre zu kreieren und ein Höllenfeuer zu entfesseln, dass den Hades erzittern lassen dürfte. Zugleich sorgt "Mere" bei aller Dissonanz und Misanthropie immer wieder für erschütternde Gänsehautmomente. Ganz ehrlich: Diese ebenso simplen wie völlig entwaffnenden Riffs überzeugen und beeindrucken mindestens genauso wie all die synthetisch erzeugten atmosphärischen Klänge anderer Post-/Sludge-Vertreter. Auf Effekthascherei verzichtet der Fünfer also vollständig: die tragischen Melodieeinwürfe der E-Gitarren, der regelmäßige Wechsel zwischen wahnwitziger Raserei und getragen-verschleppten Trauerrhythmen, das bestialische Gebrüll – mehr braucht es nicht, um mit "Mere" den passenden Soundtrack zur dunklen und pandemiebeschwerten Jahresendzeit zu liefern.
Im Vergleich zum Vorgänger wurden die Songs diesmal übrigens deutlich kürzer gehalten. Für die großen Spannungsbögen sind längere Laufzeiten wie auf "Allure" natürlich unumgänglich; "Mere" liefert also ein deutlich zugänglicheres Sludge-Hörvergnügen. Die Eingewöhnungsphase, die der direkte Vorgänger der Hörerschaft abverlangte, fällt entsprechend kürzer aus, ebenso wie die gelegentlich drohende Monotonie, die das unmenschliche Geschrei Mathieu Joyeux' mit sich bringt. Die Band präsentiert sich anno 2020 gereift und bei ihrem Sludge-Postcore/Metal-Mix ausgewogen und aufs Wesentliche fokussiert.
Mit "Mere" machen Freunde dissonanter, post-metallischer Alptraumklänge folglich rein gar nichts falsch, auch wenn sich das Album eine unerwartete Schwachstelle leistet: Ausgerechnet die ruhigen Instrumentalpassagen, die einem solchen Release willkommene Verschnaufpausen und Ansatzpunkte für den nächsten spannungsgeladenen Nervenkitzel verpassen, fallen ziemlich langweilig, ja fast schon uninspiriert aus. Sollte man bei ELEANORA also nächstes Mal noch etwas mehr Motivation und Liebe zum Detail für die besinnlichen Zwischenparts auftreiben können, werden sich Underground-Kollegen wie ERLEN MEYER, aber auch Genregrößen eines Kalibers Marke CULT OF LUNA warm anziehen müssen. "Mere" ist das schaurig-schwarze Glanzlicht meines Metal-Jahres 2020.
Anspieltipps: Amos, Korre, Mere
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause